Bodenverbesserungspfandrechte
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- Christoph Möller
- vor 8 Jahren
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1 Landw. Seminar Die Bodenverbesserungspfandrechte der Schweiz. v. Von der Eidgenössischen Technischen Hochschule in Zürich zur Erlangung der Würde eines Doktors der technischen Wissenschaften genehmigte Promotionsarbeit vorgelegt von Hans Fiuck, dipl. Kulturingenieur (E.T.H.) aus Zürich. Nr. 399 Referent: Korreferent: Herr Prof. Dr. H. Lee mann. Herr Prof. E. Dis er ens. Zürich 1925 Druck und Verlag von Emil Rüegg, Zürich 5
2 90 9. Ergebnisse und Vorschläge. Das privatrechtliche Bodenverbesserungs pfandrecht wird durch die Art. 820 und 821 ZGB geregelt. Es bezweckt, jedem, auch dem mittel- und kreditlosen Grund eigentümer das notwendige Kapital zur Ausführung rentabler Bodenverbesserungen zu verschaffen. Dieses Ziel soll dadurch erreicht werden, dass den Meliorationsgläubigern durch die Me liorationspriorität erstklassige Grundpfandsicherheit für das Meliorationsdarlehen gewährt wird, ohne dass die nachgehenden Grundpfandgläubiger geschädigt werden. Das Pfandrecht nach Art. 820 und 821 ZGB erfüllt, wie übrigens auch die ihm ähnlichen Einrichtungen des Auslandes, seine Bestimmung nur mangelhaft, und zwar aus folgenden Gründen : 1. Die privatwirtschaftliche Rentabilität der Meliorationen wird vom Gesetz nicht mit der notwendigen Bestimmtheit als Voraussetzung zur Errichtung des Vorzugspfandrechtes ge fordert; ebenso wenig garantiert das Gesetz den geordneten Unterhalt der Meliorationen. Die nachgehenden Grundpfand gläubiger können daher gelegentlich infolge ungenügender Wert erhöhung oder Abnahme des Mehrwertes des Pfandes zu Scha den kommen. 2. Bei subventionierten Meliorationen ist vom Gesetz keine obligatorische Tilgung der Pfandschuld vorgesehen, sodass die nachgehenden Grundpfandgläubiger auch infolge unvermeid lichen Zerfalles oder Veraltens der Melioration zu Schaden kom men können. 3. Der Meliorant kann das Bodenverbesserungspfandrecht erst nach der Ausführung der Melioration ins Grundbuch eintragen lassen; er kann daher die Bodenverbesserung nur dann ausführen, wenn er für die Zeit der Ausführung über an derweitigen Kredit verfügt. 4. Bei nicht subventionierten, aber doch privatwirtschaft lich rentabeln Meliorationen kann das Bodenverbesserungs pfandrecht trotz der Rentabilität, also trotz voller Sicherung
3 ' 91 der nachgehenden Grundpfandgläubiger, nur für zwei Dritteile des Kostenanteils errichtet werden. Der Meliorant kann die Bodenverbesserung also nur ausführen, wenn er über weitern Kredit verfügt. 5. Aus dem Text von Art. 821 ZGB ergibt sich die vom Ge setzgeber gewollte Tilgungsart nicht unzweideutig, da das Wort «Annuität» mehrfache Bedeutung hat. Diese Mängel können dadurch beseitigt werden, dass die Art. 820 und 821 ZGB im folgenden Sinne abgeändert werden: Wird ein ländliches Grundstück durch eine Bodenverbesse rung, deren Durchführung und Unterhalt der behördlichen Auf sicht unterworfen sind, laut einem Gutachten der zuständigen Behörde voraussichtlich im Ertragswerte erhöht, so kann der Grundeigentümer nach der behördlichen Genehmigung des Pro jektes für die Erstellungskosten zur Sicherung seines Gläubigers eine Grundpfandverschreibung in das Grundbuch eintragen las sen, die allen andern eingetragenen Belastungen vorgeht. Die Pfandschuld muss durch Rückzahlungen jährlich min destens um einen Zwanzigstel der eingetragenen Pfandsumme vermindert werden. Das Pfandrecht erlischt für die Forderung und für jede jährliche Rückzahlung nach Ablauf von drei Jah ren seit Eintritt der Fälligkeit, und es rücken die nachfolgenden Pfandgläubiger nach. Die Kantone ordnen das Verfahren. Das öffentlich-rechtliche Bodenverbesse rungspfandrecht wird durch das öffentliche Recht der Kantone geregelt. Es bezweckt, den öffentlich-rechtlichen Kör perschaften, insbesondere den öffentlichen Meliorationsgenos senschaften, durch die Meliorationspriorität erstklassige Grund pfandsicherheit für die Kostenbeiträge der Beteiligten zu bie ten, ohne dass dadurch die nachgehenden Grundpfandgläubiger geschädigt werden. Das angestrebte Ziel wird aus folgenden Gründen nicht oder nicht vollständig erreicht: 1. Mehrere Kantone kennen das öffentlich-rechtliche Boden verbesserungspfandrecht überhaupt nicht und verfügen auch nicht über ein anderes wirksames Mittel zur Sicherstellung der Kostenanteile der Beteiligten,
4 92 2. Es gibt Kantone, die den Vorrang des öffentlich-rechtli chen Bodenverbesserungspfandrechtes nicht ausdrücklich fest setzen und so zum vorneherein auf die Meliorationspriorität ver zichten. 3. In denjenigen Kantonen, die einen gesetzlichen Anspruch auf die Eintragung eines öffentlich-rechtlichen Bodenverbesse rungspfandrechtes geschaffen haben, kann dieses nach der in der Literatur geäusserten Ansicht erst nach der Durchführung der Melioration errichtet werden, sodass die Meliorationsgenos senschaften während der Dauer der Ausführungsarbeiten bei der Zwangsverwertung eines beteiligten Grundstücks zu Scha den kommen können. 4. In den Kantonen, in denen das öffentlich-rechtliche Bo denverbesserungspfandrecht ohne Eintragung besteht, wird das Eintragungsprinzip ernstlich gefährdet. 5. Im allgemeinen sehen die Kantone keine obligatorische Tilgung der Pfandschuld vor, sodass bei unvermeidlichem Zer fall oder Veralten der Melioration die nachgehenden Grund pfandgläubiger zu Verlust kommen können. Diese Mängel können dadurch beseitigt werden, dass die kantonalen Bestimmungen betr. das Bodenverbesserungspfand recht wie folgt formuliert werden: Zugunsten der öffentlich-rechtlichen Körperschaften, die eine öffentliche Bodenverbesserung durchführen, besteht durch Vor merkung im Grundbuch gegenüber den beteiligten Grundeigen tümern zur Sicherung der Anteile an den Erstellungskosten ein gesetzliches Pfandrecht, das allen eingetragenen Belastungen vorgeht und mit den übrigen gesetzlichen Pfandrechten im glei chen Range steht. Dieses Pfandrecht muss spätestens 6 Mo nate nach der behördlichen Genehmigung der ausgeführten Ar beiten im Grundbuch eingetragen werden. Die Pfandschuld muss durch Rückzahlungen jährlich min destens um einen Zwanzigstel der eingetragenen Pfandsumme vermindert werden. Das Pfandrecht erlischt für die Forderung und jede jährliche Rückzahlung nach Ablauf von drei Jahren seit Eintritt der Fälligkeit. Die Beiträge an die Unterhaltskosten öffentlicher Boden verbesserungen haften an den beteiligten Grundstücken als öf-
5 93 fentlich-rechtliche Grundlasten, die ohne Bezifferung der Be träge spätestens 6 Monate nach der behördlichen Genehmigung der ausgeführten Arbeiten im Grundbuch vorgemerkt werden müssen. Die Verwirklichung unserer Vorschläge liegt durchaus im Bereiche der Möglichkeit. Nur besteht die Gefahr, dass die Revision des bestehenden privatrechtlichen Bodenverbesserungs pfandrechtes lange Zeit auf sich warten lassen würde, da eine Teilrevision des ZGB als ausgeschlossen erscheint. Ferner ist zu befürchten, dass selbst bei baldiger Revision der kantonalen Meliorationsgesetze auch in Zukunft wieder jeder Kanton ein besonderes öffentlich-rechtliches Bodenverbesserungspfand recht haben würde. Diese Nachteile bestehen beim Vorschlage von Dr. Brunner nicht. Nach ihm sollte Art. 820 ZGB in einer Übergangsbestimmung zum Pfandbriefgesetz im Anhang zu der Revision der Art. 916 bis 918 ZGB aufgehoben und unge fähr durch folgende Redaktion ersetzt werden133: Wird ein ländliches Grundstück durch eine Bodenverbesserung jeder Art, die unter Mitwirkung öffentlicher Behörden zur Durch führung gelangt, im Werte erhöht, so besteht für den Kostenanteil des Grundeigentümers zur Sicherung seines Gläubigers ein gesetz liches Pfandrecht ohne Eintragung im Grundbuche, das allen andern Belastungen vorgeht. Wird eine solche Bodenverbesserung ohne staatliche Subvention durchgeführt, so besteht dieses Pfandrecht für höchstens zwei Dritt teile des Kostenanteils des Eigentümers." Nach diesem Vorschlage wird ein einheitliches Bodenverbes serungspfandrecht für die ganze Schweiz geschaffen. Der Vor schlag hat zudem noch den Vorteil, dass das Bodenverbesse rungspfandrecht bei öffentlichen Meliorationen nicht nur seinen ursprünglichen Zweck erfüllt, d. h. die Forderungen der Me liorationsgenossenschaft sicherstellt, sondern auch dem Gläu biger der Meliorationsgenossenschaft, also der Bank, die das Darlehen leistet, die notwendige Realkaution bietet. Dadurch wird die bisher notwendige Solidarhaft der Beteiligten gegen über der Bank überflüssig. Dieser Vorteil ist zwar nicht so gross, wie es vielleicht den Anschein hat. Denn, wenn das Bo denverbesserungspfandrecht sofort bei der behördlichen Geneh- 13S) ZBJV, 1923, S. 116.
6 94 migung des Projektes besteht, so hat die Solidarhaft nur noch formelle Bedeutung. Das Bodenverbesserungspfandrecht ver hindert, dass die Meliorationsgenossenschaft zu Schaden kom men kann, also kann die Solidarhaft gar nicht praktisch wer den. Im Kanton Zürich z. B., wo die Meliorationsdarlehen ge genüber der Kantonalbank durch Solidarhaft sichergestellt werden134), hat diese bisher in keiner Weise hemmend gewirkt und wird als selbstverständlich betrachtet.135) Hier fällt eben das den Grundeigentümern mit Unrecht zugemutete Risiko, für zahlungsunfähige Beteiligte einspringen zu müssen, bald weg, weil sofort nach Bauabschluss das öffentlich-rechtliche Boden verbesserungspfandrecht in seiner Wirkung an die Stelle der Solidarhaft tritt.13«) Der Verbesserungsvorschlag von Dr. Brunner beschränkt sich auf die Art und den Zeitpunkt der Entstehung des Vor zugspfandrechtes, im übrigen entspricht er den Art. 820 und 821 ZGB. Es gelten daher für diesen Vorschlag die gleichen Aussetzungen, wie wir sie am privatrechtlichen Bodenverbesse rungspfandrecht angebracht haben, mit Ausnahme derjenigen, die sich auf den Zeitpunkt der Entstehung bezieht. Dazu kommt noch, dass infolge der Nichteintragung des Pfandrechtes das Eintragungsprinzip gefährdet wird. Diese Mängel lassen sich in Analogie mit unsern frühern Vorschlägen etwa durch fol gende Lösung beseitigen: Wird ein ländliches Grundstück durch eine Bodenverbesse rung, deren Durchführung und Unterhalt der behördlichen Auf sicht unterworfen sind, laut einem Gutachten der zuständigen Behörde voraussichtlich im Ertragswerte erhöht, so besteht durch Vormerkung im Grundbuch für den Anteil des Grund eigentümers an den Erstellungskosten zur Sicherung seines Gläubigers ein gesetzliches Pfandrecht, das allen eingetragenen, m) Die Zürcher Kantonalbank kann an Genossenschaften, welche sich in gemeinnütziger Weise die Förderung der Landwirtschaft zur Aufgabe machen, Darlehen zu ermäßigtem Zinsfuß bewilligen, sofern die Genossen schafter solidarisch haften und ein hinreichender Ausweis der Sicherheit er bracht wird. Vergl. Gesetz betr. die Zürcher Kantonalbank vom 16. März 1902, 16 und ) Girsberger, S. 25. is6) Girsberger, S. 69.
7 95 Belastungen vorgeht. Das Pfandrecht muss spätestens 6 Mo nate nach der behördlichen Genehmigung der ausgeführten Ar beiten im Grundbuch eingetragen werden. Die Pfandschuld muss durch Rückzahlungen jährlich um mindestens einen Zwanzigstel der eingetragenen Pfandsumme vermindert werden. Das Pfandrecht erlischt für die Forderung und jede jährliche Rückzahlung nach Ablauf von drei Jahren seit Eintritt der Fälligkeit, und es rücken die nachfolgenden Pfandgläubiger nach. Die Kantone ordnen das Verfahren. Sofern es wirklich möglich sein sollte mit der Aufstellung des Pfandbriefgesetzes die Art. 820 und 821 ZGB zu modifi zieren, so geben wir dieser Fassung gegenüber unsern frühem Vorschlägen den Vorzug. Diese Fassung sieht ein einheit liches Bodenverbesserungspfandrecht vor, das sowohl den pri vaten Meliorationsgläubigern, als auch den öffentlichen Melio rationsgenossenschaften und ihren Gläubigern die gewünschte Sicherung ihrer Forderungen verschafft, ohne die Nachteile der bisherigen Ordnung aufzuweisen. Bei allen unsern Vorschlägen wurde stillschweigend voraus gesetzt, dass es der mitwirkenden Behörde tatsächlich möglich sei, ein zuverlässiges Gutachten über die voraussichtliche Wert erhöhung durch die Bodenverbesserung abzugeben und dass durch die Mitwirkung der Behörde wirklich eine Garantie für technisch richtige Durchführung und genügenden Unterhalt der Meliorationen geboten wird. Diese Voraussetzungen sind heute nicht vollständig erfüllt. Einerseits muss die kulturtechnische Forschung noch gefördert werden, um die notwendigen Grund lagen für die Rentabilitätsberechnungen zu erhalten. Ander seits muss in einigen Kantonen der kulturtechnische Dienst noch besser ausgebaut werden, sowohl durch die Besetzung der zu ständigen Amtsstellen durch Fachleute (dipl. Kulturingenieure), als auch durch den Ausbau des heute zu sehr auf das Subven tionswesen zugeschnittenen kantonalen Verfahrens zur Durch führung der Bodenverbesserungen, für die das Bodenverbesse rungspfandrecht in Anwendung kommen soll.
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