Was bedeutet interne Kommunikation in Hochschulen?
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- Katrin Lehmann
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1 Was bedeutet interne Kommunikation in Hochschulen? Dr. Christian Berthold Bielefeld 26. Februar
2 Definitionen 1 Kommunikation...bezeichnete im Mittelalter eine Wehranlage. Bisher gibt es keine gültige Definition. communicare: teilen, mitteilen, teilnehmen lassen; gemeinsam machen, vereinigen Kommunikation ist daher mehr als der Austausch von Informationen, umfasst ein gemeinsames Handeln, das auf Verständigung zurückgeht. Ziele beschreiben dabei die Dimension der Verständigung. Zwecke dagegen beschreiben die Veränderung in der Außenwelt, können Zielerreichung voraussetzen (Plan schmieden), können Information voraussetzen. Die Informationsdimension liegt also quer dazu: bei Zielen (informieren, damit jemand im Bilde ist, nicht überrascht wird, nachvollziehen kann etc.) bei Zwecken (damit jemand seine Arbeit anders ausrichten kann). (Unterschied zur Information: kein Anspruch auf Interesselosigkeit/Neutralität) HSK Kommunikationsmanagement Berthold Bielefeld
3 Definitionen 2 Kommunikation Information Ziele Zwecke Verständigung Überzeugung gemeinsame Position Handlungskonzept Veränderung Wirkung in der Außenwelt gemeinsame Aktion HSK Kommunikationsmanagement Berthold Bielefeld
4 Definitionen 3 Organisationskommunikation (Unternehmenskommunikation) Kommunikation in Organisationen (Schwerpunkt dieses Workshops) Kommunikation von Organisationen (z.b. Presse- und Öffentlichkeitsarbeit) Nikodemus Herger: Organisationskommunikation. Beobachtung und Steuerung eines organisationalen Risikos (2004) Management the art of getting things done through people (Mary Parker Follet) Planung, Organisation, Führung, Koordination, Controlling oft im Gegensatz zu: Verwaltung hier also vielleicht: die aktive und planvolle Gestaltung von Kommunikation an Hochschulen HSK Kommunikationsmanagement Berthold Bielefeld
5 Definitionen 4 Planvolles Vorgehen bedeutet unter anderem Man hat Informationen über den zu managenden Bereich (Analyse), in diesem Fall also durch Kommunikation externe Kommunikation: Presseclippings, Rankings interne Kommunikation: Kaffeepausen, Flurfunk, offizielle Kommunikation, Vertraute.? Man hat ein strategisches Ziel (also ein strategisches Kommunikationsziel) externe: im Leitbild oder der Vision intern: z.b. Unterstützung eines Veränderungsprozesses Man verfügt über Instrumente und Kompetenzen zur Umsetzung: extern: Pressearbeit, Öffentlichkeitsarbeit. intern: eine lange Liste von Sitzungen / Meetings, über Aushänge, Rundschreiben, Vollversammlungen, Telefonate, s, bis Kaffeerunden und Vier-Augen-Gespräche. Man verfügt über Instrumente des Controllings und der Qualitätssicherung: extern: Auswertung von Presseclippings, Rückmeldungen von Zielgruppen, Befragungen intern: Befragungen, Rückmeldungen aller Art. HSK Kommunikationsmanagement Berthold Bielefeld
6 Beispiel 1: Stille Post Der Präsident sagt im Senat, man müsse mal darüber nachdenken, ob die gegenwärtige Struktur der Fakultäten noch zeitgemäß sei. Ein Senator raunt zu seinem Nachbar: Das kann ja nur die Fakultäten 2 und 5 betreffen, die jetzt doch fusioniert werden sollen. Dieser Nachbar schreibt noch am selben Tage seinem Freund, dem Dekan der Fakultät 5, eine , dass der Präsident eine Fusion der Fakultäten 3 und 5 angedeutet habe. Der Dekan berichtet am nächsten Tag in seinem Fakultätsrat, dass der Präsident im Senat wohl über die Fusion mit 5 gesprochen habe. Der Fakultätsrat entrüstet sich, dass es ja wohl eine Frechheit sei, dass der Präsident die Fusionen der Fakultäten schon im Senat verkünde, obwohl die Fakultäten noch gar nichts davon wissen. Ein Lokalreporter wird von einem Fakultätsmitglied unterrichtet und schreibt eine Meldung in der Zeitung. das tägliche Kommuniktionschaos HSK Kommunikationsmanagement Berthold Bielefeld
7 Beispiel 2: Kommunikationsfronten Die Verwaltung sagt über die Fachbereiche: Ja, die Wissenschaftler die halten sich doch an keine Regel, verursachen ständig Chaos Die Verwaltungskräfte im Fachbereich über die HochschullehrerInnen: Ja, die Herrn Professoren kommen Dienstag, gehen Donnerstag, sonst nicht zu erreichen. Die Sportwissenschaftler über die Historiker: Ja, die Historiker: können über alles schön reden, gemessen haben die noch nie was Die Historiker über die Sportwissenschaftler: Ah, der Herr Professor Felgaufschwung schreibt uns Alle Fachbereiche über die Verwaltung: da geht ja eh nichts voran, pünktlich Feierabend, aber nichts bewegen Im Rechenzentrum über den Fachbereich Jura: Die Bücherfüchse haben wieder den Stecker ihres Rechners nicht eingesteckt HSK Kommunikationsmanagement Berthold Bielefeld
8 Beispiel 3: Hamburger Maulkorb-Erlass HSK Kommunikationsmanagement Berthold Bielefeld
9 Beispiel 4: Strategieprozess an einer Musikhochschule Prozessauftakt in Form einer Zukunftswerkstatt sehr hoher positiver Mobilisierungseffekt Einrichtung einer Projekt-Homepage hohe Transparenz geringe Nutzung Arbeitsgruppen zu verschiedenen Themen und Fragestellungen nehmen Arbeit auf hohe Akzeptanz AG Leitbild / Profil / Strategie entwirft Leitbild - mit auch noch hoher Akzeptanz beschreibt künftige Profil mit Akzeptanz, aber ernsthaften und intensiven Debatte leitet Schlussfolgerungen für den Stellenplan ab (Umwidmungen) dann war die Krise da.!! HSK Kommunikationsmanagement Berthold Bielefeld
10 Kommunikatives Handeln (Habermas) Grundidee von Habermas: In der Idee der Kommunikation ist immer schon der Anspruch auf Wahrheit, auch auf Wahrhaftigkeit und auf Verständigung enthalten. Darin ist die Idee enthalten, dass man im 'herrschaftsfreien Diskurs' die eigenen Interessen zugunsten der rationalen Argumentation zurückstellt bzw. diese Interessen kenntlich macht. Wer sich auf Kommunikationsprozesse einlässt, hat sich (seit der Aufklärung) darauf eingelassen, dass der zwanglose Zwang des besseren Arguments gelten soll. HSK Kommunikationsmanagement Berthold Bielefeld
11 Kommunikatives Handeln (Habermas) Hauptkritik: Niemand kann seine Interessen wirklich zurückstellen. Die Benennung der eigenen Interessen hilft nicht weiter, weil keiner beurteilen kann, wie sehr die Interessen die Argumentation ggf. korrumpieren. Zeit: solche Aushandlung dauert im Zweifel zu lange. Das ist hier besonders von Belang, weil Wissenschaft dem Ideal der rationalen Argumentation anhängt und zwar per definitionem, und weil viele Hochschulmitglieder die Ansprüche des wissenschaftlichen Diskurses auch auf die Hochschulen übertragen. Dem steht die simple Behauptung entgegen, Hochschulen seien halt Organisationen (mehr oder weniger wie jede andere). In jedem Fall aber gilt, dass auch an Hochschulen Entscheidungen getroffen werden müssen, und dass diese unter Zeit- (und Finanz-) druck stehen. HSK Kommunikationsmanagement Berthold Bielefeld
12 Neue Steuerung Wesentlicher ideologischer Hintergrund der Hochschulreform Die dezentrale Entscheidung ist der zentralen überlegen in allen Bundesländern... mit verschiedenen Akzenten und unterschiedlichen Tempi passt auf Hochschulen recht gut Hochschulen eher als Ministerien (neue Studiengänge) Fakultäten eher als Präsidien (Vertiefungen) Problem: Die dezentralen Kompetenzträger sind nicht nur Experten, sondern auch Interessenträger. Antwort Neue Steuerung : Ex-post-Steuerung Kennzahlenorientierung Zielvereinbarungen... HSK Kommunikationsmanagement Berthold Bielefeld
13 Neue Steuerung in der Hochschulpolitik Autonomie Globalbudget Studiengänge Gremien funktionieren nicht Stärkung Funktionsträger Staat Wettbewerb Ziele Akkreditierung, Evaluation, Ranking Berichtswesen Haushaltsflexibilisierung Rahmenbedingungen Organisationsautonomie Personalautonomie Indikatorsteuerung Leistungsorientierung Controlling KLR Wissensbilanz HSK Kommunikationsmanagement Berthold Bielefeld
14 Besonderheiten der Hochschulen keine Linienorganisation (jenseits der Verwaltung) hohe Freiheitsgrade wissenschaftliche Kultur Funktionsdiversität relativ geringer Grad an Standardprozessen Man kann wenig anordnen. Es ist oft unklar, wer betroffen ist. hoher Grad an Dezentralität keine Führungsklutur Man kann wenig anordnen. Man weiss nicht, wer wann im Hause ist. zum Teil geringe Verbindlichkeit Öffentliche Dienst-Kultur ( Identifikation) Wissenschaftler/innen interessiert alles. Sie können zu allem sofort etwas sagen. Sie können leicht Argumentionen aufbauen oder zerlegen. kaum gemeinsame Ziele Jede/r identifiziert sich mit ihrem/seinem Fach...eventuell noch mit Institut / nicht mit HS besonders in der Forschung HSK Kommunikationsmanagement Berthold Bielefeld
15 Besonderheiten der deutschen Hochschulen deutsche Selbstverwaltungskultur Mitwirkung der Gruppen in Gremien Gremienhochschule entspricht / widerspricht der Idee der dezentralen Kompetenzen gemäß neuer Steuerung systematischer Konflikt zwischen 'politischem Mandat' und Entscheidungsauftrag Gremien entscheiden nicht tragen keine Verantwortung Nichtangriffspakte z. T. noch vermehrt durch Konflikt zwischen Interessen der Gruppe und der eigenen Einrichtung Widersprüche zwischen den Anforderungen von Forschung und Lehre können an Massenuniversitäten nicht kompensiert werden (besonders relevant in einer Hochschule, die sich so stark dieser Einheit verpflichtet fühlt) HSK Kommunikationsmanagement Berthold Bielefeld
16 Aktuelle Entwicklungen Stärkung der zentralen Kompetenzen bzw. der Funktionsträger (Dekan/in / Präsident/in) Entmachtung der Gremien Entflechtung von Entscheidung und Kontrolle Verlagerung der Entscheidung auf 'verantwortliche Experten' (Funktionsträger) Reduktion der Gremien und Kommissionen zugunsten von Arbeitgruppen Übertragung von Kompetenzen vom Ministerien auf Hochschulen zum Teil Kompensation des Kontrollverlustes durch Hochschulrat Versuch, die Entscheidungs- /Handlungsfähigkeiten der Hochschulen zu stärken HSK Kommunikationsmanagement Berthold Bielefeld
17 Spannungen in der Kommunikation Information / Selektion Transparenz / Datenschutz Konflikt zwischen Menge und Zeit Informationsüberflutung, Abschalten Gefühl, schlecht informiert zu sein z. B. Umlaufmappen face-to-face vetraut man empirisch belegt kostet die meiste Zeit Offenheit stärkt Glaubwürdigkeit, ist oft aber nicht realisierbar Konflikte nicht alles sollte transparent sein die Zeit reicht nie oder Ziele und Zwecke können nicht erreicht werden (harte Entscheidung!) Beteiligung und Akzeptanz dezentrale Kompetenz in Hochschulen nötig viel Mitwirkung = hohe Komplexität der Kommunikation und der Entscheidungsfindung Glaubwürdigkeitsparadox Unterrichtung / Überzeugung 23. Oktober 2008 Seite 17 HSK Kommunikationsmanagement Berthold Bielefeld
18 Grundkonflikt Kommunikation in Hochschulen zu viele Aufgaben Hochschulen sind auf Sachdiskurs eingestellt das Ziel ist doch längst klar keine Ressourcen für Kommunikation ohne die Menschen keine Wirkung ohne Kommunikation Menschen nicht erreichbar keine weitreichende Änderung HSK Kommunikationsmanagement Berthold Bielefeld
19 Effective and ineffectice communcation of change CHANGES Routine Complex TYPE OF MEDIA Face to face One-to-one or group Interactive (e.g. telephone, video conferencing) Overly rich commuication causes confusion Effective Communication Rich communication for complex change Personal momoing (e.g. tailored memos, letters) Routine communication for routine change General bulletins (e.g. circulars, announcement on noticeboards) Too litle information and sensivity leads to mistrust and lack of commitment R.H. Lengel, R.L. Daft, 1988 HSK Kommunikationsmanagement Berthold Bielefeld
20 Organisationsrituale und kultureller Wandel (Johnson/Scholes) Art des Rituals Aufgabe/Funktion des Rituals Beispiel Ritual der Aufnahme Ritual der Verbesserung Ritual der Bestätigung Ritual der Integration Ritual der Konfliktlösung Ritual der Degradierung Ritual der Erklärung Konsolidierung und Stärkung sozialer Rolle Anerkennung von Leistungen für die Organisation Sicherstellung, dass etwas getan wird Unterstützung gemeinsamer Bemühungen Reduzierung von Konflikten und Aggression Bekenntnis zu Problemen, Schwächung der sozialen Rolle Schaffung von gemeinsamer Weltsicht Einführungsprogramm Trainingsprogramm öffentliche Auszeichnung Promotion Ernennung eines Projektteams Weihnachtsfeier Verhandlungskomitee Zurückstufung empirische Untersuchung, Gerüchte HSK Kommunikationsmanagement Berthold Bielefeld
21 Was ist zu tun? (1) Ausgangshypothesen Man kann ohnehin nie genug kommunizieren. Der Aufwand für gute und erfolgreiche Kommunikation ist enorm hoch. Die Zeit für solche Kommunikation reicht nie aus (sollte aber eingeplant werden). Die Eventualfälle gescheiterter Kommunikation sind kaum antizipierbar. Ein Großteil erfolgreicher Kommunikation geht (bislang) auf Intuition zurück, aber auch auf Vorbildfunktionen (schlechte Kommunikation ebenso) nicht am Ziel idealer Kommunikation orientieren, sondern an Risikoreduktion alternative Kommunikationsformen einbeziehen auf Kommunikationskultur achten HSK Kommunikationsmanagement Berthold Bielefeld
22 Was ist zu tun? (2) Risikoanalyse in drei Feldern kontinuierliche Kommunikation, z. B. Mehrheiten gehen verloren. Glaubwürdigkeit der Führungspersonen leidet. Bereiche erhalten Informationen nicht, die sie für die Arbeit brauchen. Wichtige Hinweise aus dezentralen Bereichen werden nicht berücksichtigt. Projektkommunikation Die Zustimmung zu den Veränderungen wird nicht erreicht (Mehrheiten?). Widerstand formiert sich, wird unakzeptabel. (Wieder-)Wahlen werden gefährdet. Dezentrale Kompetenz wird nicht einbezogen. Akzeptanz wird nicht aufgebaut. Krisenkommunikation Das Ansehen der Hochschulen wird massiv geschädigt. Positive Nachrichten werden überlagert..
23 Was ist zu tun? (3) in allen drei Feldern die Risikoanalysen um Stärken und Schwächen ergänzen an den Risiken orientierte Ziele beschreiben darauf hin die Instrumente auswählen Regeln überdenken Informationspflichten Push- versus Pull-Prinzip Kommunikationskultur pflegen Wie kommuniziert man (vor allem über andere / Flurfunk)? Kommunikation ist eine Daueraufgabe nach fast jeder Aktivität klären, was an wen kommuniziert wird Kommunikationslinien abstecken Kommunikation ist Führung Ein (bescheidenes) Kommunikations-Controlling aufbauen an den Zielen orientiert gelegentlich Zwischenbilanz zur Kommunikation / Information evtl. in Befragungen oder bei Sitzungen aufgreifen HSK Kommunikationsmanagement Berthold Bielefeld
24 Danke für Ihre Kommunikationsprozesse an Hochschulen und ihre Schwachstellen Aufmerksamkeit Dr. Christian Berthold Bielefeld 26. Februar
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