Klausurenkurs im Öffentlichen Recht

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1 Prof. Dr. Gerhard Robbers WS 2007/2008 Klausurenkurs im Öffentlichen Recht Klausur vom , Uhr, HS 4 Rückgabe am , Uhr, HS 4 Die Glaubensgemeinschaft der U-Bewegung ist eine seit vielen Jahren in der Bundesrepublik bestehende Gruppe, in der sich die Anhänger des Mystikers U zusammengeschlossen haben. Die U-Bewegung zeichnet sich dadurch aus, dass sie an einen Gott glaubt und die Nähe zu Gott durch intensive Meditation in Gruppen erreichen möchte. Sie bezeichnet ihre Lehre selbst als eine Synthese aus östlicher Weisheit und westlicher Psychologie. Die U-Bewegung betätigt sich in geringem Umfang auch wirtschaftlich. In Antworten auf drei Kleine Anfragen im Bundestag zu den Themen Neuere Glaubens- und Weltanschauungsgemeinschaften (so genannte Jugendsekten), So genannte neue Jugendsekten und Wirtschaftliche Aktivitäten von destruktiven Jugendreligionen und Psycho-Sekten stufte die Bundesregierung auch die U-Bewegung als eine neuere Glaubens- und Weltanschauungsgemeinschaft ein. Sie bezeichnete u.a. die U-Bewegung als Jugendsekte, pseudoreligiöse und Psycho-Gruppe, Sekte, so genannte Psycho-Sekte und Jugendreligion. Darüber hinaus erklärte die Bundesregierung, es sei schwer erreichbar, die Regelungen des materiellen Arbeitsrechts bei Vereinigungen zur Geltung zu bringen, deren Mitglieder weitgehend unter Ausschluss der Öffentlichkeit in ihrem Verhalten manipuliert werden. In einer Rede, die der Bundesminister für Jugend, Familie und Gesundheit auf einer Tagung einer politischen Jugendorganisation zu dem Thema Neue Jugendreligionen Die Freiheit des Einzelnen schützen hielt und die in einer Broschüre veröffentlicht wurde, verwandte der Bundesminister in Bezug auf die behandelten Gruppen, zu denen auch die U-Bewegung gehörte, die Begriffe Jugendreligion, Jugendsekte, Sekte, destruktive religiöse Kulte, Pseudoheilslehre und Pseudoreligion. In ihrem Bericht an den Petitionsausschuss des Bundestages über Jugendreligionen in der Bundesrepublik Deutschland wies die Bundesregierung einleitend darauf hin, dass mit Jugendreligionen oder Jugendsekten sehr verschiedenartige Gruppierungen angesprochen würden. Als eine dieser Gruppierungen wurde die U-Bewegung vorgestellt und zu den Psychobewegungen gerechnet. Die U-Bewegung, die in der Bundesrepublik Deutschland, mit Hauptsitz in Berlin, in der Rechtsform eines eingetragenen Vereins des bürgerlichen Rechts organisiert ist (U-Bewegung e.v.), sieht in den genannten Äußerungen der Bundesregierung eine Verletzung ihrer Glaubensfreiheit und beantragte beim Verwaltungsgericht, der Bundesregierung zu untersagen, in amtlichen Verlautbarungen jeder Art die U- 1

2 Bewegung als Jugendreligion, Jugendsekte oder Psychosekte zu bezeichnen, mit den Attributen destruktiv oder pseudoreligiös zu belegen sowie weiterhin öffentlich zu behaupten, dass die Mitglieder der U-Bewegung weitgehend unter Ausschluss der Öffentlichkeit manipuliert werden. Sowohl die Unterlassungsklage vor dem Verwaltungsgericht als auch die dagegen eingelegte Berufung vor dem Oberverwaltungsgericht (OVG) blieben erfolglos. Das OVG hat zudem die Revision beim Bundesverwaltungsgericht nicht zugelassen. Die Beschwerde der U-Bewegung gegen die Nichtzulassung der Revision hat das Bundesverwaltungsgericht abgelehnt. Der Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts wurde am 16. April 2007 verkündet. Der U-Bewegung wurde der Beschluss aber erst am 25. April 2007 zugestellt. Daraufhin erhob die U-Bewegung, vertreten durch ihren Vorstand, am 21. Mai 2007 eine ausführlich begründete Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht, mit der sie eine Verletzung ihrer Religions- und Weltanschauungsfreiheit geltend macht. Sie trägt vor, dass die Bezeichnungen und Attribute sowie der Vorwurf der Mitgliedermanipulation sie bei der Vermittlung ihrer religiösen und weltanschaulichen Inhalte, der Organisation und den Finanzfragen unverhältnismäßig schwer betreffe. Es sei auch nicht ersichtlich, aus welchem Grunde neben der Landesregierung, die in ähnlicher Weise von der Organisation der U-Bewegung im Bundesland Berlin berichtet hatte, auch die Bundesregierung informiere. Begutachten Sie die Erfolgsaussichten der Verfassungsbeschwerde der U-Bewegung. Bearbeitungshinweise: - Gehen Sie in Ihrer Lösung auf alle im Sachverhalt aufgeworfenen Rechtsfragen umfassend ein. - Gehen Sie davon aus, dass die U-Bewegung bundesweit organisiert ist. - Beachten Sie folgenden Auszug aus dem BGB: 21 Nichtwirtschaftlicher Verein Ein Verein, dessen Zweck nicht auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet ist, erlangt Rechtsfähigkeit durch Eintragung in das Vereinsregister des zuständigen Amtsgerichts. 2

3 Lösungsvorschlag Erfolgsaussichten der Verfassungsbeschwerde der U-Bewegung A. Zulässigkeit Die Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde richtet sich nach Art. 93 Abs. 1 Nr. 4 a GG, 13 Nr. 8 a, 90 ff. BVerfGG. I. Zuständigkeit des BVerfG, Art. 93 Abs. 1 Nr. 4 a GG, 13 Nr. 8 a BVerfGG Das BVerfG ist zu einer Entscheidung nur zuständig, soweit ihm das jeweilige Verfahren ausdrücklich zugewiesen ist (Art. 93 GG, 13 BVerfGG). Dazu gehört die Verfassungsbeschwerde (Art. 93 Abs. 1 Nr. 4 a GG, 13 Nr. 8 a BVerfGG). II. Beschwerdefähigkeit, 90 Abs. 1 BVerfGG Gem. 90 I BVerfGG kann jedermann Verfassungsbeschwerde erheben, soweit er grundrechtsfähig ist. Grundrechtsfähigkeit bedeutet die Fähigkeit, Träger von Grundrechten zu sein. 1. Problem: Grundrechtsfähigkeit der U-Bewegung Die U-Bewegung ist in der Rechtsform eines eingetragenen Vereins des bürgerlichen Rechts organisiert. Gem. 21 BGB erlangt ein Verein, dessen Zweck nicht auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet ist, Rechtsfähigkeit durch Eintragung in das Vereinsregister des zuständigen Amtsgerichts. Da die U-Bewegung ein eingetragener Verein ist, ist ihre Rechtsfähigkeit anzunehmen. Sie ist somit eine juristische Person. Den verfassungsrechtlichen Prüfungsmaßstab für die Grundrechtsfähigkeit einer juristischen Person stellt Art. 19 Abs. 3 GG dar. Die Annahme der Grundrechtsfähigkeit einer juristischen Person (hier: des Privatrechts) hängt von der Bejahung folgender kumulativer Voraussetzungen ab: - juristische Person (+) - inländisch (+), Sitztheorie, Hauptsitz in Berlin. - wesensmäßige Anwendbarkeit (+) Die wesensmäßige Anwendbarkeit ist bei einer juristischen Person dann gem. Art. 19 Abs. 3 GG anzunehmen, wenn ihre Bildung und Betätigung Ausdruck der freien Entfaltung der natürlichen Personen sind und der Durchgriff auf die hinter der juristischen Person stehenden Menschen ( personales Substrat ) Grundrechtsschutz als sinnvoll und erforderlich erscheinen lässt ( grundrechtstypische Gefährdungslage ). Gemäß Art. 19 Abs. 3 GG gilt das Grundrecht der Religions- und Weltanschauungsfreiheit auch für inländische juristische Personen, wenn ihr Zweck die Pflege oder Förderung eines religiösen oder weltanschaulichen Bekenntnisses ist (vgl. BVerfG NJW 2002, 2626). Die Religions- und Weltanschauungsfreiheit nach Art. 4 Abs. 1 und 2 GG passt auf juristische Personen nur wegen der äußerlichen Manifestationen einschlägiger Überzeugungen. Zwar bleiben diese solche der Mitglieder; allerdings setzt die Fortschreibung des Art. 137 II, III WRV in Art. 140 GG eine entsprechende Grundrechtsträgerschaft zumindest für Religionsgesellschaften voraus (vgl. Sachs, in: Sachs, GG- 3

4 Kommentar, 4. Aufl., Art. 19 Rn 73). Einbezogen werden auch andere juristische Personen mit entsprechender Zielsetzung, bspw. eingetragener Verein (vgl. BVerfGE 19, 129, 132). 2. Problem: Wirtschaftliche Betätigung der U-Bewegung Wegen des Hinweises im Sachverhalt, die U-Bewegung sei auch wirtschaftlich tätig, stellt sich die Frage, ob sich die U-Bewegung überhaupt auf die Religionsfreiheit des Art. 4 Abs. 1 und 2 GG berufen kann. Dies könnte man nur dann verneinen, wenn die ideellen Zielsetzung der Bewegung in einer Gesamtschau nur als Vorwand für wirtschaftliche Aktivitäten dienen würde und die Bewegung so betrachtet auf Gewinnerzielung ausgelegt wäre. Dies gilt selbst dann, wenn der Erlös der wirtschaftlichen Tätigkeit religiösen Zwecken dient. Im wirtschaftlichen Verkehr müsste die Religionsgemeinschaft auf den Schutz des Art. 12 Abs. 1 GG verwiesen werden. Dienen die religiösen und weltanschaulichen Lehren nur als Vorwand zur Verfolgung wirtschaftlicher Interessen, ist die Religionsfreiheit gar nicht erst einschlägig (vgl. Kokott, in: Sachs, GG-Kommentar, Art. 4, Rn 69). Dies ist hier jedoch nicht der Fall, da die wirtschaftliche Aktivität lediglich in geringem Umfange erfolgt. Andere Anhaltspunkte, die diese Annahme in Frage stellen könnten, sind nicht ersichtlich. Somit sind Art. 4 Abs. 1 und 2 GG ihrem Wesen nach auch auf die U-Bewegung anwendbar. Hinweis: Dieser Aspekt kann auch im Rahmen der Beschwerdebefugnis bzw. des Schutzbereichs des Art. 4 Abs. 1, 2 GG geprüft werden. III. Prozess- und Postulationsfähigkeit (+) 1. Prozessfähigkeit Sie bezeichnet die Fähigkeit, Prozesshandlungen aus eigenem Recht vorzunehmen oder durch einen Vertreter vornehmen zu lassen. Hier ließ sich U-Bewegung e.v. durch ihren Vorstand vertreten, der gem. 26 Abs. 2 BGB auch gerichtlich vertretungsbefugt ist. Somit ist die U-Bewegung auch prozessfähig. 2. Postulationsfähigkeit Sie bezeichnet die Fähigkeit, Prozesshandlungen selbst vorzunehmen. Im Verfahren der Verfassungsbeschwerde besteht grds. kein Anwaltszwang. Die Postulationsfähigkeit ist mangels gegenteiliger Anhaltspunkte zu bejahen. IV. Beschwerdegegenstand, Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG i.v.m. 90 Abs. 1 BVerfGG). Beschwerdegegenstand ist jeder Akt der öffentlichen Gewalt (Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG i.v.m. 90 Abs. 1 BVerfGG). Aus Art. 1 Abs. 3 GG ergibt sich, dass der Begriff der öffentlichen Gewalt die Gesetzgebung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung umfasst. Vorliegend geht es bei der Informationstätigkeit der Bundesregierung um eine staatliche Maßnahme, die zur Exekutive zuzurechnen ist. 4

5 V. Beschwerdebefugnis, 90 Abs. 1 BVerfGG Nach 90 Abs. 1 BVerfGG muss die Beschwerdeführerin behaupten, in einem seiner Grundrechte bzw. grundrechtsgleichen Rechte verletzt zu sein. Dies setzt voraus, dass im konkreten Fall eine Grundrechtsverletzung zumindest nicht von vornherein ausgeschlossen ist (sog. Möglichkeitstheorie). Hierbei ist ein substantiierter Tatsachenvortrag erforderlich, der folgende Gesichtspunkte beinhaltet: - Möglichkeit der Verletzung in einem Grundrecht bzw. grundrechtsgleichem Recht (hier: Art. 4; Art. 2 Abs. 1 GG) + - Selbstbetroffenheit (+), da die U-Bewegung ausdrücklich genannt wird. - Gegenwärtige Betroffenheit (+); sie ist weder nur in der Vergangenheit nur noch irgendwann in der Zukunft betroffen. - Unmittelbare Betroffenheit (+); die Informationstätigkeit ist ein einzelner Akt, weitere Vollzugsakte sind nicht zu erwarten. VI. Ordnungsgemäße Beschwerdeeinlegung, 23 Abs. 1, 92, 93 BVerfGG 1. Form, 23, 92 BVerfGG Ausführlich begründete Verfassungsbeschwerde genügt den Formerfordernissen. 2. Frist, 93 BVerfGG 93 Abs. 1 BVerfGG verlangt, dass die Verfassungsbeschwerde binnen eines Monats nach Zustellung der Gerichts- bzw. Verwaltungsentscheidung erhoben wird. Hier wurde der Beschluss des BVerwG der U-Bewegung am 16. April 2007 verkündet. Zugestellt wurde der Beschluss der U- Bewegung allerdings erst am 25. April Somit stellt sich unter Berücksichtigung der Beschwerdeerhebung am 21. Mai 2007, ob die Frist noch eingehalten ist. 93 Abs. 1 S. 2 BVerfGG spricht von der Zustellung der in vollständiger Form abgefassten Entscheidung. Um zu klären, ob es hier auf die Zustellung unbedingt ankommt oder ob auch schon die Verkündung der Entscheidung ausreicht, bedarf es der Beantwortung der Frage, ob eine Zustellung hier zwingend vorgeschrieben ist. Nach 56 Abs. 1 VwGO sind Anordnungen und Entscheidungen, durch die eine Frist in Lauf gesetzt wird etc., zuzustellen, bei Verkündung gilt dies nur, wenn es ausdrücklich vorgeschrieben ist. Nach Abs. 2 wird dann von Amts wegen zugestellt. 116 Abs. 1 S. 2 VwGO schreibt vor, dass das Urteil den Beteiligten zuzustellen ist. Nun stellt sich die Frage, ob der Beschluss des BVerwG über die Nichtzulassung der Revision unter den Begriff Urteil gefasst werden kann. Grds. ergeht ein Urteil in einem mündlichen Verfahren, während Beschlüsse in schriftlichen Verfahren ergehen. Gem. 133 Abs. 5 VwGO entscheidet das BVerwG durch Beschluss, wenn der Beschwerde nicht abgeholfen wird. Hier ist dies der Fall, so dass man 116 Abs. 1 S. 2 VwGO zumindest dem Wortlaut nach nicht anwenden könnte. Etwas anderes könnte man annehmen, wenn man die Vorschrift mit Verweis auf die Rechtsschutzlage der Betroffenen analog anwenden könnte. Hinweis: Hier können beide Ansichten vertreten werden. Also entweder stellt man auf die Zustellung ab, dann ist die Verfassungsbeschwerde zulässig, oder man hält die Verkündung schon für maßgeblich mit der Folge, dass die Verfassungsbeschwerde verfristet wäre. 5

6 Zwischenergebnis: Dies hängt von der Lösung des obigen Problems ab. B. Begründetheit Die Verfassungsbeschwerde ist begründet, soweit die Informationstätigkeit der Bundesregierung einen Verfassungsverstoß begründet. Das Bundesverfassungsgericht prüft lediglich die Verletzung spezifischen Verfassungsrechts. I. Verletzung spezifischen Verfassungsrechts (Verletzung der Religionsfreiheit) 1. Schutzbereich Exkurs: Aspekte, die im Schutzbereich des Art. 4 GG anzusprechen sind: - Art. 4 GG als Menschenrecht (in Abgrenzung zu Bürgergrundrechten) - Art. 4 GG als einheitliches Grundrecht (Rspr.) - Positive und negative Komponente des Art. 4 GG - Schwierigkeit der Definition der Begriffe im Rahmen des Art. 4 GG - Individuelle und kollektive Glaubensfreiheit - u.u. wirtschaftliche Betätigung einer Glaubensgemeinschaft Die Religions- und Weltanschauungsfreiheit umfasst neben der Freiheit des Einzelnen zum privaten und öffentlichen Bekenntnis seiner Religion oder Weltanschauung auch die Freiheit, sich mit anderen aus gemeinsamem Glauben oder gemeinsamer weltanschaulicher Überzeugung zusammenzuschließen. Die durch den Zusammenschluss gebildete Vereinigung selbst genießt das Recht zu religiöser oder weltanschaulicher Betätigung, zur Verkündigung des Glaubens, zur Verbreitung der Weltanschauung sowie zur Pflege und Förderung des jeweiligen Bekenntnisses. Geschützt sind auch die Freiheit, für den eigenen Glauben und die eigene Überzeugung zu werben, und das Recht, andere von deren Religion oder Weltanschauung abzuwerben (BVerfG NJW 2002, 2626, 2627). Bedeutung und Tragweite dieser Gewährleistungen finden darin ihren besonderen Ausdruck, dass der Staat nach Art. 4 Abs. 1 GG, aber auch gemäß Art. 3 Abs. 3 Satz 1, Art. 33 Abs. 3 und Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 136 Abs. 1, 4 und Art. 137 Abs. 1 WRV verpflichtet ist, sich in Fragen des religiösen oder weltanschaulichen Bekenntnisses neutral zu verhalten und nicht seinerseits den religiösen Frieden in der Gesellschaft zu gefährden. Art. 4 Abs. 1 GG schützt daher gegen diffamierende, diskriminierende oder verfälschende Darstellungen einer religiösen oder weltanschaulichen Gemeinschaft. Die Freiheit des Staates und seiner Organe, sich mit dem tatsächlichen Verhalten einer religiösen oder weltanschaulichen Gruppierung oder das ihrer Mitglieder nach weltlichen Kriterien auseinander zu setzen. Ebenso ist den staatlichen Stellen die Information des Parlaments, der Öffentlichkeit oder interessierter Bürgerinnen und Bürger über religiöse und weltanschauliche Gruppen und ihre Tätigkeit nicht schon von vornherein verwehrt. Art. 4 Abs. 1 und 2 GG schützt nicht dagegen, dass sich staatliche Organe mit den Trägern des Grundrechts öffentlich - auch kritisch - auseinander setzen. Nur die Regelung 6

7 genuin religiöser oder weltanschaulicher Fragen, nur die parteiergreifende Einmischung in die Überzeugungen, die Handlungen und in die Darstellung Einzelner oder religiöser und weltanschaulicher Gemeinschaften sind dem Staat untersagt. Das bedeutet, dass der Staat bestimmte Bekenntnisse etwa durch Identifikation mit ihnen privilegieren oder durch Ausgrenzung benachteiligen darf. In einem Staat, in dem Anhänger unterschiedlicher religiöser und weltanschaulicher Überzeugungen zusammenleben, kann die friedliche Koexistenz nur gelingen, wenn der Staat selbst in Glaubens- und Weltanschauungsfragen Neutralität bewahrt. Er hat sich deshalb im Umgang mit Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften besondere Zurückhaltung (Art. 4 Abs. 1 GG, Art. 3 Abs. 3 Satz 1, Art. 33 Abs. 3 und Art. 140 GG i.v.m. Art. 136 Abs. 1, 4 und Art. 137 Abs. 1 WRV) aufzuerlegen, deren konkretes Maß sich nach den Umständen des Einzelfalles bestimmt (vgl. BVerfG NJW 2002, 2626, 2627). Für die Eröffnung des Schutzbereiches ist auch das Selbstverständnis der Religionsgemeinschaft von Bedeutung. Die U-Bewegung sieht sich als eine religiöse Gemeinschaft. Dies belegt auch Art. 19 Abs. 3 GG, der eine wesensmäßige Anwendbarkeit der Religionsfreiheit im Kollektiv ermöglicht. Der Schutzbereich ist somit eröffnet. 2. Eingriff Herkömmlicherweise wird der Eingriff bezeichnet als eine staatliche Maßnahme, die die Grundrechtswahrnehmung unmöglich macht oder zumindest erschwert. Die hier anzuknüpfende staatliche Maßnahme in der Form der Informationstätigkeit der Bundesregierung hat keine unmittelbare Wirkung auf die Religionsfreiheit der U-Bewegung und führt auch nicht gezielt zur Verkürzung ihrer Freiheiten. Die Informationstätigkeit der Bundesregierung bezweckte lediglich eine sachgerechte Information der Öffentlichkeit in Bezug auf Vereinigungen, deren Mitgliedschaft mit Risiken verbunden ist. Ein auf die Schädigung der betroffenen Gemeinschaft zielender Zweck der Bundesregierung ist nicht ersichtlich. Jedoch kann eine staatliche Maßnahme auch bei Fehlen einer unmittelbaren Wirkung nachteilige Wirkungen entfalten, die grundrechtlich geschützte Freiheiten berühren. Hier geht nach allgemeiner Lebenserfahrung durch die Informationstätigkeit der Bundesregierung eine Reihe nachteiliger Rückwirkungen auf die betroffenen Glaubensgemeinschaften aus, die aufgrund ihrer faktischen Wirkungen einem gezielten (unmittelbaren) Eingriff gleichkommen. Die Qualifizierung staatlicher Warnungen als mittelbare Grundrechtseingriffs indiziert, dass dem Staat das Handeln des Einzelnen Individuums zugerechnet werden kann. Dies setzt eine gewisse Intensität der staatlichen Warnungspraxis voraus. Die Rspr. nimmt bei Warnungen in Bezug auf eine religiöse oder weltanschauliche Gemeinschaft eine Eingriffsqualität an. Die Folgen derartiger öffentlicher Informationen des Staates seien für die Ausbreitung der angesprochenen Gemeinschaft und ihre Rolle im religiösweltanschaulichen Diskurs schwerwiegend. Während die übrige Rspr. darauf abstellt, ob die genannten Folgen beabsichtigt sind, im Übrigen vorhergesehen und in Kauf genommen wurde, bejaht das BVerfG eine Eingriffsqualität, wenn es sich um diffamierende, diskriminierende oder verfälschende Darstellungen einer religiösen oder weltanschaulichen Gemeinschaft handelt (vgl. Kokott, in: Sachs, GG-Kommentar, Art. 4, Rn 111; BVerfG NJW 2002, 2626 ff.) 7

8 Hier stellt sich allerdings die Frage, ob bzgl. aller Bezeichnungen faktische Wirkungen angenommen werden können. Zu untersuchen wäre daher, ob die Bezeichnungen Jugendreligion, Jugendsekte o- der Psychosekte und die Attribute destruktiv oder pseudoreligiös sowie die öffentliche Behauptung, dass Mitglieder der U-Bewegung weitgehend unter Ausschluss der Öffentlichkeit manipuliert würden, Eingriffsqualität aufweisen. Hinweis: Hier ist eine umfassende Diskussion mit den Bedeutungen der einzelnen Bezeichnungen und Attributen sowie der Behauptung erforderlich. Vertretbar, aber nicht sehr korrekt, wäre allerdings auch, eine generelle Aussage dahingehend zu treffen, dass die Informationstätigkeit der Bundesregierung sich auf die U-Bewegung insgesamt nachteilig auswirke und daher ein Eingriff gegeben sei. Dann müsste die Auseinandersetzung mit den genannten Bezeichnungen, Attributen und dem Vorwurf im Rahmen der verfassungsrechtlichen Rechtfertigung erfolgen. a. Sekte Der Begriff der Sekte umfasst kleinere Religionsgemeinschaften und bezeichnet eine weit über den Kreis der neuen religiösen und weltanschaulichen Bewegungen hinausgehende Gruppe solcher Gemeinschaften. Der Begriff erfährt seine allgemeine Verwendung typischerweise im religiösen Bereich und indiziert eine gegenüber den großen Glaubensgemeinschaften nicht selten durch besonders pointierte Unterscheidungen in der Lehre unterstrichene Minderheitenrolle (BVerfG NJW 2002, 2626, 2627). Die Verwendung der Bezeichnung Sekte wird vor dem Hintergrund des Neutralitäts- und Zurückhaltungsgebots in religiösweltanschaulichen Fragen nicht dadurch in Frage gestellt, dass dieser Begriff in Bezug auf die religiösen und weltanschaulichen Gruppierungen allgemein eine negative Färbung hat. Dieses Verständnis ergibt sich notwendig aus der Weite und den inhaltlichen Differenzierungen des Sektenbegriffs selbst. Im Übrigen ist der Staat durch die Pflicht zur religiös-weltanschaulichen Neutralität nicht gehindert, in der öffentlichen Diskussion über religiöse oder weltanschauliche Gruppen für diese die Bezeichnungen zu verwenden, die in der aktuellen Situation dem allgemeinen Sprachgebrauch entsprechen und in diesem Sinne von den Adressaten der jeweiligen Äußerung auch verstanden werden (BVerfG NJW 2002, 2626, 2627). b. Jugendreligion, Jugendsekte Diese Bezeichnungen sind verfassungsrechtlich deshalb unbedenklich, da die Religionen, an die sich die Informationstätigkeit der Bundesregierung anknüpft, sich vorrangig an eine bestimmte Schicht der Gesellschaft (Jugendliche und junge Erwachsene) wenden. Es verletzt nicht das dem Staat in religiösen und weltanschaulichen Angelegenheiten auferlegte Neutralitäts- und Zurückhaltungsgebot, wenn dieser durch seine Organe im Rahmen einer solchen Debatte die Bezeichnungen und Begriffe verwendet, die in der aktuellen Situation den Gegenstand der Auseinandersetzung einprägsam und für die Adressaten seiner Äußerungen verständlich umschreiben, sofern die Äußerungen als solche nicht diffamierend oder sonst wie diskriminierend sind. Diese Voraussetzung war bei den Begriffen Jugendreligion und Jugendsekte unter den genannten Umständen gegeben, zumal ihr 8

9 Gebrauch nicht selten mit einschränkenden und relativierenden Zusätzen und Ausdrucksformen ("so genannte", Verwendung der Begriffe in Anführungszeichen) verbunden wurde (BVerfG NJW 2002, 2626, 2627f.). c. Psychosekte Das Neutralitätsgebot des Staates in religiös-weltanschaulichen Fragen wird im vorliegenden Falle dadurch gewahrt, dass die U-Bewegung eine Gottes-Nähe durch therapeutische Meditationskurse zu erreichen versucht und ihre Lehre selbst als eine Synthese aus östlicher Weisheit und westlicher Psychologie bezeichnet. Es war vor diesem Hintergrund für die betroffenen Gruppen und ihre Angehörigen nicht diskriminierend, wahrte vielmehr die verfassungsrechtlich gebotene Neutralität, wenn diese Gruppen in der öffentlichen Diskussion über sie von staatlicher Seite auch als Psychosekten bezeichnet wurden, zumal auch dies häufig in der Weise geschah, dass dem Begriff der einschränkende Zusatz so genannte hinzugefügt wurde (vgl. BVerfG NJW 2002, 2626, 2628). Zwischenergebnis: Die Bezeichnung der U-Bewegung als "Sekte", "Jugendreligion", "Jugendsekte" und "Psychosekte" begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. d. "pseudoreligiös" und "destruktiv" Der diffamierende Charakter der Attribute "destruktiv" und "pseudoreligiös" liegt nach Auffassung des BVerfG offen zu Tage. Die Qualifizierung als destruktiv bezieht sich nicht auf einzelne als gefährlich eingeschätzte Folgerungen aus der Mitgliedschaft in solchen Gemeinschaften, sondern die U-Bewegung wird durch diese Bezeichnung pauschal abgewertet. Der Wortbestandteil pseudo bedeutet nach Duden, Das Bedeutungswörterbuch, S. 703, nur dem Anschein nach, aber nicht wirklich, sich den Anschein gebend, aber nicht so aussehend. Damit stellt sich das Attribut pseudoreligiös in einen eindeutig abwertenden Kontext. Die Verwendung des Ausdrucks "pseudoreligiös" diffamiert die Inhalte der U-Bewegung und weist einen darüber hinausgehenden Sinngehalt nicht auf. Destruktiv bedeutet nach Duden, Das Bedeutungswörterbuch, S. 260, zerstörerisch im Gegensatz zu konstruktiv. Insbesondere in Religionszusammenhängen gewinnt diese Bezeichnung eine größere negative Breitenwirkung. Die beiden Attribute sind sprachlich so gefasst, dass sie die betroffenen Personen und Personenmehrheiten in einen ungünstigen und diffamierenden Zusammenhang stellen. e. Behauptung, die Mitglieder der U-Bewegung würden weitgehend unter Ausschluss der Öffentlichkeit manipuliert Diese Aussage ist nicht auf bestimmte Tätigkeiten der Bewegung, etwa im Bereich des Arbeits- und Tarifrechts, sondern auf die ihr angehörenden Vereinigungen in ihrer Gesamtheit bezogen. Die Interpretati- 9

10 on, die U-Bewegung wirke insgesamt auf ihre Mitglieder mit unlauteren Methoden ein, liegt sehr nahe. Des Weiteren hat der Begriff Manipulation allgemein eine sehr stark abwertende Konnotation. Mit den Begriffen "Manipulation" und "Manipulieren" wird nicht nur entsprechend dem allgemeinen Sprachgebrauch die Vorstellung einer Beeinflussung von Menschen durch andere verbunden. Durch den Gebrauch dieser Wörter wird vielmehr auch der Gedanke des Lenkens und Steuerns von Menschen ohne oder gegen ihren Willen, ihrer Benutzung als Objekt und des Sichverschaffens von Vorteilen auf betrügerische oder scheinlegale Weise zum Ausdruck gebracht. Damit ist die Grenze einer zurückhaltendneutralen Bewertung religiös-weltanschaulicher Vorgänge und Verhaltensweisen jedenfalls dann überschritten, wenn dies - wie hier - nicht auf konkrete Tatsachen gestützt wird (BVerfG NJW 2002, 2626, 2628). Zwischenergebnis: Durch die Verwendung der Attribute "destruktiv" und "pseudoreligiös" sowie den Vorwurf der Mitgliedermanipulation ist das durch Art. 4 Abs. 1 und 2 GG garantierte Recht der U- Bewegung auf eine in religiös-weltanschaulicher Hinsicht neutral und zurückhaltend erfolgende Behandlung verletzt (vgl. BVerfG NJW 2002, 2626, 2628). Ein faktischer Eingriff ist somit in Form der Informationstätigkeit zu bejahen, soweit sie sich der Attribute "destruktiv" und "pseudoreligiös und des Vorwurfs der Mitgliedermanipulation bedient. 3. Verfassungsrechtliche Rechtfertigung Die Religionsfreiheit ist in Art. 4 GG als vorbehaltlos gewährleistetes Grundrecht ausgestaltet. Dies indiziert, dass Eingriffe in die Religionsfreiheit lediglich durch verfassungsimmanente Schranken erfolgen dürfen. Problem: Ergibt sich aus Art. 140 GG i.v.m. Art. 136 Abs. 1 WRV ein Gesetzesvorbehalt? Der Verfassungsgeber hat einen Gesetzesvorbehalt ausdrücklich nicht statuiert. Um dennoch Beschränkungen der Glaubensfreiheit zu ermöglichen, ist eine praktische Konkordanz zwischen den kollidierenden Verfassungspositionen angezeigt: Hier sind dies folgende: a) Glaubensfreiheit der U-Bewegung b) Recht auf körperliche Unversehrtheit potentieller neuer Mitglieder c) Glaubensfreiheit von Betroffenen Problem: Vorbehalt des Gesetzes? Grds. Erfordernis einer formell-gesetzlichen Grundlage bei Eingriffen in die grundrechtlich geschützten Freiheitsräume Sonderfall: Bei der Öffentlichkeits- und Informationsarbeit der Bundesregierung ist laut BVerfG eine solche Grundlage nicht erforderlich Begründung: - komplexer Geschehensablauf 10

11 - derartige faktisch-mittelbare Wirkungen entziehen sich typischerweise einer Normierung - erforderlich: Beachtung der Aufgabenzuweisung und des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit Nach der Rspr. des BVerfG kann ein faktischer Eingriff in die Glaubensfreiheit in Form der Informationstätigkeit staatlicher Stellen nur bei Vorliegen folgender Voraussetzungen gerechtfertigt werden: a. Zuständigkeit Auch beim Informationshandeln ist die Kompetenzordnung zu beachten. Auf der Ebene des Bundes ergibt sich die Zuständigkeit im Verhältnis zwischen Bundeskanzler, Bundesministern und der Bundesregierung als Kollegium aus Art. 62, 65 GG. Darüber hinaus ist die föderale Kompetenzaufteilung zwischen Bund und Ländern zu wahren. Dabei hängt die Entscheidung über die Verbandskompetenz davon ab, ob die jeweils zu erfüllende Informationsaufgabe dem Bund oder den Ländern zukommt oder ob parallele Kompetenzen bestehen (vgl. BVerfG NJW 2002, 2626, 2630). aa. Organkompetenz Die Ermächtigung zur Erteilung derartiger Informationen ergibt sich aus der der Bundesregierung zugewiesenen Aufgabe, im Rahmen ihrer Öffentlichkeitsarbeit auch auf aktuelle streitige, die Öffentlichkeit erheblich berührende Fragen einzugehen und damit staatsleitend tätig zu werden. Diese Aufgabe, bei der es um die politische Führung, die verantwortliche Leitung des Ganzen der inneren und äußeren Politik geht und die sich die Bundesregierung mit den anderen dazu berufenen Verfassungsorganen teilt, wird nicht allein mit den Mitteln der Gesetzgebung und der richtungweisenden Einwirkung auf den Gesetzesvollzug wahrgenommen. Staatsleitung durch die Bundesregierung wird vielmehr auch im Wege des täglichen Informationshandelns im Wechselspiel insbesondere mit dem Parlament, aber auch mit der interessierten Öffentlichkeit sowie den jeweils betroffenen Bürgerinnen und Bürgern wahrgenommen. Von der Staatsleitung in diesem Sinne wird nicht nur die Aufgabe erfasst, durch rechtzeitige öffentliche Information die Bewältigung von Konflikten in Staat und Gesellschaft zu erleichtern, sondern auch, auf diese Weise neuen, oft kurzfristig auftretenden Herausforderungen entgegenzutreten und auf Krisen und auf Besorgnisse der Bürger schnell und sachgerecht zu reagieren sowie diesen zu Orientierungen zu verhelfen. Ein Schweigen der Regierung in solcher Lage würde von vielen Bürgern als Versagen bewertet werden. Dies kann zu Legitimationsverlusten führen (BVerfG NJW 2002, 2626, 2629). Die Aufgabe der Staatsleitung und der von ihr als integralem Bestandteil umfassten Informationsarbeit der Bundesregierung ist Ausdruck ihrer gesamtstaatlichen Verantwortung. Für die Regierungskompetenz zur Staatsleitung gibt es, anders als für die Gesetzgebungs- und Verwaltungszuständigkeiten, keine ausdrücklichen Bestimmungen im Grundgesetz. Das Grundgesetz geht aber stillschweigend von entsprechenden Kompetenzen aus, so etwa in den Normen über die Bildung und Aufgaben der Bundesregierung (Art. 62 ff. GG) oder über die Pflicht der Bundesregierung, den Bundestag und seine Ausschüsse zu unterrichten; Gleiches gilt für die Verpflichtung der Regierung und ihrer Mitglieder, dem Bundestag auf Fragen Rede und Antwort zu stehen und seinen Abgeordneten die zur Ausübung ihres Mandats erforderlichen Informationen zu verschaffen (BVerfG NJW 2002, 2626, 2630). 11

12 Hier ergibt sich die Kompetenz der Bundesregierung im Verhältnis zu ihren Mitgliedern aus Art. 65 GG. bb. Verbandskompetenz Die Berechtigung der Bundesregierung zur Informationstätigkeit hängt im Wesentlichen davon ab, ob der betreffende Bereich eine gesamtstaatliche Verantwortung der Staatsleitung erfordert. Der Bund (und folglich die Bundesregierung) ist zur Staatsleitung insbesondere berechtigt, wenn Vorgänge wegen ihres Auslandsbezugs oder ihrer länderübergreifenden Bedeutung überregionalen Charakter haben und eine bundesweite Informationsarbeit der Regierung die Effektivität der Problembewältigung fördert. In solchen Fällen kann die Bundesregierung den betreffenden Vorgang aufgreifen, gegenüber Parlament und Öffentlichkeit darstellen und bewerten und, soweit sie dies zur Problembewältigung für erforderlich hält, auch Empfehlungen oder Warnungen aussprechen (vgl. BVerfG NJW 2002, 2626, 2630). Mit dieser Ermächtigung der Bundesregierung zum Informationshandeln trifft das Grundgesetz zugleich im Verhältnis zu den Ländern eine andere Regelung i.s. d. Art. 30 GG. Maßgebend für die Kompetenz der Bundesregierung im Bereich des Informationshandelns sind nicht die Art. 83 ff. GG. Die Regierungstätigkeit ist nicht Verwaltung im Verständnis dieser Normen. Zur Ausführung von Gesetzen durch administrative Maßnahmen ist die Bundesregierung im Zuge ihrer Staatsleitung nicht befugt Die Informationskompetenz der Bundesregierung endet nicht schon dort, wo zur Behandlung einer Thematik zusätzlich ein Handeln von Staatsorganen mit anderer Verbandskompetenz in Betracht kommt, etwa das der Landesregierungen im Zuge der Wahrnehmung ihrer eigenen staatsleitenden Aufgabe oder das der Verwaltung im Rahmen polizeilicher Gefahrenabwehr. Das Ziel der Aufklärung der Bevölkerung könnte verfehlt werden, wenn die Informationstätigkeit der Bundesregierung sich auf alles andere zur Erreichung dieses Ziels Wichtige beziehen, nicht aber einen Hinweis auf die Gefährlichkeit bestimmter Umstände enthalten dürfte. Die Vollständigkeit einer Information ist ein wichtiges Element der Glaubwürdigkeit. Die problemangemessene und gegebenenfalls Kompetenzen anderer Staatsorgane übergreifende Unterrichtung durch die Bundesregierung ist unter dem Aspekt der föderalen Kompetenzaufteilung unbedenklich, da dieses Informationshandeln weder das der Landesregierungen für ihren Verantwortungsbereich ausschließt oder behindert noch den Verwaltungsbehörden verwehrt, ihre administrativen Aufgaben zu erfüllen (BVerfG NJW 2002, 2626, 2630). c. Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Die Informationstätigkeit der Bundesregierung ist schließlich am Maßstab des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zu messen. o legitimer Zweck: Aufklärung der Öffentlichkeit, Beitragsleistung zur Orientierung der Bürger Die Bundesregierung durfte von der Einschätzung ausgehen, dass insbesondere Jugendliche und junge Erwachsene weiterhin unter den Einfluss der U-Bewegung und ihrer Einzelorganisationen ge- 12

13 raten und dadurch für sie, aber auch für ihre Familien und für die Gesellschaft insgesamt Folgen entstehen könnten, die zum damaligen Zeitpunkt weite Kreise der Bevölkerung erheblich beunruhigten. In dieser Lage durch aufklärendes Informationshandeln zur Orientierung der Bürger beizutragen, war legitim (BVerfG NJW 2002, 2626, 2631). o Geeignetheit: Eine bundesweite und intensive Information der Öffentlichkeit ist auch in der Lage, das Ziel einer vertieften Aufklärung der Öffentlichkeit und zur Orientierung der Bürger zu erreichen. Diesbezüglich kann von einer Einschätzungsprärogative der Bundesregierung ausgegangen werden. o Erforderlichkeit: Ein milderes, gleich geeignetes Mittel ist nicht ersichtlich. o Angemessenheit: Hier ist von Bedeutung, welche belastenden Folgen die faktisch-mittelbar betroffenen Grundrechtsträger nachvollziehbar zum Abwägungsgegenstand machen können. a. Diffamierender Charakter der Attribut und des Vorwurfs sowie Folgen Diese Attribute und der Vorwurf der Manipulation sind für die U-Bewegung diffamierend. Es ist auch nachvollziehbar, wenn diese geltend machen, infolge dieser Äußerungen hätten sie schwerwiegende Nachteile zu befürchten, etwa den Verlust vorhandener und das Ausbleiben neuer Mitglieder oder das Unterbleiben finanzieller Unterstützungsleistungen. b. Zurückhaltungsgebot, Neutralitätspflicht des Staates Hinreichend gewichtige, durch konkrete Tatsachen gestützte Gründe, welche die Äußerungen der Bundesregierung angesichts des Zurückhaltungsgebots trotzdem rechtfertigen könnten, sind nicht ersichtlich. Sie lassen sich insbesondere nicht der Situation entnehmen, in der die Bewertungen durch die Bundesregierung vorgenommen wurden. Sowohl in der Rede des Bundesministers für Jugend, Familie und Gesundheit als auch in den Antworten, welche die Bundesregierung auf die ihr gestellten Anfragen gegenüber dem Bundestag gab, hätten deshalb Ausdrücke und Bezeichnungen, wie sie hier in Rede stehen, vermieden werden müssen. In Anbetracht der Bedeutung des Grundrechts der Weltanschauungsfreiheit und der Neutralitätspflicht des Staates war es überzogen und unangemessen, die genannten Äußerungen zu treffen (BVerfG NJW 2002, 2626, 2631). Die Bezeichnung der U-Bewegung und ihrer Gruppierungen als "destruktiv" und "pseudoreligiös" und der Vorwurf, diese manipulierten - weitgehend unter Ausschluss der Öffentlichkeit - ihre Mitglieder, waren unangemessen. 4. Ergebnis Die Bezeichnung der U-Bewegung als "destruktiv" und "pseudoreligiös" und der gegen diese gerichtete Vorwurf, ihre Mitglieder würden weitgehend unter Ausschluss der Öffentlichkeit manipuliert, halten als 13

14 das Neutralitätsgebot verletzende Äußerungen der verfassungsgerichtlichen Prüfung nicht stand. Sie sind nach den Maßstäben des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes nicht gerechtfertigt. Die zulässige Verfassungsbeschwerde der U-Bewegung ist folglich auch begründet, soweit sie sich gegen die Attribute "destruktiv" und "pseudoreligiös" sowie den gegen die U-Bewegung gerichteten Vorwurf, ihre Mitglieder würden weitgehend unter Ausschluss der Öffentlichkeit manipuliert, richtet. Leseempfehlung: - BVerfG NJW 2002, 2621 ff. - BVerfG NJW 2002, 2626 ff. 14

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