Skript zur Vorlesung Finite Elemente

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1 Skript zur Vorlesung Finite Elemente Dr. Sven-Joachim Kimmerle Wintertrimester 2015 Universität der Bundeswehr München

2 Adresse des Autors: Sven-Joachim Kimmerle Institut für Mathematik und Rechneranwendung (LRT-1) Universität der Bundeswehr München Werner-Heisenberg-Weg Neubiberg Internet: Stand: 9. Juli 2015 Copyright

3 Vorwort Dieses Vorlesungsskript orientiert sich teils an den Büchern von Braess [Br07] und von Knabner und Angermann [KA00] als auch an Vorlesungsskripten und -material von Prof. Dr. Thomas Apel [Ap12b], Prof. Dr. Matthias Gerdts, Prof. Dr. Joachim Gwinner und von Prof. Dr. Roland Herzog [He11]. Für Anmerkungen und Hinweise auf Fehler an bin ich dankbar. Das Skript wurde für eine eine dreistündige Vorlesung in 11 Wochen, mit zweistündiger Übung (10 Wochen), konzipiert. Zielgruppe sind Studierende in Mathematical Engineering, aber das Skript ist ebenso für Studenten der Mathematik, Technomathematik und theoretischen Physik und interessierte Studenten aus Natur- und Ingenieurwissenschaften gedacht. Viel Wert wurde gelegt auf eine verständliche und übersichtliche Darstellung des Stoffs mit besonderem Fokus auf zentrale Kernaussagen für Anwender, ohne dabei mathematische Strenge verschwimmen zu lassen. Vorausgesetzt werden (neben Analysis und linearer Algebra) Kenntnisse in Numerik und in Partiellen Differentialgleichungen, wie Sie in den Vorlesungen Einführung in die Numerische Mathematik, Funktionalanalysis und Partielle Differentialgleichungen an der UniBw München vermittelt werden. Die Vorlesung Numerik von Differentialgleichungen von Prof. Apel aus dem Frühjahrstrimester 2014 wird nicht unbedingt vorausgesetzt, der dort behandelte und hier benötigte Stoff wird nochmal (allerdings kurz) präsentiert. Weitere Informationen und Aktuelles zur Vorlesung finden sich auf der dazugehörigen Webseite

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5 Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung Motivation und einige Anwendungsbeispiele Beispiel: Verformung einer Membran Vergleich mit der Methode der Finiten Differenzen Allgemeines Vorgehen Kurze Wiederholung: Theorie partieller Differentialgleichungen Sobolev-Räume Klassifikation partieller Differentialgleichungen Existenz und Eigenschaften von Lösungen Finite-Elemente-Methode Galerkin-Verfahren A-priori Abschätzungen Vernetzung Abstrakte Definition eines Finiten Elements Elliptische Differentialgleichungen 2. Ordnung Einige Finite Elemente Global stetige Finite Elemente Global unstetige Finite Elemente Einige C 1 -Elemente Konstruktion Finiter Elemente durch affine Transformationen FE-Räume Konforme Approximation Einige FE-Räume Implementierung Präprozessor Assemblierung Transformationen a. Referenzzellen & Elementsteifigkeitsmatrizen Speichertechnik v

6 3.3 Numerische Integration Dirichlet-Randbedingungen Lösung großer linearer Gleichungssysteme Direkte Methoden Iterative Fixpunkt-Methoden Konjugiertes Gradientenverfahren Vorkonditionierung und PCG-Verfahren Krylov-Unterraum-Methoden Mehrgitterverfahren Fehlerabschätzung Gittergenerierung und -verfeinerung Gittergenerierung Uniforme und quasi-uniforme Gitter Gitteradapation Postprocessing FEniCS als Beispiel eines FE-Programms Installationshinweise Aufbau und Bedienung von FEniCS Programmieren in FEniCS Interpolationsfehlerabschätzungen Interpolationsfehlerabschätzungen auf einem Element Globale Interpolationsfehlerabschätzungen Maximumprinzip für Finite-Element-Methoden A-priori-Fehlerabschätzungen im nichtkonformen Fall Einfluss des Quadraturfehlers Nichtkonforme Ansatzräume Wichtige Anwendungsbeispiele Lineare Elastizität Stokes-Problem Ansatz im Raum divergenzfreier Funktionen Gemischte Formulierung und gemischte Finite Elemente Finite-Volumen-Methode Grundidee der Finiten-Volumen-Methode Vergleich mit der FEM und der Finiten-Differenzen-Methode Einige Kontrollvolumina Aufstellen des Gleichungssystems für Finite-Volumen-Methoden

7 6.4 Einige Resultate für FVM Ausblick & Zusammenfassung Weitere Themen Zusammenfassung Einige praktische Hinweise zur Lsg. von lin. FEM-Gleichungssys Vergleich der FEM mit der FVM und der FDM

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9 Kapitel 1 Einleitung 1.1 Motivation und einige Anwendungsbeispiele Die wenigsten partiellen Differentialgleichungen (PDG) lassen sich analytisch lösen. Daher sind numerische Verfahren für PDG bedeutsam, die gängigsten sind: (i) Finite Differenzen, (ii) Finite Volumen, (iii) Finite Elemente, (iv) Spektralmethoden. In dieser Vorlesung werden wir auf (i) und (ii) nur kurz eingehen, auf (iv) gar nicht und uns hauptsächlich mit (iii) beschäftigen (wie der Name der Vorlesung nahelegt). Die Finite-Elemente-Methode (FEM) setzte sich in den 1950er Jahren im Flugzeugbau und danach in anderen Ingenieurwissenschaften durch und wurde in diesem Zusammenhang weiterentwickelt. Unabhängig davon wurden FEM schon davor in der Mathematik skizziert. FEM sind insbesondere im Zusammenhang mit der numerischen Lösung von Anwendungsproblemen entwickelt worden. Für ein Beispiel in der Formoptimierung von Nanokanälen in Polymer-Electrolyt-Membranen, wie sie in Wasserstoff-Brennstoffzellen verwendet werden, siehe Abb Einige Beispiele für Finite Elemente im Alltag : Architektur, z.b. Zeltdachkonstruktion im Olympiapark München (Abb. 1.2), Bauingenieurwesen, z.b. Fachwerkhäuser (Abb. 1.4) oder Fachwerke bei Brücken, Flugzeugbau, z.b. Erste Gleitflieger (Abb. 1.3). 1

10 2 KAPITEL 1. EINLEITUNG Abbildung 1.1: Elastische Deformation in y-richtung (in [nm]) eines Nanokanals in einer Polymer-Elektrolyt-Membran einer Wasserstoff-Brennstoffzelle. Der Nanokanal wird, unter Einfluss eines externen elektrischen Felds und eines a ußeren Drucks, von einem geladenen Fluid durchstro mt. Numerische Simulation eines gekoppelten Differentialgleichungssystems [BKN12]. Abbildung 1.2: Zeltdachkonstruktion zu den Olympischen Spielen 1972 in Mu nchen (Architekten: Gu nter Behnisch, Frei Otto). Links: Olympiahalle-Schwimmhalle und Olympiahalle von oben, rechts: Detail der Zeltdachkonstruktion am Olympiastadion m2 Dachfla che aus lichtdurchla ssigem Plexiglas, aufgeha ngt an 58 Stahlmasten. Die Form des Zeltdaches ergibt sich aus der Lo sung eines Minimalfla chenproblems [Quelle: Wikipedia]. Abbildung 1.3: Nachgebaute Modelle von Fluggera ten, die auf Otto Lilienthal zuru ckgehen, in einem Museum [Quelle: Wikipedia]. c 2014/2015 by Sven-Joachim Kimmerle

11 1.1. MOTIVATION UND EINIGE ANWENDUNGSBEISPIELE 3 Abbildung 1.4: Fachwerkkonstruktion im Hausbau (17./18. Jh.), in Ochsenfurt/Unterfranken. [Quelle: Wikipedia]. Aufbau der Vorlesung: Einführungsbeispiel (in diesem Kapitel) Theoretische Grundlagen (Kap. 2) Implementierung (Kap. 3) - Praktische Beispiele in den Übungen mit der Software FEniCS bzw. Matlab Güte der Approximation? (Kap. 4) Wichtige Anwendungsbeispiele (Kap. 5): Elastizitätstheorie, laminare Strömungen (Stokes) Weitere Themen (je nach Fortschritt der Vorlesung): Finite Volumen - Gemeinsamkeiten und Unterschiede (Kap. 6) Nichtkonforme Methoden Mehrgitterverfahren, adaptive Finite Elemente... können gerne nach Interesse der Zuhörer ausgerichtet werden.

12 4 KAPITEL 1. EINLEITUNG 1.2 Beispiel: Verformung einer Membran Beispiel (Modellproblem von Courant [1943]) Wir betrachten als Gebiet das offene Einheitsquadrat Ω = (0, 1) 2. Gesucht ist eine Lösung u C 2 (Ω) C 0 (Ω) der Poisson-Gleichung mit homogener Dirichlet-Randbedingung, d.h. x u = f x Ω, (1.1) u = 0 x Ω, (1.2) wobei f : Ω R eine gegebene Funktion sei. Dies modelliert z.b. die Auslenkung u einer rechteckigen Membran durch eine Kraft f (wie bei einem Trampolin). Dabei ist die Membran an den Rändern fest eingespannt. Bemerkung (Schwache Lösung) Es stellt sich allgemein für die Lösung von (1.1) und (1.2) heraus, dass es zielführend ist zunächst eine Lösung in einem größeren Funktionenraum, H0(Ω), 1 zu suchen. (Zur Erinnerung: Für ein beliebiges Gebiet Ω R 2 gilt H0(Ω) 1 = {u L 2 (Ω) i u L 2 (Ω), i = 1, 2 u Ω = 0 fast überall } und L 2 (Ω) = {u : Ω R u L 2 (Ω) := Ω u 2 dx < }. Mehr Einzelheiten zur Theorie partieller Differentialgleichungen werden im nächsten Abschnitt 1.3 kurz wiederholt.) Hat man dann eine sogenannte schwache Lösung in V = H0(Ω) 1 gefunden, kann man unter gewissen Voraussetzungen an die Daten (im obigem Beispiel mit Dirichlet- Randbedingungen z.b. f L 2 (Ω) und entweder (i) C 1 -Rand Ω oder (ii) Ω konvex & polygonal) zeigen, dass sogar u H 2 (Ω) gilt. Mithilfe sogenannter Einbettungssätze folgt dann u C 2 (Ω) (die Umkehrung gilt i.a. nicht), also ist u auch eine klassische Lösung. Schwache Lösungen erlauben einen Zugang über Variationsmethoden, d.h. wir können (1.1) mit einer beliebigen Testfunktion φ W multiplizieren, x u(x) φ(x) dx = f(x) φ(x) dx φ W (1.3) Ω Ω und diese beliebige Funktion φ variieren. Hier wählen wir der Einfachheit halber W = V. Im folgenden verzichten wir, sofern dies aus dem Zusammenhang ersichtlich ist, auf die Argumente x bei den Funktionen, beim Laplaceoperator und auf die Angabe der Differentiale dx dv (x) und da(x). Wir integrieren die linke Seite von (1.3) partiell u φ ν + u φ = f φ φ V, (1.4) Ω Ω Ω

13 1.2. BEISPIEL: VERFORMUNG EINER MEMBRAN 5 (wobei hier für das übliche Skalarprodukt zwischen Vektoren steht und ν den äußeren Normalenvektor bezeichnet) und erhalten mithilfe der Randbedingung an φ H0(Ω) 1 u φ = f φ φ V. (1.5) Ω Ω Da u V, kann man φ = u einsetzen. Man definiert die Bilinearform a(u, v) := u v Ω und die Linearform L(u) := f, u = Ω fu. Hier bezeichnet, =, V,V das Dualitätsprodukt V V R, wobei V der Dualraum zu V (d.h. die Menge aller linearen Abbildungen, die auf V definiert sind) ist. Die so genannte schwache Formulierung (oder Variationsformulierung) des Modellproblems lautet: Finde u V = H0(Ω), 1 so dass a(u, v) = L(v) v V. (1.6) Nach dem Satz von Lax-Milgram (Satz ) kann man zeigen, dass zu f V genau eine Lösung u V des Modellproblems existiert. Wir wollen die Lösung des Modellproblems jedoch nicht nur analytisch untersuchen, sondern diese auch numerisch möglichst gut approximieren durch Funktionen aus einem endlich dimensionalen Unterraum V h V. Funktionenräume, wie hier V = H0, 1 sind im Allgemeinen unendlichdimensional. h bezeichnet einen Diskretisierungsparameter und für h 0 soll Konvergenz gegen die Lösung des ursprünglichen kontinuierlichen Problems erreicht werden. Damit wird aus der schwachen Formulierung, wenn man V durch ein V h ersetzt: Finde u h V h, so dass a(u h, v h ) = L(v h ) v h V h. (1.7) Sei φ l, l = 1,..., N eine Basis von V h. Dann ist (1.7) äquivalent zu a(u h, φ l ) = L(φ l ) l = 1,..., N. (1.8) Man kann u h mithilfe der Basis ausdrücken u h = N ξ k φ k (1.9) k=1

14 6 KAPITEL 1. EINLEITUNG und somit folgt aus (1.7) ein Lineares Gleichungssystem N a(φ k, φ l )ξ k = L(φ l ) l = 1,..., N. (1.10) k=1 Mit und A lk := a(φ k, φ l ) (1.11) b l := L(φ l ) (1.12) lässt sich dies in Matrix-Vektor-Form Aξ = b (1.13) schreiben. (Man beachte die Reihenfolge der Indizes in der Definition von A.) Wir betrachten zur numerischen Approximation im folgenden die Methode der Finiten Elemente: Der Abschluss Ω des Gebiets Ω wird mit einem gleichmäßigen Dreiecksnetz T h der Maschenweite h < 1 überzogen wie in Abb Hier sind die Elemente also Dreiecke. Diese Zerlegung ist ein sogenanntes Friedrichs-Keller-Gitter. Abbildung 1.5: Gleichmäßiges Dreiecksnetz auf (0, 1) 2 zu h = 1/4. Als Raum der Basisfunktionen auf diesen Dreieckselementen T i h betrachten wir V h := {v C(Ω) v ist linear auf jedem Dreieck T i h v Ω = 0}. (1.14) In jedem Dreieck ist v V h von der Form v(x 1, x 2 ) = α + βx 1 + γx 2 (1.15) mit Koeffizienten α, β, γ R. Diese drei unbekannten Koeffizienten lassen sich durch die Funktionswerte an den Eckpunkten eines Dreiecks eindeutig bestimmen. Damit ist auch

15 1.2. BEISPIEL: VERFORMUNG EINER MEMBRAN 7 v eindeutig bestimmt. Wir betrachten acht Dreiecke um einen zentralen Punkt Z, siehe Abb. 1.6, wobei h 1. Somit müssen wir uns hier noch nicht mit Randbedingungen beschäftigen. Wir nummerieren die Punkte zeilenweise, d.h.: NW = x (1), N = x (2), NO = x (3), W = x (4), Z = x (5), O = x (6), SW = x (7), S = x (8) und SO = x (9). NW N NO IV II W III Z I O VI VIII V VII x_2 SW S SO x_1 Abbildung 1.6: Dreiecksnetz um Z mit Himmelsrichtungen. Es sei ohne Einschränkung Z = (1/2, 1/2) der zentrale Punkt, N = (1/2, 1/2 h) der nördlich von Z gelegene Punkt, und NW = (1/2 h, 1/2 h) der nordwestlich von Z gelegene Punkt. Wir wählen eine sogenannte Hut-Basis φ k (x (j) ) = δ k,j, 1 j, k N, (1.16) siehe Abb Es gilt φ Z = 1 in Z und φ Z ist Null in den anderen Knoten. Es gilt dim V h = N = Anzahl der Gitterpunkte. Wir berechnen die Matrix A. Hierzu ist es geschickt Symmetrien auszunutzen. Hilfsrechnungen sind in Tabelle 1.1 zusammengefasst.

16 8 KAPITEL 1. EINLEITUNG Abbildung 1.7: Hutfunktion (auch Hütchenfunktion) φ Z = φ 5 zu h = 1/2, Z = x (5) = (1/2, 1/2). I II III IV V V I V II V III 1 φ Z 1/h 0 1/h 0 0 1/h 0 1/h 2 φ Z 1/h 0 0 1/h 0 1/h 1/h 0 Tabelle 1.1: Tabelle der Ableitungen der Basisfunktion φ Z in den Dreiecken I V III entsprechend Abb. 1.6 und 1.7. A Z,Z = a(φ Z, φ Z ) = φ Z 2 Ω\II V ( = 2 ( 1 φ Z ) 2 + ( 2 φ Z ) 2) I III IV = 2 ( 1 φ Z ) ( 2 φ Z ) 2 I III I IV = 2 h h 2 I III I IV = 4(h 2 h 2 ) = 4. (1.17) Analog A Z,N = a(φ Z, φ N ) = = = I IV I IV I IV φ Z φ N 2 φ Z 2 φ N ( h 1 )h 1 = h 2 ( h 2 ) = 1 (1.18)

17 1.2. BEISPIEL: VERFORMUNG EINER MEMBRAN 9 und aus Symmetriegründen Schließlich A Z,O = A Z,S = A Z,W = A Z,N = 1. (1.19) A Z,NW = a(φ Z, φ NW ) = = = und aus Symmetriegründen III IV III IV I IV φ Z φ NW ( 1 φ Z 1 φ NW + 2 φ Z 2 φ NW ) (0 + 0) = 0 (1.20) A Z,SO = A Z,S = 0. (1.21) Zusammengefasst ergibt dies einen sogenannten 5-Punkte-Stern (Nullen können ausgelassen werden) (1.22) Die dazugehörige symmetrische Matrix A lautet mit φ 1 = φ NW, φ 2 = φ N, φ 3 = φ NO, φ 4 = φ W, φ 5 = φ Z, φ 6 = φ O, φ 7 = φ SW, φ 8 = φ S, φ 9 = φ SO (Anordnung Zeile für Zeile, von rechts nach links) A = (1.23) Bemerkung (Steifigkeitsmatrix / Lastvektor) Aus der Definition von A via a in (1.11) folgt, dass A positiv definit und symmetrisch ist. Insbesondere im Zusammenhang mit Problemen aus der Kontinuumsmechanik, wird A als Steifigkeitsmatrix bezeichnet. Oft spricht man in den Ingenieurwissenschaften auch von A als Systemmatrix. Der Vektor b wird als Lastvektor bezeichnet. Bemerkung (Randwerte) Nehmen wir z.b. an, dass in unserem Modellbeispiel ein anderer Punkt als Zentrum betrachtet wird, so dass die unteren Knoten SW, S und SO in Abb.1.6 auf Ω liegen. Dann

18 10 KAPITEL 1. EINLEITUNG gilt in diesen Randpunkten u = 0, was erlaubt die letzten drei Spalten in A zu streichen, und die Gleichungen der letzten drei Zeilen von A und b entfallen, da die PDG nicht auf Ω gilt. Das obige Vorgehen lässt sich allgemeiner auf Randwertprobleme (RWP) elliptischer (Abschnitt 2.5) und wie wir evtl. am Ende der Vorlesung kurz diskutieren werden auch auf Rand-Anfangswertprobleme parabolischer partieller Differentialgleichungen anwenden. Bemerkung (Modellproblem als Variationsaufgabe) Die zu (1.7) gehörige Variationsaufgabe lässt sich wie folgt formulieren: J(v) := 1 2 a(v, v) L(v) min V h! (1.24) Wir überprüfen dies, in dem wir ein Minimum v V h durch ein εξ V h, ε > 0, stören und v + εξ in das Funktional J einsetzen, J (ε) := J(v + εξ) = 1 a(v + εξ, v + εξ) L(v + εξ). (1.25) 2 Man kann J wie gewohnt nach dem Skalar ε ableiten J (ε) = ε J(v + εξ) = 1 2 a(ξ, v + εξ) + 1 a(v + εξ, ξ) L(ξ). (1.26) 2 Dabei hat man benutzt, dass a bilinear und L linear in v ist. Dann nutzt man aus, dass a symmetrisch ist, und setzt ε = 0 ein, J (0) = a(v, ξ) L(ξ). (1.27) Die notwendige Bedingung für ein Minimum in v lautet J (0) = ε J(v + εξ) ε=0! = 0. Da ξ beliebig war, gilt 0 = a(v, ξ) L(ξ) ξ V h, (1.28) dies ist Gleichung (1.7). Wenn J konvex in v ist, dann ist ein stationärer Punkt von J auch ein globales Minimum von J Vergleich mit der Methode der Finiten Differenzen Zum Vergleich wenden wir die Methode des Differenzenverfahrens (Finite Differenzen) auf unser Modellproblem an. Wir legen über Ω = (0, 1) 2 ein quadratisches Gitter mit Maschenweite h > 0, Ω h := {(x 1, x 2 ) Ω x 1 = kh, x 2 = lh für k, l N 0 } (1.29) Desweiteren werden bei der Finiten-Differenzen-Methode die Differentialoperatoren durch Differenzenquotienten ersetzt. Für jeden Punkt x Ω erhält man dann aus der PDG eine lineare Gleichung.

19 1.2. BEISPIEL: VERFORMUNG EINER MEMBRAN 11 In unserem Beispiel sei h 1/2 (damit Randwerte keine Rolle spielen) und wir übernehmen die Bezeichnungen aus Abb Dann lautet eine Approximation durch einen linken bzw. rechten Differenzenquotienten und für den Laplaceoperator in Z ergibt sich 1 u 1 h (u(w ) u(z)) 1 (u(z) u(o)) (1.30) h u(x N ) = 11 u(n) + 22 u(n) 1 h (u(w ) 2u(Z) + u(o)) + 1 (u(n) 2u(Z) + u(s)). 2 h2 (1.31) Aus Symmetriegründen hat man dabei für das erste Mal Ableiten einen linken Differenzenquotienten und für das zweite einen rechten Differenzenquotienten verwendet (oder umgekehrt). Im Punkt Z ist die folgende Gleichung zu lösen (u(n) + u(w ) 4u(Z) + u(o) + u(s)) = h 2 f(z). (1.32) Man drückt dies durch einen Differenzenstern aus: (1.33) 1 Man stellt fest, dass dieser 5-Punkte-Stern mit dem in (1.22) übereinstimmt. Der Faktor h 2 vor f(z), ergibt sich wenn man Ω fφ Z durch die Trapezregel approximiert, vgl. [KA00, Lemma 2.13]. Man beachte, dass man im Allgemeinen verschiedene 5-Punkte-Sterne bekommt. Ein Vorteil der Finiten Elemente gegenüber Finiten Differenzen ist, das kein Konsistenzfehler durch Approximation der Ableitungen auftritt. Speziell für dieses Beispiel erhält man auch mit der Methode der Finiten Volumen (siehe Kap. 6) denselben Differenzenstern, vgl. (6.16) Allgemeines Vorgehen Wir fassen das allgemeine Vorgehen beim Finiten-Elemente-Verfahren anhand des Modellbeispiels zusammen: Bemerkung (Finite-Elemente-Methode zur Lösung eines Randwertproblems) Raum für Lösung V (Dirichlet-Randwerte des Problems sind zu berücksichtigen) Raum für Testfunktionen W (Homogene Randbed. auf Dirichlet-Rand für Testfn.) Schwache Formulierung der PDG: a(u, v) = L(v) für alle v W

20 12 KAPITEL 1. EINLEITUNG Diskretisierung T h des Gebiets Räume der Approximationsfunktionen V h bzw. W h Schwache diskretisierte Formulierung der PDG: a(u h, v h ) = L(v h ) für alle v h W h Ansatz u h = i ξ iφ i, wobei φ i V h Basisfunktion Assemblieren der zur Bilinearform a gehörigen Steifigkeitsmatrix A bzw. des zur Linearform L gehörigen Lastvektors b Lineares Gleichungssystem Aξ = b lösen Postprocessing : Visualisierung von u h, Kontrolle der numerischen Fehler, etc. 1.3 Kurze Wiederholung: Theorie partieller Differentialgleichungen Bevor wir uns die Finite-Elemente-Methode allgemeiner anschauen, ist es ratsam sich noch einmal einige Definitionen und Resultate aus der Funktionalanalysis im Zusammenhang mit partiellen Differentialgleichungen ins Gedächtnis zu rufen. Beweise und mehr Informationen findet man z.b. in den Büchern von Alt [Al99] und Evans [Ev10] Sobolev-Räume Im weiteren sei Ω R d. Wenn Ω offen, nicht leer und zusammenhängend ist, wird Ω als Gebiet bezeichnet. Wir wir in Bemerkung gesehen haben, ist der schwache Lösungsbegriff oft handlicher als der klassische. Klassische Lösungen sind aus Hölder-Räumen. Definition (Hölder-Räume) Sei Ω offen und beschränkt, r N und 0 < α 1. Die α-hölder-halbnorm ist { u(x) u(y) [u] C 0,α (Ω) := x y α Die Hölder-Räume C r,α (Ω) := u Cr (Ω) γ r sup x y;x,y Ω sup x Ω }. (1.34) γ u(x) + [ γ u] C 0,α (Ω) < γ =r (1.35) beinhalten Funktionen, die r-mal stetig differenzierbar sind und deren r-te partielle Ableitungen Hölder-stetig mit Exponent α sind. Spezialfälle:

21 1.3. KURZE WIEDERHOLUNG: THEORIE PARTIELLER DIFFERENTIALGLEICHUNGEN 13 C r,0 (Ω) := C r (Ω) ist der Raum der r-mal stetig differenzierbaren Funktionen. (C(Ω) :=) C 0 (Ω) = C 0,0 (Ω) ist der Raum der stetigen Funktionen. C 0,1 (Ω) ist der Raum der Lipschitz-stetigen Funktionen. Diese sind aber genau die nur fast überall stetig differenzierbaren Funktionen (Satz von Rademacher), also C 0,1 C 1,0 = C 1. Die passenden Räume für schwache Lösungen sind für unsere Zwecke die Sobolev-Räume. Um Sobolev-Räume definieren zu können, betrachten wir zuerst Definition (Schwache Ableitung) Sei Ω offen. Die schwache Ableitung D γ f (zu einem Multiindex γ) einer Funktion f : Ω R ist definiert mittels partieller Integration durch D γ f ζ := ( 1) γ f γ ζ ζ C0 (Ω). (1.36) Ω Die schwache Ableitung ist eindeutig bestimmt. Ω Definition (Sobolev-Räume) Sei Ω offen, k N 0, 1 p. Die Sobolev-Norm ist ( ) 1/p u W k,p (Ω) := γ k Ω Dγ u p, 1 p <, γ k ess sup x Ω D γ u, p =. (1.37) Die Sobolev-Räume sind W k,p (Ω) := { u : Ω R messbar D γ u erfüllt (1.36) γ k u W k,p (Ω) < }. (1.38) Spezialfälle: H k (Ω) := W k,2 (Ω) sind Hilbert-Räume. L p (Ω) := W 0,p (Ω) sind die Räume von Funktionen, deren Betrag in p-ter Potenz Lebesgue-integrierbar ist. Wir betrachten auch in der restlichen Vorlesung immer nur den Fall 1 p. Beispiel (Wichtige Sobolev-Räume) a) L 2 (Ω), der Raum der quadratintegrablen Funktionen. b) H 1 (Ω), der Raum der quadratintegrablen Funktionen mit quadratintegrablen 1. Ableitungen.

22 14 KAPITEL 1. EINLEITUNG c) L (Ω), der Raum aller wesentlich beschränkten Funktionen, versehen mit der Supremumsnorm. Hölder- und Sobolevräume sind Banachräume. Theorem (Sobolev-und Hölder-Einbettungssätze) Sei Ω offen und beschränkt mit Lipschitz-stetigem Rand Ω. a) Einbettungen zwischen Sobolev-Räumen Falls dann gilt k 1 d p 1 k 2 d p 2, k 1 k 2, k 1, k 2 N 0, 1 p 1, p 2, (1.39) W k 1,p 1 (Ω) W k 2,p 2 (Ω). (1.40) b) Einbettungen zwischen Hölder-Räumen Falls dann gilt r 1 + α 1 > r 2 + α 2, r 1, r 2 N 0, α 1, α 2 [0, 1], (1.41) C r 1,α 1 (Ω) C r 2,α 2 (Ω). (1.42) (Im Fall r 1 = 0 muss man keine Voraussetzungen an Ω machen.) c) Einbettungen von Sobolev-Räumen in Hölder-Räume Falls dann gilt Falls dann k d p > r + α, 1 p <, k, r N 0, α (0, 1] (α 0!), (1.43) W k,p (Ω) C r,α (Ω). (1.44) p =, 1 k N, (1.45) W k, (Ω) = C k 1,1 (Ω), (1.46) wobei eine Funktion in W k,p mit ihrem Lipschitz-stetigen Repräsentanten (in C k 1,1 ) identifiziert wird (mit dem sie fast überall übereinstimmt). Bemerkung Man kann eine Einbettung X Y, auch als X Y notiert, äquivalent durch eine Ungleichung u Y C u X für alle u X mit einer Konstanten C > 0 ausdrücken.

23 1.3. KURZE WIEDERHOLUNG: THEORIE PARTIELLER DIFFERENTIALGLEICHUNGEN 15 Insbesondere gilt für beliebige Dimensionen C 0,1 (Ω) L (Ω) (1.47) und für d = 1, dass H 1 (Ω) L (Ω), H 1 (Ω) C 0 (Ω). (1.48) Bemerkung Es sei Ω offen und beschränkt, dann gehört jede beschränkte, stetige, stückweise stetig differenzierbare Funktion zu H 1 (Ω). Da eine Funktion u aus einem Sobolev-Raum i.allg. nicht stetig ist und auch nur fast überall definiert, muss sichergestellt werden, dass u Randwerte auch annimmt. Theorem (Spursatz) [Ci88, Th ] Sei Ω R d offen und beschränkt mit Lipschitz-stetigem Rand Ω und sei 1 p <, k N, dann u W k,p (Ω) = u Ω W k 1/p,p ( Ω) (1.49) bzw. geschrieben als Einbettungsoperator, dem sogenannten Spuroperator, T r : W k,p (Ω) W k 1/p,p ( Ω). (1.50) Anschaulich verliert man, wenn man die Funktion nur auf dem Rand betrachtet, d.h. die Spur der Funktion, eine 1/p-Ableitungsordnung. Dies kann man mit den Einbettungssätzen (Satz 1.3.5) kombinieren. Dann läßt sich die Abbildungseigenschaft der Spur auch folgendermaßen formulieren: a) Falls p k < d u W k,p (Ω) = u Ω L r ( Ω) für alle 1 r (d 1)p d p k. (1.51) b) Falls p k = d u W k,p (Ω) = u Ω L r ( Ω) für alle 1 r <. (1.52) c) Falls p k > d gilt W k,p (Ω) C 0 (Ω), also u Ω C 0 ( Ω). Insbesondere gilt also u H 1 (Ω) H 1/2 ( Ω) L 2 ( Ω). Damit können wir einführen Definition (Sobolev-Räume mit homogenen Dirichlet-Randwerten) W k,p 0 (Ω) := { u W k,p (Ω) u Ω = 0 } := { u W k,p (Ω) T r u = 0 }. (1.53) Insbesondere H 1 0(Ω) = W 1,2 0 (Ω). Man definiert H 1 (Ω) := (H 1 0(Ω)) als den Dualraum von H 1 0(Ω). (Dies ist kein Sobolev- Raum!)

24 16 KAPITEL 1. EINLEITUNG Auch kann ein Spuroperator u Γ0 durch Einschränkung auf messbare Teilmengen Γ 0 Ω definiert werden. Bemerkung (Approximations-Eigenschaften von Sobolev-Räumen) Für glatten Rand Ω kann man zeigen, dass W k,p 0 (Ω) = C 0 (Ω) W k,p, (1.54) d.h. der Abschluss (bzgl. der W k,p -Norm) von unendlich oft stetig-differenzierbaren Funktionen mit kompaktem Träger ergibt gerade den Sobolevraum W k,p 0 (Ω). Analog gilt W k,p (Ω) = C (Ω) W k,p. (1.55) Diese Beobachtungen motivieren, dass man in Variationsproblemen statts mit Testfunktionen aus C 0 mit Funktionen aus einem Sobolevraum testen kann. Es gilt die folgende wichtige Abschätzung. Lemma (Poincaré-Friedrichs-Ungleichung) Für u H 1 0(Ω) gilt u L 2 (Ω) C u L 2 (Ω) (1.56) mit einer Konstante C > 0. (Diese hängt nur von Ω und der Dimension d ab.) Die Ungleichung lässt sich insoweit abschwächen, dass die Funktion u in einem Bereich auf dem Rand mit Maß größer Null festgehalten sein muss oder u beliebige Randwerte haben darf, wenn der Mittelwert 1 u = c = const vorgeschrieben ist. Die Ungleichung Ω Ω gilt aber nicht für beliebige H 1 (Ω)-Funktionen. Insbesondere ist in H 1 0(Ω) die Standard-H 1 -Norm mit der Norm [[u]] H 1 (Ω) := u L 2 (Ω) äquivalent. Im Allgemeinen ist [[u]] H k (Ω) = ( γ =k Dγ u 2 L 2 (Ω)) 1/2, k N, aber nur eine Seminorm, d.h. aus [[u]] H k (Ω) = 0 folgt nicht notwendigerweise u = 0 f.ü. Falls dies aus dem Zusammenhang klar ist, lassen wir die Angabe Ω bei Normen weg, z.b. u W 2,3 (Ω) = u W 2, Klassifikation partieller Differentialgleichungen Im Gegensatz zu gewöhnlichen Differentialgleichungen treten mehrere Variable und partielle Ableitungen auf. Eine vollständige Klassifikation von PDG ist schwierig. Zuerst unterscheiden wir zwischen linearen und nichtlinearen PDG. Nichtlineare PDG können nach semilinear (d.h. der Term mit der höchsten Ableitung ist linear), quasilinear (d.h. höchste Ableitung linear, wobei die Koeffizienten von niedrigeren Ableitungen abhängen dürfen) und vollständig nichtlinear klassifiziert werden.

25 1.3. KURZE WIEDERHOLUNG: THEORIE PARTIELLER DIFFERENTIALGLEICHUNGEN 17 Nach Ordnung der höchsten auftretenden Ableitung klassifiziert man partielle Differentialgleichungen auch nach ihrer Ordnung. Man unterteilt weiter in (i) elliptische, (ii) parabolische, (iii) hyperbolische partielle Differentialgleichungen. Beispiele hierfür in (2. Ordnung) sind jeweils (i) die Poisson-Gleichung u = f, (ii) die Wärmeleitungsgleichung t u u = f, (iii) die Wellengleichung tt u u = f Existenz und Eigenschaften von Lösungen Theorem (Lax-Milgram) Sei V ein Hilbertraum, und a : V V R eine (nicht notwendigerweise symmetrische) Bilinearform, für die a(v, v) α 0 v 2 V V Elliptizität (oder Koerzivität), (1.57) a(v, w) α 1 v V w V V Beschränktheit, (1.58) für beliebige v, w V gilt, wobei 0 < α 0 α 1 <. Dann besitzt für jedes f V a(v, w) = f, w (1.59) eine eindeutige Lösung v V. Desweiteren gilt die Abschätzung v V 1/α 0 f V. Beweis. Mithilfe des Rieszschen Darstellungssatzes, siehe [Al99]. Theorem (Maximumprinzip für die Laplace-Gleichung) Sei Ω R d ein beschränktes Gebiet. Für jede Funktion u C 2 (Ω) C 0 (Ω) gilt: u(x) 0 für alle x Ω = max x Ω u(x) = max u(x). (1.60) x Ω

26 18 KAPITEL 1. EINLEITUNG Die Aussage des Maximumprinzips ist, dass eine Unterlösung der Laplace-Gleichung ihr Maximum auf dem Rand annimmt. Durch Ersetzen von u durch u folgt sofort, dass eine Oberlösung der Laplace-Gleichung das Minimum auf dem Rand annimmt ( Minimumprinzip ). Ein Maximumprinzip gilt allgemein für elliptische und parabolische PDG, aber nicht für hyperbolische PDG. Mithilfe des Maximumprinzips kann man die Eindeutigkeit von Lösungen der Laplace-Gleichung zeigen.

27 Kapitel 2 Finite-Elemente-Methode 2.1 Galerkin-Verfahren Wir betrachten eine allgemeine Variationsaufgabe Finde u V : a(u, v) = L(v) v W, (2.1) wobei V, W Vektorräume, a : V W R eine Bilinearform und L : V R eine Linearform seien. Man vgl. mit (1.5) für das Beispiel im Einleitungskapitel. Das im Fall V = W und a positiv (d.h. a(v, v) 0 v V ), symmetrisch zu (2.1) äquivalente Minimierungsproblem lautet (vgl. Bem ) für das Modellbeispiel. Minimiere J(v) = 1 a(v, v) L(v) in V, (2.2) 2 Ein Petrov-Galerkin-Verfahren besteht in folgendem Diskretisierungsansatz. Man ersetzt V durch einen endlich-dimensionalen Raum V h, den Lösungsraum/Ansatzraum (engl. solution space/trial space). Ebenso ersetzt man W durch W h, den Testraum (engl. test space). Anstelle von (2.1) löst man Finde u h V h : a(u h, v h ) = L(v h ) v h W h. (2.3) Falls V = W und a symmetrisch spricht man von einem (Standard-)Galerkin-Verfahren (oder auch Bubnov-Galerkin-Verfahren). Als Ritz-Verfahren oder Ritz-Galerkin-Verfahren wird der folgende Ansatz bezeichnet, bei dem anstelle von (2.2) die endlich-dimensionale Minimierungsaufgabe Minimiere J(v h ) = 1 2 a(v h, v h ) L(v h ) in V h, (2.4) gelöst wird. Für eine positive (d.h. a(v, v) 0), symmetrische Bilinearform ist das Ritz- Verfahren mit dem Galerkin-Verfahren äquivalent. 19

28 20 KAPITEL 2. FINITE-ELEMENTE-METHODE Die Bezeichnungen für die verschiedenen Galerkin-Verfahren werden in der Literatur leider nicht einheitlich verwendet. Ein weiterer Zugang für ist das Ritz-Verfahren liefert die folgende Überlegung: Sei eine Näherung der Lösung u(x) eines Minimierungsproblem in einem Raum V h durch den Ansatz N u h (x) = ξ k φ k (x) (2.5) k=1 mit endlich vielen Basisfunktionen φ k, k = 1,..., N gegeben. Die Anzahl N der Basisfunktionen hängt von der Feinheit der Diskretisierung h ab, dabei sind die ξ k, k = 1,..., N reelle Koeffizienten, die noch zu bestimmen sind. Ein Ansatz für beliebige J, der auf Rayleigh und Ritz zurückgeht, wäre die Gleichungen ξl J( N k=1 ξ kφ k ) = 0, l = 1,..., N, (2.6) direkt auszuwerten. Da u h in aller Regel die Dgl. nicht exakt erfüllt, bleibt ein von Null verschiedenes Residuum (von lat. das Übriggebliebene ) übrig, in unserem Beispiel r(x) = u h (x) f(x). (2.7) Wir nehmen hier an, dass die homogenen Dirichlet-Randbedingungen durch die Basisfunktionen erfüllt seien (z.b. durch φ k H 1 0(Ω)). Dann ist die Idee: Wähle die Koeffizienten ξ k, so dass die gewichteten Residuen im Raum W h, der von gewissen Basisfunktionen ψ k aufgespannt wird, verschwinden: ( N ) rψ j = ξ k φ k ψ j fψ j = 0. (2.8) Ω Ω k=1 Im Falle ψ k (x) = δ(x x k ) zu geg. Punkten x k ist dies ein Punkt-Kollokationsverfahren, im Falle ψ k = φ k ist dies ein Ritz-Verfahren. Im Gegensatz zum Finiten-Differenzen-Verfahren werden bei allen Galerkin-Verfahren nur die Räume V bzw. W diskretisiert, nicht der Differentialoperator. Im Folgenden wird immer W = V betrachtet, es sei denn dies ist ausdrücklich anders angegeben. Wir wollen nun wissen, wie gut die Approximation durch eine numerische Lösung bei Galerkin-Verfahren ist. 2.2 A-priori Abschätzungen A priori (lat. vorab) heißt, dass man ohne die Lösung berechnet zu haben, diese Abschätzungen treffen kann. Im Gegensatz dazu basieren Abschätzungen a posteriori (lat. danach) auf

29 2.2. A-PRIORI ABSCHÄTZUNGEN 21 Kenntnis einer numerisch berechneten (oder evtl. analytisch bekannten) Lösung. Mit a- posteriori Abschätzungen wollen wir uns in Abschnitt 3.6 kurz befassen. Lemma (Stabilität) Sei V Hilbertraum und a : V V R eine beschränkte und V -elliptische Bilinearform (mit Elliptizitätskonstante α 0 ). Unabhängig von der Wahl des Unterraums V h von V gilt für eine Lösung u h von (2.3) u h V 1 α 0 f V. (2.9) Beweis. Da V h abgeschlossener Unterraum von V und selbst Hilbertraum ist, überträgt sich die Beschränktheit und Koerzivität von a von V auf V h mit denselben Konstanten. Durch Testen mit der Lösung, also v h = u h in (2.3) folgt a(u h, u h ) = f, u h, (2.10) und mit der V -Elliptizität und einer Standardabschätzung für Linearformen folgt α 0 u h 2 V f V u h V. (2.11) Falls u h V = 0 sind wir fertig. Wenn nicht, dann folgt die Behauptung aus der letzten Gleichung durch Kürzen. Die Stabilität der Lösung des Problems (2.1) ist also bereits durch das Galerkin-Verfahren (2.3) gewährleistet. Lemma (Lemma von Céa) Sei V Hilbertraum und a : V V R eine beschränkte und V -elliptische Bilinearform (beschränkt mit Konstante α 1 und mit Elliptizitätskonstante α 0 ). Desweiteren seien u bzw. u h Lösungen der Variationsaufgabe in V bzw. V h V d.h. von (2.1) bzw. (2.3). Dann gilt Beweis. Die Lösungen u bzw. u h sind über u u h V α 1 inf u v h V. (2.12) α 0 v h V h a(u, v) = L(v) v V, (2.13) a(u h, v) = L(v) v V h (2.14) definiert. Da V h V ist die Gl. (2.13) auch für alle v V h erfüllt. Wir subtrahieren (2.14) von (2.13) für v V h : a(u u h, v) = 0 v V h. (2.15) Sei v h V h beliebig, dann setzen wir v = v h u h V h in (2.15) ein und erhalten a(u u h, v h u h ) = 0 v h V h. (2.16)

30 22 KAPITEL 2. FINITE-ELEMENTE-METHODE Damit können wir abschätzen a(u u h, u u h ) = a(u u h, u v h ) + a(u u h, v h u h ) (2.17) α 1 u u h V u v h V + 0, (2.18) wobei wir die Bilinearität, die Beschränktheit und (2.15) ausgenutzt haben. Andererseits folgt aus der V -Elliptizität, dass α 0 u u h 2 V a(u u h, u u h ). (2.19) Falls u u h V = 0 wäre (2.12) gezeigt. Also kombinieren wir die letzten beiden Abschätzungen und kürzen, α 0 u u h V α 1 u v h V v h V h. (2.20) Die Gl. (2.15) ist die sogenannte Galerkin-Orthogonalität. Für a symmetrisch besagt diese, dass der Approximationsfehler u u h senkrecht auf V h steht. Die Wichtigkeit des Céa-Lemmas besteht darin, dass man den a-priori Fehler der numerischen Lösung im Raum der Approximations-Funktionen bestimmen kann. Man sollte also Funktionenräume wählen, in denen die Lösung u gut approximiert werden kann. Nimmt man z.b. Räume von Polynomen, so bestimmt die Glattheit der Lösung wie gut dies möglich ist. Bei Randwertaufgaben wird die Regularität meist zum Rand hin schlechter. Es ist also bedingt sinnvoll, eine hohe Genauigkeit durch beliebiges Erhöhen des Polynomsgrads erzielen zu wollen. Eine bessere Idee ist es stückweise Polynome zu verwenden und die gewünschte Genauigkeit durch eine Verfeinerung des Gitters zu erreichen. Dies erfolgt bei sogenannten hp-verfahren, auf die wir hier aber nicht weiter eingehen wollen. Die Finite-Elemente-Methode ist ein spezielles Galerkin-Verfahren. Das Gebiet Ω wird in einfache kompakte Teilmengen (Zellen, Elemente) T i, 1,..., M mit T := int(t ) aufgeteilt, z.b. Dreiecke (d = 2) oder Tetraeder (d = 3), aber auch Vierecke (d = 2) bzw. Quader (d = 3) werden verwendet. Die Zerlegung (Vernetzung, Gitter) T h, insbesondere im Falle von Dreiecken spricht von einer Triangulierung, muss zulässig sein. 2.3 Vernetzung Der Einfachheit halber formulieren wir diese Forderung für d = 2 bzw. d = 3:

31 2.3. VERNETZUNG 23 Definition (Zulässige Vernetzung in 2 Raumdimensionen) Sei Ω ein polygonales Gebiet, das in Drei- oder Vierecke zerlegt werden kann. Eine Zerlegung T h = {T 1, T 2,..., T M } mit Drei- oder Vierecken T i heißt zulässig (oder geometrisch konform), wenn: (i) Ω = M i=1t i, d.h. genau der Abschluss des Gebiets wird von einer Vernetzung überdeckt. (ii) Besteht T i T j, i j, aus genau einem Punkt, so ist dieser ein Eckpunkt von T i und von T j, d.h. keine hängenden Knoten. (iii) Besteht T i T j, i j, aus mehr als einem Punkt so ist T i T j eine Kante von T i und von T j. (ii) und (iii) bedeuten, dass sich zwei verschiedene Elemente höchstens an einer Ecke oder auf einer Kante schneiden. Definition (Zulässige Vernetzung in 3 Raumdimensionen) Sei Ω ein polyedrisches Gebiet, das in Tetraeder oder Quader zerlegt werden kann. Eine Zerlegung T h = {T 1, T 2,..., T M } mit Tetraedern oder Quadern T i heißt zulässig (oder geometrisch konform), wenn: (i) Ω = M i=1t i, d.h. genau der Abschluss des Gebiets wird von einer Vernetzung überdeckt. (ii) Besteht T i T j, i j, aus genau einem Punkt, so ist dieser ein Eckpunkt von T i und von T j, d.h. keine hängenden Knoten. (iii) Besteht T i T j, i j, aus mehr als einem Punkt so ist T i T j eine Kante sowohl von T i als auch von T j oder eine Seite von T i und von T j, d.h. keine hängenden Kanten. Der Index h bei T h impliziert, dass jedes Element einen Durchmesser von höchstens 2h besitzt. Die Teile der Oberfläche T i, die jeweils auf einer Hyperebene liegen, heißen Seiten (oder Facetten). In 2d sind dies Kanten und in 3d (Seiten-)Flächen. Bemerkung (Krummlinige Ränder) Wegen der Annahme, dass die Gitterzellen T i Polygone oder Polyeder sind, können wir bisher nur solche Gebiete Ω überdecken, die polygonal berandet sind (2d) oder einen Rand aus polyedrischen Flächen besitzen (3d). Diese Ω bezeichnen wir als Gebiete mit P-Rand. Das Ausschöpfen von Ω kann durch Verwendung gekrümmter Zellen verbessert werden.

32 24 KAPITEL 2. FINITE-ELEMENTE-METHODE Man wählt die Basisfunktionen φ i, 1,..., N, so dass möglichst viele Einträge in der resultierenden Steifigkeitsmatrix A verschwinden, damit das Gleichungssystem leicht zu lösen ist. Dies kann man erreichen durch Basisfunktionen mit möglichst kleinem Träger. Die Träger verschiedener Basisfunktionen überschneiden sich dann kaum und A ist dünn besetzt (engl. sparse). Die Hutfunktionen aus obigem Beispiel haben endlichen Träger. Unter Finiten Elementen (FE) versteht man oft auch nur die Funktionen, die ja endlichen Träger besitzen, während man die Teilgebiete T i als Elemente bezeichnet. Oft spricht man aber auch von C k -Elementen (oder linearen Elementen z.b.), dann sind die entsprechenden Funktionen gemeint. Abgesehen von der Zulässigkeit ist die Wahl von T h beliebig, bei manchen Problemstellungen, z.b. bei Fachwerken, ist es aber naheliegend eine vorgegebene Aufteilung für das Gitter zu verwenden. 2.4 Abstrakte Definition eines Finiten Elements Definition (Abstrakte Definition eines Finiten Elements nach Ciarlet [Ci78]) Ein finites Element ist ein Tripel (T, Π, Σ) mit folgenden Eigenschaften: (i) T ist ein kompaktes Polyeder im R d mit T = int(t ). (ii) Π ist ein Unterraum von C 0 (T ; R m ) mit endlicher Dimension s 1 und m N. (iii) Σ ist eine Menge von s linear unabhängigen Funktionalen über Π. Jedes p Π ist durch die Werte der s Funktionale aus Σ bestimmt. T heißt Element (auch Elementgebiet oder Zelle). Die Funktionen in Π heißen (lokale) Formfunktionen (auch (lokale) Ansatzfunktionen oder (lok.) nodale Basis). Π besteht meist aus Polynomen, allerdings werden z.b. beim HCT-Element (siehe ) zusammengesetzte Polynome verwendet. Die Elemente σ i Σ heißen (lokale) Freiheitsgrade, kurz dof (engl. degrees of freedom), oder Knotenvariablen. Da sich die Funktionale in der Regel auf Funktionswerte und Ableitungen an Punkten in T beziehen, spricht man bei (iii) von verallgemeinerten Interpolationsbedingungen. Ein FE heißt ein Lagrange-Element, wenn die Freiheitsgrade nur aus Funktionsauswertungen in Punkten bestehen (vgl. mit der Lagrangeschen Interpolationsaufgabe). Man spricht von einem Hermite-Element, wenn auch Funktionsauswertungen von Ableitungen vorkommen.

33 2.5. ELLIPTISCHE DIFFERENTIALGLEICHUNGEN 2. ORDNUNG 25 Eigentlich hängen Π und Σ vom jeweiligen Element T ab. Dies kann man durch die Notation (T, Π T, Σ T ) für ein T T h verdeutlichen. Die Menge der Finiten Elementen (T, Π T, Σ T ) T Th Definition (Konforme Approximation) bezeichnet man als FE-Komplex. Für eine allgemeine Variationsaufgabe (2.3) im Hilbertraum V wird der Vektorraum V h als V -konform bezeichnet, falls V h V. Die diskrete Aufgabe (2.3) heißt dann eine konforme Approximation. Im Allgemeinen sind z.b. die Räume Π nicht in H 1 (Ω), also liegt dann keine konforme Approximation vor. Wir gehen hierauf in Abschnitt noch genauer ein. 2.5 Elliptische Differentialgleichungen 2. Ordnung Hier betrachten wir den allgemeinen Fall einer Differentialgleichung mit einem elliptischen Operator 2. Ordnung, vgl. [Ap12b]. Zugunsten einer einfacheren Darstellung wollen wir uns hier auf elliptische Operatoren in Divergenzform beschränken. Definition (Elliptische Dgl. 2. Ordnung in Divergenzform) Sei A = (a ij ) i,j=1,..,d eine symmetrische und positiv definite (d.h. A 0 > 0 : x A(x)x A 0 x 2 x R d ) Matrixfunktion, sei β = (β 1, β 2,...β d ) eine Vektorfunktion und γ eine reellwertige Funktion, jeweils definiert auf Ω R d mit Lipschitz-Rand. Die klassische Formulierung einer elliptischen Differentialgleichung 2. Ordnung in Divergenzform lautet: Finde ein u C 2 (Ω), so dass (A u) + (βu) + γu = f x Ω. (2.21) Mit Randbedingungen, hier beispielsweise A u ν = g x Γ 1 Ω (Neumann-Randbed.), (2.22) u = h x Γ 2 := Ω \ Γ 1 (Dirichlet-Randbed.) (2.23) wird aus (2.21) eine Randwertaufgabe und man sucht u C 2 (Ω) C 1 (Ω Γ 1 ) C 0 (Ω). Bemerkung (Modell einer stationären Reaktions-Diffusionsgleichung für 1 Komponente) Eine physikalische Interpretation der Randwertaufgabe ist, dass u(x) die Konzentration einer Substanz ( Komponente ) am Ort x darstelle. Der Term (A u) beschreibt

34 26 KAPITEL 2. FINITE-ELEMENTE-METHODE die Änderung der Konzentration durch Diffusionsvorgänge, wobei in die Diffusionskoeffizienten in der Matrix A Orts- und Richtungsabhängigkeit der Diffusion eingehen. Der zweite Term, ein Konvektionsterm, beschreibt die Änderung der Konzentration durch eine zeitlich konstante Strömung (z.b. Wind, Wasserströmung) mit Geschwindigkeit β, der Term γu kann als Änderung durch Reaktionen (proportional zur Konzentration) interpretiert werden und f beschreibt externe Änderungen von u (Quellen/Senken). Da wir eine stationäre (zeitunabhängige) Gleichung betrachten, ist die Lösung u dann eine stationäre Gleichgewichtsverteilung der Substanz. Die Neumann-Randbedingung beschreibt den Diffusionsfluss von Teilchen der Substanz über den Teilrand Γ 1, während die Dirichlet- Randbedingung, die Kopplung von Ω an ein (unendlich großes) Bassin mit konstanter Konzentration h über eine gemeinsame Randfläche Γ 2 modelliert. Statts (2.22) könnte man auch eine Robin-Randbedingung der Form A u ν+β νu = g auf Γ 1 betrachten. Es lässt sich für γ + β 0 zeigen, dass die PDG ein Minimum- und ein Maximumprinzip erfüllt [Ev10], und für geeignete Daten u nach oben und unten beschränkt ist, also kann u als eine Konzentration (bzw. Dichte) interpretiert werden. Wir leiten die zu (2.21) (2.23) gehörige schwache Formulierung her. Sei u V := {w H 1 (Ω) w Γ2 = h} (2.24) und die Testfunktionen v W := {w H 1 (Ω) w Γ2 = 0}. (2.25) Ohne Einschänkung können wir annehmen, dass h 0, also W = V. Ansonsten setze man h durch ein h nach Ω fort und betrachte ein Problem für u h mit g + A h ν als Neumann-Datum und f + (A h) (β h) γ h als rechter Seite. (Im Fall Γ 1 =, gilt V = W = H0(Ω).) 1 Dann A u v + (βu)v + γuv + gv = fv v V. (2.26) Ω Γ 1 Ω Wir können den zweiten Term umschreiben: (βu)v = 1 (βu)v + 1 (βu)v Ω 2 Ω 2 Ω = 1 β uv + 1 β uv 1 βu v + 1 β ν uv. (2.27) 2 Ω 2 Ω 2 Ω 2 Γ 1 Damit definieren wir die Bilinearform a(u, v) = A u v + 1 β ( uv u v) + + Ω 2 Ω Ω(γ 1 2 β)uv + 1 β νuv (2.28) 2 Γ 1

35 2.5. ELLIPTISCHE DIFFERENTIALGLEICHUNGEN 2. ORDNUNG 27 und die Linearform L(v) = f, v gv. Γ 1 (2.29) Für die abstrakte Existenztheorie muss die Bilinearform nicht symmetrisch sein. Damit ist die Randwertaufgabe (2.21) (2.23) äquivalent zu Finde u V, so dass a(u, v) = L(v) v V. (2.30) Um Satz (1.3.12) (Lax-Milgram) anwenden zu können, überprüfen wir die Voraussetzungen aus dem Satz an a. Diese sind erfüllt, wenn erstens eine der folgenden zwei Bedingungen erfüllt ist, oder γ + 1 β 0 für fast alle x Ω (2.31) 2 γ β L (Ω) A 0 C 2 Poincaré (2.32) (d.h. Problem nicht reaktions-/konvektionsdominiert), und wenn zweitens A L (Ω; R d d ), β W 1, (Ω; R d ), γ L (Ω) und β ν 0 für fast alle x Γ 1. Also existiert eine eindeutige Lösung u V, falls f V und g (H 1/2 (Γ 1 )). Die Neumann-Randbedingung ist eine sogenannte natürliche Randbedingung, bei der g in der Linearform und nicht im Funktionenraum auftritt. Sei d = 2. Wir wollen die Finite-Elemente-Methode wie in Def eingeführt benutzen: Erstens nehmen wir dazu an, dass das Gebiet P-Rand habe (oder andernfalls nehmen wir an, dieses ließe sich durch ein Gebiet mit P-Rand approximieren), also M i=1t i = Ω. Sei T h = {T 1,..., T i,...t M } eine zulässige Zerlegung von Ω. Wir betrachten hier Dreiecke T i. Zweitens betrachten wir statts V einen endlichdimensionalen Raum V h. Wir wählen als V h den Raum der stückweise-definierten Polynome, die global C k sind und deren Einschänkung Π Ti auf T i genau q-mal stetig differenzierbar ist (q k). Hier sei k = 0, q = 1, also s = 3. Es gilt dim V h <. Wegen der globalen Forderung der Stetigkeit gilt V h C 0 (Ω). Es gilt C 0 (Ω) H 1 (Ω) = V, siehe Bem , also ist V h auch H 1 -konform. Drittens betrachten wir als Menge Σ Ti linear unabhängiger Funktionale über Π Ti, die Funktionale σ j, j = 1,..., 3, einer (dualen) Basis von Π Ti mit σ 1 (x) = δ a1 (x), σ 2 (x) = δ a2 (x), σ 3 = δ a3 (x), (2.33)

36 28 KAPITEL 2. FINITE-ELEMENTE-METHODE also σ 1 (p) := σ 1, p = p(a 1 ), σ 2 (p) = p(a 2 ), σ 3 (p) = p(a 3 ), (2.34) wobei a l, l = 1, 2, 3, die jeweiligen 3 Eckpunkte von T i bezeichne. Dadurch ist jedes p Π Ti eindeutig durch die Werte der Funktionale σ j Σ Ti bestimmt, vgl. (1.15). Dieses Vorgehen lässt sich auf den Fall d = 3 übertragen, dann sind die T i Tetraeder und s = 4. Es sei daran erinnert, dass die Def sich nur auf eine Zelle T i bezieht. Die so definierten Finiten Elemente (T i, Π Ti, Σ Ti ) heißen Lineare Dreieckselemente und gehören zu den Lagrange-Elementen. Sie werden mit P q bezeichnet, wobei q der lokale Polynomgrad ist. Für q = 1 (Polynome 1. Grades) haben die {Π Ti } Ti T h eine Basis von (stückweise linearen, stetigen) Hutfunktionen φ j mit φ j (x (l) ) = δ j,l, (2.35) wobei man die x (l) := a (i) L, l = 1,..., m so durchnummeriert, dass jede Hutfunktion φ j, j = 1,..., m, nur einmal auftritt. Somit dim V h = m. Falls an den Rändern von Ω z.b. Dirichlet- Randwerte vorgegeben sind, erfüllen die Randelemente andere Interpolationsbedingungen und N = dim V h < m. Der Begriff Lagrange-Element steht im Zusammenhang damit, dass die Polynome die Lagrangesche Interpolationsaufgabe für die Knotenvariablen erfüllen. Wie wir in der Vorlesung noch sehen werden, gibt es eine Vielzahl von Möglichkeiten für Finite Elemente zur abstrakte Definition Bemerkung (Übergangsbedingungen) Die Übergangsbedingungen (Stetigkeit bzw. Differenzierbarkeit) zwischen den Elementen, also in obigem Beispiel die globale Stetigkeit, sind in der Def implizit durch die Interpolationsbedingungen gegeben: Die Restriktion einer Funktion p Π und ggf. der Ableitungen von p bis zur Ordnung k auf eine Seite von T sind durch solche Interpolationsbedingungen aus Σ eindeutig bestimmt. Wir überzeugen uns explizit, dass für eine Triangulierung T h in Dreieckselemente T i durch obige Interpolationsbedingungen {Σ Ti } Ti T h die globale Stetigkeit der Funktionen w aus V h garantiert ist (siehe Abb. 2.1, links): Die Einschränkung eines Polynom 1. Grades p Π Ti auf die Kante des Dreiecks T i ist wieder ein Polynom 1. Grades. Diese Einschränkung von p auf eine Kante ist entlang dieser durch die Eckpunkte der Kante eindeutig bestimmt. Sei T j, j i ein Nachbardreieck von T i. Dann gilt dies ebenso für die Einschränkung eines Polynoms 1. Grades p Π Tj auf die Kante T i T j. Also ist w auf der gemeinsamen Kante

37 2.5. ELLIPTISCHE DIFFERENTIALGLEICHUNGEN 2. ORDNUNG 29 Abbildung 2.1: Zwei Dreieckselemente mit stetigen Interpolationsbedingungen für Polynome 1. Grades (links) bzw. für Polynome 2. Grades (rechts). T i T j stetig. (Man beachte, das hier die Zulässigkeit der Triangulierung gebraucht wird.) Wir betrachten jetzt Polynome 2. Grades als Ansatzfunktionen (siehe Abb. 2.1, rechts). Durch Einschränkung auf eine Seite ergibt sich wiederum ein Polynom 2. Grades. Solche Funktionen sind durch ihre Werte in den Eckpunkten der Dreiecke und z.b. in den Seitenmitten eindeutig bestimmt. Also hat man global C 1 -Funktionen. Diese Betrachtungen kann man ebenso für Polynome q-ten Grades anstellen, wobei q 3. Fordert man aber für ein Polynom 1. Grades Interpolationsbedingungen an den drei Seitenmitten (siehe Abb. 2.2), durch die das Polynom ebenfalls eindeutig bestimmt ist, wäre die globale Stetigkeit nicht mehr gewährleistet. Also V h C 0 (Ω). Abbildung 2.2: Zwei Dreieckselemente mit unstetigen Interpolationsbedingungen an den Seitenmitten für Polynome 1. Grades. Wir kehren zurück zur Variationsformulierung (2.30). In V h lautet diese Finde u V h, so dass a(u h, v h ) = L(v h ) v h V h. (2.36) Sei φ i, 1 i N, eine Basis von V h, dann ist (2.36) äquivalent zu Finde u V h, so dass a(u h, φ i ) = L(φ i ) 1 i N. (2.37) Mit dem Ansatz u h = N u i φ i, (2.38) i=1

38 30 KAPITEL 2. FINITE-ELEMENTE-METHODE mit reellem, noch zu bestimmenden, Koeffizientenvektor ( ) ξ = u 1... u i... u N (2.39) ist (2.37) gleichbedeutend zu einem linearen Gleichungssystem (LGS) mit und Aξ = b (2.40) a(φ 1, φ 1 )... a(φ j, φ 1 )... a(φ N, φ 1 ) A = a(φ 1, φ i )... a(φ j, φ i )... a(φ N, φ i ). (2.41) a(φ 1, φ N )... a(φ j, φ N )... a(φ N, φ N ) ( b = f, φ 1... f, φ i... f, φ N ). (2.42) Zu der gegebenen Basis von Hutfunktionen lassen sich die Steifigkeitsmatrix A und der Lastvektor b assemblieren, d.h. durch Auswertung der Integrale berechnen. Die Bestimmung einer Approximationslösung u h des RWP (2.21) (2.23) ist damit äquivalent zur numerischen Lösung des linearen Gleichungssystems (2.40) für ξ. Im Gegensatz zum Modellproblem aus der Einleitung müssen im Allgemeinen alle Integrale, die bei der Assemblierung von A und b auftreten, numerisch approximiert werden (Quadratur). Dadurch entsteht ein Konsistenzfehler. Ebenso kann man auch elliptische Probleme mit Lösungen u : Ω R D für Dimensionen D > 1 untersuchen. Anstatt zu V = H 1 (Ω) = H 1 (Ω; R) kann man z.b. auch Finite Elemente zu H 1 (Ω; R 3 ) betrachten. Ein Beispiel hierfür ist die lineare Elastizitätstheorie, siehe Bsp. (5.1.4). 2.6 Einige Finite Elemente In diesem Abschnitt wollen wir eine größere Auswahl an Finiten Elemente angeben und die gängigen FE uns genauer anschauen. Dabei werden als Elemente (Zellen) Intervalle in 1d, Dreiecke oder Vierecke in 2d bzw. Tetraeder oder Quader in 3d betrachtet. Prinzipiell kann man auch höhere Dimensionen betrachten. Typischerweise sind die Ansatzfunktionen Polynome. Definition (Polynomräume) Sei x = (x 1,..., x d ) R d und bezeichne x α = x α 1 1 x α x α d d für einen Multiindex α N d 0.

39 2.6. EINIGE FINITE ELEMENTE 31 a) Der Raum von Polynomen in x 1,..., x d mit maximalem Grad k N 0 ist definiert als P k = p : x c α x α c α R, α N d 0. (2.43) α k b) Der Raum von Polynomen in x 1,..., x d mit maximalem Grad k N 0 in jeder Variable ist definiert als Q k = { p : x P k und Q k sind Vektorräume über R d. 0 α i k,1 i d c α x α c α R, α N d 0 }. (2.44) Oft kennzeichnet man mit P k (T ) und Q k (T ) die Einschränkung der Definitionsbereiche auf T R d. Zur Betrachtung von Dreiecken und Tetraedern (allg. von Simplexen) ist es geschickt mit baryzentrischen Koordinaten zu arbeiten. Lemma (Baryzentrische Koordinaten) Sei T R d ein Dreieck (d = 2) oder ein Tetraeder (d = 3) mit Ecken a 0,..., a d. a) Die Darstellung eines Punktes x T durch x = d λ i a i, (2.45) i=0 wobei d λ i = 1 (2.46) i=0 gilt, ist eindeutig. Die Zahlen λ i = λ i (x), i = 0,..., d heißen baryzentrische Koordinaten (Schwerpunktskoordinaten) von x. b) Die baryzentrischen Koordinaten lassen sich mit Hilfe des LGS λ 0 1 λ 1 a 0 a 1... a d. = x λ d (2.47) eindeutig bestimmen.

40 32 KAPITEL 2. FINITE-ELEMENTE-METHODE c) Es gilt λ i (a j ) = δ ij (2.48) und für die Facette F i, die der Ecke a i gegenüber liegt, x F i λ i = 0. (2.49) Beispiel (Baryzentrische Koordinaten für das Einheitsdreieck) Sei T = { (x 1, x 2 ) : x 1 0, x 2 0, x 1 + x 2 1 } das Einheitsdreieck. Seien a 0 = (0, 0), a 1 = (1, 0), a 2 = (0, 1) in kartesischen Koordinaten. Jeder Punkt x T lässt sich in baryzentrischen Koordinaten darstellen als λ = (1 x 1 x 2, x 1, x 2 ). Z.B. hat der Schwerpunkt x = 1/3 (a 0 + a 1 + a 2 ) = (1/3, 1/3) die Koordinaten λ = (1/3, 1/3, 1/3). Genau alle Punkte von T die auf der antidiagonalen Kante F 0 liegen, haben die Koordinate λ 0 = 0. Für die Klassifikation von FE betrachtet man Referenzelemente, wie z.b. das Einheitsdreieck, und bezieht FE über anderen Dreiecken durch affine Transformationen auf diese, siehe Abschnitt 2.7. Es gibt einen ganzen Zoo an Finiten Elementen, siehe Tabellen , die je nach Problemstellung zum Einsatz kommen. Eine ausführliche Auflistung mit noch mehr Finiten Elementen findet man im FEniCS-Buch [LMW12]. Für die Klassifizierung von FE betrachtet man dabei Anzahl der Ecken (Element T ), Ansatzfunktionen Π, meist ein Polynomraum [P k ] m (m = 1 für skalare Elemente, m = 3 für Vektorelemente), Punkte, an denen ausgewertet wird und Typ der Auswertung, z.b. Anzahl der Ableitungen (Interpolationsbedingungen Σ). Dies legt ein FE eindeutig fest, vgl. Def Praktischerweise gibt man noch die Dimension s von Π bzw. Σ an und die globale Regularität der Interpolationsfunktionen an, also z.b. H 1 oder H 2, wenn die Elemente global im entsprechenden Sobolevraum sind. Für die Symbole, die die Art der Auswertung kennzeichnen, gelten folgende Konventionen: 1) Ein Punkt für Punktinterpolation, 2) k-kreise um einen Punkt für Auswertung von Ableitungen bis zur k-ten Ordnung, z.b. für Punktauswertung und 1. Ableitung (1 + d Bedingungen!),

41 2.6. EINIGE FINITE ELEMENTE 33 3) Ein Pfeil in die jeweilige Richtung für Auswertung einer Richtungskomponente (falls m > 1), z.b. für Auswertung der x 1 -Komponente p 1 = p e 1 einer Funktion p Π, 4) Ein Strich orthogonal zur Seite für die Auswertung einer Normalenableitung ( ν p = p ν für ein p Π), 5) Ein großer Kreis für ein inneres Moment (falls m > 1), also 4 große Kreise im Inneren wenn z.b. das 1. Moment über eine Dreieckszelle und über die 3 Facetten vorgeschrieben sind. FE-Familie Abk. Symbol Ansatzfn. Dim. Regularität Unstetiges Lagrange DG 0 (1d) P 0 1 L 2 p 1 = 1 (Unstet.) Lagrange DG 1 (1d) P 1 2 L 2 /H 1 /CG 1 (1d) p 1 = x, p 2 = 1 x (Unstet.) Lagrange DG 2 (1d) P 2 3 L 2 /H 1 /CG 2 (1d) p 1 = (1 2x)(1 x), p 2 = x(1 2x), p 3 = 4x(1 x) (Unstet.) Lagrange DG 3 (1d) P 3 4 L 2 /H 1 /CG 3 (1d) p 1 = (1 3x)(1 3 x)(1 x), 2 p 2 = 9x(1 3 x)(1 x), 2 p 3 = 9 x(1 3x)(1 x), 2 p 4 = x(1 3x)(1 3x) 2 Kubisches Hermite HER(1d) P 3 4 H 2 Tabelle 2.1: p 1 = (1 x) 2 (1 + 2x), p 2 = (3 2x)x 2, p 3 = x(1 x) 2, p 4 = x 2 (1 x) Übersicht über einige gängige Finite Elemente in 1d mit Basis der Ansatzfunktionen. In 1d sind globale C k -Ansatzfunktionen sogenannte Splines (Polynomzüge) q = k + 1-ten Grades, also lokal P q (k N). Eine Übersicht welche Sobolev-Räume V zu welchen FE passen, und ob die Approximation V -konform ist, findet man in Tabelle 2.5. Im folgenden befassen wir uns näher mit Lagrange- und Hermite-Elementen über Dreiecken/Quadraten und Tetraedern/Würfeln, mit dem Crouzeix-Raviart-Dreieckselement und mit dem Argyris-Dreieckselement. Auf die Elemente für die Sobolev-Räume H 1 (div) und H 1 (curl), d.h. BDM-, RT- und NED 1 -Elemente, und die Definition dieser Räume

42 34 KAPITEL 2. FINITE-ELEMENTE-METHODE kommen wir später teilweise im Zusammenhang mit dem Stokes-Problem und anderen Problemen zurück Global stetige Finite Elemente Das bekannteste Element diesen Typs (und überhaupt) ist das Lagrange-Element. Diesem Element sind wir bisher schon begegnet. Einmal im Einführungsbeispiel aus Abschnitt 1.2 und in Abschnitt 2.5 als Beispiel für ein FE im Zusammenhang mit der abstrakten Definition Finiter Elemente (Def ). Definition (Lagrange-Elemente) Ein (stetiges) Lagrange-(Dreiecks-)Element CG q = P q (engl. Continuous Galerkin) ist definiert für q N für Intervalle (d = 1) / Dreiecke (d = 2) / Tetraeder(d = 3) T, mit Ansatzfunktionen Π = P q (T ), und Knotenvariablen σ i (p) = p(a i ) zu p Π, i = 1,..., s(q), wobei {a (i) } s(q) i=1 eine Nummerierung von folgenden Punkten a aus T ist: j 1 /q 0 j 1 q, d = 1, a = (j 1 /q, j 2 /q) 0 j 1 + j 2 q, d = 2, (j 1 /q, j 2 /q, j 3 /q) 0 j 1 + j 2 + j 3 q, d = 3. (2.50) Dabei ist die Dimension von CG q s(q) = ( q + d d ) q + 1, d = 1, 1 = (q + 1)(q + 2), d = 2, (2.51) 2 1 (q + 1)(q + 2)(q + 3), d = 3. 6 Die Dimension der Lagrange-Elemente stimmt mit der Dimension der Polynome über T mit Maximalgrad q überein. Es sei darauf hingewiesen, dass es im Prinzip auch andere Möglichkeiten für die Punkte a gibt. Die Punktauswertungen dürfen jedoch nicht linear abhängige Gleichungen ergeben. Man denke z.b. an ein Dreieck und q = 2. Wenn man dann die drei Punkte zusätzlich zu den Ecken so wählt, dass diese auf einer Geraden liegen, ergibt sich kein Finites Element.

43 2.6. EINIGE FINITE ELEMENTE 35 In der Menge der Punkte müssen die Eckpunkte enthalten sein und zusätzlich q 1 verschiedene Punkte auf jeder Kante bzw. (q 1)(q 2)/2 verschiedene Punkte auf jeder Seitenfläche usw. Desweiteren müssen die Randpunkte symmetrisch gewählt sein, damit diese mit Randpunkten benachbarter Zellen zusammenfallen. Dann sind die Elemente global C 0. Sei d = 2. Im Falle q = 1 spricht man auch von Linearen Dreieckselementen oder vom Courant-Dreieck(selement) (vgl. Bsp ). Bei q = 2 bzw. q = 3 spricht man auch von Quadratischen Dreieckselementen bzw. Kubischen Dreieckselementen. Bei Vernetzungen mit Vierecken benutzt man üblicherweise keine vollständigen Polynome. Dies sieht man schon an folgendem Beispiel. Beispiel (Bilineares Viereckselement) Wir betrachten ein Rechteckgitter, dessen Linien gerade parallel zu den Koordinatenachsen laufen. Sei also ohne Einschränkung T = (0, 1) 2, das Einheitsquadrat. Der Ansatz p(x) = αx 1 + βx 2 + γx 1 x 2 + δ Q 1 ( P 2 ) (2.52) liefert stückweise Polynome 2. Grades, wobei die Restriktion auf Seiten Polynome 1. Grades liefert. Die 4 Unbekannten α, β, γ, δ können durch Auswertungen an den 4 Ecken des Vierecks eindeutig bestimmt werden. Auf den Seiten kann durch 2 Eckpunkte die dann lineare Funktion p eindeutig bestimmt werden, also sind diese Elemente global stetig. Dies ist das Element Q 1 einer größeren Klasse von Viereckselementen. Definition (Lagrange-Viereckselemente) Ein Lagrange-Viereckselement Q q (= Q q ) ist definiert für q N für ein Intervall (d = 1) / Quadrat (d = 2) / Quader (d = 3) T mit Ansatzfunktion Π = Q q (T ), und Funktionalen σ i (p) = p(a i ) zu p Π und Ecken a i, i = 1,..., 4 und s 4 weiteren Punkten a i, i = 5,..., s, den Kanten- bzw. Seitenmittelpunkten und dem Mittelpunkt des Quadrats/Quaders. Dabei ist die Dimension von Q q q + 1, d = 1, s(q) = (q + 1) d = (q + 1) 2, d = 2, (q + 1) 3, d = 3. (2.53)

44 36 KAPITEL 2. FINITE-ELEMENTE-METHODE Man kann dies auch allgemeiner definieren, indem man ein beliebiges Parallelepiped T (in 2d ist dies ein Parallelogramm) zulässt. Für q = 2 und s = 8 (statts 9) Knoten gibt es ein modifiziertes Vierecks-Elemente, ein sogenanntes Serendipity-Element (Engl. für Glücklicher Zufall/Entdeckung/Spürsinn). Über einem Quadrat T = ( 1, 1) 2 hat man dann als Ansatz p(x) = αx 1 + βx 2 + γx 1 x 2 + δ (2.54) + ɛ(x 2 1 1)(x 2 1) + ζ(x 2 1 1)(x 2 + 1) (2.55) + η(x 1 1)(x 2 2 1) + θ(x 1 + 1)(x 2 2 1), (2.56) wobei α, β, γ, δ nur durch die Werte an den Eckpunkten bestimmt sind und dann ɛ, ζ, η, θ durch Hinzunahme von Werten an den Seitenmitten. Durch einen weiteren Term κ(x 2 1 1)(x 2 2 1) erhält man einen weiteren Freiheitsgrad der allein durch den Wert am Mittelpunkt festgelegt ist. Dies ist dann das Q 2 Element. Es ist durchaus gebräuchlich Dreiecks- und Viereckselemente miteinander zu kombinieren Global unstetige Finite Elemente Ein Beispiel sind L 2 -Finite Elemente, deren Elemente nicht in C 0 sind. Auf natürliche Weise treten solche Elemente in gemischten Formulierungen der Poisson-Gleichung (oder von Stokes, Linearer Elastizität) auf. Ein typisches Beispiel sind unstetige Galerkin-Methoden, die ursprünglich für hyperbolische PDG entwickelt wurden, aber auch erfolgreich bei elliptischen oder parabolischen PDG angewendet werden. Durch die Entkopplung der Zellen bietet sich dann eine Parallelisierung des numerischen Algorithmus an. Definition (Unstetige Lagrange-Elemente) Ein Unstetiges Lagrange-(Dreiecks) Element DG q (engl. Discontinuous Galerkin) ist definiert für q N 0 für Intervalle (d = 1) / Dreiecke (d = 2) / Tetraeder(d = 3) T, mit Ansatzfunktionen Π = P q (T ), und Knotenvariablen σ i (p) = p(a (i) ) zu p Π, i = 1,..., s(q),

45 2.6. EINIGE FINITE ELEMENTE 37 wobei {a (i) } s(q) i=1 eine Nummerierung von folgende Punkten a aus T : 1/2 d = 1, a = (1/3, 1/3) d = 2, (1/4, 1/4, 1/4) d = 3, (2.57) falls q = 0 und sonst. j 1 /q 0 i q, d = 1, a = (j 1 /q, j 2 /q) 0 j 1 + j 2 q, d = 2, (j 1 /q, j 2 /q, j 3 /q) 0 j 1 + j 2 + j 3 q, d = 3, (2.58) Dabei ist die Dimension von DG q ( ) q + d q + 1, d = 1, 1 s(q) = = (q + 1)(q + 2), d = 2, (2.59) 2 d 1 (q + 1)(q + 2)(q + 3), d = 3. 6 Man beachte dass sich diese Def von der Def für Lagrange-Elemente, nur dadurch unterscheidet, dass der Index q = 0 zugelassen wird. Im Prinzip können hier die zusätzlichen Interpolations-Randpunkte, solange sie nicht zusammenfallen, ohne Rücksicht auf Symmetrie auf den Seiten verteilt werden, lineare Abhängigkeit muss jedoch vermieden werden. Die Interpolationsbedingungen werden hier als intern bzgl. eines Elements aufgefasst. Ein weiteres Beispiel, wo wir keine globale Stetigkeit auf allen Seiten garantieren können, aber zumindest Stetigkeit im Seitenmittelpunkt, sind Crouzeix-Raviart-Elemente. Wegen der fehlenden Stetigkeit sind diese Elemente nicht H 1 -konform. Das CR-Element hatten wir schon in Abschnitt 2.5 kennengelernt, vgl. Abb Eine Anwendung ist das stationäre Stokes-Problem. Definition (Crouzeix-Raviart-Elemente) Ein (lineares) Crouzeix-Raviart-Element CR ist definiert für Dreiecke (d = 2) / Tetraeder (d = 3) T, mit Ansatzfunktionen Π = P 1 (T ), und Knotenvariablen σ i (p) = p(a (i) ) zu p Π, i = 1,..., d + 1,

46 38 KAPITEL 2. FINITE-ELEMENTE-METHODE wobei {a (i) } d+1 i=1 die Schwerpunkte jeder Seite F i von T sind. Dabei ist die Dimension s von CR die Anzahl der Seiten: s = d + 1. Die Ansatzfunktionen sind wie bei (stetigen) Lagrange-Elementen stückweise lineare Polynome. Crouzeix-Raviart-Elemente können auf höhere ungerade Dimensionen verallgemeinert werden Einige C 1 -Elemente Für Probleme in denen stetige Differenzierbarkeit verlangt wird, z.b. Probleme 4. Ordnung wie bei der Plattengleichung oder bei Phasenfeldmodellen, werden oft H 2 -Finite Elemente benutzt. Aufgrund der einschränkenden C 1 -Bedingung haben konforme Elemente oft hohe Polynomgrade. Es hat sich aber herausgestellt, dass nichtkonforme Elemente niedrigeren Polynomgrads erfolgreich verwendet werden können. Wir betrachten das konforme Argyris-Dreieckselement und das nichtkonforme Hermite-Element. Definition (Argyris-Dreieck) Ein (quintisches) Argyris-Dreieckselement ARG 5 oder kurz Argyris-Dreieck ist definiert für Dreiecke T mit Ecken a (i), i = 1, 2, 3, (hier also nur d = 2!), mit quintischen Polynomen als Ansatzfunktionen, d.h. Π = P 5 (T ) und Interpolationsbedingungen v(a (i) ), für jeden Knoten a (i), v(a (i) ), für jeden Knoten a (i), Σ = D 2 v(a (i) ), für jeden Knoten a (i), v(m (i) ) ν für jeden Seitenmittelpunkt m (i). Dabei ist die Dimension s = 21 bei ARG 5. (2.60) Das Argyris-Dreieck kann auf höhere Polynomgrade als 5 verallgemeinert werden. Mit dem Argyris-Dreieck kann man C 1 -Stetigkeit auf den Seiten und C 2 in den Knoten erreichen. Es sei noch darauf hingewiesen, dass aufgrund der Normalenableitungen, das Argyris- Element nicht affin-äquivalent ist. In aktuellen Arbeiten (Domíngues, Sayas (2008)) wurden andere Transformationstechniken entwickelt, die diesen Nachteil beheben.

47 2.6. EINIGE FINITE ELEMENTE 39 Der Vollständigkeit halber sei noch kurz auf das Bell-Dreieck hingewiesen, dass sich vom Argyris-Dreieck nur dadurch unterscheidet, dass auf die Auswertungen der Normalenableitungen in den Seitenmitten verzichtet wird. Für das Bell-Dreieck werden C 1 (T )- Funktionen durch Funktionen p interpoliert, wobei p Π P 5 mit ν p T P 3 (und nicht 4. Grades!). Man hat s = dim Π = 18. Ein anderer Weg zur Reduktion der Freiheitsgrade wird beim HCT-Element beschritten: Definition (HCT-Element) Ein Hsieh-Clough-Tocher-Element HCT ist definiert für Dreiecke T (d = 2!), die durch Verbindung der Ecken a (i), i = 1, 2, 3, mit dem Schwerpunkt 1/3 (a (1) + a (2) + a (i) ) in drei Teildreiecke T i geteilt werden, mit Ansatzfunktionen Π = {p P 3 (T i ) i = 1, 2, 3 p C 1 (T )} und Interpolationsbedingungen Σ für p, p an allen Ecken a (i), i = 1, 2, 3 und Normalenableitungen ν p an den Seitenmitten von T. Die Anzahl der Freiheitsgrade ist s = 12. Es lässt sich zeigen, dass man C 1 -Anschluss nach außen erhält. Das HCT-Element ist ein Beispiel für ein Makroelement, das über mehreren Teilgebieten (hier die Teildreiecke T i ) definiert wird. Das reduzierte Hsieh-Clough-Tocher-Element ergibt sich aus dem HCT-Element durch Einschränkung des Polynomsgrads auf den äußeren Seiten analog dazu, wie man das Bell-Dreieck aus dem Argyris-Dreieck erhält. Hermite-Elemente verallgemeinern die klassische Hermitesche Interpolationsaufgabe aus einer Dimension. Im Gegensatz zu 1d kann man aber diese Hermite-Elemente nicht so zusammensetzen, dass man global C 1 erhält. Definition (Hermite-Elemente) Ein (kubisches) Hermite-Element HER ist definiert für Intervalle (d = 1) / Dreiecke (d = 2) / Tetraeder (d = 3) T, mit Ansatzfunktionen Π = P 3 (T ),

48 40 KAPITEL 2. FINITE-ELEMENTE-METHODE und Interpolationsbedingungen v(a (i) ), für jeden Knoten a (i), Σ = v(a (i) ), für jeden Knoten a (i), v(m (i) ), für jeden Flächen- (d = 2) bzw. Seitenflächenschwerpunkt (d = 3) m (i). (2.61) wobei a (i), i = 1,..., d + 1, die Ecken und {m (i) } (d = 1 : i = 1; d = 2 : i = 1,... 4) die entsprechenden Schwerpunkte sind. Dabei ist die Dimension von HER 4, d = 1, s(d) = 10, d = 2, 20, d = 3. (2.62) In der Literatur werden Hermite-Elemente oft auch so definiert, dass man in den Ecken statts der partiellen Ableitungen v(a (i) ) die Richtungsableitungen in je beide Kantenrichtungen auswertet. Dies macht z.b. in Bezug auf affine Äquivalenz einen Unterschied. Lässt man die (Seiten-)Flächenschwerpunkte beim Hermite-Element weg, erhält man das Zienkiewicz-Element (d = 2, 3). Dieses ist ebenfalls global C 0, benötigt aber weniger Freiheitsgrade. 2.7 Konstruktion Finiter Elemente durch affine Transformationen Gleichartige FE kann man aus einem Referenzelement ( ˆT, ˆΠ, ˆΣ), das auf einer Referenzzelle ˆT definiert ist, geeignet erzeugen. Definition (Affine Transformation) Eine affine (affin-lineare) Transformation L : R d R d ist eine Abbildung L : x Ax + b (2.63) mit invertierbarer Matrix A R d d und einem Vektor b R d. Insbesondere ist die inverse Abbildung einer affinen Transformation wieder affin. Unter affinen Transformationen lassen sich die Formfunktionen und Interpolationsbedingungen vom Referenzelement auf gleichartige FE transformieren. Man kann beweisen

49 2.8. FE-RÄUME 41 Lemma (Konstruktion von FE durch affine Transformationen) Sei ( ˆT, ˆΠ, ˆΣ) ein Finites Element. Dann ist unter L : ˆT T durch T = L( ˆT ), (2.64) { Π = p : T R p = ˆp L 1, ˆp ˆΠ }, (2.65) { Σ = σ : Π R σ(p) = ˆσ(p L) = ˆσ(ˆp), ˆσ ˆΣ, ˆp ˆΠ } (2.66) wieder ein Finites Element (T, Π, Σ) gegeben. Es gilt dim Π = dim ˆΠ. Definition (Affine Äquivalenz und affine Familien) a) Finite Elemente (T, Π, Σ) und ( ˆT, ˆΠ, ˆΣ), die wie in Lemma durch affine Transformationen ineinander übergehen, heißen affin äquivalent. b) Eine Menge Finiter Elemente wird als affine Familie bezeichnet, wenn jedes FE affin äquivalent ist zu einem gemeinsamen Referenzelement ( ˆT, ˆΠ, ˆΣ). (Letzteres muss übrigens nicht selbst zur affinen Familie gehören!) Beispiel (Affine Äquivalenz von Lagrange-Elementen) Je zwei Lagrange-Elemente P k (T 1 ) und P k (T 2 ) zu verschiedenen Dreiecken (oder Parallelepipeds) sind bei geeigneter Nummerierung der Freiheitsgrade affin äquivalent. Unterscheiden sich zwei Lagrange-Elemente (T, Π, Σ 1 ) und (T, Π, Σ 2 ) in den Punkten der Funktionsauswertungen, so sind diese nicht notwendigerweise affin äquivalent. Es sei noch angemerkt, dass bei Hermite-Elementen die affine Äquivalenz z.b. davon abhängt, ob man die Richtungsableitungen in Kantenrichtungen (Äquivalenz) oder partielle Ableitungen (keine Äquivalenz) betrachtet. Eine Verallgemeinerung affiner Familien von FE stellen sogenannte (iso)parametrische Familien von FE dar, die bei krummlinigen Zellen verwendet werden. Für Details siehe [Ci78], p FE-Räume Bisher haben wir uns vor allem mit lokalen Eigenschaften Finiter Elemente beschäftigt, d.h. in der Regel mit einem Element. Da man für die numerische Approximation mehrere Zellen braucht, wollen wir nun globale Eigenschaften Finiter Elemente genauer betrachten. Zuerst betrachten wir jedoch noch einmal die lokale Interpolation formaler.

50 42 KAPITEL 2. FINITE-ELEMENTE-METHODE Definition (Lokaler Interpolationsoperator) Sei (T, Π, Σ) ein FE mit lokalen Ansatzfunktionen p i und Freiheitsgraden σ i, 1,..., s. Es existiere ein normierter Vektorraum V T von Funktionen T R mit Π V T, so dass die linearen Funktionale Σ nicht nur in Π, sondern auch in VT auf V T linear und stetig, i = 1,..., s. Der lokale Interpolationsoperator I T ist definiert durch V T v I T (v) := liegen. Das heißt, alle σ i sind s σ i (v)p i Π. (2.67) Typischerweise betrachten wir V T = H q ( T ) oder V T = C q (T ) als lokalen Interpolationsbereich (d.h. der lokal zu interpolierende Funktionenraum) und Π = P q, den Raum der Polynome mit Maximalgrad q, als Raum der lokalen Ansatzfunktionen. i=1 Es lässt sich zeigen, dass I T ein linearer und stetiger Projektionsoperator ist, d.h. I T (p) = p für alle p Π. Beispiel Für das in Def eingeführte kubische Hermite-Element betrachtet man z.b. V T = C 1 (T ). Dann lautet der lokale Interpolationsoperator I T v = v(a 1 )p 1 + v(a 2 )p 2 + v(a 3 )p 3 + v(a 4 )p 4 (2.68) + 1 v(a 1 )p v(a 1 )p v(a 2 )p v(a 2 )p v(a 3 )p v(a 3 )p 10. Wir definieren geeignete globale Räume für Finite Elemente. Definition (Globaler Interpolationsoperator / Approximationsraum) Sei T eine Zerlegung auf Ω und seien (T, Π T, Σ T ) FE für alle T T. Desweiteren sei zu jedem FE ein V T gegeben und I T : V T Π T die dazugehörigen lokalen Interpolationsoperatoren. Mit dem kartesischen Produkt definiert man die Vektorräume V T := T T V T (2.69) und Π T := T T Π T. (2.70) Diese heißen der globale Interpolationsbereich bzw. der Approximationsraum des FE-Komplexes (T, Π T, Σ T ) T T. Die Abbildung V T v = (v T ) T T I T (v) := (I T (v T )) T T Π T (2.71) wird als globaler Interpolationsoperator I T eingeführt.

51 2.8. FE-RÄUME 43 Im weiteren Verlauf werden wir uns noch genauer mit der Interpolation der exakten Lösung durch Finite Elemente und Fehlerabschätzungen befassen, siehe Kapitel 4. Wir definieren nun das globale Pendant zu Def Aus einem Approximationsraum Π T entsteht durch Identifikation von Freiheitsgraden (Bildung von Äquivalenzklassen) ein FE-Raum. Definition (FE-Raum / Globale Freiheitsgrade) Sei {T, Π T, Σ T } T T ein FE-Komplex auf einem Gitter T, sei Π T der dazugehörige Approximationsraum, und bezeichne Σ T = T T Σ T die Vereinigung aller Freiheitsgrade. (i) Sei σ Σ T für ein T T, dann bezeichne {Σ 1,..., Σ S } eine Partition von Σ T, d.h. eine Zerlegung von Σ T in nicht leere, disjunkte Teilmengen (Äquivalenzklassen). (ii) Der Unterraum V h = { v Π T σ, σ Σ i für ein i {1,..., S} σ(v) = σ(v) } (2.72) heißt ein Finite-Elemente-Raum (FE-Raum) oder globaler Ansatz- von Π T raum. (iii) Die Repräsentanten {σ 1,..., σ S } von {Σ 1,..., Σ S } heißen globale Freiheitsgrade oder globale Knotenvariablen. Es sei darauf hingewiesen, dass für diese Definition die Zerlegung T nicht notwendigerweise zulässig sein muss. Die Elemente φ 1,..., φ S von V h mit σ i (φ j ) = δ ij heißen globale Formfunktionen oder die globale nodale Basis von V h. Diese Basis ist eine duale Basis zu den globalen Freiheitsgraden und es gilt dim V h = S Konforme Approximation Die folgenden Betrachtungen formalisieren die in Abschnitt 2.6 bereits angerissene globale C k -Regularität von FE. Wir stellen den Zusammenhang zum Begriff der konformen Approximation her. Definition (Sprung über Facetten) Sei T ein zulässiges Gitter und F = T 1 T 2 bezeichne eine innere Facette mit (normierten) Normalenvektoren ν T1 und ν T2 (= ν T1 ). Desweiteren sei v Π T eine skalare Funktion. Der (i.allg. vektorwertige) Sprung von v über die innere Facette F ist definiert als die Funktion [v ] F := (v T1 ν T1 + v T2 ν T2 ) F = ((v T1 v T2 ) ν T1 ) F = ((v T2 v T1 ) ν T2 ) F. (2.73)

52 44 KAPITEL 2. FINITE-ELEMENTE-METHODE Das [v ] F bei beliebigen Finiten Elemente nicht verschwindet, sieht man aus Abb Wie wir bereits wissen, liegen im Allgemeinen die Räume Π nicht in H 1 (Ω), also hat man dann keine konforme Approximation. Es gilt aber Theorem Seien (T, Π T, Σ T ) FE mit zugehörigem FE-Komplex (T, Π T, Σ T ) T T einem zulässigen Gitter T. Bezeichne Π T den zugehörigen Approximationsraum. Falls Π T C 1 (T ) für alle T T, dann gilt für v Π T : auf v H 1 (Ω) [v ] F = 0 für alle Facetten F. (2.74) Es gilt allgemeiner (siehe [Br07]) für ein v Π T mit Π T C k (T ) für alle T T, k 1: v H k (Ω) v C k 1 (Ω). (2.75) Die Voraussetzung Π T C k (T ) für alle T T ist für Polynomräume als Π T immer erfüllt. Die Identifikation von Freiheitsgraden, wie in Def eingeführt, ermöglicht es [v ] = 0 zu realisieren. Beispiel (Stetige und unstetige Lagrange-Elemente) Die Definitionen für stetige Lagrange-Elemente CG q und für unstetige Lagrange- Elemente DG q unterscheiden sich, abgesehen vom Fall q = 0, nur darin, dass bei den DG q - Elementen die Freiheitsgrade als intern betrachtet werden. Anhand der Def ist nun klar, dass sich die globalen FE-Räume der stetigen bzw. unstetigen Lagrange-Elemente in der Wahl der Äquivalenzklassen Σ 1,..., Σ S unterscheiden. Bemerkung (Konformität von Lagrange-Elementen) a) Wir halten fest, dass für ein zulässiges Gitter, eine affine Familie von P q -Elementen (oder Q q -Elementen) und durch Identifikation von zusammenfallenden Freiheitsgraden, folgt, dass V h Π T C 0 (Ω) H 1 (Ω), also H 1 -Konformität. Dies rechtfertigt auch die Bezeichnung von P q und Q q als C 0 -Elemente. b) Zur H 2 (Ω)-konformen Approximation sind Lagrange-Elemente ungeeignet, da man aus Π T nicht auf einfache Weise einen Raum V h C 1 (Ω) bekommt. H 2 -Räume treten bei der Lösung elliptischer PDG 4. Ordnung auf.

53 2.8. FE-RÄUME Einige FE-Räume Man kann einige FE-Räume global charakterisieren. Beispiel (FE-Raum für (stetige) Lagrange-Elemente) Sei {(T, Π T, Σ T )} T T eine affine Familie von Lagrange-Elementen P q oder Q q (d = 1, 2, 3), q N auf einem zulässigen Gitter T. Es sei {a (i) } i=1,...,m = Ti T {a i j } j=1,...,s(q) die Menge von verschiedenen Knoten. Die Funktionale σ i (v) = v(a (i) ), i = 1,..., M seien als globale Freiheitsgrade gewählt. Dann ist der FE-Raum V h = {v C 0 (Ω) v T P q (T ) für P q oder Q q (T ) für Q q }. (2.76) Beispiel (FE-Raum für Hermite-Elemente) Sei {(T, Π T, Σ T )} T T eine affine Familie von kubischen Hermite-Elementen mit Richtungsableitungen in Kantenrichtungen an den Eckpunkten (d = 1, 2, 3) auf einem zulässigen Gitter T. Durch geeignete Identifikation von Freiheitsgraden ergibt sich der FE-Raum V h = {v C 0 (Ω) v T P 3 (T )}. (2.77) Man beachte, dass V h H 1 (Ω), also H 1 (Ω)-Konformität vorliegt, aber keine H 2 (Ω)- Konformität falls d > 1. Beispiel (FE-Raum für Crouzeix-Raviart-Elemente) Sei {(T, Π T, Σ T )} T T eine affine Familie von Crouzeix-Raviart-Elementen (d = 2, 3) auf einem zulässigen Gitter T. Es sei {a (i) } i=1,...,m = Ti T {a i j } j=1,...,d+1 die Menge von verschiedenen Knoten. Die Funktionale σ i (v) = v(a i ), i = 1,..., M seien als globale Freiheitsgrade gewählt. Dann ist der FE-Raum (vgl. Abb. 2.2) V h = {v L (Ω) v T P 1 (T ) und v stetig an allen Seitenmittelpunkten}. (2.78) Dieser FE-Raum ist nicht H 1 (Ω)-konform. (Ausnahme: Der uninteressante Fall M = 1). Wir stellen fest, dass in allen drei Beispielen jede Äquivalenzklasse Σ i, i = 1,..., M maximal einen Freiheitsgrad enthält, d.h. In diesem Fall kann man zeigen σ (T ) j Σ i σ (T ) k Σ i σ (T ) k Σ T \ {σ (T ) j }. (2.79)

54 46 KAPITEL 2. FINITE-ELEMENTE-METHODE Lemma (Zusammenhang zwischen lokalen und globalen Formfunktionen) Sei V h ein FE-Raum wie in Def mit maximal einem Freiheitsgrad in jeder Äquivalenzklasse Σ i, i = 1,..., M. Dann gilt (i) Jede globale Formfunktion φ stimmt auf jeder Zelle T mit einer lokalen Formfunktion p (T ) j Π T (des FE (T, Π T, Σ T )) überein oder ist identisch Null auf T. (ii) Jede lokale Formfunktion p (T ) j bei, d.h. i : φ i T = p (T ) j. auf T trägt zu genau einer globalen Formfunktion φ i

55 2.8. FE-RÄUME 47 FE-Familie Abk. Symbol Ansatzfn. Dim. Regularität Unstetiges Lagrange DG 0 (2d) P 0 1 L 2 p 1 = 1 (Unstetiges) Lagrange DG 1 (2d) P 1 3 L 2 /H 1 /CG 1 (2d) p i+1 = λ i, i = 0, 1, 2 (Unstetiges) Lagrange DG 2 (2d) P 2 6 L 2 / H 1 /CG 2 (2d) p i+1 = λ i (2λ i 1), i = 0, 1, 2, p 4 = 4λ 0 λ 1, p 5 = 4λ 0 λ 2, p 6 = 4λ 1 λ 2 (Unstetiges) Lagrange DG 3 (2d) P 3 10 L 2 /H 1 /CG 3 (2d) Crouzeix-Raviart CR(2d) P 1 3 H 1 Hermite HER(2d) P 3 10 H 2 (Quintisches) Argyris ARG 5 (2d) P 5 21 H 2 Hsieh-Clough-Tocher HCT p T i P 3 12 H 2 Brezzi-Douglas-Marini BDM 1 (2d) [P 1 ] 2 6 H(div) Brezzi-Douglas-Marini BDM 2 (2d) [P 2 ] 2 12 H(div) Raviart-Thomas RT 1 (2d) [P 0 ] 2 + xp 0 3 H(div) Raviart-Thomas RT 2 (2d) [P 1 ] 2 + xp 1 8 H(div) Nédélec 1. Art NED 1 1(2d) [P 0 ] 2 + S 1 3 H(curl) Nédélec 1. Art NED 1 2(2d) [P 1 ] 2 + S 2 8 H(curl) Tabelle 2.2: Übersicht über einige gängige Dreieckselemente (2d), z.t. mit Angabe einer Basis der Ansatzfunktionen in baryzentrischen Koordinaten. Symbole (bis auf HCT) aus [LMW12].

56 48 KAPITEL 2. FINITE-ELEMENTE-METHODE FE-Familie Abk. Symbol Ansatzfn. Dim. Regularität Unstetiges Lagrange DG 0 (3d) P 0 1 L 2 p 1 = 1 (Unstetiges) Lagrange DG 1 (3d) P 1 4 L 2 /H 1 /CG 1 (3d) p i+1 = λ i, i = 0,..., s 1 (Unstetiges) Lagrange DG 2 (3d) P 2 10 L 2 /H 1 /CG 2 (3d) p i+1 = λ i (2λ i 1), i = 0,..., 3 p 4+i = 4λ 0 λ i, i = 1, 2, 3 p 6+i = 4λ 1 λ i, i = 2, 3 p 10 = 4λ 2 λ 3 (Unstetiges) Lagrange DG 3 (3d) P 3 20 L 2 /H 1 /CG 3 (3d) Crouzeix-Raviart CR(3d) P 1 4 H 1 Hermite HER(3d) P 3 20 H 2 Brezzi-Douglas-Marini BDM 1 (3d) [P 1 ] 3 12 H(div) Raviart-Thomas RT 1 (3d) [P 0 ] 3 + xp 0 4 H(div) Nédélec 1. Art NED 1 1(3d) [P 0 ] 3 + S 1 6 H(curl) Tabelle 2.3: Übersicht über einige gängige Finite Elemente in 3d, z.t. mit Angabe einer Basis der Ansatzfunktionen in baryzentrischen Koordinaten. Symbole aus [LMW12].

57 2.8. FE-RÄUME 49 FE-Familie Abk. Symbol Ansatzfn. Dim. Regularität Konstantes P 0 = Q 0 unstetiges (Q 0 ) p 1 = 1 1 L 2 (Lagr.-)Viereck Bilineares Q 1 (Lagrange-) Q 1 p 1 = x 1 x 2, p 2 = x 1 (1 x 2 ) 4 H 1 Viereck p 3 = (1 x 1 )x 2, p 4 = (1 x 1 )(1 x 2 ) Serendipity-Viereck P 3 mit p T P 2 8 H 1 Biquadratisches (Lagrange-) Q 2 Q 2 9 H 1 Viereck Tabelle 2.4: Übersicht über einige gängige Viereckselemente (2d), z.t. mit Angabe einer Basis der Ansatzfunktionen in kartesischen Koordinaten. FE-Familie Abkürzung Sobolev-Raum V V -Konformität Lagrange CG (P), Q H 1 Ja Unstetige Lagrange DG L 2 Ja Crouzeix-Raviart CR H 1 Nein (Quintisches) Argyris ARG 5 H 2 Ja (Kubisches) Hermite HER H 2 Nein Brezzi-Douglas-Marini BDM H(div) Ja Raviart-Thomas RT H(div) Ja Nédélec 1. Art NED 1 H(curl) Ja Tabelle 2.5: Übersicht über einige gängige Finite-Elemente-Familien und der Sobolev- Raum höchster Ordnung. Bezüglich diesem ist die (Nicht-)Konformität angegeben (für d > 1).

58 50 KAPITEL 2. FINITE-ELEMENTE-METHODE

59 Kapitel 3 Implementierung Bei der numerischen Lösung eines PDG-Problems mithilfe der FEM auf einem Rechner befolgt man in der Regel folgende Schritte: 0)a) (Modellierung des Problems als PDG mit den passenden Randbedingungen) 0)b) (Randwertproblem in schwacher Formulierung: Aufstellen von Bilinearform und Linearform bzgl. passenden Sobolev-Räumen) 1) Darstellung des Gebietes, z.b. mit Computer Aided Design (CAD), und Erzeugung eines ersten Gitters mit einem Gittergenerator 2) Entscheidung für einen geeigneten FE-Typ 3) Identifikation der zusammenfallenden Freiheitsgrade (d.h. der Äquivalenzrelationen) 4) Aufstellen der globalen Freiheitsgrade 5) Assemblierung der Steifigkeitsmatrix und der Lastvektoren 6) Berücksichtigung von Dirichlet-Randbedingungen im Lin. Gleichungssystems 7) Lösen des Linearen Gleichungssystems 8) Fehlerabschätzung 9) Ggf. Gitterverfeinerung/Höherer Polynomgrad und zurück zu 4) 10) Postprocessing und Visualisierung der Approximationslösung Diese Schritte werden in unterschiedlichen FE-Compilern z.t. sehr verschieden umgesetzt. 51

60 52 KAPITEL 3. IMPLEMENTIERUNG Bei nichtlinearen Problemen sind die Schritte 5) 7) noch einer Newton-Iteration unterworfen. Aufgrund der Vielzahl unterschiedlicher Partieller Differentialgleichungen, möglicher Diskretisierungen, Speichertechniken und Löser gibt es jedoch keine universelle Softwarelösung. Gängige kommerzielle FEM-Softwarepakete sind z.b. ANSYS, Abaqus FEA, COMSOL Multiphysics (früher Femlab)/Matlab, Nastran,.... Es gibt auch sehr gute freie Software zur Lösung von FEM-Problemen, wie z.b. Alberta, Deal II, DUNE, das FEniCS-Projekt, FreeFem++, OpenFEM, OpenFOAM,.... FEniCS, für Details siehe [LMW12], werden wir in einigen Übungsaufgaben zur Vorlesung benutzen. 3.1 Präprozessor In Schritt 1) wird ein (nicht notwendigerweise zulässiges) Gitter T erstellt. Ob man mit Drei-, Vier- oder Sechsecken bzw. mit Tetraedern oder Quadern arbeiten möchte, hängt im Wesentlichen von der Geometrie des Problems ab. Eine Eingabe(datei) könnte folgendes Format besitzen: Man braucht immer ein Feld V 2X ( Vertex to x ), in dem zu jedem Knoten die Koordinaten gespeichert sind. Desweiteren gibt es immer ein Feld T 2V (Zelle T to vertex ), das jedem Element die Knotennummern zuweist. Weitere Datenstrukturen wären z.b. in 2d Felder T 2E ( T to edge ) oder E2V ( Edge to vertex ). Auch können Listen über Randknoten, Nachbarelement, Vater-Sohn-Beziehungen in hierarchischen Netzen oder Felder zur Materialbeschreibung nützlich sein. Auf weitere Details wollen wir hier nicht eingehen. Die Wahl eines FE-Typs hängt insbesondere von den Sobolev-Räumen und der Regularität der PDG ab. Wir gehen davon aus, dass wir eine affine Familie von FE {(T, Π T, Σ T } T T vorliegen haben und das Referenzelement (mit samt einer Basis von Formfunktionen) durch eine Bibliothek bereitgestellt ist. Auf die Gittererstellung gehen wir in Schritt 9) im Zusammenhang mit der Gitterverfeinerung ein. Schritt 3) hängt mit Schritt 2) eng zusammen, da je nach FE-Typ Freiheitsgrade zusammenfallen können und je nach Art des Problems eine globale Glattheit der Approximationslösung mit in Betracht gezogen werden muss. Dies ergibt einen FE-Raum V h, wie in

61 3.2. ASSEMBLIERUNG 53 Def eingeführt. In diesem Kapitel setzen wir immer (2.79) voraus. In Schritt 4) wird die sogenannte Connectivity-Matrix C T {0; 1} N s für jede Zelle T aufgestellt. Hier bezeichne wieder N die Anzahl der Basisfunktionen (globalen Ansatzfn.) von V h und s die Anzahl der lokalen Freiheitsgrade. Mit dieser Matrix wird eine Zuordnung von lokalen zu globalen Freiheitsgraden vorgenommen: C T (n global dof, n loc dof) = der lokale Freiheitsgrad mit Nr. n loc dof 1, der globale Freiheitsgrad mit Nr. n global dof, 0. sonst. auf T ist (3.1) Jede Connectivity-Matrix hat insgesamt s Einsen und wegen (2.79) in jeder Zeile höchstens eine Eins. Alle anderen (N 1) s Einträge sind Nullen. die umgekehrte Zuordnung der Freiheitsgrade global lokal dar- Man beachte, das CT stellt. In den folgenden beiden Abschnitten betrachten wir Schritt 5) genauer. Dabei betrachten wir wieder wie in Abschnitt 2.5 ein elliptisches RWP Finde u V : a(u, v) = L(v) v V := {ṽ H 1 (Ω) ṽ Γ2 = 0}. (3.2) Zur Vereinfachung der Darstellung sei β 0. Damit lautet die Bilinearform a(u, v) = A u v + γuv (3.3) und die Linearform 3.2 Assemblierung Ω Ω L(v) = f, v gv. Γ 1 (3.4) Seien {φ i } N i=1 die Basisfunktionen von V h. Nach Def ergibt sich die Steifigkeitsmatrix aus der Bilinearform durch A ij = a(φ j, φ i ), i, j = 1,..., N. (3.5) Es sei hier noch angemerkt, dass die zu γuv zugehörige Matrix Ω M ij = γφ i φ j, i, j = 1,..., N, (3.6) Ω eine sogenannte Massenmatrix ist. Diese geht hier mit in die Steifigkeitsmatrix ein.

62 54 KAPITEL 3. IMPLEMENTIERUNG Nach Lemma trägt jede lokale Ansatzfunktion p (T ) i zu genau einer globalen Ansatzfunktion bei und umgekehrt besteht eine solche globale Ansatzfunktion φ j auf einer Zelle T genau aus einer lokalen Ansatzfunktion p (T ) l oder ist identisch null. Diese Zusammenhänge sind bereits durch die Connectivity-Matrizen C T, T T beschrieben. Bei der Assemblierung stellt man zunächst die lokalen Steifigkeitsmatrizen A T Zelle für Zelle auf, (A T ) kl = A p l p k + γp l p k, k, l = 1,..., s. (3.7) T Eine Matrix A T wird als Elementsteifigkeitsmatrix bezeichnet. Diese addiert man dann zur globalen Stefigkeitsmatrix auf, A = C T A T CT. (3.8) T T Ebenso gehen wir bei der Assemblierung des Lastvektors vor. Man definiert den Elementlastvektor (lokalen Lastvektor) F T R s, (F T ) k = fp k gp k, k = 1,..., s, (3.9) T T und addiert diese mithilfe der Connectivity-Matrizen C T zum globalen Lastvektor auf, b = C T F T. (3.10) T T Mittels einer affinen Transformation ˆT ˆx F(ˆx) = Bˆx + c = x T (3.11) beziehen wir eine Zelle T auf das Referenzelement ˆT. Eigentlich müsste man schreiben F T, B T und c T, da diese noch von der jeweiligen Zelle T abhängen. Wir verzichten hier jedoch auf die Indizes T. Die Transformation F lässt sich explizit angeben. Wir wollen hier darauf jedoch nicht im Detail eingehen. Für ein Beispiel siehe Übungsblatt 4, Aufg. 14. Es gilt nach der Kettenregel, z.b. für d = 2, ˆx1 u(f(ˆx)) = ( x1 u(f(ˆx)), x2 u(f(ˆx))) ˆx1 F(ˆx) = (B 11, B 21 ) x u(x), (3.12) ˆx2 u(f(ˆx)) = ( x1 u(f(ˆx)), x2 u(f(ˆx))) ˆx2 F(ˆx) = (B 12, B 22 ) x u(x), (3.13) für differenzierbare u, also im Allgemeinen ˆx u(f(ˆx)) = B (x) u(x) bzw. da B invertierbar (x) u(x) = B ˆx u(f(ˆx)). (3.14)

63 3.2. ASSEMBLIERUNG 55 Nach der Substitutionsformel gilt g(x) dx = T ˆT g(f(ˆx)) det(dˆx F(ˆx)) dˆx, (3.15) wobei g eine beliebige auf T integrierbare Funktion sei. Somit ergibt sich aus (3.7) für alle Matrixkomponenten (A T ) kl = A (x)( p l ) p k + γp l p k dx (3.16) T ( = A (F(ˆx))( ˆxˆp k (ˆx)) B 1 B ˆxˆp l (ˆx) + γ(f(ˆx))ˆp k (ˆx)ˆp l (ˆx) ) det(b) dˆx. ˆT (3.17) Analog wird der Lastvektor affin auf das Referenzelement transformiert. Die ˆp k = p k F sind gerade die Basis-Formfunktionen. Wir verdeutlichen uns dieses Vorgehen am Modellbeispiel aus Abschnitt 1.2. Dort hatten wir die Steifigkeitsmatrix A direkt für die globalen Ansatzfunktionen, die Hutfunktionen, berechnet. Wir wollen dies noch einmal exemplarisch elementweise und mithilfe von Connectivity-Matrizen durchführen Transformationen auf Referenzzellen und Elementsteifigkeitsmatrizen im Modellbeispiel Wir betrachten wie in Abb. 1.6 eine Friedrichs-Keller-Triangulierung mit Lagrange-Elementen P 1 (T i ). Die Poisson-Gleichung im Modellbeispiel ist ein elliptisches RWP mit A = I 2 (der Einheitsmatrix für d = 2), β, γ 0 und Γ 1 = ( V = H0(Ω)). 1 In Abb. 1.6 nummerieren wir jetzt die M = 8 Dreiecke, so dass I II III IV V VI VII VIII IX T 1 T 2 T 3 T 4 T 5 T 6 T 7 T 8 T 9 und die N = 9 Knoten folgendermaßen: NW N NO W Z O SW S SO Außerdem sei Z = (0, 0).

64 56 KAPITEL 3. IMPLEMENTIERUNG Das Dreieck T 1 geht aus der Referenzzelle, dem Einheitsdreieck, durch Skalierung hervor: ( ) h 0 F(ˆx) = ˆx. (3.18) 0 h Die Ecken seien in der Referenzzelle so nummeriert, so dass a 1 = (0, 0), a 2 = (1, 0) und a 3 = (0, 1). Die Ansatzfunktionen Π = P 1 sind in Tab. 2.2 gegeben bzw. wurden auf Übungsblatt 3, Aufg. 13 berechnet. Wir starten mit Dreieck T 1. Die (transponierte) Connectivity-Matrix lautet C1 = (3.19) Nach (3.16) ( (A T1 ) kl = ( ˆxˆp k (ˆx)) ˆT h h 2 ) ˆxˆp l (ˆx)h 2 dˆx (3.20) und damit mit ˆp 1 (x) = 1 x 1 x 2, ˆp 2 = x 1 und ˆp 3 = x 2 (A T1 ) 11 = ( 1, 1)( 1, 1) dˆx = 1 2 = 1, (3.21) ˆT 2 (A T1 ) 12 = ( 1, 1)(1, 0) dˆx = 1 ˆT 2, (3.22) (A T1 ) 13 = ( 1, 1)(0, 1) dˆx = 1 ˆT 2, (3.23) (A T1 ) 22 = (1, 0)(1, 0) dˆx = 1 ˆT 2, (3.24) (A T1 ) 23 = (1, 0)(0, 1) dˆx = 0, (3.25) ˆT (A T1 ) 33 = (0, 1)(0, 1) dˆx = 1 ˆT 2. (3.26) Also A T1 = 1 1/2 1/2 1/2 1/2 0 1/2 0 1/2 und man überlegt sich, dass Verschiebungen b in F in A Ti (3.27) nicht eingehen und daher A T1 = A T3 = A T5 = A T7. (3.28) Das Dreieck T 4 geht durch eine Drehung um 180 aus Dreieck T 1 hervor, also ( ) 1 0 F(ˆx) = h ˆx. (3.29) 0 1

65 3.2. ASSEMBLIERUNG 57 Da jedoch B 1 B = h 2 I 2 und det(b) = h 2 ändert sich nichts gegenüber A T1 : A Tj = A T1 j = 1,..., 9. (3.30) Man könnte jetzt A erhalten, in dem man die acht Elementsteifigkeitsmatrizen nach (3.8) (z.b. mit Maple (oder Matlab)) aufsummiert. Da alle Knoten, bis auf den Knoten 5 noch Beiträge von außen anschließenden Dreiecken erhalten, müssten wir diese mitbetrachten, wenn wir das Resultat mit (1.23) vergleichen wollen. Die Matrixkomponente A 5,5 = 4 stimmt natürlich überein. Schließlich wollen wir noch einige allgemeine Eigenschaften von Steifigkeitsmatrizen angeben: Bemerkung (Eigenschaften von Steifigkeitsmatrizen) (i) A ist eine N N -Matrix, mit N h d. (ii) Die Matrix A ist (aufgrund der endlichen Träger der globalen Basisfunktionen) dünn besetzt (engl. sparse), die Anzahl der Nicht-Null-Elemente ist O(1) pro Zeile und O(N ) für die ganze Matrix. (iii) A ist schlecht konditioniert: cond 2 (A) = O(h 2 ) (unabhängig von der Raumdimension). (iv) A ist positiv definit und symmetrisch, falls in der elliptischen PDG kein Term 1. Ordnung vorhanden ist. (v) Die Bandweite von A hängt von der Knotennummerierung ab Speichertechnik Bei einer Steifigkeitsmatrix A mit einer Bandweitenstruktur wie im Modellbeispiel, vgl. 1.23, T I 3... I 3 T I 3... I 3 T... A = , (3.31)... T I 3... I 3 T I 3... I 3 T wobei T = (3.32)

66 58 KAPITEL 3. IMPLEMENTIERUNG (mit I 3 die 3 3 Einheitsmatrix und weggelassenen Null-Einträgen), ist es durchaus sinnvoll die Matrix A gar nicht abzuspeichern, sondern die Koeffizienten bei Bedarf in den folgenden Rechnungen neu zu bestimmen. Ansonsten werden im Wesentlichen nur die Nicht-Null-Elemente und ihre Positionen gespeichert. Man unterscheidet [He11]: Compressed Sparse Column (CSC): Nicht-Null-Einträge A ij stehen spaltenweise in einem Vektor a, ein Vektor i enthält die dazugehörigen Zeilenindizes und ein Vektor k, die Indizes in a, an denen eine neue Spalte beginnt. Compressed Sparse Row (CSR): Nicht-Null-Einträge A ij stehen zeilenweise in einem Vektor a, ein Vektor j enthält die dazugehörigen Spaltenindizes und ein Vektor k, die Indizes in a, an denen eine neue Zeile beginnt. Modified Sparse Row (MSR): In einem Vektor a folgen erst alle Diagonaleinträge (i.d.r. nicht Null), dann zeilenweise nach einem Trennzeichen (z.b. ) die restlichen Nicht-Null-Einträge. Die Indizes in i geben zuerst an, wann eine neue Zeile in a beginnt. Die restlichen Indizes im selben Vektor i (unterhalb den Nicht-Diagonal- Nicht-Null-Einträgen) sind die Spaltenindizes der zugehörigen Einträge wie bei CSR. Beispiel ((Modifizierte) Zeilenweise Kompaktliste) Wir betrachten eine Matrix (3.33) 1 4 Mit der CSR-Methode wird diese wie folgt abgespeichert. a Einträge j Spalten k Index in a (3.34) Mit MSR erfolgt die Abspeicherung folgendermaßen. a Einträge i Index in a/spalten (3.35) Der Aufwand der Standard-Speicherung ist 36, bei CSR 33 und bei MSR nur 28. Bei größeren und dünnbesetzteren Matrizen spart man deutlich mehr Aufwand.

67 3.3. NUMERISCHE INTEGRATION Numerische Integration Für Polynome als lokale Ansatzfunktionen p k können die Integrale in der Steifigkeitsmatrix, falls A konstante Koeffizienten hat, und im Lastvektor, falls rechte Seite polynomial, exakt berechnet werden. Im Allgemeinen kann man diese Integrale aber nur numerisch berechnen. Dafür betrachtet man sogenannte Quadraturformeln ˆT q ĝ(ˆx) dˆx ω m, ˆT ĝ(ξ m, ˆT ) (3.36) m=1 mit Gewichten ω m, ˆT und Stützstellen ξ m, ˆT. Einige Gewichte und Stützstellen sind für Dreiecke in Tabelle 3.1 aufgeführt. Ordnung r # Stützst. q Skizze Koordinaten Gewichte 1 1 ( 1 3, 1 3, 1 3 ) ˆT ( 1, 1, 0) ( 1, 0, 1) (0, 1, 1) ( 1, 1, 1) ( 1, 1, 0) ( 1, 0, 1) (0, 1, 1) (1, 0, 0) 1 20 (0, 1, 0) 1 20 (0, 0, 1) 1 20 Tabelle 3.1: Quadraturformeln bis zu Ordnung 3 auf Dreiecken in baryzentrischen Koordinaten. Die Ordnung r N der Formel ist als der maximale Polynomgrad definiert, für den Polynome g P r ( ˆT ) die Formel (3.36) exakt erfüllen. Somit ergibt sich aus (3.16) für k, l = 1,..., s ( (A T ) kl = (B ˆxˆp k (ˆx)) A(F(ˆx))B ˆxˆp l (ˆx) + γ(f(ˆx))ˆp k (ˆx)ˆp l (ˆx) ) det(b) dˆx ˆT det(b) q m=1 ω m, ˆT ) +γ(f(ξ m, ˆT ))ˆp k (ξ m, ˆT )ˆp l (ξ m, ˆT ). ( (B ˆxˆp k (ξ m, ˆT )) A(F(ξ m, ˆT ))B ˆxˆp l (ξ m, ˆT ) (3.37)

68 60 KAPITEL 3. IMPLEMENTIERUNG A T kann nun automatisch berechnet werden. Ebenso kann man numerisch b T integrieren. Randintegrale werden analog numerisch berechnet. Einmalig zu Beginn der Assemblierung können folgende Größen bereits berechnet und gespeichert werden, um dann bei Bedarf wieder abgerufen werden zu können: für jede Zelle T (Speicher- Transformationsmatrizen B T und -vektoren c T und B T aufwand: M (2d + 1) Vektoren im R d ) Funktionswerte ˆp k (ξ m, ˆT ) und ˆxˆp k (ξ m, ˆT ) auf ˆT (Speicheraufwand: q s Skalare + q s Vektoren im R d ) Es ist z.b. nicht sinnvoll für jede Zelle die B ˆx ˆp k zu speichern (zu großer Speicheraufwand). 3.4 Dirichlet-Randbedingungen Wir befassen uns hier mit Schritt 6). Knoten mit Dirichlet-Randbedingungen (2.23) müssen in einer Knotenliste gekennzeichnet sein. Sei J die Indexmenge dieser Knoten. Erst einmal assembliert man die Steifigkeitsmatrix und den Lastvektor wie üblich. Das LGS enthält nun falsche Gleichungen, da nur Testfunktionen mit v Γ2 = 0 zugelassen sind, vgl. (2.25). Man geht sukzessive die Indizes durch, z.b. durch eine Schleife über j = 1,..., m. Liegt nun ein Knoten j (mit Koordinaten x (j) ) vor, der als Knoten mit Dirichlet-Randbedingung gekennzeichnet ist, also j J, so geht man wie folgt vor: Ersetzen von b i für i j durch b i A ij h(x (j) ) (um die folgende Änderung der j-ten Spalte zu kompensieren). Ersetzen der j-ten Zeile und (damit A symmetrisch bleibt) auch der j-ten Spalte von A durch den Einheitsvektor e j. Im Lastvektor ersetzt man b j durch h(x (j) ). Der erste Schritt entspricht der Transformation von linearen PDG mit inhomogenen Dirichlet-Randbedingungen in Probleme mit homogenen Randbedingungen, wie wir dies bereits in Abschnitt 2.5 kennengelernt hatten. Im Falle von Nullrandwerten kann man dann die j-te Zeile und die j-te Spalte, für alle Randknoten j J, streichen, da diese Zeilen/Spalten nur ξ j = 0 ergeben (vgl. Bem ).

69 3.5. LÖSUNG GROSSER LINEARER GLEICHUNGSSYSTEME Lösung großer linearer Gleichungssysteme Ein wichtiger Punkt ist Schritt 7). Die bei FEM (und übrigens auch bei Finiten-Differenzen- Methoden) entstehenden linearen Gleichungssysteme, vgl. Gl. (2.40), sind von der Form Ax = b, (3.38) wobei die Matrix A dünnbesetzt, aber schlecht konditioniert ist. Desweiteren hat das LGS typischerweise eine sehr große Dimension. Das aus der Linearen Algebra bekannte Gaußsche Eliminationsverfahren (LU-Zerlegung) z.b. ist hier nicht effizient (sehr lange Rechenzeiten) oder oft aufgrund von Beschränkungen an Speicherplatz und Rechenzeiten gar nicht anwendbar. Falls eine bestimmte Struktur (wie bei Friedrichs-Keller-Triangulierungen) vorliegt, kann man das Gaußsche Eliminationsverfahren anpassen bzw. in manchen Fällen existieren speziell zugeschnittene Lösungsverfahren wie die Fast-Fourier-Transformation (FFT). Dies sind sogenannte direkte Methoden, siehe Abschnitt Auf die FFT-Methode wollen wir aber hier nicht eingehen. Falls keine spezielle Struktur vorliegt, arbeitet man in der Regel mit iterativen Lösungsverfahren, siehe Abschnitt Direkte Methoden Bei der Gauß-Elimination einer Matrix A mit Pivotsuche, zerlegt man A so dass P A = LU, (3.39) wobei P eine Permutationsmatrix, L eine normierte (d.h. mit Einsen auf der Diagonale) untere Dreiecksmatrix (engl. Lower triangular matrix) und U eine obere Dreiecksmatrix (engl. Upper triangular matrix) ist. Die Gauß-Elimination bezeichnet man als LU- Zerlegung. Im Deutschen benutzt man auch den Ausdruck LR-Zerlegung. Eine in der Numerik wichtige Klasse von Matrizen sind M-Matrizen. Ein Kriterium dafür, dass eine Matrix eine M-Matrix ist, lautet z.b. ([KA00], S. 346) Definition (Hinreichendes Kriterium für M-Matrizen) Sei A R N N mit a ij 0 für i j und a ii 0 (i, j = 1,..., N ) und A ist strikt diagonaldominant a ii > N a ij, i = 1,..., N. (3.40) j=1 j i dann ist A eine M-Matrix. (3.40) heißt auch starkes Zeilensummenkriterium.

70 62 KAPITEL 3. IMPLEMENTIERUNG Der Gauß-Algorithmus ohne Pivotsuche, also eine Zerlegung A = LU, lässt sich für symmetrische und positiv definite Matrizen, M-Matrizen immer durchführen. Es lassen sich hinreichende geometrische Bedingungen an Triangulierungen herleiten, so dass für die resultierende Diskretisierung mit FEM sich eine M-Matrix ergibt. Ist A zusätzlich regulär (d.h. invertierbar), so ist U = DL mit einer Diagonalmatrix D und man kann A so zerlegen, dass A = L L, (3.41) wobei L = L D (mit ( D) ij := D ij ). Dies ist die Cholesky-Zerlegung von A. Die Anzahl der Nicht-Null-Einträge in jeder Zeile hängt von der typischen Anzahl an Nachbarknoten ab. Es gilt: Theorem (Erhaltung der Besetzungsstruktur) Sei A eine symmetrische Matrix, dann erhalten sowohl die Gauß-Elimination als auch das Cholesky-Verfahren die Bandbreite. Dies zeigt wiederum, dass es sinnvoll ist, von Steifigkeitsmatrizen nur die Nicht-Null- Elemente oder das Band abzuspeichern. Wichtig ist die Komplexität, d.h. der Aufwand an Rechenoperationen, dieser Verfahren. So benötigt man für die Cholesky-Zerlegung einer Matrix A R N N mit Bandbreite m O(m 2 N ) Operationen. Wie wir bereits auf Übungsblatt 1, Aufgabe 1 gesehen haben, ist die Bandbreite m einer Steifigkeitsmatrix von der Nummerierung der Knoten abhängig. Durch eine günstige Nummerierung (z.b. durch den Algorithmus von Cuthill-McKee, siehe [KA00]) lässt sich eine Bandbreitenreduktion erreichen. Gängige implementierte Löser für dünnbesetzte Matrizen, die auf der LU-Zerlegung basieren, sind z.b. UMFPACK (Unsymmetric MultiFrontal PACKage) oder SuperLU Iterative Fixpunkt-Methoden Der Aufwand zur Berechnung der LU-Zerlegung und der Cholesky-Zerlegung (und auch der QR-Zerlegung) für quadratische Matrizen ist jeweils von O(N 3 ). Für sehr große Gleichungssysteme mit teilweise mehr als einer Milliarde Gleichungen, wie sie in praktischen

71 3.5. LÖSUNG GROSSER LINEARER GLEICHUNGSSYSTEME 63 Anwendungen durchaus entstehen können, ist der Aufwand damit zu groß. Eine Alternative sind iterative (indirekte) Methoden. Diese haben bei großen Dimensionen des LGS eine bessere Komplexität, bzw. sind bei sehr großen LGS oft die einzige Möglichkeit. Wir folgen hier [Ge10], für weitere Details siehe dort. Eine wichtige Klasse von iterativen Verfahren zur Lösung von linearen Gleichungssystemen (3.38) basieren auf der Idee, die Matrix A geschickt zu zerlegen, so dass A = M N (3.42) mit Matrizen M und N, die noch genauer spezifiziert werden müssen. Es wird angenommen, daß M regulär und auch leicht invertierbar ist. Dann lässt sich das LGS b = Ax = (M N)x = Mx Nx (3.43) umformen zu x = M 1 Nx + M 1 b. (3.44) Mit T := M 1 N und c := M 1 b ergibt sich eine Fixpunktgleichung für x: x = T x + c. (3.45) Damit ist jede Lösung der Fixpunktgleichung (3.45) auch Lösung des linearen Gleichungssystems (3.38) und umgekehrt. Eine einfache Idee zur Berechnung eines Fixpunkts ˆx von g besteht darin, ausgehend von einem Startwert x (0) eine Fixpunktiteration x (k+1) = g(x (k) ), k = 0, 1, 2,... (3.46) durchzuführen, indem das Ergebnis immer wieder in die Funktion eingesetzt wird. Auf diese Weise erhält man eine Folge { x (k)}. Anwendung der Fixpunktiteration auf die Fixpunktgleichung (3.45) liefert das folgende iterative Verfahren zur Lösung des linearen Gleichungssystems (3.38): Algorithmus (Iteratives Lösungsverfahren für (3.38)) (i) Zerlege die Matrix A gemäß (3.42) mit einer invertierbaren Matrix M, wähle einen beliebigen Startvektor x (0) R N und setze k = 0. (ii) Falls r k = b Ax (k) 2 hinreichend klein, STOP. (iii) Berechne Mx (k+1) = Nx (k) + b (3.47)

72 64 KAPITEL 3. IMPLEMENTIERUNG (iv) Setze k := k + 1 und gehe zu (ii). Wir erinnern, uns dass der Banachsche Fixpunktsatz ein hinreichendes Kriterium für die Konvergenz einer Fixpunktfolge liefert. Daraus folgt Theorem (Hinreichendes Konvergenzkriterium für Fixpunktiteratonsverfahren) Es gelte T M < 1 (3.48) bezüglich einer mit der Vektornorm verträglichen Matrixnorm M. Dann existiert genau ein Fixpunkt ˆx der Funktion g(x) = T x + c und die Fixpunktiteration x (k+1) = T x (k) + c, k = 0, 1, 2,... (3.49) konvergiert für jeden Startwert x (0) R N gegen ˆx. Insbesondere ist ˆx Lösung des Gleichungssystems (3.38). Die Konvergenz hängt noch entscheidend von den gewählten Normen und M ab und setzt voraus, daß solche Normen mit (3.48) existieren. In der Numerik betrachtet man typischerweise die folgenden Matrix-Normen, die mit Vektornormen verträglich sind. Hier sei B eine m n-matrix. Spaltensummennorm, induziert durch die Vektornorm 1 : B 1 := max 1 j n Zeilensummennorm, induziert durch die Vektornorm : B := max 1 i m m b ij. (3.50) i=1 n b ij. (3.51) j=1 Spektralnorm, induziert durch die euklidische Vektornorm 2 : B 2 := ρ(b B) m=n = ρ(b), (3.52) wobei ρ(m) den Spektralradius einer quadratischen Matrix M bezeichne, d.h. ρ(m) = max{ λ λ ist Eigenwert von M}. (3.53) Ein notwendiges und hinreichendes Kriterium für die Konvergenz von (3.49) liefert

73 3.5. LÖSUNG GROSSER LINEARER GLEICHUNGSSYSTEME 65 Theorem (Notwendiges und hinreichendes Konvergenzkriterium für Fixpunktiterationsverfahren) Sei A = M N invertierbar und T = M 1 N. Dann konvergiert (3.49) genau dann für jeden Startwert x (0) R N gegen die Lösung ˆx von (3.38), wenn für den Spektralradius ρ(t ) die Ungleichung ρ(t ) < 1 gilt. Fixpunktverfahren haben lineare Konvergenzgeschwindigkeit, denn der Fehler verringert sich im schlechtesten Fall nur um einen Faktor T M in jedem Iterationsschritt. Wir betrachten zwei spezielle Fixpunktverfahren. Für die Iteration (3.49) ist es sinnvoll M so zu wählen, dass M leicht invertierbar ist. Desweiteren sollen die Multiplikationen M 1 N und M 1 b günstig zu berechnen sein, was bei einer dünnbesetzten Matrix M bzw. N meist der Fall ist. Wir zerlegen A in A = D L U, (3.54) wobei D die Diagonalelemente von A, L hier die Elemente unterhalb der Diagonalen von A und U hier die Elemente oberhalb der Diagonalen von A enthält Gauß-Seidel-Verfahren Wir wählen in (3.42) und erhalten den sogenannten Einzelschrittoperator M = D L, N = U (3.55) T = (D L) 1 U. (3.56) Die Fixpunktiteration (3.49) für das Gauß-Seidel-Verfahren (auch Einzelschrittverfahren) lautet somit x (k+1) = (D L) 1 ( Ux (k) + b ). (3.57) Ein einfach überprüfbares Kriterium zur Konvergenz des Verfahrens liefert der folgende Satz. Theorem (Konvergenz des Gauß-Seidel-Verfahrens) Die Matrix A R N N erfülle das Sassenfeld-Kriterium: (i) Sämtliche Diagonalelemente von A sind 0. (ii) Es gilt β = max i=1,...,n β i < 1 mit β i = 1 a ii ( i 1 a ij β j + j=1 N j=i+1 a ij ), i = 1,..., N. (3.58)

74 66 KAPITEL 3. IMPLEMENTIERUNG Dann konvergiert das Einzelschrittverfahren für alle Startvektoren x (0) R N Lösung ˆx von Ax = b und es gilt die Fehlerabschätzung gegen die x (k) ˆx βk 1 β x(1) x (0), k = 1, 2,.... (3.59) Jacobi-Verfahren Wir wählen in (3.42) M = D, N = L + U (3.60) und erhalten den sogenannten Gesamtschrittoperator T = D 1 (L + U). (3.61) Die Fixpunktiteration (3.49) für das Jacobi-Verfahren (auch Gesamtschrittverfahren) lautet x (k+1) = D ( 1 (L + U)x (k) + b ). (3.62) Die Inverse von D = diag(a 11, a 22,..., a N N ) ist sehr leicht zu berechnen, da D eine Diagonalmatrix ist. Es gilt D 1 = diag(1/a 11, 1/a 22,..., 1/a N N ). Um das Verfahren durchführen zu können, müssen also die Diagonalelemente ungleich Null sein. Ein einfach überprüfbares Kriterium zur Konvergenz des Verfahrens liefert der folgende Satz. Theorem (Konvergenz des Jacobi-Verfahrens) Die Matrix A R N N sei strikt diagonaldominant, d.h. es gelte (3.40). Dann konvergiert das Jacobi-Verfahren für alle Startvektoren x (0) R N gegen die Lösung ˆx von Ax = b und es gilt die Fehlerabschätzung x (k) ˆx T k 1 T x (1) x (0), k = 1, 2,..., (3.63) wobei T = D 1 (L + U) den Gesamtschrittoperator bezeichnet. Beispiel (Lösung des LGS des Modellbeispiels mittels Fixpunktiteration) Wir betrachten wiederum das Modellbeispiel der verformten Membran aus Abschnitt 1.2. Sei h = 1/50 und f(x 1, x 2 ) = 1000 sin((x 1 0.5) (x 2 0.5)). (3.64) Für h 1 = 50 hat A im Gleichungssystem Ax = b die Dimension N = 49 2 = 2401 und von den = Einträgen sind lediglich Einträge von Null verschieden.

75 3.5. LÖSUNG GROSSER LINEARER GLEICHUNGSSYSTEME 67 Wir lösen das Gleichungssystem Ax = b mit dem Gauß-Seidel-Verfahren, wählen x (0) = 0 als Startwert und brechen die Iteration ab, wenn das relative Residuum kleiner oder gleich der Toleranz 10 5 ist. ITER RESIDUUM E E E E E-05 ITERATION SUCCESSFUL: INITIAL ERROR: FINAL ERROR: E-05 ITERATIONS: 875 r k r 0 = b Ax(k) 2 b Ax (0) 2, k = 0, 1, 2,.... (3.65) Obige Abbildung zeigt das Residuum b Ax 2 der Iterierten. residual norm Ax^i-b Gauss Seidel Error - PDE Laplace Die folgende Abbildung zeigt die mit dem Gauß-Seidel-Verfahren berechnete numerische Lösung u h der partiellen Differentialgleichung: iteration Man erkennt sehr gut, dass der Fehler in den ersten Iterationen schnell abfällt, die Konvergenz des Verfahrens aber gegen Ende langsam ist. Häufig beobachtet man in der Praxis, daß das Gauß-Seidel-Verfahren schneller konvergiert als das Jacobiverfahren.

76 68 KAPITEL 3. IMPLEMENTIERUNG SOR-Verfahren Das SOR-Verfahren (engl. Succesive Overrelaxation) ist ein Relaxierungsverfahren, welches mit Hilfe eines Relaxationsparameters w, 0 < w < 2, eine gewichtete Lösung zwischen der Lösung des Einzelschrittverfahrens (Gauß-Seidel) und der vorigen Iterierten x (k) berechnet. Dazu betrachten wir zuerst die Iterationsvorschrift Dz (k+1) = Lx (k+1) + Ux (k) + b, (3.66) x (k+1) = wz (k+1) + (1 w)x (k). (3.67) Durch Eliminieren von z (k+1) in (3.67) durch (3.66) erhalten wir (I wd 1 L))x (k+1) = (wd 1 U + (1 w)i)x (k) + wd 1 b, k = 0, 1, 2,... (3.68) bzw. die Iterationsvorschrift x (k+1) = (D wl) ( 1 (1 w)dx (k) + w(ux (k) + b) ), k = 0, 1, 2,... (3.69) Für M = w 1 (D wl) = w 1 D L, (3.70) N = w 1 D D + U = w 1 ((1 w)d + wu) (3.71) ist dies ein Fixpunktverfahren in der Form (3.47). Für w = 1 ergibt sich das Einzelschrittverfahren. Durch eine geeignete Wahl des Parameters w erhofft man sich eine höhere Konvergenzgeschwindigkeit im Vergleich zum Einzelschrittverfahren. Ist A symmetrisch mit positiven Diagonalelementen, so konvergiert das SOR-Verfahren genau dann, wenn A positiv definit ist und 0 < w < 2 gilt, vgl. Hämmerlin und Hoffmann [HH94, S. 386] Konjugiertes Gradientenverfahren Ein gänzlich anderer Ansatz zur Lösung des linearen Gleichungssystems (3.38) wird beim konjugierten Gradientenverfahren, kurz CG-Verfahren (engl. conjugated gradients), verfolgt. An Stelle des Gleichungssystems Ax = b wird das Minimierungsproblem Minimiere f(x) = 1 2 x Ax b x (3.72)

77 3.5. LÖSUNG GROSSER LINEARER GLEICHUNGSSYSTEME 69 betrachtet. Eine Lösung des Minimierungsproblems ist stets auch Lösung von (3.38), denn für ein Minimum von f ist die Bedingung 0 = f(x) = Ax b (3.73) notwendig. Ist A positiv definit und symmetrisch, so sind beide Problemstellungen äquivalent. Für symmetrische, positiv definite Matrizen gilt das konjugierte Gradientenverfahren als eines der effizientesten Verfahren. Das Verfahren arbeitet ebenfalls iterativ, lässt sich aber nicht als Fixpunktiteration darstellen. Im folgenden wird vorausgesetzt, dass A symmetrisch und positiv definit ist. Ausgehend von einem Startvektor x (0) R N wird die nächste Iterierte x (k+1) = x (k) + α k d (k), k = 0, 1, 2,... (3.74) mit Hilfe einer Suchrichtung d (k) und einer Schrittweite α k berechnet. Dabei werden Suchrichtung und Schrittweite so bestimmt, dass die Zielfunktion in jeder Iteration abnimmt Bestimmung der Schrittweite Für eine gegebene Suchrichtung d (k) wird die Schrittweite α k bestimmt, indem f in Richtung d (k) minimiert wird, vgl. Abbildung 3.1. f(x (k) ) h(α) = f(x (k) + αd (k) ) h(α k ) α = 0 α k Abbildung 3.1: Liniensuche zur Bestimmung der Schrittweite α k. Dieser Vorgang wird Liniensuche genannt. Die Aufgabe besteht also darin, die Funktion h(α) := f(x (k) + αd (k) ) (3.75) bezüglich α zu minimieren. Dies ist eine eindimensionale Optimierungsaufgabe mit eindeutiger Lösung, da A positiv definit ist. Berücksichtigt man die Struktur von f, kann

78 70 KAPITEL 3. IMPLEMENTIERUNG man die optimale Schrittweite α k = (b Ax(k) ) d (k) (d (k) ) Ad (k) (3.76) ausrechnen, wobei der Nenner wegen der positiven Definitheit von A ungleich Null ist Bestimmung der Suchrichtung Im ersten Schritt des Verfahrens wird die Richtung des steilsten Abstiegs verwendet. Bekanntlich zeigt der Gradient einer Funktion in Richtung des steilsten Anstiegs der Funktion. Der negative Gradient zeigt somit in Richtung des steilsten Abstiegs. Daher wird d (0) = f(x (0) ) = (Ax (0) b) = b Ax (0) (3.77) als erste Suchrichtung gewählt. Die weiteren Suchrichtungen werden so konstruiert, dass sie bzgl. des Skalarprodukts x, y A := x Ay (3.78) orthogonal zu den bisherigen Suchrichtungen sind. Definition (A-Orthogonalität) Sei A R N N symmetrisch und positiv definit. Die Vektoren s 1,..., s m R N, s i 0, i = 1,..., m, heißen A-orthogonal (oder A-konjugiert), falls gilt s i, s j A = 0 für i j. (3.79) Man beachte, dass A-orthogonale Richtungen linear unabhängig sind. Es stellt sich die Frage wie man A-orthogonale Richtungen bestimmt. Eine Möglichkeit wäre das Gram-Schmidtsche-Orthogonalisierungsverfahren. Dies liefert allerdings i.d.r. keine Abstiegsrichtungen. Besser ist es, die Richtungen schrittweise zu erzeugen und darauf zu achten, dass Abstiegsrichtungen entstehen. Zur Abkürzung sei ab jetzt g (k+1) := f(x (k+1) ) = Ax (k+1) b = A(x (k) + α k d (k) ) b. (3.80) Somit d (0) = f(x (0) ) = g (0). Man geht davon aus, dass bereits A-orthogonale Richtungen d (0),..., d (k) vorliegen. Zusätzlich sei g (j) 0, 0 j k + 1, ansonsten wären wir fertig. Es lässt sich zeigen [Ge10, S ], dass durch d (k+1) := g (k+1) + g(k+1) 2 g (k) 2 d(k) (3.81)

79 3.5. LÖSUNG GROSSER LINEARER GLEICHUNGSSYSTEME 71 eine Abstiegsrichtung definiert wird, die A-orthogonal zu d (j), j = 0,..., k, ist. Dabei ist die Schrittweite α k durch (3.76) gegeben. Da (g (k) ) d (k 1) = 0 kann diese als umgeschrieben werden Algorithmus und Konvergenz Algorithmus (CG-Verfahren) α k = (g(k) ) d (k) (d (k) ) Ad = (g(k) ) g (k). (3.82) (k) (d (k) ) Ad (k) (i) Wähle einen Startvektor x (0) R N, eine Fehlerschranke ε > 0, berechne g (0) = Ax (0) b und setze d (0) = g (0), k = 0. (ii) Falls g (k) ε, STOP. (iii) Berechne α k = g (k) 2, (3.83) (d (k) ) Ad (k) x (k+1) = x (k) + α k d (k), (3.84) g (k+1) = g (k) + α k Ad (k), (3.85) β k = g(k+1) 2 g (k) 2, (3.86) d (k+1) = g (k+1) + β k d (k). (3.87) (iv) Setze k := k + 1, und gehe zu (ii). In der Praxis führt man häufig aufgrund von auftretenden Rundungsfehlern nach einer gewissen Anzahl von Iterationen einen Neustart des Verfahrens durch. Insbesondere bilden N A-orthogonale Richtungen eine Basis des R N und jeder Punkt des R N kann als Linearkombination von (maximal) N A-orthogonalen Richtungen dargestellt werden. Insbesondere besitzt auch das Minimum ˆx der Funktion f eine solche Darstellung. Der folgende Satz zeigt, dass nach spätestens N Schritten das Minimum gefunden wird. Theorem (Konvergenz des CG-Verfahrens) Sei f gegeben durch (3.72) und A R N N symmetrisch und positiv definit. Die Vektoren d (0),..., d (N 1) seien A-orthogonal und x (0) R N sei beliebig. Desweiteren gelte x (k+1) = x (k) + α k d (k), k = 0,..., N 1 (3.88) mit exakter Schrittweite gemäß (3.76). Dann gilt f(x (N ) ) = min x R N f(x). (3.89)

80 72 KAPITEL 3. IMPLEMENTIERUNG In der Praxis treten aber auch Rundungsfehler auf und somit können mehr als N Schritte benötigt werden, bis eine hinreichende Genauigkeit erreicht wird. Beispiel (Lösung des LGS des Modellbeispiels mittels CG-Verfahren) Wir kommen noch einmal auf Bsp zurück, lösen diesmal jedoch Ax = b für h = 1/100 mit dem CG-Verfahren. Das äquivalente Problem lautet 1 2 x Ax b x min. (3.90) Dabei werden nur die von Null verschiedenen Einträge von A mit einer entsprechenden Indizierung gespeichert, so dass die auftretenden Matrix-Vektor-Multiplikationen Ad sehr effizient durchgeführt werden können. Für h 1 = 100 hat A die Dimension N = 99 2 = 9801 und von den = Einträgen sind lediglich Einträge von Null verschieden. Als Startwert wählen wir x (0) = 0. Für ε = 10 8 ergibt sich folgende Ausgabe: ITER GRAD DX ALPHA BETA E E E E E E E E E E E E E E E E E E E E E E E E E E E E E E E E E E E E E E E E E E E E E E E E E E E E E E E E E E E E E E E E E E E E E E E E E E E E E E E E E E E E E E E E E E E E E E E E+00 Abbildung zeigt die numerische Lösung u h der partiellen Differentialgleichung. Obwohl das CG-Verfahren (zumindest theoretisch) nach maximal N Schritten terminiert, ist es in der Praxis aus Aufwandsgründen oft nicht möglich, N Iterationen tatsächlich durchzuführen (N kann sehr groß sein, etwa 1 Milliarde). Es stellt sich dann die Frage nach der Konvergenzgeschwindigkeit. Es lässt sich folgende Abschätzung beweisen (vgl. Kelley [Ke95, S. 17]): x (k) ˆx A 2 ( κ(a) 1 κ(a) + 1 ) k x (0) ˆx A, (3.91)

81 3.5. LÖSUNG GROSSER LINEARER GLEICHUNGSSYSTEME 73 Abbildung 3.2: Verschiebung u der Membran, numerisch berechnet mit dem CG- Verfahren. wobei κ(a) = λ max /λ min die Kondition der Matrix A bzgl. der Norm 2 bezeichnet. Hierbei bezeichnen λ max und λ min den betragsmäßig größten bzw. kleinsten Eigenwert von A Vorkonditionierung und PCG-Verfahren Die Fehlerabschätzung zeigt, dass das Verfahren umso schneller konvergiert, je näher die Kondition κ(a) bei Eins liegt. Umgekehrt ist die Konvergenz umso langsamer, je größer die Kondition von A ist. Es ist daher erstrebenswert, eine möglichst gut konditionierte Matrix A zu haben, was durch die sogenannte Vorkonditionierung (oder Präkonditionierung) erreicht werden kann. Hierbei wird eine Variablentransformation durchgeführt: x := Sˆx, S R N N regulär, ˆf(ˆx) := f(sˆx) = 1 2 ˆx S ASˆx (S b) ˆx. Natürlich sollte S so gewählt werden, dass die Kondition von S AS kleiner ist als die von A. Nun wenden wir das übliche CG-Verfahren auf ˆf an und erhalten die Größen ˆx (k), ĝ (k), ˆd(k), ˆα k, ˆβk. (3.92) Rücksubstitution liefert x (k) = Sˆx (k), S g (k) = ĝ (k), d (k) = S ˆd (k). (3.93) Unter Berücksichtigung der Rücksubstitution ergibt sich: Algorithmus (Präkonditioniertes CG-Verfahren)

82 74 KAPITEL 3. IMPLEMENTIERUNG (i) Wähle eine symmetrische und positiv definite Matrix B R N N, einen Startvektor x (0) R N, ε > 0, berechne g (0) = Ax (0) b und setze d (0) = Bg (0), k = 0. (ii) Falls g (k) ε, STOP. (iii) Berechne ˆα k = (g(k) ) Bg (k) (d (k) ) Ad (k), x (k+1) = x (k) + ˆα k d (k), g (k+1) = g (k) + ˆα k Ad (k), ˆβ k = (g(k+1) ) Bg (k+1) (g (k) ) Bg (k), d (k+1) = Bg (k+1) + ˆβ k d (k). (iv) Setze k := k + 1, und gehe zu (ii). Das präkonditionierte konjugierte Gradientenverfahren wird kurz als PCG-Verfahren bezeichnet. Im Algorithmus tritt nur noch die symmetrische und positiv definite Matrix B = SS auf. Wir wählen B als Approximation an A 1. Dann ist BA I. Die Eigenwerte von BA liegen dann nahe bei 1. Wegen S 1 BAS = S 1 SS AS = S AS (3.94) ist BA ähnlich zu S AS und folglich besitzen BA und S AS dieselben Eigenwerte. Da S AS symmetrisch ist, gilt die Formel κ(s AS) = λ max /λ min, wobei λ max und λ min den betragsmäßig größten bzw. kleinsten Eigenwert von S AS bezeichnen. Da die Eigenwerte nahe bei 1 liegen ist auch die Kondition nahe bei 1. Desweiteren sollte B so gewählt werden, dass die Multiplikationen Bg kostengünstig ausgewertet werden können. Mögliche Ansätze für B sind: a) Jacobi-Vorkonditionierer: B = M 1 = D 1, wobei D die Diagonale von A bezeichnet. Dies bewirkt die Skalierung jeder Gleichung mit ihrem Diagonalelement. b) SSOR-Vorkonditionierer: SSOR ist eine symmetrisierte Version des SOR-Verfahrens, bei der M = w 1 (2 w) 1 (D wl)d 1 (D wl ). Man vorkonditioniert mit

83 3.5. LÖSUNG GROSSER LINEARER GLEICHUNGSSYSTEME 75 B = M 1. w (0, 2) wird so gewählt werden, dass die Kondition κ(ba) minimiert wird. Damit kann man z.b. im Modellbeispiel die Kondition von O(N 2 ) auf O(N ) verbessern! c) Unvollständige Cholesky-Zerlegung: Berechne die Cholesky-Zerlegung A = LL einer symmetrischen, positiv definiten Matrix A, approximiere L durch Weglassen kleiner Elemente durch ˆL und setze B = ˆL ˆL 1. Dann gilt BA = ˆL ˆL 1 LL I. Dieses Verfahren ist brauchbar für dünn besetzte Matrizen. d) Unvollständige LU-Zerlegung (engl. Incomplete LU decomposition), kurz ILU: Berechne die LU-Zerlegung, approximiere L durch Weglassen von Einträgen außerhalb einer gewissen Besetzungsstruktur. Im Gegensatz zur unvollständigen Cholesky-Zerlegung ist dieses Verfahren auch für nichtsymmetrische Matrizen anwendbar. e) Vorkonditionierung unter Ausnutzung einer Netzhierarchie (Mehrgitter, BPX). Weiteres über verschiedene Vorkonditionierungsmethoden findet man z.b. in [KA00] Krylov-Unterraum-Methoden Krylov-Unterraum-Methoden werden angewandt bei nichtsymmetrischen linearen Gleichungssystemen, wie sie z.b. bei FEM-Diskretisierungen elliptischer Randwertaufgaben mit Konvektion (d.h. mit β 0 in (2.21)) auftreten. Auch indefinite Matrizen A können damit behandelt werden. Es ist zu fordern, dass die Matrix A regulär ist. (Man könnte auch versuchen das CG-Verfahren auf A Ax = A b anzuwenden (MinRes-/CGNR-Verfahren), allerdings hat A A eine quadratisch verschlechterte Kondition.) Zu einem Startwert x (0) R N (z.b. eine Näherungslösung) bestimmt man das Residuum r (0) = b Ax (0). (3.95) Definition (Krylov-Unterraum) Sei A R N N, r (0) R N und k N. Der k te Krylov-Unterraum K k = K k (A, r (0) ) ist der von den Vektoren r (0), Ar (0),..., A k 1 r (0) (3.96) aufgespannte Unterraum K k = span { r (0), Ar (0),..., A k 1 r (0)}. (3.97) Wir erinnern uns an das Galerkin-Verfahren und wählen dort (jetzt in einem anderen Kontext) V h = K k R N = V. Die Galerkin-Orthogonalität (2.15) besagt 0 = r (k), v = b Ax (k), v = 0 v K k. (3.98)

84 76 KAPITEL 3. IMPLEMENTIERUNG Das Residuum r (k) = b Ax (k) steht also orthogonal auf allen Vektoren aus K k. Aus (3.98) ergibt sich ein k-dimensionales LGS, um die nächste Näherungslösung x (k) x (0) + K k zu bestimmen. Dies ist kostengünstig möglich. Sei dabei {d (j) } k 1 j=0 eine (nicht notwendigerweise orthogonale) Basis von K k. Diese ist z.b. durch die Vektoren in (3.96) gegeben, andererseits werden für großes k Vektoren A k r (0) und A k 1 r (0) näherungsweise linear abhängig. Diesen Effekt umgeht man mit geeigneten Orthogonalisierungsverfahren. (Auf die technischen Details, wie x (k) i. Allg. bestimmt wird, verzichten wir hier.) Man erhöht in jedem Schritt die Dimension k der Krylov-Unterräume um Eins und erhält dadurch ein iteratives Verfahren. Um den Speicheraufwand zu begrenzen oder bei langsamer Konvergenz, bricht man nach m Iterationen ab und startet neu mit x (m) als Startwert. Dies beschreibt die Idee des GMRes(m)-Verfahren, von engl. generalized minimal residual method, da in (3.98) das Residuum b Ax (k) 2 für x (k) x (0) + K k minimiert wird (Orthogonalprojektion). Beispiel (CG-Verfahren als Krylov-Unterraum-Verfahren) Das CG-Verfahren (hier ohne Vorkonditionierung) ist ein Spezialfall eines Krylov-Unterraum-Verfahrens, wobei man g (k) = r (k) beachte: k x (k+1) = x (k) + α k d (k) = x (0) + α j d (j) x (0) + K k+1, (3.99) j=0 r (k+1) = b Ax (k+1) = b Ax (k) + A(x (k) x (k+1) ) = r (k) Aα k d (k) span{r (k), Ad (k) }, (3.100) d (k+1) = r (k) + β i d (k) span{r (k), d (k) }, k = 0, 1, 2,... (3.101) Man sieht induktiv, dass d (k+1), r (k+1) K k+1. Falls r (k+1) 0, ist r (k+1) = b Ax (k+1) K k+1 und / K k, und man kann zeigen, dass (3.98) erfüllt ist. Beim GMRes(m)-Verfahren werden im Gegensatz zum CG-Verfahren nichtsymmetrische, indefinite A zugelassen. Ein Nachteil ist, dass man {d (j) } k 1 j=0 im Speicher halten muss, um d (k) bestimmen zu können. Für sämtliche Krylov-Unterraum-Verfahren ist Vorkonditionierung für ein akzeptables Verhalten der Verfahren wichtig. Krylov-Unterraum-Verfahren sind schnell, allerdings erst ab ca Unbekannten sind diese für dünnbesetzte Matrizen effizienter als andere Verfahren. Desweiteren sind sie auf eine große Klasse von Steifigkeitsmatrizen anwendbar.

85 3.5. LÖSUNG GROSSER LINEARER GLEICHUNGSSYSTEME 77 Es gibt noch viele weitere Krylov-Unterraum-Verfahren: BiCG (Biconjugate gradient method), BiCGStab, QMR,.... Wir weisen zum Abschluß dieses Kapitels noch darauf hin, dass bei iterativen Verfahren im Wesentlichen nur Matrix-Vektor-Multiplikationen durchgeführt werden. Es gibt zwei Klassen von iterativen Verfahren: Fixpunktiterationen (auch Relaxationsmethoden oder stationäre iterative Methoden genannt) und Krylov-Unterraum-Methoden. In der zweiten der beiden Klassen ist die Konstruktion eines geeigneten Vorkonditionierers essenziell. Vorkonditionierung ist ein großer Bereich aktueller Forschung Mehrgitterverfahren Die Grundidee von Mehrgitterverfahren (engl. Multigrid method) ist, den (unbekannten) Fehler einer Näherung auf einem feineren Gitter durch eine Approximation auf einem gröberen Gitter abzuschätzen. Rekursive Anwendung auf einer Hierarchie von gröber werdenden Gittern liefert eine Mehrgitter-Struktur. Durch geeignete Kombination mit Fixpunkt-Iterationsverfahren kann man für das LGS A hˆx h = b h Abschätzungen x (k+1) h ˆx h γ x (k) h ˆx h, k = 0, 1, 2,... (3.102) mit einer von h unabhängigen Konstanten γ (0, 1) zeigen. Exemplarisch für ein geometrisches Mehrgitterverfahren betrachten wir ein Zweigitterverfahren. Wir orientieren uns dabei an [Gr94, S ]. Wir betrachten zwei Diskretisierungen mit Diskretisierungsparametern h und H, wobei H > h > 0 gelten soll. Die Diskretisierungen gehören z.b. zu FEM-Diskretisierungen eines elliptisches RWP mit Approximationsräumen V h und V H. Seien A h R N (h) N (h), AH R N H N H regulär und b h R N (h), bh R N H. Die dazugehörigen diskreten Probleme lauten A hˆx h = b h (3.103) für das feinere Gitter und A H ˆx H = b H (3.104) für das gröbere Gitter. Wir brauchen im Weiteren die folgenden stetigen linearen Abbildungen: Einschränkungsoperator (Einschränkung vom feineren auf das gröbere Gitter) Ih H : V h V H, (3.105)

86 78 KAPITEL 3. IMPLEMENTIERUNG Fortsetzungsoperator (Fortsetzung vom gröberen auf das feinere Gitter) I h H : V H V h. (3.106) Die zu (3.103) dazugehörige Fixpunktiterationsvorschrift (z.b. Gauß-Seidel, Jacobi,...) sei x (k+1) h = T h x (k) h + c h, k = 0, 1, 2,.... (3.107) Wir können annehmen, dass für die Konvergenz der Iteration T h M γ h (0, 1). γ h gilt, wobei Wir korrigieren eine aus (3.103) erhaltene Näherung x h durch Lösung des benachbarten Problems (3.104): Algorithmus (Zweigitterverfahren) (i) Gegeben sei T h R N N und c h R N durch ein Fixpunktiterationsverfahren. Man gebe sich n 1, n 2 N für die Anzahl der Vor- bzw. Nachglättungsschritte vor. Wähle einen Startwert x (0) h R N, eine Fehlerschranke ε > 0 und setze k = 0. (ii) Vorglättung z (k,0) h Iteration über i = 0,..., n 1 : := x (k) h (3.108) z (k,i+1) h = T h z (k,i) h + c h. (3.109) (iii) Grobgitterkorrektur Bestimme Residuum auf feinerem Gitter Einschränken auf gröberes Gitter Löse dort nach dem Fehler e (k) H d (k) h := b h A h z (k,n 1) h. (3.110) d (k) H V H A H e (k) H Fortsetzen auf feineres Gitter und Korrektur dort (iv) Nachglättung (v) Falls x (k+1) h Iteration über i = 0,..., n 2 : x (k) < ε, STOP. h (vi) Setze k := k + 1, und gehe zu (ii). := IH h d (k) h. (3.111) = d(k) H. (3.112) w (k,0) h := z (k,n 1) h + IHe h (k) H. (3.113) w (k,i+1) h = T h w (k,i) h + c h. (3.114) x (k+1) h := w (k,n 2) h. (3.115)

87 3.5. LÖSUNG GROSSER LINEARER GLEICHUNGSSYSTEME 79 Hierbei beachte man, dass N von h abhängt. In Schritt (ii) werden hochfrequente Fehleranteile gedämpft. Man stellt fest, dass (3.112) wieder die Struktur des Ausgangsproblems (3.103) hat. Also kann wiederum ein Zweigitterverfahren auf (3.112) angewandt werden. Bei einem Mehrgitterverfahren werden in (iii) die Schritte (3.111) & (3.112) wiederholt bis zum gröbsten Gitter durchgeführt. Dort kann direkt gelöst werden. Dann wird wieder umgekehrt vorgegangen und Schritt (3.113) wiederholt, bis man wieder beim feinsten Gitter angekommen ist. Wird in jeder Ebene nur ein Mehrgitterschritt verwendet, so spricht man von einem V-Zyklus, andernfalls von einem W-Zyklus, siehe Abb Abbildung 3.3: Mehrgitterverfahren (4 Gitter) mit V-Zyklus (oben) bzw. mit W-Zyklus (unten) Im Falle des Zweigitterverfahrens lässt sich der Algorithmus auch in der Form mit x (k+1) h := S h x (k) h + s h, k = 0, 1, 2,... (3.116) S h := T n 2 h (I Ih HA 1 H IH h A h )T n 1 h (3.117) und s h V h zusammenfassen. Durch geeignete Wahl von Vor-/Nachglättung und der Einschränkungs-/Fortsetzungsoperatoren kann gezeigt werden, dass eine vom Diskretisierungsparameter h unabhängige Konstante γ (0, 1) existiert, so dass S h = T n 2 h (I Ih HA 1 H IH h A h )T n 1 h γ. (3.118) Allgemein gilt bei Mehrgitterverfahren, dass die Konvergenzgeschwindigkeit insbesondere nicht von der Feinheit des Gitters abhängig ist und man hat eine Komplexität von O(N ).

88 80 KAPITEL 3. IMPLEMENTIERUNG Ein Nachteil ist, dass für komplexe Geometrien Mehrgitterverfahren ihre Grenzen erreichen. In dieser Situation kann man auf algebraische Mehrgitterverfahren oder Mehrskalenansätze ausweichen. Bemerkung (Rot-Schwarz-Iteration) Wir betrachten wiederum das Modellbeispiel der Poisson-Gleichung mit homogenen Dirichlet- Randbedingungen. Der Raum V h, der durch die über inneren Gitterknoten erklärten globalen Ansatzfunktionen aufgespannt wird, wird in zwei Teilräume Vh 1 und V h 2 zerlegt. Die Aufteilung erfolgt dabei gemäß Abb. 3.4, so dass die Träger von verschiedenen Ansatzfunktionen in Vh 1 gemeinsame Facetten besitzen: nur int supp φ int supp ψ = φ, ψ V 1 h, φ ψ. (3.119) Durch abwechselndes Lösen in den beiden Teilräumen erhält man ein spezielles Zweigitterverfahren. Abbildung 3.4: Spezielles Zweigitterverfahren: Rot-Schwarz-Iteration. Gröberes Gitter zu Vh 2 1 mit Knoten der Basisfunktionen in Rot, feineres Gitter zu Vh Basisfunktionen in Schwarz. mit Knoten der Es lässt sich zeigen, dass für beliebige Startvektoren diese Rot-Schwarz-Iteration gegen die Lösung des diskreten Problems in V h konvergiert. Das Verfahren lässt sich verallgemeinern, dabei ist jedoch essenziell, dass das Gitter V 1 h die Bedingung (3.119) erfüllt. 3.6 Fehlerabschätzung Wir kommen zu Schritt 8) der Implementierung eines FEM-Problems, so wie wir diese am Anfang dieses Kapitels aufgeteilt hatten.

89 3.6. FEHLERABSCHÄTZUNG 81 Da in der Regel die exakte Lösung nicht bekannt ist, kann man den Fehler zwischen Approximationslösung und Lösung dann nur abschätzen. Wenn die Fehlerabschätzung versäumt (oder falsch durchgeführt) wird, kann dies gravierende Folgen haben. Ein bekanntes Beispiel ist das Sinken der Nordsee-Bohrinsel Sleipner A, bei der Schubspannungen unterschätzt wurden und daher Betonwände zu dünn ausgelegt wurden. Für mehr Details siehe: /sleipner.html. Generell ist für eine geeignete Norm u u h abzuschätzen. Oft betrachtete Normen sind die H 1 (G)-Norm oder die L (G)-Norm, wobei G = T oder G = Ω. Ist u u h < ε für eine vorgegebne Fehlerschranke, so kann man mit dem Postprocessing fortfahren, ansonsten muss die Diskretisierung verfeinert oder der Polynomgrad erhöht werden. Bemerkung (Globale und lokale Fehlerschätzung) Wir unterscheiden zwischen lokalen Fehlerschätzern η T bzgl. einer Zelle T und globalen Fehlerschätzern η bzgl. Ω. Für globale Fehlerschätzer η kann man für geeignete Konstanten C 0, C 1 H 1 -Norm Zuverlässigkeit und Effizienz, d.h. > 0 bzgl. der u u h H 1 (Ω) C 0 η (3.120) und η C 1 u u h H 1 (Ω), (3.121) zeigen. Ebenso versucht man eine ähnliche Abschätzung wie (3.120) auch für lokale Fehlerschätzer zu erreichen. Es gibt aber nach Kenntnis des Autors nur Beweise für die Effizienz lokaler Fehlerschätzer. Eine Möglichkeit sind Residuen-Fehlerschätzer, bei denen man f, v h a(u h, v h ) = a(u u h, v h ) = 0 v h V h (3.122) (die Galerkin-Orthogonalität) ausnutzt. Wir betrachten als Beispiel wieder das Dirichlet- Problem für die Poisson-Gleichung zu einer zulässigen Triangulierung T h. Man testet mit beliebigem w V h und erhält aus (3.122) 0 = (u u h ) w = T T ν (u u h )w T (u u h )w. (3.123) Man definiert ein modifiziertes Elementresiduum r T := 1 f + u T T h f + u h, bei dem f durch den Mittelwert f T = 1 T f über T ersetzt wurde. (Man bemerke, dass im Fall

90 82 KAPITEL 3. IMPLEMENTIERUNG der stückweise linearen Approximation u h = 0.) Desweiteren ist das Kantenresiduum auf Facetten F definiert als r F := { [ ν u h ] F, F Ω =, 0, F Ω. Nach Summation über alle Zellen kann man für Konstanten C zeigen, dass u u h H 1 (Ω) C ( T T h (3.124) ( ) ) 1/2 ηt 2 + h 2 T f f T 2, (3.125) L 2 ( T ) η T C ( u u h H 1 ( ω T ) + h T f f T L 2 ( ω T )), (3.126) wobei η T = h T r T L 2 ( T ) h1/2 T F T r F L 2 (F ). (3.127) Für den Beweis benötigt man Funktionsauswertungen z.b. an den Knoten. Da H 1 -Funktionen im Allgemeinen nicht stetig sind, benutzt man hierfür die Clement-Interpolierende, bei der die Auswertungen durch geeignete Mittelung über Nachbarzellen, sogenannte Patches ω K, gewonnen werden, siehe Abb Abbildung 3.5: Gebiete ω T, ω F und ω K, über die die Clement-Interpolierende bei Abschätzungen über T, F und K jeweils mittelt [He11]. Wenn η von u h abhängt, spricht man von einem a posteriori-fehlerschätzer. Weitere Möglichkeiten sind Fehlerschätzer, die auf lokalen Hilfsproblemen basieren, oder Fehlerschätzer durch Gradientenmittelung. Manchmal ist man auch nur an einer Fehlerschranke für spezielle Größen J(u) interessiert. Für lineare Funktionale J : V R können mittels dualer Methoden Fehlerschätzer konstruiert werden. Für mehr Informationen siehe [Ap12b, KA00]. Wir begegnen dem Themenbereich der Fehlerschätzung noch einmal in Kap. 4.

91 3.7. GITTERGENERIERUNG UND -VERFEINERUNG Gittergenerierung und -verfeinerung In diesem Abschnitt betrachten wir Schritt 9) und insbesondere wie ein (besseres) Gitter erzeugt wird. Es reicht meist lokal zu verfeinern. Wo und wie man dies tun sollte, kann man anhand der Fehlerschätzer bestimmen Gittergenerierung Zuerst betrachten wir allgemeine Methoden zur Erstellung von Gittern/Netzen: 1) Manuelle Methode: Eingabe aller Daten, nur praktikabel für einfache Geometrien und grobe Netze. 2) Produktmethode: Kreuzprodukt von (verschiedenen) 1d-Netzen, geeignet für Prismen oder Zylinder als Gebiete. 3) Transformation von Referenznetzen, geschickt für topologisch einfache Gebiete mit gekrümmten Rändern. 4) Halbautomatisch: Manuelle Zerlegung in Teilgebiete, diese werden mit einer anderen Methode geeigenet vernetzt. 5) Quadtree-/Octree-Methoden (Belegungsmethoden): Rekursive Teilung eines Start- Elements, bis gewünschte Approximation erreicht ist. 6) Delaunay-Vernetzung: Mithilfe von Voronoi-Diagrammen. Auf diese Methode kommen wir im Zshg. mit Finiten Volumen in Kap. 6 noch einmal zurück. 7) Sukzessive Gebietsreduktion (Advancing-Front-Methods, Moving front methods): Man trianguliert zuerst den Rand und arbeitet sich mit dieser Startfront in das Gebiet vor und erzeugt dabei Simplices. Diese Simplices werden aus dem Gebiet entfernt und es entsteht eine neue Front. Durch die Methoden 5) 7) kann man simpliziale Gitter erzeugen. Desweiteren gibt es Multiblock-Methoden, hierarchisch struktuierte Gitter und kombinierte Gitter zur Erzeugung von quadrilateralen und hexaedralen Gittern (Gitter aus Vierecken/Sechsecken). Gängige Gitter-Generatoren sind z.b. Gmsh, TetGen, NETGEN. Wichtig ist die Zulässigkeit der Zerlegung zu garantieren. Methoden hierzu sind, z.b. in 2d:

92 84 KAPITEL 3. IMPLEMENTIERUNG Rot-Grün-Verfeinerung: Bereits gegebene Dreiecke werden nach einem lokalen Kriterium halbiert oder nicht und einige Dreiecke so geviertelt (rote Kanten). Benachbarte Dreiecke werden durch grüne Kanten halbiert, um hängende Knoten zu vermeiden. Bei einem weiteren Verfeinerungsschritt werden zuerst alle grünen Kanten entfernt, um zu spitze Winkel zu vermeiden. Siehe Abb Abbildung 3.6: Rot-Grün-Verfeinerungsschritt Bisektion: Hier werden z.b. Dreiecke durch die Seitenhalbierenden der längsten Seite geteilt. Der dadurch entstehende neue Knoten erzwingt die Verfeinerung des Nachbardreiecks in geometrisch konformer Weise. Für gute Abschätzungen ist es wichtig, sogenannte uniforme oder quasi-uniforme Gitter zu betrachten Uniforme und quasi-uniforme Gitter Die Güte einer Approximation mit Finiten Elementen hängt von der Geometrie der Zellen und der Gitter entscheidend ab. Dazu brauchen wir Definition (Geometriegrößen) Sei T ein kompaktes Polyeder mit T, d.h. eine FE-Zelle. (i) Der Durchmesser von T ist definiert als h T = diam(t ) = max x,y T x y. (ii) Sei ρ T der maximale Durchmesser einer Kugel, die in T einbeschrieben werden kann. Dann heißt γ T = h T /ρ T 1 das Aspektverhältnis von T. Man beachte dass in der Literatur manchmal auch Radien h T und ρ T betrachtet werden. In 2d ist ρ T der Durchmesser des Inkreis. Für ein Beispiel für die Geometriegrößen siehe Abb γ T wird groß, wenn der minimale Winkel α T von T klein ist, denn es gilt folgende Formel 1 2 cot(α T 2 ) γ T cot( α T ). (3.128) 2 Man stellt bei Abschätzungen (siehe z.b. Lemma 4.1.4) fest, dass es sinnvoll ist bei einer Gitterverfeinerung das Aspektverhältnis γ T für alle Zellen nach oben zu beschränken. Dies motiviert

93 3.7. GITTERGENERIERUNG UND -VERFEINERUNG 85 Abbildung 3.7: Durchmesser, Inkreisdurchmesser und Aspektverhältnis für ein gleichseitiges und ein spitzwinkliges Dreieck. Definition (Gitterweite, (Quasi-)Uniforme Gitter) (i) Einem Gitter T (h) wird als Gitterweite (Diskretisierungsparameter) zugeordnet. h = max T T h T (3.129) (ii) Bezeichne Υ := {T h } h 0 eine Familie von Gittern mit der Eigenschaft, dass zu jedem h n einer Folge h n 0 ein Gitter T hn in dieser Familie existiert. Eine solche Familie Υ := {T h } h 0 heißt quasi-uniform (entspricht dem englischen Begriff shape regular), falls eine Konstante γ > 0 existiert, so dass h T ρ T = γ T γ T T h T h Υ. (3.130) (iii) Die Familie Υ heißt uniform (entspricht dem englischen Begriff κ-regular), falls eine Konstante γ > 0 existiert, so dass h ρ T γ T T h T h Υ. (3.131) Bisher hatten wir als Diskretisierungsparameter meist die Maschenweite max T T ht eines quadratischen Gitters betrachtet. Für ein quadratisches Gitter ist dies gleichwertig zur Definition h = max T T h T. Im Falle einer Friedrichs-Keller-Triangulierung hat man

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