Herbstakademie Rechtsanwalt Joerg Heidrich Justiziar Heise Zeitschriften Verlag
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1 Herbstakademie 2006 Rechtsanwalt Joerg Heidrich Justiziar Heise Zeitschriften Verlag
2 Themenübersicht Bisherige Rechtsprechung zur Forenhaftung Das Rolex-Urteil des BGH Die heise Foren -Urteile Aktuelle Rechtsprechung Ausschluss von Forenteilnehmern Fazit RA Joerg Heidrich Haftung für Internetforen Herbstakademie
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4 Urteile vor der Reform von TDG/MDStV Die ersten veröffentlichten Urteile rund um die Haftung für Foren und Gästebücher stammen aus dem Jahr Vorreiter war ein Urteil des LG Trier vom Mai In dem Gästebuch des Beklagten wurde der Kläger von einem anonymen, nicht zu ermittelnden Dritten der Geldwäsche und des Steuerbetrugs bezichtigt. Einträge Dritter in Gästebücher sind für den Betreiber zunächst fremde Inhalte gemäß 5 TDG a.f. Wer aber über einen längeren Zeitraum Einträge in seinem Gästebuch ungeprüft lasse, nehme damit in Kauf, dass mögliche rechtswidrige Äußerungen dort erscheinen. Daher müsse ein Gästebuchbetreiber die Einträge wenigstens einmal pro Woche überprüfen und rechtswidrige Einträge löschen, um sich diese nicht zu Eigen zu machen. LG Düsseldorf, Mitte 2002: Hier wurde ein Rechtsanwalt in einem Gästebuch mit dem Wort Parasit bezeichnet. Das Haftungsprivileg von 5 Abs. 2 TDG a.f. greife zugunsten des Anbieters nicht ein, wenn der Anbieter sich die Eintragungen durch Duldung zu Eigen macht. RA Joerg Heidrich Haftung für Internetforen Herbstakademie
5 Dies sei dann der Fall, wenn er damit rechnen muss, dass etwa aufgrund redaktioneller Vorberichterstattung zu einem Thema - ehrverletzende Äußerungen gegen bestimmte Personen erfolgen könnten und er diese nicht entfernt. Einer Haftung könne der Anbieter durch regelmäßige Kontrolle entgehen. OLG München: Geht in einer Entscheidung hinsichtlich eines Online-Forums davon aus, dass für eine Haftung positive Kenntnis der Rechtsverletzung erforderlich ist. Ein Kennen müssen, wie es bei einer Überwachungspflicht vorausgesetzt wird, reicht allein nicht aus. Verfügt der Anbieter aber über eine solche Kenntnis, so scheidet die Haftungsprivilegierung des 5 TDG a.f. aus. Von einer Haftung kann nach Ansicht der Richter des OLG München auch ein Disclaimer nicht entlasten. RA Joerg Heidrich Haftung für Internetforen Herbstakademie
6 Die Grundsätze von TDG/MDStV 8 Allgemeine Grundsätze (2) Diensteanbieter im Sinne der 9 bis 11 sind nicht verpflichtet, die von ihnen übermittelten oder gespeicherten Informationen zu überwachen oder nach Umständen zu forschen, die auf eine rechtswidrige Tätigkeit hinweisen. Verpflichtungen zur Entfernung oder Sperrung der Nutzung von Informationen nach den allgemeinen Gesetzen bleiben auch im Falle der Nichtverantwortlichkeit des Diensteanbieters nach den 9 bis 11 unberührt. ( ) 11 Speicherung von Informationen Diensteanbieter sind für fremde Informationen, die sie für einen Nutzer speichern, nicht verantwortlich, sofern 1. sie keine Kenntnis von der rechtswidrigen Handlung oder der Information haben und ihnen im Falle von Schadensersatzansprüchen auch keine Tatsachen oder Umstände bekannt sind, aus denen die rechtswidrige Handlung oder die Information offensichtlich wird, oder 2. sie unverzüglich tätig geworden sind, um die Information zu entfernen oder den Zugang zu ihr zu sperren, sobald sie diese Kenntnis erlangt haben. ( ) RA Joerg Heidrich Haftung für Internetforen Herbstakademie
7 Urteile nach der Reform von TDG/MDStv Die Umsetzung der EU-Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr in Deutschland zum 01. Januar 2002 schuf insbesondere die 8-11 TDG. Eine der wichtigsten Aussagen der Richtlinie ist, dass gemäß Art. 15 Diensteanbieter nicht verpflichtet sind, die von ihnen übermittelten oder gespeicherten Informationen zu überwachen oder nach Umständen zu forschen, die auf eine rechtswidrige Tätigkeit hinweisen. Eine solche Regelung fehlte im TDG a.f., was dazu führte, dass einige Gerichte eine derartige Verpflichtung annahmen. LG Köln, Urteil vom Dezember 2002: Gegenstand des Streits waren Äußerungen in einem Internetforum, die sich kritisch mit dem Geschäftsgebaren eines Händlers auseinander setzten. Eine Haftung des Foren-Anbieters verneint das Landgericht. Als Diensteanbieter im Sinne der 9 bis 11 TDG sei der Betreiber nicht verpflichtet, die von ihm übermittelten oder gespeicherten Informationen zu überwachen. Ein Anbieter sei vielmehr erst nach Kenntniserlangung von dem Inhalt zur Überprüfung verpflichtet. RA Joerg Heidrich Haftung für Internetforen Herbstakademie
8 Zu dem vermeintlich genau entgegengesetzten Ergebnis kommt das LG Köln in einer Entscheidung vom November 2003 und verurteilte den Betreiber eines Online- Anzeigenblatts zu Unterlassung und Schadensersatz. Allerdings hatte der Betreiber einer Kleinanzeigenseite sämtliche Angebote bei Annahme manuell kontrolliert, so dass die Frage nach Kenntnis der Inhalte eindeutig zu bejahen war. Einen wichtigen Randaspekt des Themas beleuchtet ein Urteil des LG München: Der Betreiber einer Link-Sammlung war verurteilt worden, bei der Dritte ohne Kontrolle durch den Betreiber Verweise auf Websites einstellen konnten. Ein solcher Link führte auf rechtswidrig bereitgehaltene Inhalte. Das LG verurteilte den Anbieter als Mitstörer zur Unterlassung. Nach Ansicht der Richter seien die Haftungsprivilegierungen der 8-11 TDG nicht anwendbar, da das TDG weder direkt noch analog auf Links anwendbar sei und es keinen Unterschied machen könne, ob der Link vom Seitenbetreiber selbst oder durch einen Dritten gesetzt werde. RA Joerg Heidrich Haftung für Internetforen Herbstakademie
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10 BGH, Urteil vom I ZR 304/01 ("Rolex") Das Haftungsprivileg des 11 Satz 1 TDG, das den Diensteanbieter, der fremde Informationen für einen Nutzer speichert ( Hosting ), von einer Verantwortlichkeit freistellt, betrifft nicht den Unterlassungsanspruch. Der Umstand, dass ein Diensteanbieter im Rahmen des Hosting eine Plattform eröffnet, auf der private und gewerbliche Anbieter Waren im Internet versteigern können, reicht nicht aus, um ihn als Täter einer Markenverletzung anzusehen. Eine Haftung als Störer setzt voraus, dass für Diensteanbieter zumutbare Kontrollmöglichkeiten bestehen, um eine solche Markenverletzung zu unterbinden. Ihm ist es nicht zuzumuten, jedes in einem automatisierten Verfahren unmittelbar ins Internet gestellte Angebot darauf zu überprüfen, ob Schutzrechte Dritter verletzt werden. Wird einem Diensteanbieter ein Fall einer Markenverletzung bekannt, muss er nicht nur das konkrete Angebot unverzüglich sperren, sondern auch technisch mögliche und zumutbare Maßnahmen ergreifen, um Vorsorge dafür zu treffen, dass es nicht zu weiteren entsprechenden Markenverletzungen kommt. RA Joerg Heidrich Haftung für Internetforen Herbstakademie
11 BGH: Keine Anwendung des 11 TDG auf Unterlassungsansprüche Komme im Wortlaut des 11 Satz 1 TDG nur insofern zum Ausdruck, dass dort von der Verantwortlichkeit des Diensteanbieters die Rede ist. Damit sei lediglich die strafrechtliche Verantwortlichkeit und die Schadensersatzhaftung angesprochen. Dass das Haftungsprivileg des 11 Satz 1 TDG Unterlassungsansprüche nicht berührt, werde durch die Bestimmung des 8 Abs. 2 TDG nahe gelegt. In 8 Abs. 2 Satz 2 werde klargestellt, dass "Verpflichtungen zur Entfernung oder Sperrung der Nutzung von Informationen nach den allgemeinen Gesetzen auch im Falle der Nichtverantwortlichkeit des Diensteanbieters nach den 9 bis 11 unberührt (bleiben)". 11 Satz 1 Nr. 1 Alt. 2 TDG stelle für Schadensersatzansprüche geringere Anforderungen als für die Verantwortlichkeit im übrigen. Wäre auch der Unterlassungsanspruch von der Haftungsprivilegierung in Art. 14 der Richtlinie und 11 Satz 1 Nr. 1 Alt. 1 TDG erfasst, hätte dies die schwer verständliche Folge, dass an den Unterlassungsanspruch höhere Anforderungen gestellt wären als an den Schadensersatzanspruch. RA Joerg Heidrich Haftung für Internetforen Herbstakademie
12 Zusammenfassung Keine Haftungsprivilegierung für Anbieter von Inhalten Dritter bei Unterlassung Keine globalen Kontrollpflichten für eingestellte Inhalte Dritter Regelmäßig keine Täterschaft, aber Mitstörerhaftung möglich bei Verletzung von Kontrollpflichten Sind bereits Rechtsverletzungen bekannt, muss der Anbieter technisch mögliche und zumutbare Maßnahmen ergreifen, um eine Wiederholung zu verhindern. Wie diese Maßnahmen aussehen können, wird nicht näher dargelegt. RA Joerg Heidrich Haftung für Internetforen Herbstakademie
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15 Hintergründe Postings im Monat in den Foren von heise online. Das entspricht bis zu 8 Postings pro Sekunde in Spitzenzeiten. Ein Teilnehmer rief im Forum dazu auf, mittels einen Skripts die Malware massenhaft herunterzuladen und so die Server des Anbieters zu stören. Zwei Stunden nach Erscheinen des Postings (Freitag, 21 Uhr) wurde der Verlag per Mail um Löschung gebeten. Der Verlag entfernte innerhalb von etwa zwei Stunden nach Kenntnis den kompletten Thread. Dennoch erhielt er einige Tage später eine Abmahnung mit der Aufforderung, zukünftig zu unterbinden, dass Dritte zum massenhaften Download des besagten Programms aufrufen. Nachdem der Verlag dies abgelehnt hatte, erwirkte der Anbieter der Malware eine entsprechende einstweilige Verfügung, die das LG Hamburg mit Urteil vom 2. Dezember 2005 bestätigte. RA Joerg Heidrich Haftung für Internetforen Herbstakademie
16 Das Urteil des LG Hamburg Anspruch aus 823, 1004 BGB analog, denn die Verbreitung der angegriffenen Forumsbeiträge verletze die Antragsteller in ihrem Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb. Der Verlag sei dabei als Störer anzusehen, wobei das bloße Verbreiten einer unzulässigen Äußerung bereits ausreiche. Insbesondere würden die im MDStV oder im TDG vorgesehenen Haftungsprivilegien für Internetauftritte nach dem Rolex-Urteil des BGH eben nicht für die Verantwortlichkeit des Störers nach 1004 BGB analog gelten. Die Störereigenschaft entfalle nicht deswegen, weil es dem Verlag unmöglich wäre, auf den Inhalt des von ihr eingerichteten Forums Einfluss zu nehmen. Technisch sei ihm eine solche Einflussnahme im Grundsatz ohne weiteres möglich, da er sein Forum in der Weise einrichten könne, dass die Einträge vor ihrer Freischaltung auf die rechtliche Zulässigkeit ihres jeweiligen Inhalts geprüft werden. Zu einer solchen Prüfung der Inhalte, die sie über ihren Internetauftritt verbreitet, sei der Verlag auch verpflichtet. RA Joerg Heidrich Haftung für Internetforen Herbstakademie
17 Weiterhin sei eine solche Prüfung auch zumutbar. Dem stehe auch nicht die hohe Anzahl der Postings entgegen, die jeden Tag in den Foren des Verlags erscheinen. Denn wer Betriebsmittel bereithalte, die es ihm erlauben, über ein redaktionell gestaltetes Angebot in riesenhafter Anzahl Äußerungen zu verbreiten, unterhalte damit eine Gefahrenquelle. Vielmehr müsse der Verlag sein Unternehmen so einrichten, dass er mit seinen sachlichen und personellen Ressourcen auch in der Lage sei, diesen Geschäftsbetrieb zu beherrschen. Ohnehin habe der Verlag aufgrund der Art seines Angebots selbst Anlass zu der Annahme haben müssen, dass dieses von Nutzern zu Zwecken der Verletzung von Rechten Dritter gebraucht werden würde. Denn der Verlag hatte zu seinem Beitrag, in dem er das Verhalten der Antragsteller beanstandet hatte, ein Forum eröffnet. Aufgrund der in seinem eigen Beitrag geübten harten Kritik an dem Verhalten der Antragsteller habe er daraufhin damit rechnen müssen, dass die Nutzer des Forums dabei über die Stränge schlagen. RA Joerg Heidrich Haftung für Internetforen Herbstakademie
18 Das Urteil des Hanseatischen OLG Ein Forum ist ein Mediendienst. Ein Forums-Betreiber hafte grundsätzlich erst ab Kenntniserlangung für fremde, rechtswidrige Einträge. Eine generelle Verpflichtung zu einer vorherigen "Eingangskontrolle" würde die Möglichkeiten des freien Meinungsaustauschs in grundrechtswidriger Weise einschränken und gegen 6 Abs.2 MDStV verstoßen. Bei vollständiger Freihaltung des Betreibers von Überprüfungspflichten entstände für den Betroffenen ein Schutz- Vakuum, da diese vom Forenbetreiber dann lediglich die Löschung des konkreten Beitrags verlangen könnten, ohne einen darüber hinausgehenden Schutz vor künftigen Verletzungshandlungen erreichen zu können RA Joerg Heidrich Haftung für Internetforen Herbstakademie
19 Der Senat hält eine spezielle Überprüfungspflicht des Betreibers dann für angemessen, wenn dieser entweder durch sein eigenes Verhalten vorhersehbar rechtswidrige Beiträge Dritter provoziert hat, oder wenn ihm bereits mindestens eine Rechtsverletzungshandlung von einigem Gewicht im Rahmen des Forums benannt worden ist, und sich damit die Gefahr weiterer Rechtsverletzungshandlungen durch einzelne Nutzer bereits konkretisiert hat. Sind in der Vergangenheit rechtswidrige Postings aufgetaucht, reicht es nicht aus, lediglich die neuen, rechtswidrigen Postings zu löschen. Vielmehr müsse der Forums-Betreiber in einem solchen Fall dafür Sorge tragen, dass zukünftige, rechtswidrige Postings unterbleiben. Eine solche Pflicht obliegt einen Forums-Betreiber um so mehr, wenn er seine Webseiten gewerblich betreibt. Die Überprüfungspflicht beschränkt sich auf das Einzelforum in dem die Rechtsverletzung erfolgte und erstreckt sich nicht auf alle Foren des Betreibers. RA Joerg Heidrich Haftung für Internetforen Herbstakademie
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21 Die Rechtsprechung nach dem Urteil des LG Hamburg Soweit ersichtlich, folgen die Instanzgerichte nicht der Linie des LG Hamburg. So vertritt etwa das LG München die Auffassung, der Betreiber eines Forums für Gehörlose hafte ohne Kenntnis nicht für die Veröffentlichung von urheberrechtlich geschütztem Kartenmaterial in seinem Forum. Vielmehr sei dem Anbieter eine urheberrechtliche Überprüfung jedes Foreneintrags nicht zumutbar, da dies den Betrieb des gesamten Angebots in Frage stellen würde. OLG Düsseldorf 1. Urteil vom April 2006: Primär ist die Person auf Unterlassung in Anspruch zu nehmen, die die rechtswidrigen Äußerungen von sich gegeben hat: Dem Betreiber eines Meinungsforums ist es auch nicht unzumutbar, dafür zu sorgen, dass ihm die Identität und Adresse der Teilnehmer bekannt ist, um diese im Streitfall an die angeblich Verletzten weiterzugeben. Eine Haftung des Betreibers auf Unterlassung ist nur für den Fall anzunehmen, wenn der Äußernde unbekannt ist. Datenschutzrechtlich ausgesprochen zweifelhaft! RA Joerg Heidrich Haftung für Internetforen Herbstakademie
22 OLG Düsseldorf, 2. Urteil vom Juni 2006: Gegen den Betreiber eines Internetforums, der unstreitig die streitgegenständlichen Äußerungen nicht selbst in das Internet eingestellt hat und deshalb nur nach den Grundsätzen der Störerhaftung in Anspruch genommen werden kann, besteht kein Unterlassungsanspruch. Es sei nicht davon auszugehen, dass er trotz Kenntnisnahme von den Äußerungen diese nicht gelöscht habe. Prüfungspflichten könnten auch nicht aus allgemeinen Grundsätzen etwa aus Gesichtspunkten der Sicherungspflichten hergeleitet werden. Es bestehe keine allgemeine Pflicht, die zahlreichen auf seinem Internetforum existierenden Diskussionsforen mit ihren in die Tausende gehenden Beiträgen auf möglicherweise rechtswidrige Inhalte hin zu überwachen. Dies würde den Betreiber in technischer, personeller und wirtschaftlicher Hinsicht schlicht überfordern und das Betreiben von Internetforen letztlich wegen der sich aus der Überwachungspflicht ergebenden Haftungsrisiken unmöglich würde. RA Joerg Heidrich Haftung für Internetforen Herbstakademie
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24 Ausgangslage Insbesondere die vermeintliche oder tatsächliche Anonymität verleitet User dazu, in Beiträgen die Grenzen des rechtlich Erlaubten zu überschreiten. Erhöhung des Haftungsrisikos durch die jüngste Rechtsprechung: Mit den Folgen von Rechtsverletzungen sehen sich in den seltensten Fällen die eigentlichen Verursacher konfrontiert als vielmehr die Betreiber des jeweiligen Forums. Sperrungen sind notwendig, da häufig kann nur noch eine Sperrung von Usern die Diskussion wieder in sachliche Bahnen lenken. Aber: Neben rechtlichen Problemen vor allem große tatsächliche und technische Schwierigkeiten bei der Ermittlung des Users User nicht identifizierbar, nur Sperrung der IP, der Mail-Adresse oder des Nicknames möglich, jedoch weitgehend sinnlos Daher in Zukunft nur noch Foren mit verifizierten Nutzern wahrscheinlich RA Joerg Heidrich Haftung für Internetforen Herbstakademie
25 Virtuelles Hausrecht Das LG Bonn und das OLG Köln hatten sich allerdings im Jahr 2000 mit der Frage des Ausschlusses eines Teilnehmers aus einem Online- Chat zu befassen. In diesem Verfahren wollte der Betreiber eines unentgeltlichen und ohne Zugangskontrollen oder Nutzungsbedingungen bereit gehaltenen Online-Chats einen User von der weiteren Nutzung seines Angebots ausschließen. Die Richter des LG Bonn bejahten in dem Urteil die Existenz eines virtuellen Hausrechts, auf dessen Basis der Anbieter grundsätzlich berechtigt sei, einzelne Nutzer auszuschließen. Dieses Recht könne der Anbieter aber nicht willkürlich ausüben und Nutzer nach Belieben ausschließen. Vielmehr müsse er Gründe für den Ausschluss nachweisen, wie etwa eine Störung des Betriebsablaufes oder eine nicht übliche Nutzung jenseits des üblichen Chat-Verhaltens". OLG Köln vertrat die Ansicht, dass ein virtuelles Hausrecht grundsätzlich besteht, ließ jedoch offen, ab welcher Beeinträchtigungsintensität von diesem Hausrecht Gebrauch gemacht werden darf. RA Joerg Heidrich Haftung für Internetforen Herbstakademie
26 Thesen zum Forenausschluss Scheiden diese technischen Maßnahmen aus, so bleiben dem Anbieter zur Gegenwehr nur noch rechtliche Mittel, etwa in Gestalt eines Unterlassungstitels Bei der Forennutzung wird ein Vertrag geschlossen, aus dem sich für beide Seiten bereits Rechte und Pflichten ergeben. Diese bestehen auf Seiten des Anbieters wesentlich darin, Speicherplatz auf seinem Server für die Veröffentlichung des Beitrags zur Verfügung zu stellen und das Posting thematisch geordnet dauerhaft in der Öffentlichkeit anzubieten. Im Gegenzug räumt der Nutzer urheberrechtliche Nutzungsrechte an seinem Beitrag ein, die es dem Anbieter erlauben, diesen zu vervielfältigen und öffentlich zugänglich zu machen. Gemäß 241 BGB sind die Vertragspartner untereinander zur Rücksichtnahme verpflichtet. Für den Nutzer eines Forums bedeutet dies insbesondere konkret, dass er keine Beiträge posten darf, durch die der Anbieter von Dritten zur Verantwortung gezogen wird und dadurch dessen Rechte belastet werden. RA Joerg Heidrich Haftung für Internetforen Herbstakademie
27 Werden Forenregeln und Nutzungsbedingungen vereinbart, so gelten diese als AGB. Der Betreiber des Forums hat jederzeit die Möglichkeit, den Vertrag zu beenden. Wird in der Foren-Policy keine gesonderte Frist für eine Forenkündigung vereinbart, so gelten zunächst die gesetzlichen Kündigungsfristen. In den allermeisten Fällen ist es ist dem Forenbetreiber allerdings nicht zumutbar, weiterhin an einem Vertragsverhältnis mit einem Nutzer festzuhalten. Diese Sachlage rechtfertigt es, dem Forenbetreiber ein fristloses Kündigungsrecht zuzugestehen. Verhält sich der Nutzer nicht den Regeln entsprechend, also vertrags- oder rechtswidrig, begeht er eine Pflichtverletzung. Daraus ergibt sich, dass er keinen Anspruch darauf hat, das vertragswidrige Posting abzusetzen. Zudem entstehen schuldrechtliche Ansprüche des Foreninhabers. So muss der Nutzer bei verschuldeten Pflichtverletzungen unter den Voraussetzungen des 280 BGB dem Anbieter insbesondere den aus dem Posting entstandenen Schaden ersetzen. RA Joerg Heidrich Haftung für Internetforen Herbstakademie
28 Sofern eine Kündigungsfrist möglich ist, kann diese Zeit durch eine Sperre des Nutzers auf Basis der Nutzungsbedingungen ausgefüllt werden. An diese Entscheidung des Anbieters hat sich der User juristisch zu halten. Insbesondere entsteht im Falle einer erneuten Anmeldung mit Hilfe falscher Daten kein wirksamer neuer Vertrag. Auf Basis dieser Rechtslage kann der Forenanbieter gegen den Nutzer vor Gericht einen Unterlassungstitel erwirken, nachdem dem User die weitere Teilnahme an dem Forum grundsätzlich für die Zukunft verboten ist Verfahren derzeit beim LG München anhängig. Ein Beschluss nach 91 a ZPO steht nach Abgabe der Unterlassungserklärung noch aus. Details: Feldmann/Heidrich: Rechtsfragen des Ausschlusses von Usern aus Internetforen : praktische Voraussetzungen eines Anspruchs auf Ausschluss, in: CR 2006, S RA Joerg Heidrich Haftung für Internetforen Herbstakademie
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30 Wohin geht die Reise? Das Heise-Urteil des LG Hamburg scheint ein Ausrutscher gewesen zu sein Es scheint sich eine eindeutige Rechtsprechung (OLG Düsseldorf, OLG Hamburg, OLG Potsdam, LG München) herauszubilden, die eingeschränkte Überwachungspflichten nur nach vorheriger Kenntnis annimmt Prinzip des notice & take down nur bei der ersten Verletzung Enorme Gefahr des Ausnutzens der Rechtslage durch vorsätzlich verletzende Beiträge Schwierige Rechtslage bei der Sperrung von Forennutzern Erhebliche Rechtsunsicherheit bei den Betreibern (Provider, Betreiber von Foren, Gästebüchern, Blogs, usw.) Klima der Rechtsunsicherheit begünstigt zweifelhafte Abmahnungen RA Joerg Heidrich Haftung für Internetforen Herbstakademie
31 Forderungen: Gesetzgeber gefragt Gefordert werden muss eine klare Rechtslage im Hinblick auf die Umsetzung der EU-Richtlinien Klares Bekenntnis zum notice & take own - Verfahren wünschenswert Beschränkung der derzeit ausufernden Mitstörerhaftung sinnvoll RA Joerg Heidrich Haftung für Internetforen Herbstakademie
32 Gefahr erkannt! TMG: Reform der TDG/MDStV Entwurf für ein Gesetz zur Vereinheitlichung von Vorschriften über bestimmte elektronische Informations- und Kommunikationsdienste vom 14. Juni 2006 Dabei wird nicht verkannt, dass bei den Regelungen zur Verantwortlichkeit bei Teilen der Internetwirtschaft Befürchtungen bestehen, diese Regelungen würden dem Bedürfnis nach Rechtssicherheit nicht mehr gerecht. Hier hat besonders ein Urteil des Bundesgerichtshofes zur Haftung bei Internetversteigerungen (Rolex- Ricardo-Urteil) aus dem Jahre 2004 Besorgnis ausgelöst, dass damit eine Rechtsprechungsentwicklung eingeleitet werden könnte, die möglicherweise die Zielrichtung der Verantwortlichkeitsregeln der ECommerce-Richtlinie beeinträchtigt. In dem Urteil geht es um die Tragweite von Unterlassungsansprüchen gegen Internetanbieter bei Markenrechtsverletzungen, besonders hinsichtlich der Anforderungen, wiederholte Rechtsverletzungen zu verhindern (Überwachung des Internet-Angebots im Einzelfall). Änderungsüberlegungen im Bereich der Verantwortlichkeit bedürfen sorgfältiger Prüfung, besonders wenn die berechtigten Interessen der Rechtsinhaber und der Diensteanbieter abgewogen werden müssen. RA Joerg Heidrich Haftung für Internetforen Herbstakademie
33 Gefahr gebannt? Die Europäische Kommission hat die Absicht, bis Ende 2007 einen Evaluierungsbericht zur E-Commerce-Richtlinie vorzulegen. Im Vorfeld weiterer Maßnahmen wird sie dazu unter anderem auch eine Studie zu Fragen der Verantwortlichkeit in Auftrag geben. Über die Studie will die Kommission genaue Angaben über die Anwendung der Verantwortlichkeitsregeln in allen Mitgliedstaaten erhalten und daraufhin beurteilen, ob der Rechtsrahmen funktioniert oder Bedarf für weitere Maßnahmen im Sinne von Art. 21 der Richtlinie (Haftung bei Hyperlinks und Suchmaschinen sowie das so genannte notice and take down - Verfahren) besteht. Die Ergebnisse dieser Untersuchung werden voraussichtlich bis Mitte 2007 vorliegen und mit 15 den Mitgliedstaaten im Rahmen der von der Kommission eingerichteten Expertengruppe ECommerce erörtert werden. Wer nicht mehr weiter weiß, bildet einen Arbeitskreis RA Joerg Heidrich Haftung für Internetforen Herbstakademie
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35 Heise Zeitschriften Verlag Heise Zeitschriften Verlag GmbH & Co. KG Rechtsanwalt Joerg Heidrich Helstorfer Straße e Hannover Telefon: Telefax: Website: joerg.heidrich@heise.de RA Joerg Heidrich Haftung für Internetforen Herbstakademie
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