ÜBUNG IM BÜRGERLICHEN RECHT
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1 ÜBUNG IM BÜRGERLICHEN RECHT FÜR ANFÄNGER I Wintersemester 2011/2012 Akademische Mitarbeiterin Nike Schultheiß Akademischer Mitarbeiter Thilo Schülke Akademischer Mitarbeiter Sebastian Sonn - Beispiele positives / negatives Interesse - 1 von 15
2 I. Bsp. Positives Interesse Großhändler G kauft beim Bauern B für 8,00 pro Tonne Grünkohl. B ficht das Geschäft wegen Irrtums an. G hätte an seine Abnehmer für 10,00 pro Tonne verkaufen können. G hat keinen Schaden im Vertrauen auf die Wirksamkeit des Rechtsgeschäftes erlitten. Der entgangene Gewinn ist vielmehr sein positives Interesse. Dieses Ist nicht nach 122 Abs. 1 BGB ersatzfähig. Der Anfechtungsgegner soll nur so gestellt werden, als hätte er nie von dem Geschäft gehört. Hätte er nie davon gehört, hätte er aber auch keinen Gewinn machen können. II. Bsp. negatives Interesse A hat für von B gekaufte Waren Lagerräume angemietet. Als B den Vertrag anficht, hat A keine Verwendung für die Lagerräume. Die Mietkosten sind der Vertrauensschaden, den A nicht erlitten hätte, wenn er nicht auf die Wirksamkeit des Rechtsgeschäfts vertraut hätte. 2 von 15
3 III. Bsp. negatives Interesse begrenzt durch das positive Interesse (Vertrauensschaden ist höher als Erfüllungsinteresse) Diese Fallkonstellation tritt häufig auf, wenn der Erklärungsempfänger im Vertrauen auf die Wirksamkeit des angefochtenen Rechtsgeschäfts den Abschluss eines anderen Geschäfts unterlässt, das ihm einen höheren Gewinn eingebracht hätte Der Obsthändler Rudi will auf einem Großmarkt 1 Kg weiße Trüffel besorgen. Der Marktpreis hierfür liegt bei 8.000,00. Er kommt am Stand von Bauer Adalbert vorbei, der 1 Kg Trüffel für 7.000,00 anbietet. Rudi schlägt ob des Schnäppchens sofort zu. Später trifft er noch auf den Bauern Brösel, der die Trüffel zu 6.500,00 anbietet. Rudi lehnt schweren Herzens ab, da er ja schon einen Vertrag mit Adalbert geschlossen habe. Nun ficht Bauer Adalbert jedoch am nächsten Tag seine WE wirksam an. Als Rudi deshalb noch einmal zu Brösel geht, muss er feststellen, dass dieser alle Trüffel verkauft hat. Rudi muss das 1 Kg weiße Trüffel nun bei Bauer Colophonius zum Marktpreis von 8.000,00 kaufen. Was kann Rudi von Adalbert gem. 122 BGB als Schaden ersetzt verlangen? Dafür ist zunächst zu klären, wie hoch das jeweilige Interesse war: Positives Interesse: 1 Kg weiße Trüffel zu 7.000, ,00 Ersparnis ggb. Marktpreis, bzw. Gewinn Negatives Interesse: 1 Kg weiße Trüffel zu 6.500, ,00 Ersparnis ggb. Marktpreis, bzw. Gewinn 3 von 15
4 Hätte Rudi nicht auf die Wirksamkeit der WE und damit des Vertrages vertraut, hätte er 1.500,00 gegenüber dem Marktpreis erspart (= Vertrauensschaden). Wäre der Vertrag dagegen ordnungsgemäß erfüllt worden, hätte er 1.000,00 gegenüber dem Marktpreis erspart. Die Differenz zwischen den beiden Positionen (500,00 ) zählt zwar auch zum Vertrauensschaden des Rudi. Das negative Interesse übersteigt damit jedoch das Erfüllungsinteresse und ist nach 122 BGB nur in Höhe des positiven Interesses ersatzfähig. Grund: Der Anfechtungsgegner soll nicht besser stehen, als wenn der Vertrag erfüllt worden wäre IV. Negatives Interesse unterhalb des positiven Interesses Der Obsthändler Rudi will auf einem Großmarkt 1 Kg weiße Trüffel besorgen. Der Marktpreis hierfür liegt bei 8.000,00 Er kommt am Stand von Bauer Adalbert vorbei, der 1 Kg Trüffel für 6.500,00 anbietet. Rudi schlägt ob des Schnäppchens sofort zu. Später trifft er noch auf den Bauern Brösel, der die Trüffel zu 7.000,00 anbietet. Rudi lehnt ab, da er ja schon einen Vertrag mit Adalbert geschlossen habe. Nun ficht Bauer Adalbert jedoch am nächsten Tag seine WE wirksam an. Als Rudi deshalb noch einmal zu Brösel geht, muss er feststellen, dass dieser alle Trüffel verkauft hat. Rudi muss das 1 Kg weiße Trüffel nun bei Bauer Colophonius zum Marktpreis von 8.000,00 kaufen. Was kann Rudi von Adalbert gem. 122 BGB als Schaden ersetzt verlangen? Positives Interesse: 1 Kg weiße Trüffel zu 6.500, ,00 Ersparnis ggb. Marktpreis, bzw. Gewinn Negatives Interesse: 1 Kg weiße Trüffel zu 7.000, ,00 Ersparnis ggb. Marktpreis, bzw. Gewinn Das negative Interesse bleibt hier unter dem positiven und ist daher voll erstattungsfähig i.s.d. 122 BGB 4 von 15
5 Übersteigen des positiven Interesses durch das negative Interesse 1.500, ,00 Übersteigendes negatives Interesse (nicht ersatzfähig) Positives Interesse 500,00 0,00 Fall III Fall IV 5 von 15
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