Das Merkblatt des Bundeskartellamtes zu Settlements
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1 Wirtschaftsrecht Aufsätze Dr. René Grafunder, LL.M. (Brügge), RA, und Dr. Olivier Gänswein, RA Das Merkblatt des Bundeskartellamtes zu Settlements Im Jahr 2014 hat das Bundeskartellamt wegen Kartellverstößen Rekordbußgelder in einer Höhe von insgesamt über 1 Mrd. Euro verhängt. Die einvernehmliche Verfahrensbeendigung (sog. Settlement) weist in diesen Verfahren eine überragende praktische Bedeutung auf. Seit 2007 hat das Bundeskartellamt die weit überwiegende Zahl der Fälle mit einem (zumindest teilweisen) Settlement abgeschlossen. Der Beitrag stellt vor diesem Hintergrund das Settlement-Verfahren des Bundeskartellamtes und das hierzu im Dezember 2013 veröffentlichte Merkblatt vor und beleuchtet auch bislang noch ungeklärte Problem- und Fragestellungen aus der Praxis, insbesondere Fragen der Gleichbehandlung, der Möglichkeit von Settlements im Zwischenverfahren oder der Verwertbarkeit von Einlassungen im Settlement bei Scheitern der Verhandlungen. I. Einleitung 2014 wurde jedes der insgesamt acht Kartellverfahren, in denen Bußgelder verhängt wurden, zumindest mit teilweisen Settlements abgeschlossen. 1 Entsprechend hat der Präsident des Bundeskartellamtes Andreas Mundt Settlements öffentlich als wichtiges Instrument der Kartellverfolgung 2 gewürdigt. Während die Einführung der Kronzeugenregelung die Aufdeckung von Kartellen maßgeblich gefördert hat, tragen Settlements aus Behördensicht durch eine erhebliche Entlastung der Verwaltung zu einer effizienten Kartellverfolgung bei. Auch die beteiligten Unternehmen können so profitieren, insbesondere durch Zeit- und Aufwandsersparnis sowie einen Abschlag auf die zu verhängende Geldbuße. Als Gegenleistung verzichten die beteiligten Unternehmen auf Verfahrensrechte und faktisch auch auf Rechtsschutz. Das Bundeskartellamt hat im Dezember 2013 in einem Merkblatt 3 die wesentlichen Grundsätze zu Settlements beschrieben. II. Rechtsgrundlagen Die Voraussetzungen für die Vereinbarung eines Settlements in Ordnungswidrigkeitenverfahren vor der Verwaltungsbehörde sind einfachgesetzlich nicht geregelt. Settlements spielen im Kontext von Kartellbußgeldverfahren des Bundeskartellamtes eine bedeutende Rolle. Anders als für das gerichtliche Strafverfahren, für das die einvernehmliche Verfahrensbeendigung in 257c StPO eine eigene gesetzliche Regelung gefunden hat, gibt es für das Settlement im behördlichen (Kartell-)Ordnungswidrigkeitenverfahren keine eigene Rechtsgrundlage. Basis für ein Settlement ist vielmehr das allgemeine Aufgreif- und Verfolgungsermessen des Bundeskartellamtes nach 81 Abs. 4 GWB i.v.m. 47 Abs. 1 OWiG. 4 Bis zur Veröffentlichung des Settlement-Merkblattes im Dezember 2013 waren Ablauf und Voraussetzungen eines Settlements beim Bundeskartellamt allein der veröffentlichten Fallpraxis zu entnehmen: Im Tätigkeitsbericht 2007/2008 hatte sich das Bundeskartellamt erstmals zu den Eckpunkten einer einvernehmlichen Verfahrensbeendigung geäußert und die wesentlichen Grundzüge dargelegt. 5 Weiter präzisiert wurde die Amtspraxis im Tätigkeitsbericht 2009/ sowie im Fallbericht vom zum sog. Kaffeeröster-Kartell. 7 Mit dem Settlement-Merkblatt hat das Bundeskartellamt nunmehr seine bisherige Praxis zusammengefasst und in einzelnen Aspekten präzisiert. Es hat damit erstmals eine allgemeine Regelung für ein Settlement-Verfahren geschaffen, die unter dem Gesichtspunkt des Gleichbehandlungsgrundsatzes sowie des rechtsstaatlichen Vertrauensschutzprinzips 8 sämtliche Beschlussabteilungen in zukünftigen Verfahren bindet. Die zentralen rechtsstaatlichen Anforderungen, wie sie durch das Bundesverfassungsgericht konkretisiert wurden, sind aber selbstverständlich auch hier zu beachten. Grundrechtlicher Prüfungsmaßstab der einvernehmlichen Verfahrensbeendigung ist in erster Linie das Recht des Angeklagten auf ein faires, rechtsstaatliches Verfahren. 9 Das Bundesverfassungsgericht betont insoweit den Grundsatz schuldangemessener Strafe unter Beachtung des Aufklärungsgrundsatzes. 10 Die Ermittlung des wahren Sachverhaltes darf daher nicht unterbleiben, sondern das der einvernehmlichen Verfahrensbeendigung zugrunde liegende Geständnis muss auf seine Richtigkeit hin überprüft werden. Neben den tatsächlichen Feststellungen sind auch die rechtliche Subsumtion und die Grundsätze der Strafbemessung nicht disponibel. 11 III. Anwendungsbereich Einvernehmliche Verfahrensbeendigungen sind in allen Kartellordnungswidrigkeitenverfahren möglich. 1 Die im Jahr 2014 abgeschlossenen Fälle betrafen Bierbrauer (ca. 340 Mio. Euro), Zuckerhersteller (ca. 280 Mio. Euro), Tapetenhersteller (ca. 17 Mio. Euro), Serviceleistungen bei Wärmetauschern (ca. 2 Mio. Euro), Wurst (ca. 338 Mio. Euro), Preisbindung beim Vertrieb von Matratzen (ca. 8 Mio. Euro), Bergbauspezialarbeiten (ca. 17 Mio. Euro) sowie Betonpflastersteine (ca. 6 Mio. Euro). Es ist im Einzelnen nicht öffentlich bekannt, wie hoch der auf Settlements entfallende Anteil der Bußgelder ist. 2 Mundt, Alternative Instrumente der Kartellbehörden, Vortrag anlässlich des 44. Innsbrucker Symposiums des FIW am , S. 13 (veröffentlicht auf der Webseite des Bundeskartellamtes, 3 Merkblatt Das Settlement-Verfahren des Bundeskartellamtes in Bußgeldsachen vom (nachfolgend: Settlement-Merkblatt ); veröffentlicht auf der Webseite des Bundeskartellamtes, Abruf: Die nachstehend hervorgehobenen Zitate beziehen sich auf Passagen aus dem Settlement-Merkblatt. 4 Vgl. Polley/Heinz, WuW 2012, 14, Tätigkeitsbericht 2007/2008, BT-Drs. 16/13500, Tätigkeitsbericht 2009/2010, BT-Drs. 17/6640, Fallbericht vom zum Bußgeldverfahren gegen Kaffeeröster wegen Preisabsprachen (B 11-18/08) (veröffentlicht auf der Internetseite des Bundeskartellamtes, 8 Vgl. Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 8. Aufl. 2014, 40 Rn BVerfG, NStZ 1987, 419, BVerfG, NStZ 1987, 419, 419; NJW 2013, 1058, BVerfG, NStZ 1987, 419, 419; NJW 2013, 1058, Betriebs-Berater BB
2 Aufsätze Wirtschaftsrecht Beim Bundeskartellamt sind Settlements anders als bei der Europäischen Kommission 12 sowohl bei Verfahren betreffend (horizontale) Absprachen zwischen Wettbewerbern als auch bei Kartellverstößen im Vertikalverhältnis (z. B. Fälle vertikaler Preisbindung im Verhältnis Hersteller-Lieferant 13 ), Missbräuchen einer marktbeherrschenden Stellung oder Verstößen gegen das fusionskontrollrechtliche Vollzugsverbot möglich. 14 Voraussetzung eines Settlements ist dabei nicht, dass alle Betroffenen und Nebenbetroffenen eines Verfahrens zu einer Verfahrensbeendigung im Rahmen eines Settlements einverstanden sind. Nach dem Settlement-Merkblatt sind sog. hybride Settlements ausdrücklich möglich. Dies bedeutet, dass mit einigen Betroffenen eine einvernehmliche Verfahrensbeendigung erzielt werden kann, während das Verfahren gegen andere Beteiligte streitig fortgeführt wird. 15 Die Europäische Kommission ist hier eher kritisch. Sie berücksichtigt bei der Frage, ob mit den betroffenen Unternehmen Settlement-Verhandlungen aufgenommen werden, verschiedene Faktoren, die Einfluss auf die Wahrscheinlichkeit haben, ob ein Settlement mit allen Betroffenen erzielt werden kann (z. B. Anzahl der Beteiligten, vorhersehbare Konflikte bei der Frage der Haftungszurechnung oder der Umfang der Anfechtung des Sachverhalts). 16 Bei den bisher 17 Settlement-Verfahren bis Ende 2014 auf EU-Ebene ist es daher nur in drei Fällen zu hybriden Settlements gekommen. 17 IV. Settlement-Verfahren Das Settlement-Verfahren beim Bundeskartellamt ist in verschiedene Phasen gegliedert. Anders als bei der Europäischen Kommission 18 gibt es aber kein streng formalisiertes Verfahren. Vielmehr kann ein Settlement auch und gerade in Ermangelung gesetzlicher Vorgaben flexibel gehandhabt werden. Diese Flexibilität, die letztlich auch einer der wesentlichen Erfolgsfaktoren des Settlements beim Bundeskartellamt sein dürfte, 19 wird durch das Settlement-Merkblatt beibehalten. 1. Einleitung des Settlement-Verfahrens Es bestehen keine festen zeitlichen Vorgaben für die Einleitung eines Settlement-Verfahrens. Hat das Bundeskartellamt die Beweismittel gesichtet, um sich einen hinreichenden Informationsstand zu verschaffen, können Settlement-Gespräche jederzeit von beiden Seiten angeregt werden Eingeleitet wird das Settlement-Verfahren regelmäßig durch eine informelle Anfrage des Bundeskartellamtes an sämtliche (Neben-)Betroffene, ob Interesse an einer einvernehmlichen Verfahrensbeendigung besteht. Das Amt hat insoweit ein Ermessen, ob es überhaupt in Settlement-Gespräche eintritt. Einen Anspruch auf ein Settlement gibt es nicht. 20 Vor Aufnahme von Settlement-Gesprächen sichtet das Bundeskartellamt zunächst die sichergestellten Beweismittel und verschafft sich einen Überblick über den Sachverhalt und dessen rechtliche Einordnung. Der Beginn von Settlement-Gesprächen setzt aber nicht voraus, dass der Sachverhalt abschließend ausermittelt ist. Vielmehr ist nach dem Settlement-Merkblatt lediglich ein hinreichender Erkenntnisstand erforderlich, 21 was ein Settlement auch in einem relativ frühen Verfahrensstadium als denkbar erscheinen lässt. Dies wird dadurch bestätigt, dass nach dem Settlement-Merkblatt das Bundeskartellamt jederzeit Settlement-Gespräche anregen kann. 22 De iure ist ein Settlement auch noch im Zwischenverfahren nach 69 OWiG möglich, d. h. in dem Verfahrensstadium nach Erlass des Bußgeldbescheids und Einspruch und vor Abgabe an die Staatsanwaltschaft. Nach Einlegung des Einspruchs prüft das Bundeskartellamt, ob es den Bußgeldbescheid zurücknehmen oder aufrechterhalten will (vgl. 69 Abs. 2 S. 1 OWiG). Dabei kann das Bundeskartellamt erneut in die Ermittlung des Sachverhalts eintreten (der Umfang der Ermittlungen ist in 69 Abs. 2 Nr. 1 OWiG nicht festgelegt). Das Bundeskartellamt behält bis zur Abgabe an die Staatsanwaltschaft ( 69 Abs. 3 OWiG) die volle Verfahrenshoheit. 23 Das Amt ist insbesondere berechtigt, einen Bußgeldbescheid zurückzunehmen und einen neuen (gegebenenfalls identischen) Bußgeldbescheid zu erlassen. 24 Durch die Rücknahme des Bußgeldbescheides im Zwischenverfahren wird das Kartellordnungswidrigkeitenverfahren in den Stand vor Erlass des Bußgeldbescheides zurückversetzt; 25 das Verfahren wird so fortgeführt, als ob bisher kein Bescheid ergangen sei. De facto dürfte ein Settlement (erst) im Zwischenverfahren eher die Ausnahme darstellen. Die klassischen Gründe für ein Settlement aus Sicht des Bundeskartellamtes (Verfahrensbeschleunigung und Ressourcenschonung, insbesondere durch Verzicht auf einen Langbußgeldbescheid) gelten im Zwischenverfahren nur noch eingeschränkt. Allerdings kann sich jedenfalls im Hinblick auf die Vermeidung eines unter Umständen langwierigen Gerichtsverfahrens ein Settlement auch in diesem späten Verfahrensstadium noch anbieten. 2. Settlement-Gespräche Besteht die grundsätzliche Bereitschaft zu einer einvernehmlichen Verfahrensbeendigung, erläutert das Bundeskartellamt dem jeweiligen Beteiligten schriftlich oder mündlich den zur Last gelegten Sachverhalt, stellt einen Betrag als Geldbuße in Aussicht, der im Falle eines Settlements nach dem Stand der Ermittlungen nicht überschritten wird, und hört den Betroffenen bzw. die Nebenbetroffene hierzu an. In den offiziellen Settlement-Gesprächen zwischen dem Bundeskartellamt und Unternehmensvertretern eröffnet das Amt dem Unternehmen den Tatvorwurf auf Grundlage des bisherigen Ermittlungsergebnisses. Darüber hinaus werden dem betroffenen Unternehmen regelmäßig eine erste rechtliche Einschätzung des Falles sowie die hieraus resultierenden voraussichtlichen Parameter der Bußgeldbemessung 26 mitgeteilt. 12 Im EU-Verfahren sind Settlements nur bei horizontalen Absprachen möglich, vgl. Rn. 1 mit Fn. 2 Settlement-Mitteilung der Kommission (Mitteilung der Kommission über die Durchführung von Vergleichsverfahren bei dem Erlass von Entscheidungen nach Art. 7 und Art. 23 der VO (EG) Nr. 1/2003 des Rates in Kartellfällen, ABl. C 167 vom , S. 1 6). 13 So etwa das Verfahren gegen die Recticel Schlafkomfort GmbH wegen vertikaler Preisbindung beim Vertrieb von Matratzen, Pressemitteilung des Bundeskartellamtes vom Vgl. zur Fallpraxis des Bundeskartellamtes auch Polley/Heinz, WuW 2012, 14, 15 m. w. N. 15 Settlement-Merkblatt, Abschnitt 1, 1. Absatz. 16 Settlement-Mitteilung der Kommission, Rn Das erste hybride Settlement der Kommission war der Fall Futterphosphate (COMP/ ) vom Weitere hybride Settlements sind die Derivate-Fälle (COMP/ Yen interest rate derivatives und COMP/ Euro interest rate derivatives), die die Kommission 2013 mit teilweisen Settlements abgeschlossen hat. 18 Vgl. ausführlich zum Settlement-Verfahren bei der Europäischen Kommission Hirsbrunner, EuZW 2011, 12ff.; Soltész, BB 2010, 2123 ff. 19 Vgl. Brenner, WuW 2001, 590, Vgl. Polley/Heinz, WuW 2012, 14, Settlement-Merkblatt, Abschnitt 3, 1. Absatz. 22 Settlement-Merkblatt, Abschnitt 3, 1. Absatz. 23 Vgl. Rebmann/Roth/Herrmann, OWiG, 3. Aufl. 16. Lfg. (März 2011), 69, Rn. 3, Bohnert, in: Karlsruher Kommentar zum OWiG, 4. Aufl. 2014, 69, Rn 19a. 25 Bohnert, OWiG, 3. Aufl. 2010, 69, Rn Die Bußgeldzumessung richtet sich u. a. nach dem Gesamtumsatz des betroffenen Unternehmens, dem tatbezogenen Umsatz sowie der Schwere der Tat, vgl. im Einzelnen Betriebs-Berater BB
3 Wirtschaftsrecht Aufsätze Ein umfassendes Anhörungsschreiben, in dem Tatvorwurf, Beweisführung und rechtliche Würdigung ausführlich dargestellt sind, ist nach dem Settlement-Merkblatt ausdrücklich nicht erforderlich 27 und in der Praxis auch nicht üblich. Die mit einem Settlement belohnte Verfahrensersparnis liegt unter anderem gerade auch darin, dass das Bundeskartellamt den bisherigen Sachstand lediglich in einer kurzen Stellungnahme schriftlich darstellen und/oder in einem Gespräch mit den Beteiligten erläutern kann. 28 An die förmlichen Gesprächsrunden kann sich auch auf Grundlage der zur Verfügung gestellten Beweismittel ein Austausch von Argumenten anschließen. Weitere Bestandteile des Settlements sind in der Regel der Verzicht auf eine vollständige Akteneinsicht Als weitere Verfahrenserleichterungen werden dem Unternehmen im Settlement-Verfahren, statt einer sonst möglichen vollständigen Akteneinsicht, lediglich die wesentlichen Beweismittel aus der Akte zur Verfügung gestellt Verfahrensabschluss Formal erfordert die geständige Einlassung die Abgabe einer sog. Settlement-Erklärung, in der der Betroffene bzw. die Nebenbetroffene jeweils erklärt, dass der zur Last gelegte Sachverhalt aus seiner bzw. ihrer Sicht als zutreffend anerkannt und die Geldbuße bis zur Höhe des in Aussicht gestellten Betrages akzeptiert wird. Kommt es zu einer Einigung, muss das Unternehmen den zur Last gelegten Sachverhalt als zutreffend anerkennen und die angekündigte Geldbuße akzeptieren ( Settlement-Erklärung ). Diese Settlement-Erklärung erschöpft sich in einem Eingeständnis der Fakten (Beschreibung der prozessualen Tat 30 ), nicht verlangt ist die Anerkennung der rechtlichen Bewertung durch das Bundeskartellamt. Das mag im Hinblick auf die Außendarstellung hilfreich sein, 31 für die Verteidigung gegen Schadensersatzansprüche macht dies wegen der Tatbestandswirkung des Bußgeldbescheides ( 33 Abs. 4 GWB) aber keinen Unterschied (siehe unten Abschnitt V.2.d). Weitere Bestandteile des Settlements sind in der Regel der Abschluss des Verfahrens durch einen sog. Kurzbescheid, der nur die nach 66 OWiG erforderlichen Angaben enthält. Ein Rechtsmittelverzicht ist nicht Gegenstand einer Settlement-Erklärung. Das Verfahren wird durch einen sog. Kurzbescheid beendet. 32 Dieser enthält lediglich die gemäß 66 OWiG erforderlichen Pflichtangaben, insbesondere eine kurze Umschreibung des Tatvorwurfes sowie eine Auflistung der Beweismittel (Bonusanträge und weitere Einlassungen, Asservate etc.). Der Kurzbescheid ist selten länger als 5 10 Seiten und bleibt damit in seinem Umfang erheblich hinter einem (Lang-)Bußgeldbescheid im streitigen Verfahren zurück, der 100 Seiten oder mehr enthalten kann und eine ausführliche Darstellung der tatsächlichen Feststellungen des Bundeskartellamtes sowie der Beweiswürdigung und der rechtlichen Würdigung enthält. Nicht Gegenstand eines Settlements ist ein Verzicht auf Rechtsmittel. 33 Aus der Fallpraxis des Bundeskartellamtes ist jedoch kein Fall ersichtlich, in dem ein im Settlement-Verfahren erlassener Kurzbescheid nachträglich noch angefochten wurde. Dass sich ein Unternehmen zu einem Settlement bereitgefunden hat und ein Bußgeldbescheid ergangen ist, wird regelmäßig in einer Presseerklärung publik gemacht. Eine Settlement-Erklärung wird als mildernder Umstand gewertet, der zu einer Minderung der Geldbuße führt (sog. Settlement-Abschlag). Bei horizontalen Kartellfällen kann die Geldbuße um maximal 10% reduziert werden. Ein Settlement kann unabhängig von einem Bonusantrag erzielt werden. Der Settlement-Abschlag erfolgt dann auf die bereits aufgrund des Bonusantrags reduzierte Geldbuße. Die letztlich verhängte Geldbuße berücksichtigt einen Settlement-Abschlag, der sich auf maximal 10% beläuft 34 und zusätzlich zu weiteren Vergünstigungen (wie etwa einem Abschlag infolge der Inanspruchnahme der Kronzeugenregelung 35 ) gewährt wird. 36 Das Merkblatt des Bundeskartellamtes bezieht den maximalen Bußgelderlass von 10% zwar allein auf horizontale Kartelle, in der Praxis wird der 10%-Abschlag aber auch etwa in Vertikalverfahren nicht überschritten. Darüber hinaus besteht faktisch häufig auch die Möglichkeit, in den Gesprächen weitere bußgeldrelevante Fragen mit dem Bundeskartellamt zu erörtern und insoweit eine weitergehende Reduzierung zu erreichen (hierzu ausführlich unten V.1.b). Wenn trotz Settlements Einspruch gegen den Bußgeldbescheid eingelegt wird, wird das Bundeskartellamt den Kurzbescheid aufheben und einen ausführlichen Bußgeldbescheid formulieren ( 69 Abs. 2 Satz 1 OWiG). Verlaufen die Settlement-Gespräche erfolglos und kommt es zu keiner Einigung, führt das Bundeskartellamt das Verfahren streitig fort und erlässt einen ausführlichen (Lang-)Bußgeldbescheid. Das Gleiche gilt, wenn ein Unternehmen trotz Settlements Einspruch gegen den Bußgeldbescheid einlegt. 37 V. Vor- und Nachteile eines Settlements für Unternehmen Ein Settlement führt regelmäßig zu einer Beschleunigung und Verkürzung der komplexen und ressourcenintensiven Kartellbußgeldverfahren sowie zu einer Minderung der Geldbuße durch das Bundeskartellamt. Das Bundeskartellamt ist regelmäßig an einem schnellen Settlement interessiert, bedeutet dies doch die Freisetzung von Ressourcen und die rechtssichere Vereinnahmung von Bußgeldern. Auch hybride Settlements sind daher für das Amt von Interesse, zumal in prozessualer Hinsicht durch ein Settlement zusätzliche Zeugen geschaffen werden. 38 Hierdurch kann das Bundeskartellamt den Druck auf die verbleibenden Betroffenen erhöhen. zur Bußgeldzumessung die Leitlinien des Bundeskartellamtes vom für die Bußgeldzumessung in Kartellordnungswidrigkeitenverfahren (veröffentlicht auf der Webseite des Bundeskartellamtes, 27 Settlement-Merkblatt, Abschnitt 3, 1. Absatz. 28 Vgl. Settlement-Merkblatt, Abschnitt 3, 2. Absatz. 29 Settlement-Merkblatt, Abschnitt 2, 2. Absatz. Kritisch hierzu vor dem Hintergrund des Grundsatzes des rechtlichen Gehörs Herrlinger, ZWeR 2012, 137, 152 f. 30 Settlement-Merkblatt, Abschnitt 2, 1. Absatz. 31 So könnte ein Unternehmen gegenüber der Öffentlichkeit argumentieren, dass es zwar die rechtliche Würdigung des Bundeskartellamtes nicht teile, sich aber im Interesse einer schnellen Verfahrensbeendigung letztlich für ein Settlement entschieden habe. 32 Settlement-Merkblatt, Abschnitt 2, 2. Absatz. 33 Settlement-Merkblatt, Abschnitt 2, 2. Absatz. Dies entspricht 302 Abs. 1 S. 2 StPO, der für das Strafverfahren einen Rechtsmittelverzicht nach vorausgegangener Verständigung gem. 257c StPO für unwirksam erklärt. 34 Settlement-Merkblatt, Abschnitt 2, 3. Absatz. 35 Bekanntmachung Nr. 9/2006 über den Erlass und die Reduktion von Geldbußen in Kartellsachen Bonusregelung vom (veröffentlicht auf der Internetseite des Bundeskartellamtes, 36 Settlement-Merkblatt, Abschnitt 2, 4. Absatz. 37 Das Bundeskartellamt hebt in diesem Fall den Kurzbescheid in dem durch den Einspruch eingeleiteten Zwischenverfahren auf ( 69 Abs. 2 S. 1 OWiG) und formuliert einen ausführlichen Bußgeldbescheid, vgl. Settlement-Merkblatt, Abschnitt 3, letzter Absatz. 38 Infolge des rechtskräftigen Verfahrensabschlusses besteht nach einem Settlement keine Verfolgungsgefahr mehr i. S. d. 55 Abs. 1 StPO (Auskunftsverweigerungsrecht des Zeugens). Ehemals Betroffene können daher in Verfahren gegen die nicht settlenden Unternehmen als Zeugen vernommen werden, vgl. u. a. BGH, NStZ 2010, 287 sowie auch 970 Betriebs-Berater BB
4 Aufsätze Wirtschaftsrecht Unternehmen sollten bei der Entscheidung für oder gegen ein Settlement die damit verbundenen Vor- und Nachteile sorgsam abwägen. 1. Vorteile Ein Settlement führt in der Regel zu einer schnellen Verfahrensbeendigung und einem reduzierten Bußgeld und kann sich auch mit Blick auf Follow-On-Schadensersatzklagen anbieten. a) Schnelle Verfahrensbeilegung und zusätzliche Bußgeldminderung Für ein Settlement kann zunächst das Interesse eines Unternehmens sprechen, das Verfahren schnell, rechtskräftig und in der Regel relativ geräuschlos beizulegen. (Streitige) Kartellverfahren ziehen sich üblicher Weise über einen mehrjährigen Zeitraum hin, binden erhebliche Zeit- und Managementressourcen und finden größere Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit. Nicht selten ist daher der Wunsch, schnell zum business as usual übergehen zu können, ein wesentlicher Faktor. So kann ein Settlement beispielsweise bei geplanten Veräußerungen der betroffenen Unternehmenssparte oder einem geplanten Börsengang die Ungewissheit über das zu erwartende Bußgeld beseitigen und ist wegen der damit verbundenen Rechtssicherheit eine mögliche Handlungsoption. Daneben besteht ein (offensichtlicher) Anreiz für ein Settlement in dem zusätzlichen Abschlag auf das verhängte Bußgeld von (maximal) 10% (in der Regel wird dieser Betrag voll ausgeschöpft). b) Gestaltungsspielräume im Hinblick auf die für die Geldbuße relevanten Parameter Ein Settlement bietet aber darüber hinaus schon seiner Natur nach einvernehmliche Verfahrensbeendigung im Gegensatz zur einseitigen Bebußung durch das Bundeskartellamt wesentliche weitere Gestaltungsspielräume, die die Bußgeldhöhe nicht unerheblich beeinflussen. Diese können beispielsweise darin liegen, dass das Bundeskartellamt im Rahmen seines Aufgreifermessens von der Verfolgung von Tatteilen absieht. 39 Darüber hinaus besteht im Rahmen des Settlements auch die Möglichkeit, mit dem Bundeskartellamt eine Verständigung über die bußgeldrelevanten Parameter anzustreben, also beispielsweise die für den tatbezogenen Umsatz einzubeziehenden Produkte, Dauer und Schwere der Zuwiderhandlung oder Gewicht des Kooperationsbeitrages (Bonus). Auch hier kann ein frühes Settlement von Vorteil sein. Das erste settlende Unternehmen bereitet regelmäßig das level-playing field für die nachfolgenden Unternehmen, da sich das Bundeskartellamt in seinen Verhandlungen durch den Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 GG) gebunden sieht. Ein frühes Settlement bietet daher weitergehenden Gestaltungsspielraum. Nachfolgende Unternehmen müssen abweichende Merkmale darlegen, um nicht durch die Parameter des ersten Settlements gebunden zu sein. Im Einzelfall kann sich aufgrund dieser Praxis durchaus ein Spannungsverhältnis zwischen dem Gebot gleichmäßigen Strafens 40 und dem Grundsatz der individuellen Zumessung der Strafe 41 ergeben (siehe auch unten 2.c). c) Begrenzter Erkenntnisgewinn für Follow-On-Kläger Auch im Hinblick auf Follow-On-Klagen auf Schadensersatz kann sich ein Settlement anbieten. Zwar können sich potentielle Schadensersatzkläger durch Akteneinsicht nach 406e StPO Kenntnis vom Inhalt des Bußgeldbescheides verschaffen. Der das Settlement-Verfahren abschließende Kurzbescheid des Bundeskartellamtes ist aber auf die notwendigsten Angaben beschränkt ( 66 OWiG) und enthält im Gegensatz zum normalen Bußgeldbescheid in der Regel nur generische Angaben zum Tatvorwurf. 2. Nachteile Ein Settlement kann aber auch gewichtige Nachteile mit sich bringen. a) Verzicht auf gerichtliche Überprüfung Wesentlicher der Logik eines Settlements allerdings inhärenter Nachteil ist der Verzicht auf eine abschließende gerichtliche Überprüfung und Klärung von rechtlichen oder tatsächlichen Zweifelsfragen. Dies ist zum einen dem Umstand geschuldet, dass das Bundeskartellamt für ein Settlement den Sachverhalt nicht restlos aufgeklärt haben muss. 42 Zum anderen muss das Bundeskartellamt aber auch seine Beweiswürdigung und die rechtliche Würdigung nicht vor Gericht verteidigen. Die weitreichende Settlement-Praxis des Bundeskartellamtes ermöglicht, dass sich eine behördliche Entscheidungspraxis etablieren kann, deren Gerichtsfestigkeit sich erst noch erweisen muss. Durch ein Settlement werden aber nicht nur für die betroffenen Unternehmen, sondern darüber hinaus für alle Wirtschaftsteilnehmer Leitlinien für das zukünftige Verhalten im Wettbewerb gesetzt. Auch wenn die (Kurz-)Bußgeldbescheide selbst in der Regel nicht veröffentlicht werden, sind die wesentlichen Grundzüge bei Entscheidungen von allgemeiner Tragweite durch Pressemitteilungen und Fallberichte des Bundeskartellamtes der Öffentlichkeit zugänglich. 43 b) Fern- und Folgewirkungen bei Scheitern eines Settlements Die Suche nach einer einvernehmlichen Lösung im Settlement-Verfahren bringt es oftmals mit sich, dass sowohl das Bundeskartellamt als auch die betroffenen Unternehmen zu Zugeständnissen bei einzelnen strittigen Positionen bereit sind (z. B. was einzubeziehende Tatteile oder Produkte angeht). Für das Strafverfahren ist in 257c Abs. 4 S. 3 StPO ein Verwertungsverbot für ein im Hinblick auf eine einvernehmliche Verfahrensbeendigung abgelegtes Geständnis ausdrücklich festgeschrieben. Insofern wäre es begrüßenswert gewesen, wenn das Settlement-Merkblatt klargestellt hätte, dass bei Scheitern der Settlement-Gespräche und einer streitigen Fortführung des Kartellbußgeldverfahrens Erkenntnisse aus dem Settlement-Verfahren keinen Beweiswert haben. Sie dürfen nicht bei einer späteren streitigen Entscheidung zum Nachteil des Unternehmens gewertet werden, da allein das Führen Polley/Heinz, WuW 2012, 14, 17. Zum Auskunftsverweigerungsrecht in Kartellverfahren vgl. auch von Brevern/Hack, WuW 2013, 936 ff. 39 So noch ausdrücklich im Tätigkeitsbericht 2007/2008, BT-Drs. 16/13500, Zur Berücksichtigung des Gebotes der Gleichmäßigkeit des Strafens bei der Strafzumessung vgl. BGH, StR 24/79 (L), NJW 1979, 1666, Vgl. BGH, StR , NJW 2011, 2597, 2598 f.: Die Strafe für jeden Mittäter oder Teilnehmer oder sonst an einem Tatkomplex Beteiligten ist grundsätzlich nach dem Maß der jeweiligen individuellen Schuld zu bestimmen. Es wäre daher rechtsfehlerhaft, wenn das Gericht die Strafe allein im Hinblick auf die Strafen bemessen würde, die in anderen Urteilen sei es desselben Gerichts, sei es eines anderen Gerichts verhängt wurden. 42 Nach dem Settlement-Merkblatt (Abschnitt 3, 1. Absatz) reicht ein hinreichender Informationsstand. 43 So beispielsweise Fallbericht vom zum Bußgeldverfahren gegen Hersteller von Drogerieartikeln (veröffentlicht auf der Webseite des Bundeskartellamtes, kartellamt.de, Abruf: ). Betriebs-Berater BB
5 Powered by TCPDF ( Wirtschaftsrecht Aufsätze von Settlement-Gesprächen nicht als Schuldeingeständnis gewertet werden kann. 44 Weitergehende Fern- und Folgewirkungen werden von der Rechtsprechung aber nicht anerkannt. 45 Dem Bundeskartellamt dürfte es im Rahmen seines Aufgreifermessens zudem nicht verwehrt sein, im Settlement-Verfahren zunächst außen vor gelassene Tatteile im Rahmen des streitigen Verfahrens weiter zu verfolgen. c) Keine Meistbegünstigung Durch ein frühes Settlement kann ein Unternehmen das Bußgeldverfahren schnell und rechtskräftig beenden. Nachträgliche Veränderungen des Sachstandes oder in der rechtlichen Bewertung beispielsweise infolge weiterer Ermittlungen oder einer anderen Rechtsauffassung der Gerichte, wenn andere betroffene Unternehmen den Bußgeldbescheid anfechten bleiben dann aber unberücksichtigt. Eine implizite Meistbegünstigungsklausel gibt es nicht. Bislang ist nicht geklärt, ob und wie solche nachträglichen Umstände auch zugunsten des ersten settlenden Unternehmens noch berücksichtigt werden können. Wenn der Bußgeldbescheid bereits bestandskräftig ist, bleibt dem betroffenen Unternehmen hier wohl nur die Möglichkeit eines Gnadengesuches beim Bundesministerium für Wirtschaft. d) Öffentlichkeit und Akteneinsicht von Follow-On-Klägern Auch bei Settlements veröffentlicht das Bundeskartellamt eine Pressemitteilung (unter Umständen auch einen ausführlicheren Fallbericht), in der die betroffenen Unternehmen genannt werden. Mögliche Schadensersatzkläger erhalten hierdurch Kenntnis vom Kartellverstoß und können sich durch Akteneinsicht in den Kurzbescheid Kenntnis von den wesentlichen Tatvorwürfen verschaffen. Begrüßenswert wäre es in diesem Zusammenhang gewesen, wenn sich das Bundeskartellamt im Settlement-Merkblatt auch zur Frage geäußert hätte, wie Settlements im Rahmen der Akteneinsicht nach 406e StPO behandelt werden. Nach bisheriger Praxis wird potentiellen Schadensersatzklägern nur Einsicht in den Kurzbescheid gewährt. Insofern hätte sich eine Klarstellung angeboten, dass über den Bußgeldbescheid hinaus weitere Unterlagen aus Settlement-Verhandlungen im Rahmen des Ermessens des Bundeskartellamtes Dritten nicht zugänglich gemacht werden. 46 Die Europäische Kommission hat sich in ihrer Settlement-Mitteilung ausdrücklich zum Schutz der Inhalte der Settlement-Verhandlungen bekannt. 47 Auch die europäische Richtlinie für Schadensersatzklagen 48 sieht einen solchen Schutz sowie ein entsprechendes Beweisverwertungsverbot explizit vor, 49 der mit der Umsetzung der Richtlinie im deutschen Recht gesetzlich verankert werden muss. Allerdings gilt dies nicht für zurückgezogene Settlement-Ausführungen. Hier kann ein Gericht die Offenlegung nach Abschluss des Verfahrens beim Bundeskartellamt anordnen. 50 Da der Kurzbescheid im Settlement-Verfahren eine vollwertige Bußgeldentscheidung mit Bindungswirkung i. S. d. 33 GWB ist, schützt ein Settlement de iure nicht vor Follow-On-Klagen auf Schadensersatz. Vielmehr besteht die Gefahr, dass sich das erste settlende Unternehmen frühzeitig Follow-On-Klagen ausgesetzt sieht, 51 beispielsweise weil Schadensersatzkläger die Verjährung ihrer Ansprüche verhindern wollen. Der Schutz vor Follow-On-Klagen ist bei Settlements überdies dann erheblich gemindert, wenn das Verfahren gegen andere Beteiligte streitig weitergeführt (hybride Settlements) und mit (Lang-)Bußgeldbescheiden abgeschlossen wird. Nach bisheriger Praxis wird potentiellen Kartellgeschädigten auf Grundlage von 406e StPO Einsicht auch in diese (teilweise geschwärzten) (Lang-)Bußgeldbescheide gewährt, die umfängliche Angaben zu Tatvorwurf, Beweiswürdigung und rechtlicher Bewertung enthalten. VI. Fazit Die Veröffentlichung eines eigenen Merkblattes zum Settlement spiegelt die Bedeutung dieses Verfahrens in der Praxis des Bundeskartellamtes wieder. Das Settlement-Merkblatt stellt eine im Sinne der Transparenz und Rechtssicherheit insgesamt begrüßenswerte Maßnahme dar. Die Chance, anlässlich dieser Veröffentlichung eine allgemeine Konsultation zum Settlement-Verfahren abzuhalten, um in der Praxis aufgetretene Problemstellungen zu adressieren, blieb hingegen ungenutzt. Für Unternehmen bieten Settlements eine zusätzliche Option im Kartellverfahren. Dabei ist es unerlässlich, die vermeintlichen Vorteile einer schnellen Verfahrensbeendigung mit den damit verbundenen Nachteilen abzuwägen. Dr. René Grafunder, LL.M. (Brügge), RA, ist Managing Associate bei Linklaters LLP am Standort Düsseldorf. Er ist spezialisiert auf deutsches und europäisches Kartellrecht, einschließlich Fusionskontrolle und staatliche Beihilfen und vertritt Mandanten vor den europäischen und deutschen Gerichten, der Europäischen Kommission und dem Bundeskartellamt. Dr. Olivier Gänswein, RA, ist Associate in der Praxisgruppe Kartellrecht von Linklaters LLP am Standort Düsseldorf. Er ist spezialisiert auf deutsches und europäisches Kartellrecht, einschließlich Fusionskontrolle sowie Beratung zu Kartellund Missbrauchsverfahren und vertritt Mandanten vor der Europäischen Kommission und dem Bundeskartellamt sowie vor Gericht. 44 Für ein Verwertungsverbot auch Brenner, WuW 2011, 590, Vgl. Meyer-Goßner, in: Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 57. Aufl. 2014, Einl. Rn. 57 und 257c, Rn. 28, jeweils m. w. N. 46 Rn. 22 der Bonusregelung spricht insofern lediglich davon, dass das Bundeskartellamt im Rahmen seines Ermessens Anträge auf Zugang zu den Bonusunterlagen ablehnen wird. Damit besteht eine Schutzlücke jedenfalls dort, wo die Settlement-Gespräche außerhalb des Kooperationsrahmens der Bonusregelung stattfinden. 47 Vgl. Rn. 40 Settlement-Mitteilung der Kommission. 48 Richtlinie 2014/104/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. November 2014 über bestimmte Vorschriften für Schadensersatzklagen nach einzelstaatlichem Recht wegen Zuwiderhandlungen gegen wettbewerbsrechtliche Bestimmungen der Mitgliedstaaten und der Europäischen Union ( Schadensersatz-RL ), ABl. L 349/1 vom Hierzu auch Haus/Serafimova, BB 2014, 2883 ff. 49 Erwägungsgrund 26 und 32 sowie Artikel 6 Abs. 6 lit. b und Art. 7 Abs. 1 Schadensersatz-RL. 50 Art. 6 Abs. 5 lit. c Schadensersatz-RL. 51 Bei Kartellverstößen besteht gemäß 830, 840 Abs. 1 BGB eine gesamtschuldnerische Haftung der Schädiger, vgl. Bechtold, GWB, 7. Aufl. 2013, 33 Rn Betriebs-Berater BB
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