ALTERNATIVE PROTEINQUELLEN: ERNÄHRUNGSPHYSIOLOGISCHE ASPEKTE

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1 FEI KOOPERATIONSFORUM ALTERNATIVE PROTEINQUELLEN: ERNÄHRUNGSPHYSIOLOGISCHE ASPEKTE PROF. DR. PETER STEHLE ERNÄHRUNGSPHYSIOLOGIE UNIVERSITÄT BONN

2 ERNÄHRUNGSSICHERHEIT - HERAUSFORDERUNGEN Westliche Ernährungsweise wird als Kriterium für hohen sozialen Standard und Lebensqualität angesehen. Verzehr an tierischen Produkte steigt deutlich schneller an als die Weltbevölkerung Ausreichende Versorgung der Weltbevölkerung mit Energie und Eiweiß ist unter diesen Umständen nicht (mehr) gesichert Lösungen?? 2

3 PROTEINGEHALT VON MIKROALGEN % DES TROCKENGEWICHTS Becker,

4 PROTEINGEHALT VON ESSBAREN INSEKTEN % DES TROCKENGEWICHTS Schaben 57,3 Raupen 40,7 Fliegen 49,5 Ameisen 46,5 Motten 45,4 Grillen 61,3 Termiten 35,3 Wanzen 48,3 Rumpold & Schlüter, 2013 Zu beantworten: ausreichende Qualität für menschliche Ernährung? sichere Proteinquellen?

5 ERNÄHRUNGSPHYSIOLOGISCHE GRUNDLAGEN FUNKTIONEN VON AS Bausteine für die endogene Proteinsynthese (Funktionsproteine, Körpermasse ) Lieferanten von Stickstoff, Schwefel (und Selen) Vorstufen für die endogene Synthese einer Vielzahl von Metaboliten, Hormonen, Mediatoren Energiebereitstellung 5

6 PROTEINWERTIGKEIT Qualität und Quantität der im Protein gebundenen Aminosäuren bestimmen dessen Wertigkeit in der Humanernährung ( Biologische Wertigkeit ) Bestimmung der Aminosäuren-Zusammensetzung Vergleich mit Standard -Protein 6

7 PROTEINWERTIGKEIT BIOLOGISCHE METHODEN/PARAMETER Vergleichende (experimentelle) Studien, welche die Wirkung verschiedener Proteinquellen auf das Wachstum (z. B. PER) oder die N-Retention (z. B. NPR) untersuchen, z. B. Protein Efficiency Ratio (PER) = Net Protein Utilization (NPU) = Wahre Proteinverdaulichkeit = Gewichtszunahme (g) Proteinaufnahme (g) Retinierter N x 100 N-Aufnahme N-Aufnahme (N Fäzes N Fäzes endogen ) N-Aufnahme x 100 Elmadfa/Leitzmann: Ernährung des Menschen. 4. Auflage, Ulmer, Stuttgart

8 PROTEINE AUSGEWÄHLTER ALGEN- SPEZIES: AMINOSÄURENPROFILE g/100g Becker 2006 Aminosäuren-Zusammensetzung der untersuchten Algen unterscheidet sich nur geringfügig von anderen Nahrungsproteinen (Ausnahme Cystein) 8

9 PROTEINE AUSGEWÄHLTER ALGEN- SPEZIES: IN VIVO-STUDIEN BV: Biologische Wertigkeit (N-Bilanz), DC: Verdaulichkeit; NPU: Netto-Protein-verwertung; PER: Proteineffizienz Becker 2004, Richmond

10 Bioaktive Peptidfraktionen (Zwischenprodukte aus der enzymatischen Spaltung) sollen spezifische gesundheitsfördernde oder heilende Wirkungen besitzen: anticanzerogen antihypertensiv antisklerotisch immunmodulatorisch 10

11 Beispiel: Anticancer peptides Cave! Bisher stehen nur in vitro-daten zur Verfügung! 11

12 Erfassung des ernährungsphysiologischen Wertes von Proteinen der Mormonengrille Hausgrille Raupe des Ringelspinners im Vergleich mit Lactalbumin und Sojaprotein bereits als Tierfutter (Geflügelzucht) verwendet

13 Analytische Bestimmung des Aminosäuren- Spektrums In vivo-studie (Rattenmodell) 5 Testproteine (Pulver) in unterschiedlichen Mengen Messvariable: Futteraufnahme, Gewichtszunahme, N- Retention

14 Aminosäurenspektrum: Erste limitierende Aminosäure: Methionin/Cystein Chemical Score (Ratio Limitierende AS in mg/g Protein : RDA in mg/g Protein x 100): Mormonengrille 58 Hausgrille 52 Raupe 38 (LA 80, SP 48)

15 Nahrungsaufnahme, Gewichtszunahme und N-Retention bei TCM (Raupen)-Fütterung im Vergleich deutlich geringer

16 Schlussfolgerungen Die Biologische Wertigkeit der Insekten-Proteine ist (nur) geringfügig niedriger als diejenige von Soja- Protein, jedoch deutlich geringer im Vergleich zu Lactalbumin. Aufgrund des hohen Fasergehaltes ist die Verdaulichkeit des TCM (Raupen)-Proteins deutlich eingeschränkt.

17 Clanis bilineata (CB) ist eine Motte (Kategorie Schwärmer); lebt hauptsächlich von Blättern der Sojabohne Regelmäßiger Konsum von Larven in Asien (6000 t/j in China) Hoher Proteingehalt (685 g/kg TG)

18 Erfassung des ernährungsphysiologischen Wertes Analytische Bestimmung des Aminosäuren-Spektrums Vergleich mit Ei- und Milchproteinen In vivo-studie (Rattenmodell) Gewichtszunahme N-Bilanz Net protein retention (NPR) True digestibility (TD)

19 AS-Muster: Vergleich mit Ei- bzw. Milchprotein Gehalt an Met, Cys, Tyr und His höher Prozentualer Anteil von essenziellen AS höher als in Milch

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21 Schlussfolgerungen: The results of the present study indicate that CB larvae are a nutritionally promising new food resource for humans.

22 ALTERNATIVE PROTEINE: PROTEINQUALITÄT Isolierte Proteine aus Algen, essbaren Insekten etc. weisen eine ähnliche Aminosäuren-Zusammensetzung wie bekannte tierische bzw. pflanzliche Proteine auf. Ernährung nur mit diesen Proteinen würde die Versorgung mit verfügbarem Stickstoff und Aminosäuren gewährleisten! 22

23 QUELLEN FÜR ALTERNATIVE PROTEINE: SICHERE LEBENSMITTEL? Insekten, Algen etc. weisen (wie andere LM) potenzielle Risiken auf: Allergisches Potenzial Kontaminationen Rückstände Pathogene anti-nutritive Nährstoffe.. 23

24 QUELLEN FÜR ALTERNATIVE PROTEINE: SICHERE LEBENSMITTEL? Van der Spiegel et al,

25 QUELLEN FÜR ALTERNATIVE PROTEINE: SICHERE LEBENSMITTEL? Anti-nutritive Nährstoffe, wie z.b. Hydrocyanide Oxalate Phytate Tannine sind in Insekten bisher nur in geringen (unbedenklichen) Konzentrationen nachgewiesen worden. Ekop et al, 2010; Omotoso,

26 Fazit I ALTERNATIVE PROTEINQUELLEN ERNÄHRUNGSPHYSIOLOGISCH WERTVOLL UND SICHER? Aus alternativen Quellen isolierte Proteine weisen im Durchschnitt eine hohen ernährungsphysiologischen Wert auf. Einzelbewertungen sind jedoch notwendig, da die Proteinqualität Spezies-spezifisch ist, die Wertigkeit durch Umwelt, Zuchtbedingungen etc. zu stark unterschiedlichen Wertigkeiten führen können. 26

27 Fazit II ALTERNATIVE PROTEINQUELLEN ERNÄHRUNGSPHYSIOLOGISCH WERTVOLL UND SICHER? Aus alternativen Proteinquellen isolierte Proteine sind aus Ernährungssicht sicher. Werden die Quellen (Insekten, Algen, etc.) als solche verzehrt, bestehen die bekannten Risiken (allergisches Potenzial, Rückstände, etc.). Bisherige (jahrhundertelange) Erfahrungen in verschiedenen Weltregionen zeigen jedoch, dass Algen, Insekten.. durchaus essbar sind. Guten Appetit! 27

28 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit

29 ERNÄHRUNGSSICHERHEIT HERAUSFORDERUNGEN Quelle: Bundeszentrale für Politische Bildung 29