Qualitative Methoden
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- Julius Bayer
- vor 5 Jahren
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1 Qualitative Methoden Qualitative Forschungslogik (= Rekonstruktive Logik) ist sinnvoll zur Entdeckung von Neuem, von noch nicht oder noch nicht gut erforschten Bereichen, oder zur Wiederholung vorhergegangener Forschung um diese zu prüfen Handelnde bilden im Alltag in ihrem Sozialfeld Konstruktionen (Konstruktionen ersten Grades). Die qualitative Sozialforschung versucht diese nachzuvollziehen und zu verstehen und anschließend Typen und Theorien daraus zu bilden (Konstruktionen zweiten Grades) Rekonstruktive Logik Versucht Struktur/Formel/Gemeinsamkeiten herauszuarbeiten Verbindung von qualitativer und quantitativer Forschung nicht sinnvoll, jedoch abwechselnde Verwendung Triangulation: Phänomen aus verschiedenen Blickwinkeln betrachten/verschiedene Methoden anwenden Feldzugang muss reflektiert werden Weg bis zur Erhebung beschreiben Forschungsbeginn 1) Erkenntnisinteresse (Vorläufige) Fragestellung (Was will ich wissen?) 2) Methodische Positionierung (Welches methodische Paradigma passt zu meiner Fragestellung und welche Konsequenzen folgen daraus?) 3) Forschungsfeld (Wo und von wem erfahre ich, was ich wissen will?) 4) Wahl der Erhebungsverfahren (Welche Verfahren sind geeignet um in einem Forschungsfeld für mich relevante Daten zu erheben? 5) Wahl der Auswertungsmethoden, mit Forschungslogik verbunden (Welche Art der Auswertung ist aufgrund der erhobenen Daten möglich und diesen angemessen?) Methodisch kontrolliertes Fremdverstehen: = sich persönlich der Situation fremd machen: Bedingungen schaffen damit Relevanzsysteme und Begriffe des Beforschten sich gänzlich entfalten können. Die Äußerungen sind nur in dem Kontext, den der Untersuchte selbst hergestellt hat, interpretierbar. Es ist methodisch kontrolliert, insofern als die Differenz zwischen Interpretationsrahmen der Forschung und denjenigen der Erforschten systematisch berücksichtig wird. Indexikalität der Alltagssprache (Garfinkel): sprachliche Äußerungen sind teilweise nur Hinweise auf Bedeutungsgehalte Verweisungscharakter der Aussagen auf weiterführenden Kontext muss explizit gemacht werden je näher der Kontakt/je ähnlicher der Kontext, desto weniger Kontextinformationen müssen gemacht werden im Forschungsprozess entsteht Spannungsfeld zwischen kompletter Fremdheit und alles für bare Münze zu nehmen das Gegenüber soll das Gefühl haben auf einer natürlichen Gesprächsebene zu kommunizieren, aber innerlich muss gewisse Fremdheit herrschen um darüber reflektieren zu können
2 Gütekriterien in qualitativer Forschung: Validität: Aufgrund der Forschungslogik geringes Problem in qualitativer Forschung (sie versucht möglichst nahe an Phänomenen/Personen zu sein), mehr oder weniger automatisch und unmittelbar gegeben Reliabilität: Reproduzierbarkeit von Ergebnissen, können bei Wiederholung die Ergebnisse bestätigt werden? Gewährleistet durch Reproduktionsgesetzlichkeit: Im Auswertungsprozess werden Gemeinsamkeiten der Fälle oder innerhalb eines Interviews gesucht, dann wird eine Grundformel/-struktur herausgefunden Rekonstruktion alltäglicher Standards Interraterreliabilität (=Urteilerübereinstimmung) Objektivität: Welche Reichweite haben die Ergebnisse der Forschung? Qualitative Forschung erhebt nicht den Anspruch universelle und ahistorische Aussagen zu tätigen, sondern präzise über die untersuchten Fälle und etwas darüber hinaus. Forschungsablauf: Erkenntnisinteresse Forschungsfrage (Auseinandersetzung mit d. Untersuchungsgegenstand) Entscheidung für Metatheorie (Begrifflich-theoretische Grundlagen) Wahl der Methoden Erhebung Typenbildung Ergebnisse= Gegenstandstheorie Interpretation findet auf im Stadium der Erhebung, Typenbildung und Ergebnissen statt. Ende der Forschung: keine neuen Erkenntnisse mehr machbar Zu treffende Entscheidungen: Offen/verdeckte Untersuchungen (muss sowohl forschungsethisch als auch in Bezug auf den Untersuchungsgegenstand reflektiert werden) Nähe/Distanz zur beforschten Person/Gruppe/Gegenstand Erhebungsort und seine Konsequenzen (Wo ist das ergiebigste Material zu erwarten?) In privatem Umfeld des Untersuchten In einer Institution, die den Zugang zu den Interviewpartner ermöglicht hat und/oder einen +/- wichtigen Kontext der Untersuchung darstellt In der Institution, in der die Forscher beschäftigt sind Im öffentlichen Raum Im privaten Umfeld des Forschers Wie Forschungsteilnehmer beschaffen? (je nach Zielgruppe verschieden)
3 Technisches Equipment Gruppendiskussion vs. Interview? Erhebungssituation: 1) Smalltalk-Phase 2) Eingangsstimulus (demonstativ vage Formulierungen) 3) Herstellung der Selbstläufigkeit, immanentes Fragen 4) exmanentes Fragen 5) Abrundung, Dank Demonstrative Vagheit = vorsichtige Frageformulierung, macht den Untersuchten deutlich, dass sie Experten ihrer Belange sind, ist wichtiges Instrument u.a. für den Interviewbeginn Immanentes Nachfragen = Fragen Stellen, die sich auf das unmittelbar Gesagte beziehen, für Untersuchten wichtig sind (deren Relevanzsysteme aufgreifen) Exmanentes Nachfragen = Fragen, die sich nicht oder nur entfernt auf das Gesagte beziehen, vom Erkenntnisinteresse des Forschers bestimmt Textsorten: Erzählung Argumentation Beschreibung diese Textsorten sind typisch für Interviews, bringen jeweils unterschiedliche Konsequenzen für die Auswertung mit sich, unterschiedliche Grundbedingungen 1. Erzählung hat immer Anfang und Ende (= narrative Grundstruktur) an bestimmtem Zeitpunkt beginnend und endend, dazwischen Sequenz aufeinander aufbauender Ereignisse persönliche Beteiligung zeitliche Dimension persönliche Relevanzen werden sichtbar 2. Argumentation unzeitlich müssen nicht persönlich sein bzw. etwas mit der Person zu tun haben Aufgrund der Distanz zur Person, Auswertungsprozess problematisch 3. Beschreibung zeitliche Ablaufstruktur müssen nicht persönlich sein bzw. etwas mit der Person zu tun haben Aufgrund der Distanz zur Person, Auswertungsprozess problematisch Narratives Interview = nicht vorbereitete Steigreiferzählung Textsorte: Erzählung Nur selbst erlebte Prozesse können erzählt werden
4 bildet am ehesten die kognitive Aufbereitung der Erfahrung und die Orientierungs- u. Relevanzstrukturen des Handelnden ab Zugzwänge des Erzählens durch Anwesenheit des Interviewers Einschränkungen müssen beachtet werden (u.a. Lebensalter, kulturelle Rahmenbedingungen, etc.) zeitlich relativ unbegrenzt/offen Analyse eines Interviews: Ergebnis immer bestimmt durch Interaktion von Interviewer und Intervietem (+ Fragenabfolge, etc.) Grundlage ist gesamter Text Welche Textsorte? Eventuell Wechsel zwischen Textsorten? Fokussierungen? Gruppendiskussion vs. Einzelinterview Lebenssituation bzw. zu untersuchendes Phänomen bestimmt Methode prinzipiell gleiche/sehr ähnliche Ergebnisse jedoch Intensität und Fokussierungen sind je nach Methode verschieden Gruppendiskussion fokussiert kollektive Orientierungen, Wissensbestände und Werthaltungen Gruppendynamische Prozesse ersichtlich Steigerndes Verhalten der Gruppe Erzählfluss gefördert Praktische Qualität/Erfahrung tritt stärker hervor Überlappende Fokussierungen werden sichtbar Nicht/schlecht erfassbar: Individuelle Orientierungen, spezifische Aspekte des praktischen Handelns und langfristige Prozessstrukturen Einzelinterview ausführlicher, tiefer Individuelle Orientierungen/Motive/Relevanzen erfassbar längere Prozesse erfassbar Zusammenhang zwischen verschiedenen Interviews muss im Nachhinein hergestellt werden (=Suche nach homologen Passagen) manchmal schwierig
5 Experteninterviews Experten verfügen über spezifisches Rollenwissen, bekommen solches zugeschrieben und nehmen darauf basierend eine besondere Kompetenz für sich selbst in Anspruch. Charakterisiert können drei Formen des Expertenwissens werden: Deutungswissen (Gesellschaft legt Gewicht in ihre Aussagen/ihr Wissen Deutungsmacht) Ablauf-/Bereichswissen (Wissen über Mechanismen, Regeln, Abläufe in institutionalisierten Zusammenhängen, die sie repräsentieren) Kontextwissen (Wissen über andere Bereiche, die für die Untersuchung wichtig sind) Auswahl der Interviewpartner ist abhängig von dem, was ich erfahren möchte und von wem ich glaube, dies erfahren zu können zeitlich begrenzt gute Vorbereitung notwendig: Leitfaden erstellen (relevante Punkte festmachen und gliedern, mögliche Fragen überlegen) Ablauf eines Experteninterviews: Vorgespräch: dem Gegenüber zeigen, dass er/sie Experte auf seinem Gebiet ist, eigenen Expertenstatus (auf dem eigenen Gebiet) präsentieren, Interesse an Kompetenz und Wissensgebiet (über schriftlich dokumentierten Wissen hinaus) bekunden Selbstpräsentation des Experten Stimulierung einer selbstläufigen Sachverhaltsdarstellung: Sachverhalt soll selbst strukturiert dargestellt werden können, zielt auf Textsorte Beschreibung ab Aufforderung zur ergänzenden und beispielhaften Detaillierung: immanentes Nachfragen Aufforderung zur spezifischen Sachverhaltsdarstellung: exmanentes Nachfragen, wenn noch nicht alle für die Forschung gewünschten Informationen gegeben wurden Aufforderung zu Theoretisierung/Generierung von Deutungswissen: Offene, grundsätzliche und möglicherweise auch provokante Frage Generell strebt man an, detaillierte Beschreibungen zu erhalten, die narrativ ergänzt werden, auch Argumentationen vor dem Hintergrund der Beschreibungen und Narrationen sind für die Interpretation wichtig, da sie Deutungswissen zeigen. An den zuvor entworfenen Leitfaden sollte sich der/die Forscherin halten, aber in diesem Rahmen flexibel sein, v.a. was die Reihenfolge der Fragen betrifft.
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