Grundkurs Öffentliches Recht II. Staatsrecht II - Grundrechte. Prof. Dr. Kyrill-A. Schwarz Vertreten von Wiss. Mit. Mario Winzek
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1 Grundkurs Öffentliches Recht II Staatsrecht II - Grundrechte Prof. Dr. Kyrill-A. Schwarz Vertreten von Wiss. Mit. Mario Winzek 1
2 Überblick A. Dogmatische Grundlagen der Glaubensfreiheit I. Allgemeines II. Grundlagen III. Die Glaubensfreiheit in der Fallbearbeitung B. Fallbeispiele 2
3 A. Dogmatische Grundlagen I. Allgemeines 1. Historische Entwicklung 2. Aktuelle Entwicklungen 3. Bezug zum Völkerrecht 3
4 A. Dogmatische Grundlagen / I. Allgemeines 1. Historische Entwicklung Im Mittelalter Einheit von Staat und Kirche. Ab dem 17. Jahrhundert Wandel hin zum Laizismus (Trennung von Kirche und Staat). In den verschiedenen Staaten unterschiedlich stark ausgeprägt. 4
5 A. Dogmatische Grundlagen / I. Allgemeines 2. Aktuelle Entwicklungen Stets aktuelles Grundrecht. Das obwohl zunehmende Bedeutungslosigkeit des Religiösen in der Öffentlichkeit. Multikulturalität Deutschlands als aktuelle Herausforderung. 5
6 A. Dogmatische Grundlagen / I. Allgemeines 3. Bezüge zum Völkerrecht Glaubensfreiheit als eins der traditionsreichsten Menschenrechte auch im Völkerrecht relevant. Art. 18 AEMR Art. 9 Abs. 1 EMRK Art. 10 EuGrCh Bedeutung für die Gewährleistung der Glaubensfreiheit nach dem Grundgesetz nur eingeschränkt. 6
7 A. Dogmatische Grundlagen II. Grundlagen 1. Die Grundrechte aus Art. 4 GG 2. Verhältnis zu Artikel 136 ff. WRV 3. Verhältnis zu anderen Grundrechten 7
8 A. Dogmatische Grundlagen / II. Grundlagen 1. Die Grundrechte aus Art. 4 GG Art. 4 gewährleistet mehrere Freiheiten: Glaubens-, Gewissens-, Bekenntnis-, Religionsausübungs-, Kriegsdienstverweigerungsfreiheit. Nach h.m. sind nur die Gewissens- und die Kriegsdienstverweigerungsfreiheit gesondert zu behandeln, sodass Glaubensfreiheit ein einheitliches Grundrecht aus Art. 4 Abs. 1 und 2 GG darstellt. Glaubensfreiheit ist als Abwehrrecht konzipiert und bietet kein Leistungsrecht. 8
9 A. Dogmatische Grundlagen / II. Grundlagen 2. Verhältnis zu Art. 136 ff. WRV Die Art. 136 bis 141 WRV sind gem. Art. 140 GG eigenständiger Bestandteil des Grundgesetzes. Teilweise über Art. 4 Abs. 1 und 2 GG hinausgehende Regelungen. Wichtige Regelungen sind: Art. 137 WRV Verhältnis von Kirche und Staat Art. 139 WRV Arbeitsruhe an Sonnund Feiertagen 9
10 A. Dogmatische Grundlagen / II. Grundlagen 3. Verhältnis zu anderen Grundrechten Sofern die Glaubensausübung im Vordergrund steht ist die Glaubensfreiheit aus Art. 4 Abs. 1 und 2 GG lex specialis zu anderen Grundrechten. Kann je nach Schwerpunkt auch mit anderen Grundrechten auftreten. Die Art. 136 ff. WRV i.v.m. Art. 140 GG können lex specialis zu Art. 4 Abs. 1 und 2 GG sein. 10
11 A. Dogmatische Grundlagen / II. Grundlagen - Das wichtigste zusammengefasst Die Glaubens- bzw. Religionsfreiheit resultiert als ein einheitliches Grundrecht aus Art. 4 Abs. 1 und 2 GG. Entsprechende Regelungen finden sich auch im Völkerrecht, insbesondere im EU-Recht. I.R.d. Glaubensfreiheit sind die Art. 136 ff. WRV i.v.m. Art. 140 GG zu beachten. 11
12 A. Dogmatische Grundlagen III. Die Fallbearbeitung I. Schutzbereich 1. Sachlich a. einheitliches Grundrecht b. Glaubensbegriff c. Gewährleistungsumfang 2. Persönlich a. Individuelle Glaubensfreiheit b. Kollektive Glaubensfreiheit c. Korporative Glaubensfreiheit II. Eingriff III.Verfassungsrechtliche Rechtfertigung des Eingriffs 1. Beschränkbarkeit (Schranke) a. Grundsätzlich: Kollidierendes Verfassungsrecht b. Ausnahmsweise: Gesetzesvorbehalte in Art. 140 GG ivm Art. 136 ff. WRV 2. Grenzen der Beschränkbarkeit (Schranken-Schranke) a. Grundsätzlich: Praktische Konkordanz b. Ausnahmsweise: Verhältnismäßigkeit 12
13 A. Dogmatische Grundlagen / III. Die Fallbearbeitung 1. Sachlicher Schutzbereich a. Glaubensfreiheit als einheitliches Grundrecht Art. 4 Abs. 1 und 2 GG bilden einheitliches Grundrecht der Glaubens- bzw. Religionsfreiheit. Gewährleistet wird jedes glaubens- oder weltanschaulich motiviertes Denken, Reden oder Handeln. 13
14 A. Dogmatische Grundlagen / III. Die Fallbearbeitung 1. Sachlicher Schutzbereich b. Definition von Glaube bzw. Religion? Es gibt keine einheitliche Definition. Grundsätzlich werden aber folgende Elemente gefordert: objektiv Stellung des Menschen in der Welt und zu einer höheren Macht subjektiv individuelles religiöses Empfinden Zusätzlich religiös motivierte Handlung 14
15 A. Dogmatische Grundlagen / III. Die Fallbearbeitung 1. Sachlicher Schutzbereich c. Gewährleistungsumfang Als einheitliches Grundrecht erstreckt sich der Umfang auf: forum internum Recht auf Bildung und Inne haben eines Glaubens. forum externum Recht Glauben nach außen kundzutun, entsprechend zu Leben und zu Handeln. 15
16 A. Dogmatische Grundlagen / III. Die Fallbearbeitung 1. Sachlicher Schutzbereich c. Gewährleistungsumfang Geschützt wird auch die negative Glaubensfreiheit. Gemeint ist damit die Freiheit keinen, oder keinen bestimmten Glauben bzw. Weltanschauung zu haben. Insoweit existieren im Grundgesetz besondere Regelungen, die der Glaubensfreiheit vorgehen können: z.b. Art. 7 Abs. 2, 3 S. 3 GG. 16
17 A. Dogmatische Grundlagen / III. Die Fallbearbeitung 2. Persönlicher Schutzbereich a. Individuelle Glaubensfreiheit Art. 4 Abs. 1 und 2 GG ist ein Jedermann- Grundrecht. Problematisch kann die Grundrechtsmündigkeit von Minderjährigen sein. Unabhängig von der vertretenen Ansicht kommt es letztlich auf die zivilrechtlichen Regelungen an. I.R.d. Glaubensfreiheit wird aus 5 RelKErzG eine Altersgrenze von 14 Jahren gezogen. 17
18 A. Dogmatische Grundlagen / III. Die Fallbearbeitung 2. Persönlicher Schutzbereich b. Kollektive Glaubensfreiheit Religionsgemeinschaften i.s.v. Vereinigungen, die auf eine gewisse Dauer angelegt sind und eine gewisse Binnenverfestigung aufweisen können sich auf die kollektive Glaubensfreiheit berufen. Sie können sowohl Grundrechtsträger, als auch Grundrechtsverpflichteter sein. 18
19 A. Dogmatische Grundlagen / III. Die Fallbearbeitung 2. Persönlicher Schutzbereich c. Korporative Glaubensfreiheit juristische Personen oder sonstige Vereinigungen können sich nur auf die Glaubensfreiheit berufen, wenn ihr Zweck die Pflege oder Förderung des religiösen oder weltanschaulichen Bekenntnisses oder die Verkündung des Glaubens ihrer Mitglieder ist. Die Rechtsform spielt keine Rolle. 19
20 A. Dogmatische Grundlagen / III. Die Fallbearbeitung II. Eingriff Eingriff kann jede staatliche Maßnahme sein egal ob unmittelbar, mittelbar die Glaubensfreiheit beschränkt. Auch Realakte können einen Eingriff darstellen, wenn Sie die Glaubensfreiheit beeinträchtigen. 20
21 A. Dogmatische Grundlagen / III. Die Fallbearbeitung III. Verfassungsmäßige Rechtfertigung Je nach Fall zwei verschiedene Prüfungswege: (Grundsatz) Verstoß gegen Art. 4 Abs. 1 und 2 GG 1. Beschränkbarkeit (Schranke) Da vorbehaltlos garantiertes Grundrecht nur durch kollidierendes Verfassungsrecht beschränkbar. 2. Grenzen der Beschränkbarkeit (Schranken-Schranke) Abwägung im Wege der Praktische Konkordanz (Ausnahmsweise) Verstoß gegen Art. 136 ff. WRV i.v.m. Art. 140 GG 1. Beschränkbarkeit (Schranke) Gesetzesvorbehalt vorhanden? Welche EGL für Eingriff? 2. Grenzen der Beschränkbarkeit (Schranken-Schranke) a. formelle und materielle VMK der EGL b. Verhältnismäßigkeit der Maßnahme 21
22 A. Dogmatische Grundlagen / III. Die Fallbearbeitung III. Verfassungsmäßige Rechtfertigung 1. Beschränkbarkeit (Grundsätzlich) Glaubensfreiheit wird vorbehaltlos aber nicht schrankenlos gewährleistet. Kollidierendes Verfassungsrecht sind Grundrechte Dritter und andere mit Verfassungsrang ausgestattete Rechtsgüter. Das entbindet den Staat aber nicht davon sein Handeln auf eine gesetzliche Grundlage zu stützen! 22
23 A. Dogmatische Grundlagen / III. Die Fallbearbeitung III. Verfassungsmäßige Rechtfertigung 1. Beschränkbarkeit (Ausnahmsweise) Liegt eine Verletzung einer der Art. 136 ff. WRV i.v.m. Art. 140 GG vor, so ist zu prüfen ob ein Gesetzesvorbehalt vorliegt. Ist dies der Fall muss die Ermächtigungsgrundlage gesucht werden. 23
24 A. Dogmatische Grundlagen / III. Die Fallbearbeitung III. Verfassungsmäßige Rechtfertigung 2. Grenzen der Beschränkbarkeit (Grundsätzlich) Die durch sie ermittelten von der Verfassung geschützten widerstreitenden Interessen müssen in einen gerechten Ausgleich gebracht werden (sog. praktische Konkordanz). Häufig der Klausurschwerpunkt! 24
25 A. Dogmatische Grundlagen / III. Die Fallbearbeitung III. Verfassungsmäßige Rechtfertigung 2. Grenzen der Beschränkbarkeit (Ausnahmsweise) Prüfen Sie die Verletzung einer der Art. 136 ff. WRV i.v.m. Art. 140 GG so ist eine Grenze die Verfassungsmäßigkeit der EGL. Ist die EGL verfassungsmäßig müssen sie den Eingriff auf seine Verhältnismäßigkeit hin überprüfen. 25
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