Ungleichheit in Deutschland und Implikationen für die private Vorsorge
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- Hermann Dittmar
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1 Ungleichheit in Deutschland und Implikationen für die private Vorsorge Marcel Fratzscher DIW Berlin Humboldt Universität zu Berlin DIA-Forum 2014 Berlin, 10. April 2014
2 Vorsorge in Deutschland eine Makro-Perspektive 1. Deutschland wird unweigerlich global an wirtschaftlicher Bedeutung verlieren 2. Vorsorge erfordert Vermögensbildung heute und Investitionen in die Zukunft 3. In beiden hat Deutschland riesige Schwächen 4. Öffentliche Sicherungssysteme immer weniger leistungsfähig 5. Hohe Ungleichheit in Vermögen und Mobilität schwächen Effektivität der privaten Vorsorge 6. Politische Lösungen sollten über notwendige Stärkung der Sicherungssysteme hinausgehen 2
3 Teil 1 Deutschlands unweigerlicher Bedeutungsverlust 3
4 Schwellenländer gewinnen an Bedeutung Share in world GDP (in %) GDP in 2007 relative to the US (US=100) 50% 45% MER PPP 120 MER PPP 40% % 80 30% 25% 60 20% 15% 40 10% 5% 0% Source: World Bank, World Development Indicators Note: Last observation refers to Emerging includes all emerging and developing economies in the chart US Euro area Japan China UK CA Brazil Russia India MEX Korea Source: World Bank, World development indicators 2009 Note: Data refers to MER stands for market exchange rates
5 Schwellenländer mit riesigem Potenzial Share in world population (%) 25 Average GDP per capita ratio in Advanced economies versus EMEs (MER) All EMEs Advanced Source: UN population statistics Note: Data refers to China India Euro area US Indonesia Brazil Nigeria Russia Japan Mexico Turkey Source: World Bank, World Development Indicators 2009 Note: Last observation refers to
6 Schwellenländer gewinnen an Bedeutung (2) Projected share of G20 EMEs in G20 total (%) 70% MER PPP 60% 50% Projected relative importance of EMEs (MER, US =100) % 30% Projected relative importance of EMEs (PPP, US =100) 160 US EA4 Japan China UK Canada Brazil Russia India Mexico Korea 20% % % US EA4 Japan China UK Canada Brazil Russia India Mexico Korea Source: Price Waterhouse Coopers. Note: Estimates were calculated in Source: Price Waterhouse Coopers. Note: Estimates were calculated in EA4 are DE, FR, IT and ES. 6
7 vor allem im Welthandel Share of EMEs in world exports (%) Total net private capital flows (in bn USD) Emerging Market Economies G Source: IMF WEO. Note: Last observation refers to Source: IMF WEO. Note: Last observation refers to 2008.
8 aber auch für die globale Nachfrage Shares in global consumption (%) Share in global investment (%) MER PPP 30 MER US euro area EMEs Developing Asia Source: WDI and ECB Staff Calculations. 8 Japan UK China Canada Brazil Mexico Korea India Russia Australia Turkey Indonesia Argentina 5 0 US euro area EMEs Developing Asia Source: IWDI and ECB Staff Calculations. Note: Observation refers to Japan UK China Canada Brazil Mexico Korea India Russia Australia Turkey Indonesia Argentina
9 Teil 2 Wie gut ist Deutschland für die Zukunft gewappnet? 9
10 Deutschland ein zweites Wirtschaftswunder? Drei große wirtschaftspolitische Erfolge: 1. Arbeitsmarkt Beschäftigung 2. Konsolidierung der öffentlichen Haushalte 3. Globale Wettbewerbsfähigkeit Alle drei von zentraler Bedeutung für Altersvorsorge! Aber die Kehrseiten des Erfolgs sind vielfältig 10
11 1. Private Leistungsfähigkeit schwach: Wachstum 11
12 Produktivitätsentwicklung enttäuschend seit 1999 Veränderung Lohnstückkosten ( , Abweichung vom EA Durchschnitt, kumuliert in %) Productivity (inverted sign) Compensation ULC IE ES PT GR IT NL FR BE FI AT DE Quelle: Eurostat, EU Kommission. 12
13 13 60% der Haushalte haben heute ein niedrigeres reales Einkommen als 2000
14 14 Niedrige und weiter rückläufige Investitionstätigkeit
15 15 Besonders Bauinvestitionen und immateriellen Investitionen sind schwach
16 Bedeutung der Wissenswirtschaft Wertschöpfungsanteile der Wissenswirtschaft in % Deutschland USA EU-25 Hochtechnologie Spitzentechnologie Wissensintensive Dienstleistungen 16 Quelle: WIOD, OECD, BEA, Wochenbericht 37/2013.
17 Immaterielles Anlagevermögen enttäuschend Veränderung des immateriellen Kapitalstocks in der Privatwirtschaft in % 1995 bis Deutschland Frankreich Großbritanien USA Forschung und Entwicklung Organisationskapital Quelle: INTANINVEST 2013; Berechnungen des DIW Berlin.
18 18 Über Zeit hat sich ein erheblicher Investitionsrückstand aufgestaut 3 PP Investitionslücke pro Jahr
19 19 Höhere Investitionstätigkeit könnte Wirtschaftswachstum ankurbeln
20 2. Deutschland spart viel, aber schlecht! 20
21 Hohe Sparquoten in EMDCs vs AEs Gross national savings, as % of GDP, average Source: Ma & Yi (BIS WP No. 312, June 2010) Part 1: Sustained growth cum imbalances
22 ...die größtenteils ins Ausland flossen eine Strategie mit wenig Erfolg 15% des BIP, EUR 400 Mrd. Verluste Quelle: IMF, DIW Berlin. Berechnungen, Baldi & Bremer
23 Renditen auf Auslandsvermögen (in %) Quelle: IMF, DIW Berlin. Berechnungen, Baldi & Bremer
24 Risiken der Niedrigzinsphase für Deutschland (1 niedrig, 6 hoch) 1. Vermögensminderung 2 Wirtschaftserholung wichtiger für Vermögenssicherung 2. Reduzierung von Sparquote 2 Zu hoch? ; positive Effekte auf Nachfrage, Wachstum 3. Allokationsverzerrungen, Blasenbildung 4 Ja, aber D Immobilien nicht unbedingt negativ 4. Risikoverhalten, Finanzstabilität 5 Herausforderung für Basel III und SSM 5. Inflation und Deflation 2 Risiken sind da, aber symmetrisch, und eher Deflation 24
25 3. Leistungsfähigkeit des Staates: Öffentliche Investitionstätigkeit auf niedrigem Niveau... Bruttoinvestitionen des States in Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) Deutschland 1,95 1,87 1,85 1,77 1,64 1,48 1,41 1,46 1,48 1,57 1,75 1,68 1,65 1,50 Frankreich 3,00 3,08 3,07 3,02 3,05 3,10 3,31 3,21 3,27 3,27 3,44 3,13 3,13 Italien 2,39 2,32 2,37 1,73 2,45 2,40 2,36 2,34 2,32 2,24 2,52 2,09 1,97 1,87 USA 2,43 2,46 2,53 2,59 2,50 2,44 2,39 2,40 2,45 2,56 2,65 2,49 2,29 Euroraum (17 Länder) 2,55 2,53 2,56 2,47 2,56 2,48 2,51 2,52 2,60 2,64 2,82 2,55 2,32 Quelle: OECD, VGR, Mai 2013 Letzte Beobachtung:
26 26...mit Resultat, dass das Staatsvermögen stark geschrumpft ist von 20% 1999 zu 0.5% heute
27 Sorge über Nachhaltigkeit Staatsverschuldung 27
28 Demographie als wichtige Herausforderung 28
29 Erforderliche fiskalische Anpassung enorm 29
30 Teil 3 Verteilung und Altersvorsorge 30
31 1 Vermögensverteilung sehr ungleich Individuelle Nettovermögen ausgewählte Perzentile in Euro Quelle: Grabka, DIW Berlin (2014), SOEPv29, individuelle Vermögen der Erwachsenen in Privathaushalten
32 vor allem im internationalen Vergleich Internationaler Vergleich Gini-Koeffizient Gini-Koeffizient 1,00 0,90 0,80 0,70 0,60 0,50 0,40 0,30 0,20 0,10 0,00 Quelle: Peter Mooslechner (2013) / * Wolff (2013)
33 2 Vermögensportfolio Besitzstruktur: Anteil der jeweiligen Besitzer an der erwachsenen Bevölkerung nach Region 2012 (in %) 60,0 50,0 40,0 * * West Ost 30,0 20,0 * * 10,0 0,0 * = signifikante Veränderung gegenüber 2002 Quelle: Grabka, DIW Berlin (2014), individuelle Vermögen der Erwachsenen in Privathaushalten
34 3 Vermögen & Sozialstruktur Individuelle Nettovermögen nach Region und Alter Nettovermögen in Euro < Alter in Jahren untere Grenze West obere Grenze untere Grenze Ost obere Grenze Quelle: Grabka, DIW Berlin (2014)
35 Individuelles Nettovermögen und Gegenwartswert der Altersversorgungsansprüche (GW) in 1000 Euro Dezile des Netto-Geld- und Sachvermögens Netto-Geld- und Sachvermögen GW Anmerkung: Zahlen für Die Dezile basieren auf dem individuellen Netto-Geld- und Sachvermögen. GW: Gegenwartswert der Altersversorgungsansprüche, Diskontierungsrate i = 3%. Quelle: SOEP 2007; Personen in Privathaushalten, inkl. 0,1% Top-Coding
36 Alterssicherungsvermögen wichtig je nach Berufsgruppe unterschiedliche Anreize für (private) Altersvorsorge Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte (Pflichtbeitrag zur GRV) Selbständige (Lebensvers., Immobilien, Betriebsvermögen) Beamte Eine umfassende Darstellung und Analyse der Vermögens- verteilung berücksichtigt idealerweise diese unterschiedlichen Rahmenbedingungen zur privaten Vorsorge
37 Alterssicherung 3-Säulen-Modell der Alterssicherung Gesetzliche RV, Beamten- Pension, Berufständische Versorgung Betriebs- Renten, Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes (VBL) private Renten, Riesterrente, Lebensversicherung, etc. unzureichende Datengrundlage für umfassende Vermögensanalysen insb. der 1. und 2. Säule der Alterssicherung
38 Einfluss von Altersversorgungsansprüchen auf die Vermögensverteilung Verteilungskennwerte Individuelles Netto- Geld- und Sachvermögen Gegenwartswert 1 der Renten- und Pensionsanwartschaften Erweitertes individuelles Netto- Vermögen 2 Mittelwert Median Gini 0,799 0,617 0,637 P90:P50-Verhältnis 14,547 5,362 4,375 Nachrichtlich: Aggregat rd. 6 Bill. Euro rd. 4,6 Bill. Euro rd. 10,6 Bill. Euro Vermögenszuwachs durch Anwartschaften an Alterssicherungssysteme von rund 75% Data is for : Diskontierungsrate i=3%. 2 : Individuelles Netto-Geld- und Sachvermögen inklusive dem Gegenwartswert der Renten- und Pensionsanwartschaften (ohne Hinterbliebenenversorgung). Quelle: SOEP 2007, inklusive 0,1% Top-Coding, Personen in Privathaushalten im Alter ab 17 Jahren.
39 Vermögenscharakter von Anwartschaften? Eingeschränkter Vermögenscharakter von Anwartschaften an Alterssicherungssysteme Spezifische Vermögensfunktionen werden weitgehend nicht erfüllt: aus Rentenanwartschaften könenn keine (weiteren) Einkommen erzielt es entfällt die Nutzungsfunktion (wie bei Immobilien) sehr begrenzte Vererbungsmöglichkeit (Hinterbliebenenrenten) weitgehend keine Macht-, Sozialisations- und Prestigefunktion vorzeitige Liquidation bzw. Beleihung sind ausgeschlossen nur Sicherungsfunktion (bei Erwerbsunfähigkeit, zur Absicherung von Hinterbliebenen, aber keine eigenständige Lebensstandardsicherung im Alter) kein eigentumsrechtlich geschützter Kapitalbestand (Erwerb von Entgeltpunkten in der GRV, dessen Wert der Staat jederzeit ändern kann)
40 Individuelles Nettovermögen und Gegenwartswert von Altersversorgungsansprüchen nach Berufen Insgesamt Pensionäre Rentner Arbeitslos Nicht erwerbstätig Selbständige mit 1-9 Mitarbeitern Selbständige ohne Mitarbeiter 2 Beamte, gehobener und höherer Dienst Beamte, einfacher und mittlerer Dienst Angestellte mit umfassenden Führungsaufgaben Vorarbeiter, Meister, Polier, Angestellte mit qualifizierter Tätigkeit Gelernte und Facharbeiter, Angestellte mit einfacher Tätigkeit Un-, angelernte Arbeiter, Angestellte ohne Ausbildungsabschluss Individuelles Netto-Geld- und Sachvermögen Gegenwartswert1 der Renten- und Pensionsanwartschaften 1 : Diskontierungsrate i=3% / 2 : Inklusive mithelfende Familienangehörige. Quelle: SOEP 2007, inklusive 0,1% Top-Coding, Personen in Privathaushalten im Alter ab 17 Jahren.
41 4 Auch Armutsrisiko stark gestiegen 41
42 Vermögen & Sozialstruktur Einkommens- und Vermögensarmutsrisiko 2012 Bevölkerungsanteil 100% 90% 80% 70% 60% 50% 40% 30% 20% 10% 0% einkommens- und vermögensarm einkommensarm aber nicht vermögensarm nicht einkommens- aber vermögensarm weder einkommens- noch vermögensarm Alter des Haushaltsvorstands Quelle: Grabka, DIW Berlin (2014).
43 43 und Einkommensmobilität stark gefallen
44 Fazit Vorsorge in Deutschland, Makro Perspektive 1. Deutschland mit riesigen Schwächen in Vorsorge Öffentliche Leistungsfähigkeit beschränkt Private Vermögensbildung heute und Investitionen in die Zukunft 2. Hohe Ungleichheit in Vermögen und Mobilität schwächen Effektivität der privaten Vorsorge 3. Politische Lösungen sollten über notwendige Stärkung der Sicherungssysteme hinausgehen 44
45 45 APPENDIX
46 Primäreinkommen divergieren stark Quelle: Brenke and Wagner (Wirtschaftsdienst2013) 46
47 Einkommensquellen HH weniger via Löhne Quelle: Brenke and Wagner (Wirtschaftsdienst 2013) 47
48 Divergente Ersparnisbildung Quelle: Brenke and Wagner (Wirtschaftsdienst2013) 48
49 ist deutlich ungleicher geworden Quelle: Brenke and Wagner (Wirtschaftsdienst2013) 49
50 50 Ungleichheit von Einkommen stark gestiegen, wenn auch unter OECD Durchschnitt
Vermögensverteilung. Vermögensverteilung. Zehntel mit dem höchsten Vermögen. Prozent 61,1 57,9 19,9 19,0 11,8 11,1 5 0,0 0,0 1,3 2,8 7,0 2,8 6,0
Vermögensverteilung Erwachsene Bevölkerung nach nach Zehnteln Zehnteln (Dezile), (Dezile), Anteile Anteile am am Gesamtvermögen Gesamtvermögen in Prozent, in Prozent, 2002 2002 und und 2007* 2007* Prozent
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