Diagnostik und Therapiestrategien bei Lymphomen
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- Hinrich Albrecht
- vor 8 Jahren
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1 Diagnostik und Therapiestrategien bei Lymphomen Florian Zettl, Karin Hohloch, Lorenz Trümper Zusammenfassung In der Erforschung, Klassifikation und Behandlung maligner Lymphome und Leukämien sind in den letzten Jahren wesentliche Fortschritte erzielt worden. Klinische Phase-III-Studien ermöglichen, aufbauend auf diesen Erkenntnissen, die Verbesserung bisheriger Therapieschemata auf der Basis rationaler Konzepte. Solche Therapieoptimierungsstudien verbessern zudem durch ihre Einbeziehung zahlreicher onkologischer Zentren und Praxen die Etablierung von auf breiter Basis anerkannten Therapiestandards. Zudem bieten die Studienzentralen den teilnehmenden Zentren wie auch rat- und hilfesuchenden Patienten und Angehörigen die Möglichkeit, jederzeit über aktuelle Entwicklungen informiert zu sein wie auch sachkundige Hilfe bei schwierigen Therapieentscheidungen zu suchen. Die Kompetenznetze Lymphome und Leukämien des BMBF wie die Förderung der Deutschen Krebshilfe haben in den letzten Jahren durch Studienunterstützung und Informationsvernetzung von Spezialisten in Klinik und Praxis, hausärztlich tätigen Kollegen und den Patientenselbsthilfegruppen zu einer wesentlichen Verbesserung der Versorgung dieser Patienten beigetragen. Summary Diagnosis and therapy strategies of lymphoma In the past years, substantial progress has been achieved in the research, classification and treatment of malignant lymphoma. Based on this knowledge, Clinical Phase III studies facilitate the improvement of hitherto therapy schemes in line with rational concepts. Such therapy optimizing studies help in improving the establishment of acknowledged therapy standards across the board, besides the incorporation of several oncological centres and practices. Moreover, the study centres offer the participating centres, as well as patients and their relatives seeking help and advice, unrestricted possibility of accessing information about current development as well as expert assistance in making difficult therapy decisions. The leukaemia and lymphoma competence network of the Federal Ministry of Education and Research (BMBF) and the support of the German Cancer Help (Deutsche Krebshilfe e.v.) have in the past years contributed to the substantial improvement of patient care through study support and information network of specialists, colleaguesingeneralpractice and the patient self-helpgroups. Key words Lymphoma, diagnosis, therapy, competence networks, self-help Einleitung Lymphome und Leukämien sind bösartige Erkrankungen der hämatopoetischen Zellen. Ihrer morphologischen Heterogenität, die häufig noch die Abkunft von den verschiedenen Reifungsstufen blutbildender Zellen erkennen lässt, steht eine ebenso große Heterogenität der klinischen Verläufe gegenüber. Große, multizentrische Studien der deutschen Studiengruppen haben in den letzten Jahrzehnten zur wesentlichen Verbesserung der Prognose von Patienten mit diesen Erkrankungen beigetragen. Auch die Diagnostik der Lymphome und Leukämien hat sich in den letzten Jahren mit den neu zur Verfügung stehenden Mitteln der Molekular- und Zytogenetik grundlegend geändert. Die Durchführung großer multizentrischer Studien ermöglichte anhand der Zytogenetik und der molekulargenetischen Marker, Patientengruppen mit unterschiedlichen Prognosen zu identifizieren. Im Rahmen von prospektiven Studien wird sowohl für die Leukämien als auch für die Lymphome überprüft, ob risikostratifizierte und damit individualisierte Therapien zu einer Verbesserung der Prognose führen können. Des weiteren sind in den letzten Jahren neben der klassischen Chemotherapie mit der Immuntherapie bzw. der Radioimmuntherapie neue Therapieprinzipien hinzugekommen. Durch die ständige Verbesserung der supportiven Therapie sowie der Konditionierungsschemata für die allogene und autologe Blutstammzelltransplantation können jetzt auch viele ältere Patienten mit höherem Risikoprofil behandelt werden, denen diese kurativen Therapieansätze bislang vorenthalten werden mussten. Prof. Dr. med. Lorenz Trümper Abteilung Hämatologie und Onkologie Zentrum Innere Medizin Universität Göttingen, Robert-Koch-Str. 40, Göttingen Z. Allg. Med. 2003; 79: Hippokrates Verlag in MVS Medizinverlage Stuttgart GmbH & Co. KG, Stuttgart
2 Biologie der Lymphome Die Non-Hodgkin-Lymphome umfassen eine klinisch, biologisch und pathophysiologisch heterogene Gruppe von Erkrankungen, deren gemeinsames Merkmal die Abstammung von den Zellen des lymphatischen Systems ist. Maligne Erkrankungen dieser Zellen manifestieren sich klinisch als Lymphome (mit vorwiegendem Befall der Lymphknoten), Leukämien oder Plasmozytome. Maligne Lymphome sind klonale Tumorerkrankungen, d. h. alle Zellen eines Tumors stammen von einer einzelnen, klonal expandierenden Zelle des lymphatischen Systems ab. Über 90 % der malignen Lymphome sind B-Zell-Lymphome, d.h. sie stammen von B-Lymphozyten ab, ca. 10 % der Lymphome sind T- bzw. NK- (Natural Killer) Zell-Lymphome. Pathologie und Klassifikation Die früheren, in Europa (Kiel-Klassifikation, 1) und Nordamerika (Working-Formulation, 2) verwendeten Lymphom-Klassifikationen haben seit der Einführung immunologischer Grundlagenerkenntnisse eine rationalere und transparente Grundlage erhalten. Inzwischen wird die Einteilung von malignen Lymphomen nach der neuen, 2001 erschienenen WHO-Klassifikation (3) vorgenommen, die zwischen B- und T-Zell-Reihe unterscheidet sowie zwischen Lymphomen, die von frühen und späteren, so genannten»peripheren«vorläuferzellen der Lymphopoese ausgehen. Die Behandlung maligner Lymphome wird künftig entitätsbezogen (d.h. abhängig von der Größe) erfolgen, sich also nicht mehr an der früheren Einteilung in niedrig- oder hochmaligne Lymphome orientieren, da die Prognose und die Behandlungsstrategien sich für die einzelnen Lymphomentitäten zum Teil grundlegend unterscheiden. Symptome und Diagnostik Die Erstsymptome sind meist von der Lymphknotenschwellung abgesehen unspezifisch: So genannte B- Symptome (Nachtschweiß, Fieber, Gewichtsverlust) sind bei Non-Hodgkin-Lymphomen seltener als beim Hodgkin-Lymphom, Schmerzen oder andere lokale Symptome treten in der Regel erst bei recht großen Lymphknoten auf. Nach wie vor gilt die Regel, dass bei jeder nicht anderweitig (z.b. lokale Infektion im Drainagegebiet des entsprechenden Lymphknotens) erklärbaren Lymphknotenschwellung von mehr als vier Wochen Dauer eine Lymphknotenexzision vorgenommen werden sollte. Punktionen mit zytologischen Beurteilungen sind obsolet (kein ausreichendes Material für die notwendigen immunhistochemischen Untersuchungen); stattdessen sollte immer eine exzisionale Biopsie durchgeführt werden und wenn möglich Frischmaterial an eine in der Lymphomdiagnostik erfahrene Pathologie eingesandt werden. Ausnahmen bilden z.b. die CLL (chronisch-lymphatische Leukämie), hier kann die Diagnose meist aus dem peripheren Blut oder aus der Knochenmarkbiopsie gestellt werden. Nach erfolgter Bildgebung kann ein geeigneter Lymphknoten ausgewählt werden (gut erreichbar, pathologisch vergrößert). Die nach der Diagnose folgenden Stagingmaßnahmen bei malignen Lymphomen zielen auf die histologische Sicherung des Lymphoms (Feststellung der Zugehörigkeit zur B- oder T-Zell-Reihe), die Festlegung der Entität des Lymphoms, die Stadieneinteilung nach Ann Arbor zur Festlegung von Prognose und Therapiestrategie sowie eine so genannte Umfelddiagnostik zur Abschätzung der Therapiefähigkeit sowie der Diagnose von Zweiterkrankungen. Anamnese und körperliche Untersuchung Die Anamnese sollte folgende Fragen beinhalten: Besteht eine B-Symptomatik (Fieber, Gewichtsverlust, Nachtschweiß)? Liegt eine Infektanfälligkeit vor, besteht eine Anämiesymptomatik oder bestehen Blutungszeichen? Hat sich die Symptomatik rasch oder langsam entwickelt? Welchen Karnofsky-Index hat der Patient? Die körperliche Untersuchung sollte unter besonderer Berücksichtigung der peripheren Lymphknotenstationen sowie Leber- und Milzgröße erfolgen. Laboruntersuchungen Laboruntersuchungen dienen zum einen der Feststellung von Organschäden (durch das Lymphom selbst oder als Zweiterkrankung), die limitierende Faktoren einer geplanten Behandlungsmaßnahme sein könnten. Zum anderen erlauben sie, Prognosefaktoren der Lymphomerkrankung festzulegen. Zudem müssen Begleiterscheinungen des Lymphoms erkannt werden (z.b. Autoimmunhämolyse bei CLL, Hyperviskositätssyndrom bei mit Paraproteinen einhergehenden Lymphomformen). Zur Basisdiagnostik gehört die Bestimmung des Blutbildes mit Differenzialblutbild, der Retentionswerte, der Leberwerte, der Blutsenkungsgeschwindigkeit sowie der LDH (Hämolyse vermeiden!). Bei bestimmten Entitäten, so z.b. beim Plasmozytom oder Immunozytom, kann die Durchführung einer Eiweißelektrophorese oder der Immunfixation im Serum bzw. im Urin diagnostisch sein. 68 Z. Allg. Med. 2003; 79: Hippokrates Verlag in MVS Medizinverlage Stuttgart GmbH & Co. KG, Stuttgart 2003
3 Sie sollte deswegen wie die Quantifizierung der Immunglobulinsubklassen bei der Staginguntersuchung durchgeführt werden. Eine spezifische virologische Diagnostik ist, abgesehen vom HIV-Test, nicht notwendig. Bildgebende Verfahren Die Bildgebung dient der Stadieneinteilung bzw. der Ausbreitungsdiagnostik und der Verlaufskontrolle unter Therapie. In aller Regel ist eine Röntgenuntersuchung des Thorax, eine Sonographie des Abdomens und eine Computertomographie der befallenen Regionen mit ausreichend dünnen Schichteinstellungen indiziert. Bei extranodalem Befall des Lymphoms können zusätzliche Untersuchungen notwendig werden (MRT, Skelettszintigraphie, HNO, augenärztliche Untersuchung). Biopsien Die Knochenmarkbiopsie ist eine unentbehrliche Maßnahme zur Festlegung des Ausbreitungsstadiums. Bei der Beurteilung des Knochenmarks sollten die zytologische und die histologische Beurteilung kombiniert werden, in einigen Fällen kann eine Durchflusszytometrie (FACS-Analyse) zur immunologischen Charakterisierung sinnvoll sein. Eine Liquorpunktion sollte bei aggressiven Lymphomen mit hochzervikalem Befall, Befall des Hodens oder Infiltration des Durasackes erfolgen. Immunologische und molekularbiologische Methoden Mit den modernen immunologischen und molekularbiologischen Methoden können funktionelle Strukturen des Lymphozyten in verschiedenen Entwicklungsstufen entdeckt werden. Für die T-Zell-Reihe ist die funktionelle Einheit der T-Zell-Rezeptor, bei der B-Zell-Reihe sind es die Immunglobuline. Diese funktionellen Einheiten können auf DNA-Ebene (PCR, Southern-Blot) oder auf Proteinebene (Immunzytochemie) analysiert werden. Dabei werden Genumlagerungen der B-Zellen (Immunglobulingene) und T-Zellen (T-Zell-Rezeptorgene) auf dem Weg zur ausdifferenzierten Zelle zu Hilfe genommen. Damit stehen sehr sensitive Methoden zum Nachweis einer monoklonalen Vermehrung von B- oder T- Zellen im peripheren Blut, Knochenmark oder aus einer Biopsie zur Verfügung. So genannte Gen-Chip-Methoden sind zur Zeit noch im Entwicklungsstadium; es ist aber davon auszugehen, dass sie in wenigen Jahren zur Standarddiagnostik von Lymphomen gehören können, da sie nach ersten Untersuchungen zuverlässiger als alle bisherigen Methoden die prognostisch relevante Unterscheidung von Subgruppen ermöglichen. Therapieprinzipien bei malignen Lymphomen Die Behandlung erfolgt entsprechend dem Alter und dem Allgemeinzustand des Patienten, abhängig von der Histologie und dem Stadium des Lymphoms. Differenziert werden muss zwischen palliativem und kurativem Therapieansatz sowie zwischen lokalisierten und generalisierten Erkrankungsstadien. Bis vor kurzem wurden niedrig maligne Lymphome vornehmlich palliativ behandelt, da sie als nicht heilbar galten, hochmaligne, rasch wachsende Lymphome hingegen überwiegend kurativ, da sie durch Chemotherapie heilbar sind. Wie bereits erwähnt, wird die Behandlung maligner Lymphome zukünftig nach der neuen WHO- Klassifikation entitätsbezogen erfolgen, sich also nicht mehr an der früheren Einteilung in niedrig- und hochmaligne Lymphome orientieren. Die Differenzierung der therapeutischen Strategien wird heute zusätzlich durch die Weiterentwicklung der prognostischen Score-Systeme ergänzt. Diesen liegen klinisch einfach zu bestimmende Parameter wie Allgemeinzustand, Ausbreitungsgrad des Lymphoms sowie Routineparameter, Laborparameter wie z.b. die Höhe der Lactatdehydrogenase (LDH) zu Grunde (4). Es ist mit Sicherheit anzunehmen, dass diese klinisch deskriptiven Parameter biologische Variablen widerspiegeln, die im Einzelfall noch nicht definiert sind. Die Fortschritte der molekularzytologischen Diagnostik (5) bei den Lymphomen sowie der molekulargenetischen Expressionsdiagnostik (6) werden in Zukunft Grundlage prätherapeutischer Diagnostik und differenzialtherapeutischer Entscheidungen sein und so die klinische und pathologische Diagnostik komplementieren. Bei Lymphomen bestanden zunächst die Behandlungsoptionen aus der Radiotherapie (7) und der systemischen Chemotherapie. Seit einigen Jahren stehen zusätzlich die Immuntherapie mit monoklonalen Antikörpern (z.b. Rituximab) sowie die autologe und allogene Blutstammzelltransplantation zur Verfügung. Als neues Therapieprinzip wird bei rezidivierten B-Zell-Lymphomen im Rahmen von klinischen Studien die Therapie mit Radionuklid-konjugierten anti-cd20- oder anti-cd22- Antikörpern, in zum Teil myeloablativer Dosierung erfolgreich eingesetzt (8). Transplantationsverfahren unter Einsatz fremder (allogener) Zellen werden in kurativer Absicht durchgeführt, Z. Allg. Med. 2003; 79: Hippokrates Verlag in MVS Medizinverlage Stuttgart GmbH & Co. KG, Stuttgart
4 Die Diagnose einer CLL erfolgt histologisch aus einer Lymphknotenbiopsie sowie zytomorphologisch aus pejedoch wegen erheblicher Toxizität bis jetzt nur bei ausgewählten Patienten mit Rezidiven angewendet (9). Der Vorteil dieses Verfahrens liegt im immunologischen Effekt der mit dem Transplantat übertragenen T-Lymphozyten des Spenders, die eine vollständige Eradikation der malignen Zellen bewirken könnten. Eine attraktive, weil nebenwirkungsarme Behandlungsmöglichkeit stellen die monoklonalen Antikörper dar. Die Monotherapie mit anti-cd20-antikörpern (Rituximab) in der Primärtherapie erzielt Remissionsraten von bis zu 65 % (10). In der Kombinationstherapie follikulärer Lymphome zeigte die Kombination aus CHOP und Rituximab bei 40 Patienten, die überwiegend nicht vorbehandelt waren, ein Ansprechen bei 95 % der Patienten (11). Experimentelle und klinische Daten deuten darauf hin, dass die Kombination von anti-cd20-antikörpern mit Chemotherapie dazu führen kann, resistente Zellen gegenüber der Chemotherapie zu sensibilisieren. Klinische Studien vergleichen zur Zeit Rituximab-Chemotherapiekombinationen in der Primärtherapie mit einer konventionellen CHOP-Chemotherapie. In der Rezidivtherapie ist die Überlegenheit einer Chemo-Immuntherapie, bestehend aus Fludarabin, Mitoxantrone und Cyclophosphamid sowie Rituximab bereits so klar gezeigt worden (Hiddemann, 2002, persönliche Mitteilung), dass sie dort als neuer Therapiestandard gilt. Auf Grund der insgesamt schlechten Prognose sind Strategien zur Therapieverbesserung nur im Rahmen großer prospektiver Studien prüfbar. Dazu gehört die Hochdosistherapie mit Stammzelltransplantation, für die in Pilotstudien (12) Zweijahresüberlebensraten von bis zu 100 % berichtet wurden, während mit konventioneller Therapie nach drei Jahren nur noch wenige Patienten überleben, sowie die kombinierte Chemo/Immuntherapie (Rituximab) bzw. die Radioimmuntherapie. Nach Möglichkeit sollten alle Patienten mit NHL im Rahmen von Therapiestudien an onkologischen Zentren behandelt werden. Die chronische lymphatische Leukämie (B-CLL) Die chronische lymphatische Leukämie CLL ist die häufigste Leukämie biologisch entspricht sie einem niedrig-malignen B-Zell-Lymphom mit Ausschwemmung ins periphere Blut. Die Inzidenz nimmt mit dem Alter zu und liegt im fünften Lebensjahrzehnt bei 5/ Einwohnern pro Jahr, im achten Lebensjahrzehnt bei etwa 32/ Kennzeichnend für dieses Lymphom ist die Proliferation kleiner Lymphozyten, die sich in Knochenmark, peripherem Blut, Lymphknoten, Milz und Leber anreichern. Die CLL ist eine indolente Erkrankung, die meist über viele Jahre verläuft. Allerdings gibt es einzelne Fälle, die einen schnellen Progress zeigen und mit der herkömmlichen Therapie nur unzureichend behandelt werden können bzw. einer frühzeitigeren Behandlung bedürfen. Deswegen wurde in den letzten Jahren versucht, diese Patienten anhand spezifischer zyto- und molekulargenetischer Marker zu identifizieren, um sie früher als bisher üblich, zum Teil auch stärker, behandeln zu können. Die Stadieneinteilung erfolgt nach Binet oder Rai (13, 14). Klinik Die Diagnose einer CLL wird häufig zufällig gestellt. Auffallend ist meist eine Leukozytose, i.d.r. weniger stark ausgeprägt als bei der CML, die sich im Differentialblutbild als Lymphozytose darstellt. Symptomatische Patienten klagen über Müdigkeit und Abgeschlagenheit auch ohne Anämie. Die Anämie des CLL-Patienten kann entweder durch eine hochgradige Knochenmarksinfiltration oder aber auch durch eine Autoimmunhämolyse verursacht sein. Spezifische Symptome wie leichte Hämatom- oder Blutungsneigung können auf eine Thrombozytopenie im Rahmen einer Splenomegalie, einer Knochenmarksinfiltration oder ebenfalls einer immunologisch verursachten Thrombozytopenie zurückzuführen sein. Eine Lymphadenopathie ist in 80 % der Fälle zu finden. Zervikale, supraklavikuläre und axilläre Lymphknoten sind am häufigsten betroffen. Die Lymphknoten sind meist beweglich und nicht schmerzhaft. Die Milz ist bei % der Patienten vergrößert, eine Hepatomegalie tritt bei weniger als der Hälfte der Patienten auf. Selten kann eine massive Lymphadenopathie auch zu einer biliären, renalen oder pulmonalen Obstruktion führen. Patienten mit fortgeschrittener CLL oder aber auch unter zytostatischer Therapie sind besonders durch Infektionen gefährdet, da meist ein ausgeprägter (sekundärer) Immundefekt mit Antikörpermangel besteht. Bei 5 % der Patienten kann es zu einer Transformation der CLL in ein sekundär hochmalignes Lymphom kommen (Richter-Syndrom). Klinisch wird dies meist durch ein plötzliches starkes Lymphknotenwachstum, manchmal auch unter laufender Therapie manifest. Sollte dieser Verdacht bestehen, muss ein solcher Lymphknoten zur histologischen Diagnosestellung entnommen werden. Diagnostik 70 Z. Allg. Med. 2003; 79: Hippokrates Verlag in MVS Medizinverlage Stuttgart GmbH & Co. KG, Stuttgart 2003
5 ripherem Blut und Knochenmark. Wichtig bei der Diagnose einer CLL ist die Immunophänotypisierung und vor allem bei jüngeren Patienten zur Risikoabschätzung eine zyto- und molekulargenetische Analyse. Therapie Die Therapie der CLL ist entscheidend vom Stadium der Erkrankung, dem Vorhandensein von Symptomen und in neueren Therapieansätzen auch vom Risikoprofil der individuellen CLL abhängig. Patienten im Stadium Binet C sollten therapiert werden, Patienten im Stadium Binet A und B nur bei Krankheitssymptomen. Die konventionelle Chemotherapie symptomatischer Patienten wird nach wie vor in erster Linie mit Chlorambucil durchgeführt. Das Nukleosidanalogon Fludarabin führt rascher und ausgeprägter zu Remissionen; es gibt derzeit aber noch keine klaren Daten darüber, dass eine dieser beiden Substanzen hinsichtlich des Überlebens überlegen ist (15). Zur Rezidivtherapie werden derzeit auch die zwei Antikörper Rituximab (anti CD20) (16) und Campath (anti CD52) (17) eingesetzt. Der anti-cd20-antikörper Rituximab wird meist in der Rezidivtherapie eingesetzt. Die Hochdosistherapie mit autologer Stammzelltransplantation bzw. allogener Knochenmarkstransplantation erfolgt derzeit nur in Studien, vor allem bei jungen Hochrisikopatienten, da die Überlegenheit dieser aggressiven Verfahren in der Primärtherapie für das Überleben noch nicht nachgewiesen werden konnte. Die Behandlung sollte, wenn immer möglich, im Rahmen einer Studie erfolgen. In der Bundesrepublik ist dies die Deutsche CLL-Studiengruppe. Prognose Die Prognose der Lebenserwartung des Patienten ist stadien- und risikoprofilabhängig. Patienten im Stadium Binet A haben eine mediane Lebenserwartung von über 10 Jahren, im Stadium B von ca. 5 Jahren und im Stadium C von etwa 2 3 Jahren. Ziel der derzeitigen Studien ist es, genau die Patienten zu identifizieren, die aufgrund ihres erhöhten Risikos von einer früheren und intensiveren Therapie hinsichtlich ihrer Prognose profitieren, ohne dass Patienten, die eine CLL niedrigen Malignitätsgrades haben, übertherapiert werden. Literatur 1. Stansfield AG, Diebold J, Noel H, et al Kiel Klassifikation. Lancet. 1998; Anonymous Classification of Non-Hodgkin s-lymphomas. Reproducibility of major classification systems. NCI non-hodgkins s Classification Project Writing Committee. Cacner. 1985; 55: Anonymous Tumours of Haematopoietic and Lymphoid Tissue. Lyon: IARC Press; The international Non-Hodgkin s Lymphoma Prognostic Factor Project, Ship MA, Harrington DP, et al. A predictive model for an aggressive Lymphoma. New Engl Journ Med. 1993; 329: Bentz M, Döhner H, Werner CA, et al. Identification of genetic imbalances in malignant lymphoma using comparative genomic hybridization. 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Semin Oncol 26 (Suppl): Osterborg A, DyerMJ, Bunjes D et al (1997) Phase II multicenter study of human CD52 antibody in previously treated chronic lymphocytic leukemia. European Study Group of CAMPATH-1H Treatment in Chronic Lymphocytic Leukemia J Clin Oncol 15: Zur Person Prof. Dr. med. Lorenz Trümper, Hämatologe und Onkologe; Ausbildung in Heidelberg, Toronto, Homburg/Saar Habilitation über das Thema:»Untersuchungen zur Pathobiologie des M. Hodgkin mit der Einzell-Polymerase- Ketten-Reaktion«. Klinischer Schwerpunkt: Behandlung maligner Lymphome, Knochenmarktransplantation. Seit 2001 Professor (C 4) und Abteilungsleiter, Abt. Hämatologie und Onkologie, Georg- August-Universität Göttingen. Z. Allg. Med. 2003; 79: Hippokrates Verlag in MVS Medizinverlage Stuttgart GmbH & Co. KG, Stuttgart
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