Anästhesie beim Kind mit akutem respiratorischen Infekt
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- Lioba Förstner
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1 Anästhesie beim Kind mit akutem respiratorischen Infekt Dr. Maria Univ.-Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin Graz. Hyperreagible Atemweg ist das was uns Kinderanästhesisten in der täglichen Praxis am meisten Schwierigkeiten mit dem Atemweg macht! Akuter Infekte Chronische Erkrankungen der Luftwege Chronische Bronchitis Asthma bronchiale Bronchopulmonale Dysplasien häufige Ursache für Laryngospasmus / Bronchospasmus inadäquate Oxygenierung - Hypoxie Hypoxie Hypoxien treten häufiger auf im Säuglings und Kleinkindalter bei unerfahrenen Anästhesisten oft gesunden Patienten durch atemwegsbedingte Komplikatinen entstehen am häufigsten durch Nichtbeherrschen des Atemwegs können zu Sekundärschäden führen Hypoxie ist die häufigste Ursache für Bradykardien und (Herzstillstand?) bei gesunden Säuglingen und Kleinkindern 1
2 Fall zum Thema Mädchen, 15 Mo, 12 kg Seit einigen Tagen: zunehmende Rötung, Schwellung am Rücken bei infizierten Dellwarzen Bei Vorstellung in der Ambulanz am Vormittag: ca. 2cm im DM haltender Abszeß am Rücken links, perifokale Rötung, Fluktuation, schmerzhaft Zusatzanamnese: in den letzten Tagen: Durchfall, kein Erbrechen seit dem Vortag: leichte seröse Rhinitis, Zahnen in der letzten Nacht: Fieber bis 38 C PRAE Perioperative Respiratory Adverse Events Das Auftreten von perioperativen respiratorischen Problemen bei Kindern: 8-17% bei Kinder ohne Infekt 24 30% mit akutem oder kurz zurück liegenden Infekt der oberen Luftwege Dieses Risiko erhöht sich zusätzliche bei Säuglingen und Frühgeborenen Enge Luftwege Geringe Schleimhautschwellung: erhebliche Anstieg des Atemwegswiederstand Widerstand = 1/r 4 Widerstand 3x so groß Widerstand 16x so groß Quelle: Markenson, D.S. Pediatric Prehospital Care, New Jersey: Prentice Hall, 2002, p
3 Infekt der oberen Luftwege Zeichen eines respiratorischen Infektes: Rhinorrhoe 68% Verstopfte Nase 37% Niesen 29% Produktiver Husten 26% Halsschmerzen 8% Fieber 8% Trockener Husten als Zeichen einer Bronchitis und Tracheitis Heisere Stimme bei Laryngitis Unspezifische Symptome: müde, matt, Muskelschmerzen, Kopfschmerzen, Appetitlosigkeit Preoperative Management: Es besteht kein Konsens über den idealen Zeitpunkt zur Durchführung einer Narkose nach respiratorischen Infekt, aber: Hyperreagiblität besteht einige Zeit nach Verschwinden der klinischen Symptome Beobachtungsstudie mit 9300Patienten Akuter Infekt oder abgelaufener Infekt < 2 Wochen PRAE 25-29% Abgalaufer Infekt 2 4 Wochen PRAE 12% bzw 8% von Ungern-Sternberg, Risk assessment for respiratory complications in paediatric anaesthesia: a prospective cohort study. Lancet 2010; 376: Narkose: Ja Nein? Curr Opin Anesthesiol 2017, 30:
4 Präoperatives Management Chirurg stellt dringende Indikation zur Spaltung des Abszesses Ibuprofen 125mg supp Stationäre Aufnahme Vorstellung in präop. Ambulanz: Rücksprache mit dem Chirurgen Abwarten der Nüchternzeit Letzte Mahlzeit ca 8:00 Detaillierte Aufklärung der Eltern über Ablauf der Narkose und bestehende Risiken Planung des Präoperativen Managements Hämatologie:Kl.BB Leuko 4.69/- G/l Ery 4.73 T/l Hb 13.1 g/dl Hkt 36.6 % MCV 77.4 fl MCH 27.7 pg MCHC 35.8 g/dl Thrombo 362 G/l MPV 9.4 fl Hämatologie:Diff.BB,mikro Stab % 1 % -6 Segm % 74 % Eo m % 0 % -5 Baso m % 0 % -1 Mono m % 3 % 2-12 Ly m % 22 % Entzündung CRP k 3.4 mg/l -5.0 Sonstige Informationen Kapilläre Blutabnahme Kap.Abn. Dok.: /00 Labor? Es gibt in der Literatur keine Empfehlung für die Durchführung von Laboruntersuchungen. Präoperative Abklärung Vorgehen bei geplanten Eingriffen: Ergibt sich aus der Anamnese und den klinischen Zeichen der Verdacht auf ein nicht diagnostiziertes Asthma bronchiale oder Bakteriellen Infekt Transferierung zum Spezialisten (Kinderabteilung, Pädiater) zum Einleiten einer entsprechenden Diagnostik und Therapie Bei Kindern unter 1 Jahr und Verdacht auf RSV-Virus empfiehlt sich die Durchführung eines Schnelltestes. 4
5 Präoperatives Management Geplante Vorbereitung: Emla Pflaster iv. Leitung auf Station präoperative Infusion Elomel isoton: 120ml über 1h, danach Erhaltungsbedarf Salbutamol - Inhalation: 0,25ml ad 2ml NaCl 0,9% ( 100µg /kg ) Prämedikation: 6mg Midazolam rectal (0,5mg/kg) Prämedikation Nach den neuesten Empfehlungen sollte bei Kindern mit einem Infekt der oberen Luftwege bei der Prämeditation auf Benzodiazepine verzichtet werden und Clonidin verwendet werden. Dosierung: Clonidin 4 µg/kg (rectal, oral) 2 µg /kg (nasal) Curr Opin Anesthesiol 2017; 30: Curr Opin Anaesthesiol 2014; 27: Umbettzone Lara kommt um 17:00 in die Umbettzone: ist gut prämediziert, Salbutamol-Inhalation erhalten, aber hat keine iv-leitung, Emla vor vier Stunden entfernt, Venenpunktion gescheitert letze orale Flüssigkeit um 12:00 ca. 100ml Tee Schwierige Venenverhältnisse Dringlichkeit der Operation? 5
6 Risikofaktoren Curr Opin Anesthesiol 2017, 30: Intraosärer Zugang Indikationen Vital bedrohliche Notfallsituationen Präklinisch Innerklinisch (Schockraum, Notfallsambulanz) Atem-Kreislauf-Stillstand, kritische hämodynamische Instabilität schwerer Laryngospasmus Im OP bei der Narkoseeinleitung Nicht für gesetzte Operationen mit schwierigem Venenweg Unaufschiebbare Narkoseeinleitung nicht nüchterner Kinder (Rapid-Sequence-Induction, RSI) bei Kindern mit instabilem Kreislauf oder schwerer kardialer Insuffizienz (Septischer Schock) Anästhesieeinleitung bei starker Atemwegsblutung Hess T. Anasthesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther Jul;51(7-08): Strauss J. Anästhesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther 2013; 48(4): Narkoseeinleitung Nach geglückter iv.leitung Sedierung 1mg Midazolam iv (0,1 0,2mg/kg) 12,5mg S-Ketamin iv (1 2mg/kg) 60µg Glycopyrrolat (5 µg/kg) Präoxygenierung Anlegen des vollständigen Monitorings Flüssigkeitszufuhr: 20ml Elomel isoton als Bolus Elo-Paed balanced 1% mit 90ml/h 6
7 Zeitdruck beim respiratorischen Zwischenfall Präoxygenierung Ohne Präoxygenierung Jugendlicher Erwachsener Säugling Zeit bis ~ 11 min < 2 min SaO2 ~ 40 Nottingham Simulator: Hardman et al. Br J Anaesth 2006; 97: Narkoseeinleitung Narkose vertiefen 25µgFentanyl (1 2 µg/kg) Propofol 2 5 (-10)mg/kg (titrierend) nach ca 20mg Propofol plötzliches Husten Luftanhalten Laxyngospasmus SaO2-Abfall auf ca 75% Laryngopasmus Anästhesiebedingte Risikofaktoren: Stimmbandiritation durch Blut, Schleim, volatile Anästhetika mehrfache Versuche der Atemwegs- Platzierung unerfahrener Anästhesist Oberflächliche Narkose, Schmerzreiz, HWS-Bewegung, nasogastrale Sonde Chirurgie bedingte Faktoren: Eingriffe an den Luftwegen und des Ösophagus Ped. Anesth
8 Laryngospasmus patientenbedingte Faktoren Alter (Sgl.>KK>SK) Infekt der oberen Luftwege (2,5x) Gastroösophagealer Reflux Ehemaliges FG < 1a Kinder rauchender Eltern (10x) Ped. Anesth Narkose vertiefen! rasche Verabreichung von 120mg Propofol danach Maskenbeatmung gut möglich orales Sekret abgesaugt SaO2 rasch auf >95% angestiegen Muskelrelaxation 8mg Rocuronium (0,6 1mg/kg) Intubation 5,0 ohne Cuff, oral Magensonde oral 12ch LM versus Tubus Sowohl bei Säuglingen als auch bei Kindern > 1 Jahr findet sich eine geringere Inzidenz von Laryngospasmus und Bronchospasmus bei der Verwendung von LM für kleine chirurgische Eingriffe. Drake-Brockman TF. The effect of endotracheal tubes versus laryngeal mask airways on perioperative respiratory adverse events in infants: a randomised controlled trial. Lancet Feb 18;389(10070):
9 Narkose aufrechterhalten Sevoflurane Auskultation: Verlängertes Expirium, verschleimt Zweimal endotracheal viel zähflüssiges Sekret abgesaugt Weitere Therapie: 6mg Dexamethason (0,5mg/kg) 50mg Theophyllin (4mg/kg) 125mg Ibuprofen supp Definition: Verringerung des Durchmessers in den kleinen und mittleren Atemwegen Krampf der glatten Muskulatur Entzündung der Atemwege Hypersektretion Auslöser: oberflächliche Narkose Ein- und Ausleitphase allergische Reaktion Aspiration endobronchiale Intubation Narkoseausleitung Vor Narkoseausleitung In tiefer Narkose noch einmal geringe Mengen Sekret endotracheal abgesaugt, danach auskultatorisch frei 15µg Clonidin iv. (1 2µg/kg) 12 mg Xylocain 1% iv. (1mg/kg) Extubation in tiefer Narkose Rasches Einsetzen der Spontanatmung Atmung etwas gepresst Auskultation: gering verlängertes Expirium Ohne O2, Sättigung unter 90% Erb TO1. The effect of intravenous lidocaine on laryngeal and respiratory reflex responses in anaesthetised children. Anaesthesia Jan;68(1):
10 Postoperativer Verlauf Intensivstation: O2 Gabe für ca 2h, Salbutamol Inhalation, Verlegung auf die Normalstation am nächsten Morgen Postoperative Analgesie 125mg Ibuprofen (rectal) 3 mal tgl. Nalbuphin 0,1 0,2mg/kg als KI alle 3 4 Stunden möglich Postoperativer Verlauf Weiterer Verlauf: 1. postop Tag: Respiratorischer Infekt (Rhinitis plus produktivem Husten) 2. postop Tag: Entfernung der Lasche in Analgosedierung auf Station 6mg Midazolam rectal (0,5mg/kg) 12mg Tramodol rectal (1mg/kg) Verabreichung 30 min vor dem Eingriff Pulsoxymeter 3. postoperativer Tag: Entlassung nach Hause Respiratorische Infekt -Tiefe Sedierung Für eine tiefe Sedierung / Analgosedierung gelten die gleichen Voraussetzungen wie für eine Vollnarkose. Patienten mit abgelaufenen oder akuten respiratorischen Infekt reagieren auf Manipulationen (Absaugen, Güdeltubus) mit starkem Hustenreiz, Luftanhalten, häufig gefolgt von Sättigungsabfall Im MR führt wiederholtes Husten zu einer Beeinträchtigung der Bildqualität oder Unmöglichkeit der Untersuchung Macht unter Umständen Umstieg auf Vollnarkose nötig um die Untersuchung zu beenden. Im Extremfall: Ausbeatmung auf Intensiv notwendig. Ambulante Untersuchung endet mit stationärem Aufenthalt 10
11 Atemwegsprobleme Datenbank des Pediatric Research Consortiums Prospektive Untersuchung über 3 Jahre ( ) > Patienten ausgewertet Ergebnis: 6,3% ohne respiratorischer Infekt 22,2% mit schwerem respiratorischen Infekt Pediatrics 2017 Tiefe Sedierung bei beginnenden oder abgelaufenen respiratorischen Infekt Rücksprache mit dem Zuweiser Bei dringender Indikation nach entsprechender Aufklärung der Eltern Bei nicht dringender Indikation Besonders sorgfältige Abwägung der Risiken gegen den zu erwartenden Nutzen Problematik im MRT und CT Große Distanzen zwischen Patient und Anästhesist Zeitverlust zwischen Auftreten von respiratorischen Problemen und Therapie ungeschickter Arbeitsplatz Eingeschränktes Equipment im MRT Curr Opin Anesthesiol 2017, 30:
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