bei offensichtlicher Unwirksamkeit der Kündigung oder Obsiegen des Arbeitnehmers im Kündigungsschutzprozess in der ersten Instanz.
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- Fritzi Keller
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1 TK Lexikon Arbeitsrecht Freistellung von der Arbeit Arbeitsrecht 1 Grundsatz: Pflicht zur Arbeitsleistung HI HI Der Arbeitnehmer ist aufgrund des Arbeitsvertrags zur Arbeitsleistung verpflichtet. Ohne Arbeitsleistung entfällt sein Lohnanspruch (Ausnahme: der Arbeitgeber hat das Unterbleiben der Arbeitsleistung zu vertreten oder das Risiko der zufälligen Unmöglichkeit der Leistungserbringung zu tragen. Allerdings kann der Arbeitnehmer in verschiedenen Fällen von seiner Arbeitspflicht freigestellt werden. Möglich ist die einvernehmliche Freistellung, sei es bezahlt oder unbezahlt. [ 2 ] Ein Anspruch darauf kann sich für den Arbeitnehmer aus der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers ergeben. [ 3 ] Eine vereinbarte Freistellung kann jedoch dann nicht einseitig vorzeitig beendet werden. [ 4 ] Nach der neueren Rechtsprechung des BSG besteht auch bei einer unwiderruflichen Freistellung ein sozialversicherungsrechtliches Beschäftigungsverhältnis unter der Voraussetzung fort, dass das Arbeitsentgelt weiter gezahlt wird. [ 5 ] Auch eine vereinbarte unwiderrufliche Freistellung kann nicht einseitig vorzeitig beendet werden. [ 6 ] Weiterhin bestehen verschiedene gesetzliche Regelungen über die Freistellung von der Arbeitspflicht. Daneben können auch Tarifverträge Freistellungsansprüche regeln. 2 Bezahlte Freistellung zwischen Kündigung und Ablauf der Kündigungsfrist HI Praktisch wichtigster Fall der bezahlten Freistellung ist die Freistellung im Zusammenhang mit einer Kündigung. Dabei besteht auch nach Ausspruch einer Kündigung die Beschäftigungspflicht des Arbeitgebers grundsätzlich fort. Allerdings gelten hier wichtige Ausnahmen, wenn der Arbeitgeber ein betriebliches Interesse an der Freistellung des gekündigten Arbeitnehmers hat. [ 7 ] Ein solches Interesse liegt bspw. in der Wahrung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen. Nach der Rechtsprechung ist eine Freistellung nach Zugang der Kündigung regelmäßig zulässig. Etwas anderes gilt nur bei offensichtlicher Unwirksamkeit der Kündigung oder Obsiegen des Arbeitnehmers im Kündigungsschutzprozess in der ersten Instanz. Der Weiterbeschäftigungsanspruch des Arbeitnehmers kann sich auch dann durchsetzen, wenn ein besonderes Interesse des Arbeitnehmers an der Weiterbeschäftigung besteht (Erhaltung eines Wissens- oder Kenntnisstands in bestimmten, sich schnell entwickelnden Branchen). Die Nichterfüllung des Weiterbeschäftigungsanspruchs gewährt allerdings keinen auf Entgeltzahlung
2 gerichteten Schadensersatzanspruch, wenn der eigentliche Anspruch aus 611, 615 BGB entfällt. [ 8 ] Der Arbeitnehmer kann sich gegen die Freistellung im Wege der einstweiligen Verfügung wehren. Zulässig ist die arbeitsvertragliche Vereinbarung einer Freistellung für den Kündigungsfall bereits bei Vertragsschluss. [ 9 ] Die Freistellung ist nicht ohne Weiteres mit der Anrechnung von Resturlaubsansprüchen verknüpft. Dazu bedarf es einer vorherigen vertraglichen Regelung bzw. einer eindeutigen Erklärung des Arbeitgebers als "unwiderrufliche" Freistellung unter Festsetzung der genauen Urlaubstage. [ 10 ] Allerdings überwiegt insoweit das betriebliche Interesse an der urlaubsbedingten Freistellung, sodass eventuelle Urlaubswünsche des Arbeitnehmers zurücktreten. Während der kündigungsbedingten Freistellung besteht der Lohnanspruch fort. Der Arbeitnehmer kann eine anderweitige Beschäftigung aufnehmen, ohne dass er sich den dort erzielten Verdienst auf sein Arbeitsentgelt anrechnen lassen muss. Eine analoge Anwendung des 615 Satz 2 BGB scheidet ohne entsprechende vertragliche Vereinbarung aus. [ 11 ] 3 Bezahlte vorübergehende Arbeitsverhinderung HI Abgesehen von den Sondervorschriften über Urlaub, Kuren und Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit oder infolge rechtmäßiger Sterilisation oder rechtmäßigen Schwangerschaftsabbruchs enthält 616 Satz 1 BGB einen weiteren bezahlten Freistellungsanspruch. Nach 616 Satz 1 BGB bleibt der Lohnanspruch erhalten, wenn der Arbeitnehmer für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit durch einen in seiner Person liegenden Grund und ohne sein Verschulden an der Arbeitsleistung verhindert und tarifvertraglich oder einzelvertraglich nichts anderes vereinbart ist. 4 In der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe gem. 616 BGB HI Der in seiner Person liegende Grund kann z. B. Geburt, Sterbefall in der Familie, eigene Eheschließung, gesundheitspolizeiliche Untersuchungen in Lebensmittelbetrieben, Umzug, Gerichtstermin, Musterung, Gesellenprüfung, Hochzeit der Kinder, goldene Hochzeit der Eltern, Niederkunft der Lebensgefährtin sein. Bei Erkrankung eines im Haushalt des Arbeitnehmers lebenden Kinds besteht Anspruch auf Entgeltfortzahlung, wenn die Betreuung durch den Arbeitnehmer nach ärztlichem Zeugnis erforderlich ist, weil eine andere im Haushalt des Arbeitnehmers lebende Person hierfür nicht zur Verfügung steht. [ 12 ] Kommen nur Vater und Mutter als für die Pflege geeignete Personen in Betracht und sind beide berufstätig, so können grundsätzlich die Eltern darüber entscheiden, wer von ihnen die Pflege übernehmen soll. Der Arbeitgeber kann also nicht etwa wegen der Hälfte des Anspruchs auf den Arbeitgeber des anderen Ehegatten verweisen. [ 13 ] Das BAG hat diesen Anspruch in Anlehnung an den damaligen 185c RVO für 5 Arbeitstage bei Kindern unter 8
3 Jahren zugesprochen. Neben 616 BGB begründet 45 SGB V subsidiär einen Anspruch auf unbezahlte Freistellung zur Betreuung erkrankter Kinder. Das Pflegezeitgesetz gewährt in 2 PflegeZG ebenfalls einen Anspruch auf kurzzeitige, allerdings unbezahlte Freistellung von bis zu 10 Arbeitstagen bei akutem Eintritt eines Pflegefalls von nahen Angehörigen. Im Rahmen einer Freistellung nach 2 PflegeZG kann sich aber ein Lohnanspruch aus 616 BGB ergeben. Der Lohnzahlungszeitraum nach 616 BGB kann im Einzelfall von der Dauer der Freistellung nach 2 PflegeZG abweichen; beide Regelungen sind nicht synchronisiert. Schlechte Witterungsverhältnisse (Glatteis, Schneeverwehungen), Zusammenbruch der öffentlichen Verkehrsmittel oder den Verkehrsfluss behindernde Demonstrationen sind grundsätzlich keine "in der Person des Arbeitnehmers liegenden Gründe", sodass nach 616 BGB kein Anspruch auf Arbeitsentgelt besteht. [ 14 ] Etwas anderes gilt auch dann nicht, wenn der Arbeitnehmer regelmäßig von einem im Werksverkehr eingesetzten Bus zu seinem Arbeitsplatz gebracht wird und dieser Bus wegen Eisglätte nicht fahren kann, ebenso wenig ein allgemeines Fahrverbot bei Smog- oder Ozonalarm. Für Arztbesuche gilt 616 Satz 1 BGB, wenn der Arztbesuch zur Feststellung und Behandlung einer etwaigen Krankheit sachlich geboten und nicht außerhalb der Arbeitszeit möglich ist. [ 15 ] Sieht ein Tarifvertrag Entgeltfortzahlung in Fällen der "notwendig ausgefallenen Arbeitszeit für Arztbesuche und ärztlich verordnete Behandlung, die aufgrund ärztlichen Befunds unbedingt während der Arbeitszeit erfolgen musste" vor, so ist der Arztbesuch auch notwendig in diesem Sinne, wenn der Arzt den Arbeitnehmer während der Arbeitszeit zur Untersuchung oder Behandlung in seine Praxis bestellt und der Arbeitnehmer auf die Termingestaltung keinen Einfluss nehmen kann. [ 16 ] Die vorgeschriebene Vorführung eines Kraftfahrzeugs beim TÜV ist kein Grund zur Entgeltfortzahlung nach 616 Satz 1 BGB. 5 Verschulden HI Der Verhinderungsgrund ist unverschuldet, wenn er nicht auf einen gröblichen Verstoß gegen ein von einem verständigen Menschen zu erwartendes Verhalten zurückzuführen ist, dessen Folgen auf den Arbeitgeber abzuwälzen unbillig wäre. Verschuldet ist z. B. in aller Regel Zugversäumnis, Nichtzuziehung eines Arztes bei schwerer Erkrankung, Trunkenheit. 6 Verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit HI663059
4 Ob eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit vorliegt, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Wichtig sind in diesem Zusammenhang: das Verhältnis der Verhinderungszeit zur Gesamtdauer des Arbeitsverhältnisses unter Berücksichtigung der bereits verflossenen und noch zu erwartenden Dauer, die Länge der Kündigungsfrist und die für den Verhinderungsgrund objektiv notwendige Zeit. Grundlage einer diesbzgl. Verkehrsanschauung sind oftmals tarifvertragliche Regelungen. Die "verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit" erreicht nie die Dauer von 6 Wochen. Ist eine Arbeitsverhinderung von erheblicher Dauer, so hat der Arbeitnehmer auch nicht für den ersten verhältnismäßig kurzen Zeitraum einen Lohnanspruch. [ 17 ] 7 Abdingbarkeit dieser Regelung HI BGB kann von den Tarifvertrags- und Arbeitsvertragsparteien abbedungen werden. In vielen Tarifverträgen ist abschließend festgelegt, unter welchen Voraussetzungen und bis zu welcher Dauer bei unverschuldeter Abwesenheit der Lohn fortzuzahlen ist. 8 Pflicht zur Mitteilung der Verhinderung HI Liegen die Voraussetzungen des 616 BGB vor, so ist das vertragsgemäße Arbeitsentgelt zu bezahlen, das bei Arbeit gezahlt worden wäre, also z. B. auch Akkordlohn, Mehrarbeits- und Feiertagsvergütung. Der Arbeitnehmer muss dem Arbeitgeber die Verhinderung sobald wie möglich mitteilen. Verstößt er gegen diese Pflicht, so behält er zwar den Lohnanspruch, kann aber zum Schadensersatz verpflichtet sein und in besonders schweren Fällen gekündigt werden. 9 Sondervorschriften für Jugendliche HI Jugendlichen ist ohne Entgeltausfall außerdem Freizeit zu gewähren: für den Arztbesuch zum Zweck der vorgeschriebenen ärztlichen Untersuchungen [ 19 ], für Prüfungen und außerbetriebliche Ausbildungsmaßnahmen, für den letzten Arbeitstag vor einer Abschlussprüfung [ 20 ] und für den Besuch der Berufsschule. [ 21 ] Die Freizeit zum Berufsschulbesuch ist auch Personen zu gewähren, die über 18 Jahre und noch berufsschulpflichtig sind. [ 1 ] S. Betriebsrisiko, Annahmeverzug. [ 2 ] LAG Köln, Urteil v , 6 Sa 241/98, RzK I 2a Nr. 20; Beispiele: wirtschaftliche Schwierigkeiten des Arbeitgebers/"Sabbatjahr" des Arbeitnehmers. [ 3 ] LAG Hessen, Urteil v , 12 Sa 623/85, NZA 1986 S [ 4 ] BAG, Urteil v , 9 AZR 221/93, NZA 1995 S [ 5 ] BSG, Urteil v , B 12 KR 22/07 R. [ 6 ] BAG, Urteil v , 9 AZR 221/93, NZA 1995 S. 953.
5 [ 7 ] BAG, Beschluss v , GS 1/84, AP Nr. 14 zu 611 BGB Beschäftigungspflicht. [ 8 ] BAG, Urteil v , 5 AZR 462/14 [ 9 ] ArbG Düsseldorf, Urteil v , 9 Ga 28/93, NZA 1994 S [ 10 ] BAG, Urteil v , 5 AZR 703/05. [ 11 ] LAG Hamm, Urteil v , 10 Sa 104/96, NZA-RR 1997 S. 287; LAG Köln, Urteil v , 7/5 Sa 385/91, NZA 1992 S. 123, str. [ 12 ] BAG, Urteil v , 5 AZR 834/76. [ 13 ] BAG, Urteil v , 5 AZR 361/78. [ 14 ] BAG, Urteil v , 4 AZR 134/80. [ 15 ] BAG, Urteil v , 4 AZR 33/63. [ 16 ] BAG, Urteil v , 5 AZR 92/82. [ 17 ] BAG, Beschluss v , GS 8/58. [ 18 ] [ 19 ] 43 JArbSchG. [ 20 ] 10 JArbSchG. [ 21 ] 9 JArbSchG.
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