Die Harmonisierung durch EG-Richtlinien gilt für einen großen Produktbereich und beschränkt sich auf die wesentlichen Anforderungen.
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- Klaus Schmidt
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1 Europäische Normung Notwendigkeit der Mitarbeit, Auswirkung auf nationales Recht Die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) hat relativ lange gebraucht bis sie erkannt hat, dass die (totale) Angleichung produktspezifischer Vorschriften das einzige Mittel ist, die Freizügigkeit des Warenverkehrs zu realisieren. Hinzu kam, dass das Verfahren der Richtlinienverabschiedung bis 1986/87 Einstimmigkeit verlangte und Richtlinien alter Art (ausgenommen die EG-Niederspannungsrichtlinie) aus Rahmenrichtlinien (mit Angaben zum Produktbereich, Verwaltungsverfahren und allgemeinen Anforderungen) und Einzelrichtlinien (mit konkreten Forderungen an bestimmte Produkte oder einzelne Beschaffenheitsmerkmale) bestanden. Mit der Entschließung vom 7. Mai 1985 über eine neue Konzeption auf dem Gebiet der technischen Harmonisierung und Normung hat der Rat der Europäischen Gemeinschaften seine Praxis aufgegeben, alle technischen Details in den EG-Richtlinien selbst zu regeln und gesetzlich festzulegen. Stattdessen werden nur die grundlegenden Anforderungen in EG-Richtlinien festgelegt und die technischen Details in Europäischen Normen konkretisiert. Die EG-(Binnenmarkt-) Richtlinien werden auf der Basis des Artikel 95 EG-Vertrag (früher Artikel 100a) erlassen. Daneben gibt es aber noch die sogenannte soziale Komponente der EG, d. h. die EG kann auf der Basis von Artikel 137 EG-Vertrag (früher Artikel 118a) z. B. EG-Richtlinien zum Arbeitsschutz erlassen. Die Kenntnis der europäischen Abläufe und Wechselwirkungen ist wichtig, um die Notwendigkeit einer Mitarbeit in der europäischen Normenerstellung beurteilen und die Auswirkungen abschätzen zu können. Neue Konzeption Mit der Entschließung vom 7. Mai 1985 über eine neue Konzeption auf dem Gebiet der technischen Harmonisierung und Normung hat der Rat der Europäischen Gemeinschaften seine Praxis aufgegeben, alle technischen Details in den EG-Richtlinien selbst zu regeln und gesetzlich festzulegen. Stattdessen werden nur die grundlegenden Anforderungen in EG- Richtlinien festgelegt und die technischen Details in Europäischen Normen konkretisiert. Durch die Neue Konzeption der EG ist es möglich, flexible Antworten auf gesetzgeberische und technische Forderungen zu finden. Im Maschinenbau gibt es eine Reihe von Handelshemmnissen, die dadurch hervorgerufen werden, dass nationale Produktanforderungen in unterschiedlicher Weise in den Mitgliedsstaaten existieren. Um diese Vorschriften zu harmonisieren, werden, auf Basis des Artikels 95, EG-Vertrag, von der EU-Kommission Richtlinien für verschiedene Gebiete (z. B. Produktbereiche) vorgeschlagen und von Rat und Parlament verabschiedet. Die Richtlinien nach der Neuen Konzeption beruhen auf den folgenden Prinzipien: Die Harmonisierung durch EG-Richtlinien gilt für einen großen Produktbereich und beschränkt sich auf die wesentlichen Anforderungen. Nur Produkte, die den wesentlichen Anforderungen entsprechen, können in Verkehr gebracht und/oder in Betrieb genommen werden (Vermutungswirkung). Bei harmonisierten Normen, deren Fundstellen im Amtsblatt veröffentlicht worden sind, ist eine Übereinstimmung mit den entsprechenden wesentlichen Anforderungen - 1 -
2 anzunehmen. Harmonisierte Normen müssen in nationale Normen umgesetzt werden. Die Anwendung harmonisierter Normen oder anderer technischer Spezifikationen bleibt freiwillig, und den Herstellern steht die Wahl jeder technischen Lösung frei, solange die Konformität mit den wesentlichen Anforderungen gewährleistet ist. Besteht ein Hersteller aber auf seinem Recht der Abweichung, muss er ggf. die Gleichwertigkeit seiner Lösung mit der in einer Norm vorgegebenen, gegenüber einer zuständigen Behörde begründen. Hersteller haben die Möglichkeit zwischen verschiedenen Konformitätsbewertungsverfahren zu wählen, die in den verwendeten Richtlinien vorgesehen sind. Produkte, die alle Anforderungen der mitgeltenden Richtlinien erfüllen, werden mit der CE- Kennzeichnung versehen. Das europaeinheitliche Regelwerk besteht somit auf einem komplexen Regelwerk aus EG- Richtlinien (auf der Basis des EG-Vertrages) sowie aus freiwilligen Normen der europäischen Normenorganisationen (CEN, CENELEC und ETSI), in denen die gesetzlichen Festlegungen erläutert und konkretisiert werden. EG-Richtlinien Die durch die Europäische Kommission vorgeschlagenen und durch den Rat in Zusammenarbeit mit dem Europäischen Parlament verabschiedeten Richtlinien müssen in nationalstaatliche Rechts- und Verwaltungsvorschriften umgesetzt werden. In Deutschland erfolgt die Umsetzung durch das Geräte- und Produktsicherheitsgesetz. Folgende Richtlinien sind für den Maschinenbau wichtig: Richtlinie Nummer Anwendung ab Anwendungspflicht ab Maschinen Niederspannungsgeräte Elektromagnetische Verträglichkeit Einfache Druckbehälter 98/37EG geändert durch 98/79/EG 73/23/EWG geändert durch 89/336/EWG geändert durch 91/263/EWG und 92/31/EWG und 87/404/EWG geändert durch 90/488/EWG und (CE (Änd. CE (Änd. CE- Kennzeichnung.) (für Personenhebemittel und Sicherheitsbauteile ab ) (CE (Änd. CE (Änd. CE- Druckgeräte 97/23/EG
3 Interessierte Kreise Die Grundsätze der Normungsarbeit im DIN, die auf Freiwilligkeit, Öffentlichkeit, Sachbezogenheit, Ausrichtung am allgemeinen Nutzen und Beteiligung aller interessierten Kreise basieren, gelten auch auf europäischer Ebene. Die Möglichkeit, dass alle an der Normung interessierten Personen sich einbringen können, ist von grundlegender Bedeutung. Von deutscher Seite sind Vertreter der Hersteller, Betreiber und Berufsgenossenschaften die tragenden Säulen der Europäischen Normung. Durch die Einbindung der interessierten Kreise in die Erarbeitung bzw. kontinuierliche Anpassung der Normen an die Entwicklung der Technologien ist die Marktbezogenheit gewährleistet. Mitarbeit Die weitaus größte Gruppe von Normen behandelt produktspezifische Aspekte, die sowohl den Hersteller einer Maschine als auch den Anwender unmittelbar betreffen. Im Allgemeinen werden diese Normen im Konsensverfahren entwickelt. Um einen Konsens zu finden, müssen die interessierten Kreise aktiv mitarbeiten. Zu berücksichtigen sind die nach dem Stand der Technik gerechtfertigten sicherheitstechnischen Forderungen, ohne allerdings die notwendigen wirtschaftlichen und anwendungstechnischen Aspekte außeracht zu lassen. Es gibt immer wieder Fälle, wo sich einzelne Interessengruppen einer Mitarbeit verweigern, und dann die offiziellen Umfragen am Ende der Norm-Entwicklung für massive Einsprüche nutzen. Auch wenn manche Einsprüche berechtigt sind, führt eine solche Haltung zu einer Verzögerung im Bearbeitungsprozess der Norm. Dass dies nicht nur ein oder zwei Monate sind, hat die Praxis hinreichend bewiesen. Betrachtet man die heutige Situation aus deutscher Sicht stellt man fest, dass die Zahl der ehrenamtlichen Mitarbeiter in Normungsgremien abnimmt, obwohl die Zahl der Normungsgremien/-vorhaben wegen der Komplexität der Technologien stetig ansteigt. So sank die Zahl der ehrenamtlichen DIN-Mitarbeiter in der Zeit von 1993 bis 1998 um 9000, wogegen die Zahl der relevanten Gremien (CEN, ISO/IEC, DIN) um ca anstieg. Die Gründe liegen z. B. in der Situation der Industrie begründet. Die strategische und wirtschaftliche Bedeutung der Normung im Bezug auf Marktzugang wird nicht erkannt oder verneint. Es erfolgt deshalb auch keine Abstimmung zwischen der Unternehmens- und einer Normungsstrategie. Normung wird nur als Kostenfaktor angesehen und nicht als strategisches Instrument. Wie die DIN-Studie Gesamtwirtschaftlicher Nutzen der Normung gezeigt hat, schätzen einerseits die Befragten die Möglichkeit sehr hoch ein, ihre Interessen durchsetzen zu können. So antworteten 46%, dass sie nicht gewünschte Inhalte verhindern können und 48%, dass sie gewünschte Inhalte durchsetzen können. Andererseits aber lassen in vielen Fällen betriebliche Ressourcen eine aktive Mitarbeit nicht zu. Auch vor dem Hintergrund der Globalisierung sind die Aktivitäten der interessierten Kreise im europäischen Normungsprozess wichtig. Außereuropäische Staaten und Wirtschaftsblöcke bekunden starkes Interesse an der Neuen Konzeption haben aber auch Bedenken hinsichtlich einer Europäischen Dominanz. Als Nagelprobe kann hier die Übernahme der bereits durch ISO angenommenen zehn Europäischen Normen zur Maschinensicherheit (Grund- und Gruppennormen) in das jeweilige nationale Regelwerk dienen. Normenaufbau Wegen der Vielschichtigkeit und Größe des Normenprogramms zur Maschinensicherheit, hat man sich frühzeitig auf ein Normensystem von Typ A-, Typ B- und Typ C-Normen geeinigt. Damit wird Doppelarbeit vermieden und eine Logik entwickelt, die eine zügige Erarbeitung - 3 -
4 von Normen und einfachen Querverweisen zwischen den Normen ermöglichen. Die Struktur der Normen zur Maschinensicherheit stellt sich wie folgt dar: Typ A-Normen (Sicherheitsgrundnormen) enthalten Grundbegriffe, Gestaltungsleitsätze und allgemeine Aspekte Typ B-Normen (Sicherheitsgruppennormen) behandeln einen Sicherheitsaspekt oder eine Art von Schutzeinrichtung. Es wird unterschieden zwischen Typ B1-Normen für bestimmte Sicherheitsaspekte (z. B. Sicherheitsabstände, Oberflächentemperatur, Lärm) Typ B2-Normen für Schutzeinrichtungen (z. B. Zweihandschaltungen, trennende Schutzeinrichtungen) Typ C-Normen (Produkt-Sicherheitsnormen) enthalten detaillierte Sicherheitsanforderungen an eine bestimmte Maschine oder Gruppe von Maschinen Das gesamte Normungsprogramm von CEN zur Maschinensicherheit umfasst derzeit ca. 750 Normungsprojekte, darunter ca. 620 Typ C-Normen. Typ C-Normen nehmen soweit wie möglich Bezug auf Typ A- und/oder Typ B-Normen, können aber auch von diesen abweichende Anforderungen enthalten. Obwohl nach der Maschinenrichtlinie von allen harmonisierten Normen eine Vermutungswirkung ausgeht, ist dies in der Praxis differenziert zu sehen: Die Vermutungswirkung hinsichtlich eines Produktes geht nur von einer Typ C-Norm aus, und zwar für den in der Norm festgelegten Anwendungsbereich. Die Experten in den Arbeitsgruppen eines Technischen Komitees müssen also sehr genau definieren, welchen Anwendungsbereich sie abdecken wollen. Man sieht auch hier, dass durch eine aktive Mitarbeit Einfluss auf die Norm genommen werden kann. Technische Komitees Die Erarbeitung einer Norm auf europäischer Ebene wird über ein Technisches Komitee (TC) geregelt. Ein TC, das zur Konkretisierung der Maschinenrichtlinie z. B. Typ C-Normen erarbeiten möchte, wird auf Antrag (mit ausführlicher Begründung) von CEN genehmigt. Die Aufteilung eines TC in Arbeitsgruppen (WG) ist der Normalfall. In den Arbeitsgruppen werden dann die maschinenspezifischen Normen erarbeitet. Beispielhaft ist die Struktur für das Technische Komitee CEN/TC 202 Sicherheitsanforderungen Gießereimaschinen dargestellt: Sekretariat: Vorsitzender und Sekretär WG 1 Druckgießmaschinen WG 2 Form- und Kernherstellungsmaschinen WG 3 Gießpfannen, Gießeinrichtungen WG 4 Strahlanlagen WG 5 Geräuschmessverfahren In den einzelnen Arbeitsgruppen engagieren sich in der Regel fünf bis zehn Experten aus Dänemark, Deutschland, Großbritannien, Italien, Schweden, der Schweiz und Spanien
5 Zusammenfassung Der Binnenmarkt ist für die Staaten im europäischen Wirtschaftsraum, aber auch für diejenigen, die hier Absatzmärkte suchen, eine Chance und Herausforderung zugleich. Für alle, die Maschinen und Anlagen planen, herstellen, vertreiben, verkaufen, aufstellen und überwachen, gelten neue europäische Maßstäbe, die in einem komplexen Regelwerk aus EG-Richtlinien und aus Empfehlungen in Form von Normen dargestellt sind. Viele sind inzwischen umgesetzt in Rechts- und Verwaltungsvorschriften der einzelnen Mitgliedstaaten und konkretisiert durch Normen aber eben nicht alle, und hier ist weiteres Engagement gefordert. Normung muss vor einem technologischen, wirtschaftlichen und marktpolitischen Hintergrund als aktiver Teil der Unternehmensstrategie betrachtet werden. Literatur Europäische Kommission, Luxemburg: Amt für amtliche Veröffentlichungen der Europäischen Gemeinschaften, 2000 Leitfaden für die Umsetzung der nach dem neuen Konzept und dem Gesamtkonzept verfassten Richtlinien ISBN DIN, Deutsches Institut für Normung e.v. (Hrsg.) Gesamtwirtschaftlicher Nutzen der Normung: Zusammenfassung der Ergebnisse; wissenschaftlicher Endbericht mit praktischen Beispielen Beuth Verlag, ISBN DIN, Deutsches Institut für Normung e.v., Berlin; Internationale Sektion Maschinensicherheit der IVSS, Mannheim (Hrsg.) Leitfaden Maschinensicherheit in Europa Beuth Verlag, ISBN Bahke, T.: Europäische Normung aus der Sicht des DIN. DIN-Mitteilungen , Nr. 2, S Riekeles, H.: Bedeutung der harmonisierten Normen für die Marktüberwachung. Vortrag anlässlich der Fachtagung Europäische Marktüberwachung Kontakt: Winfried Resch VDMA Fachverband Giessereimaschinen Tel Fax
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