Arbeitsgemeinschaft (AG) BGB Allgemeiner Teil AG BGB-AT XII
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- Friedrich Fiedler
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1 Arbeitsgemeinschaft (AG) BGB Allgemeiner Teil AG BGB-AT XII Daniela Pfau Wissenschaftliche Mitarbeiterin Raum:
2 Wiederholung Unmittelbare Stellvertretung gem. 164 ff. BGB Voraussetzungen: 1. Abgabe einer eigenen Willenserklärung seitens der Mittelsperson 2. Handeln der Mittelsperson im fremden Namen 3. Bestehen einer Vertretungsmacht 2
3 Wiederholung Rechtgeschäftliche Vertretungsmacht (Vollmacht i.s.d. 166 II 1 BGB) 1. Erteilung der Vollmacht ( 167 BGB) Einseitige, empfangs- aber nicht annahmebedürftige WE Innenvollmacht, 167 I Alt.1 BGB Außenvollmacht, 167 I Alt.2 BGB 2. Umfang der Vollmacht Innenverhältnis legt grds. den Umfang fest Rechtliches Dürfen Beeinflusst nicht das rechtliche Können im Außenverhältnis Trotz Überschreitung wird Vertretener verpflichtet 3
4 Rechtsscheinvollmacht 1. Gesetzliche Rechtsscheinvollmachten, 170 ff. BGB Schützt das Vertrauen des Geschäftspartners in den Bestand der Vollmacht. a) Rechtsschein des Fortbestands einer Außenvollmacht Widerruf der Außenvollmacht nur gegenüber Vertreter ( 168 S.3 BGB) Keine Mitteilung gegenüber dem Dritten Gutgläubigkeit des Dritten ( 173 BGB) b) Rechtsschein durch Kundegabe der Bevollmächtigung Besondere Mitteilung an Dritten oder öffentliche Bekanntmachung Kein Widerruf der Kundgebung in derselben Weise ( 171 II BGB) Gutgläubigkeit des Dritten ( 173 BGB) c) Aushändigung einer Vollmachtsurkunde Aushändigung einer Vollmachtsurkunde an Vertreter ( 172 I BGB) Vorlage der Vollmachtsurkunde gegenüber dem Dritten ( 172 I BGB) Keine Rückgabe oder Kraftloserklärung der Vollmachtsurkunde ( 172 II BGB) Gutgläubigkeit des Dritten ( 173 BGB) 4
5 Rechtsscheinvollmacht 2. Duldungsvollmacht Fehlen einer Vollmacht Wiederholtes rechtsgeschäftliches Handeln im Namen eines anderen Vertretener weiß, dass in seinem Namen gehandelt wird und duldet es Geschäftsgegner darf auf Grund dessen davon ausgehen, dass Vollmacht erteilt worden ist Gutgläubigkeit des Geschäftsgegners ( 173 BGB analog) 3. Anscheinsvollmacht Fehlen einer Vollmacht Wiederholtes rechtsgeschäftliches Handeln im Namen eines anderen Vertreter hätte Handeln erkennen und verhindern können Geschäftsgegner durfte darauf vertrauen, dass Vertretener Handeln kennt und billigt Gutgläubigkeit des Geschäftsgegners ( 173 BGB analog) 5
6 Handeln ohne Vertretungsmacht 1. Rechtsfolgen für das Rechtsgeschäft Rechtsgeschäft ist schwebend unwirksam gem. 177 I BGB Kann vom Vertretenen noch genehmigt werden, 182 ff., 184 BGB Genehmigung (+) Vertrag kommt mit Vertretenem zustande Genehmigung (-) kein Vertragsschluss mit Vertretenem, aber Haftung des falsus procurator gem. 179 BGB Beachte: Widerrufsrecht des Vertragspartners bis zur Genehmigung, 178 S.1 BGB Aufforderung zur Genehmigung durch Geschäftspartner, 177 II BGB 6
7 Handeln ohne Vertretungsmacht 2. Haftung des Vertreters Beweislast für das Bestehen der Vollmacht trägt der Vertreter Haftung bei Kenntnis von fehlender Vertretungsmacht, 179 I BGB Vertrag wäre bei bestehender Vertretungsmacht wirksam zustande gekommen Gesetzliche Garantiehaftung (verschuldensunabhängige Vertrauenshaftung) Haftung des Vertreters wahlweise auf Erfüllung oder Schadensersatz Vertreter hat Anspruch auf Gegenleistung Haftung bei Unkenntnis von fehlender Vertretungsmacht, 179 II BGB Haftung auf den Vertrauensschaden; Begrenzung auf das Erfüllungsinteresse Ausschluss der Haftung, 179 III BGB Geschäftsgegner kennt Mangel der Vertretungsmacht (S.1); Vertreterhandeln ohne Zustimmung der gesetzlichen Vertreter bei beschränkter Geschäftsfähigkeit (S.2) 7
8 Handeln ohne Vertretungsmacht 3. Verhältnis zwischen Vertreter und Vertretenem Schadensersatzansprüche Verletzung einer Vertragspflicht, wenn rechtliches Dürfen überschritten, 280 I BGB Unberechtigte Geschäftsführung ohne Auftrag, 678 BGB Unerlaubte Handlung, 823 ff. BGB 4. Verhältnis zwischen Vertretenem und Drittem Vertretener kann aus eigenem Verschulden haften (z.b. ungenaue Ausdrucksweise) Haftung aus culpa in contrahendo, 311 II, 280 I BGB Dritter hat im Vertrauen auf wirksamen Vertrag bereits geleistet Herausgabeanspruch, 812 I 1 Alt.1 BGB 8
9 Arbeitsgemeinschaft (AG) BGB Allgemeiner Teil AG 12 Fälle: Armer Toni, reiche Lina / Der Notverkauf 9
10 Armer Toni, reiche Lina Die reiche Lina (L) will mit dem armen Toni (T) in Urlaub fahren. Da sie noch mit dem Packen ihrer Kleider beschäftigt ist, bittet sie Toni, ihren Porsche vollzutanken, und gibt ihm dafür einen 50 Schein mit. Toni tut, wie geheißen. Als er vollgetankt hat und bezahlen will, stellt er zu seinem Entsetzen fest, dass er den Geldschein während der Fahrt verloren hat. Dies teilt er dem Inhaber der Tankstelle, Fredi (F), mit und fügt hinzu, ohnehin habe er im Namen der Lina tanken wollen. Fredi, der weder Toni noch Lina kennt, zeigt insoweit Verständnis, als er Toni bei Lina anrufen lässt. Lina will jedoch, wie sie sich ausdrückt, für Tonis "ewige Schlamperei" nicht aufkommen. Toni möchte sich ungern von dem wenigen Geld trennen, das er hat. Wer muss die Benzinrechnung bezahlen? 10
11 Armer Toni, reiche Lina I. Anspruch F gegen T auf Kaufpreiszahlung gem. 433 II BGB 1. Wirksamer Kaufvertrag (F T) Zwei übereinstimmende WE a) Angebot des F in Freigabe der Zapfsäule? Interesse des Tankstellenbetreibers, Vertrag auch bei Nichtbemerken des Tankens zu schließen Aber: Angebot beschränkt auf vorhandenen Vorrat unter Bedingung der Funktionsfähigkeit der Zapfsäule Keine bloße invitatio ad offerendum Angebot (+) b) Konkludente Annahme durch T (+) 11
12 Armer Toni, reiche Lina c) Problem: Wer ist Kaufvertragspartei? Wirksame Stellvertretung der L, 164 I, III BGB? aa) Eigene Willenserklärung des T, 164 I 1 BGB bb) Mit Vertretungsmacht Innenvollmacht 167 I Alt.1 BGB (+) cc) Im Namen der L, 164 I 1 BGB? Offenkundigkeitsprinzip 164 II BGB: Wille in fremdem Namen zu handeln, muss deutlich gemacht werden. (1) Ausdrücklich (-) (2) Aus den Umständen (-) 164 I 2 BGB Wagen der L kein ausreichendes Indiz, da nach außen hin nicht erkennbar 12
13 Armer Toni, reiche Lina (3) Ausnahme vom Offenkundigkeitsprinzip Geschäft, für den, den es angeht? Bei Bargeschäften des täglichen Lebens muss ein mit Vertretungsmacht Handelnder dies nicht nach außen deutlich machen. Fremdgeschäftsführungswille (+) Bargeschäft des täglichen Lebens (-), da noch keine Zahlung an F erfolgt. d) Zwischenergebnis T ist also Kaufvertragspartei, da Stellvertretung mangels Offenkundigkeit unwirksam 13
14 Armer Toni, reiche Lina 2. KV wegen 142 I BGB von Anfang an nichtig? a) Anfechtungsgrund Irrtum des T, dass seine WE ihm selbst zugerechnet wird Inhaltsirrtum, 119 I Alt.1 BGB b) Anfechtungsausschluss wegen 164 II BGB Mangel des Willens, im eigenen Namen zu handeln, kommt nicht in Betracht. 3. Ergebnis Anspruch F gegen T auf Kaufpreiszahlung gem. 433 II BGB II. Anspruch F gegen L auf Kaufpreiszahlung gem. 433 II BGB T ist mangels wirksamer Stellvertretung Kaufvertragspartei Kein Anspruch F gegen L 14
15 Armer Toni, reiche Lina Wie wäre es, wenn Lina und Toni bereits verheiratet sind? 15
16 Armer Toni, reiche Lina I. Anspruch F gegen T auf Kaufpreiszahlung gem. 433 II BGB wie oben Anspruch besteht II. Anspruch F gegen L auf Kaufpreiszahlung gem. 433 II BGB 1. Wirksamer Kaufvertrag (F L) Zwei übereinstimmende WE a) Angebot des F (+) b) Annahme durch T (+) c) Stellvertretung, 164 I 1 BGB? aa) Eigene WE des T (+) bb) Im Namen der L? Einschränkung des Offenkundigkeitsprinzips, wenn Verpflichtung der L aus 1357 BGB 16
17 Armer Toni, reiche Lina Voraussetzungen des 1357 BGB: (1) Geschäft zur angemessenen Deckung des Lebensbedarfs der Familie (+): vorherige Verständigung der Ehegatten über Geschäft wird als nicht notwendig angesehen (2) Verpflichtungswille des T (+): wollte nicht nur sich selbst verpflichten (3) Kein Getrenntleben, 1357 III BGB (+) Beide Ehegatten werden berechtigt und verpflichtet Ehegatten sind Gesamtschuldner, 421 BGB 2. Ergebnis Anspruch F gegen L aus 433 II BGB 17
18 Der Notverkauf A war wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden. Außerdem hatte man ihm für längere Zeit die Fahrerlaubnis entzogen. Vor Haftantritt beauftragte er seinen Bekannten B mit dem Verkauf seines Wagens gegen Höchstgebot, erteilte ihm schriftliche Vollmacht und händigte ihm Schlüssel und Papiere aus. B annoncierte in der Zeitung, dass er den Wagen des A gegen Meistgebot abgebe. X gab ein Angebot über 3.500,-, Y eines über 3.000,- ab. Da B mit Y gut befreundet war, überließ er ihm den Wagen für 3.000,-. Hat Y einen Anspruch auf das Fahrzeug? 18
19 Der Notverkauf Anspruch des Y gegen A auf Übereignung und Übergabe des KfZ gem. 433 I 1 BGB 1. Wirksamer Kaufvertrag (Y A) Zwei übereinstimmende WE a) Rechtsgeschäftliche Vereinbarung zwischen B und Y b) Mit Wirkung für und gegen A, wenn wirksame Stellvertretung durch B, 164 I 1 BGB? aa) Eigene WE des B, 164 I 1 BGB (+) bb) Im Namen des A, 164 I 1 BGB (+) 19
20 Der Notverkauf cc) Mit Vertretungsmacht? (1) Innenvollmacht, 166 II, 167 I Alt.1 BGB Beschränkt auf Abgabe an den Meistbietenden (2) Aber Geschäftsgegner muss geschützt werden Kennt Innenverhältnis zwischen dem Vertreter und dem Vertretenen nicht! Abstraktionsprinzip Vollmacht gilt im Außenverhältnis unbeschränkt, wenn keine erkennbare Beschränkung nach außen. Hier: keine Beschränkung für Dritte erkennbar B handelt mit Vertretungsmacht Wirksame Stellvertretung Wirksamer KV mit Wirkung für und gegen A 2. Ergebnis Anspruch des Y gegen A aus 433 I 1 BGB 20
21 Der Notverkauf Auch dann, wenn Y gewusst hatte, dass B ihm das KfZ nur aus Freundschaft vor X gegeben hatte? 21
22 Der Notverkauf Anspruch Y gegen A auf Übereignung und Übergabe des KfZ gem. 433 I 1 BGB 1. Wirksamer Kaufvertrag (Y A) Zwei übereinstimmende WE Erklärung des B mit Wirkung für und gegen A? a) Eigene WE des B im Namen des A (s.o.) b) Mit Vertretungsmacht? Risiko des Vollmachtsmissbrauchs trägt grds. der Vertretene Ausnahme: Geschäftsgegner ist nicht schutzwürdig (1) Kollusion: Bewusstes Zusammenwirken zum Nachteil des Vertretenen (2) Evidenz: Offenkundiger Vollmachtsmissbrauch, so dass er für Geschäftsgegner erkennbar ist. Vollmachtsmissbrauch musste sich dem Gegner geradezu aufdrängen. Hier: Y wusste von Freundschaftshandlung des B Vollmachtsmissbrauch ist offenkundig 22
23 Der Notverkauf Rechtsfolge bei evidentem Missbrauch: Rspr.: Y kann sich gem. 242 BGB nicht auf (nach außen unbeschränkte) Vollmacht berufen. h.l.: Vertrag schwebend unwirksam analog 177 ff. BGB. A kann den Vertrag noch genehmigen. Vollmachtsmissbrauch des B ist beachtlich (Evidenz) ( h.l.: A wird KV wohl nicht genehmigen) Keine wirksame Stellvertretung des A Kein wirksamer KV (Y A) 2. Ergebnis Nach beiden Ansichten kein Anspruch des Y gegen A aus 433 I 1 BGB 23
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