Unternehmenssanierung Steuerrechtliche Aspekte - Vortrag beim Münchner Unternehmensteuerforum am 27. Juni 2012 Dr. Christian Sistermann, München Freshfields Bruckhaus Deringer LLP
Inhalt Sanierungsrecht - Gesetz zur weiteren Erleichterung zur Sanierung von Unternehmen (ESUG) Steuerrechtlicher Rahmen - Kein Sanierungssteuerrecht Steuerliche Behandlung einzelner Sanierungsgestaltungen - Forderungsverzicht / Ertragsteuer - Forderungsverzicht / Schenkungsteuer - Debt Equity Swap - Debt Push Up - Debt Buy Back - Cash Circle Freshfields Bruckhaus Deringer LLP 1
Sanierungsrecht Gesetz zur weiteren Erleichterung zur Sanierung von Unternehmen (ESUG) Fortentwicklung Insolvenzrecht u.a. durch - Stärkung Gläubigereinfluss - Erleichterung Eigenverwaltung - Ausbau und Stärkung Insolvenzplanverfahren - Abbau Blockadepotential - Zuständigkeitskonzentration Insolvenzgerichte Inkraft getreten am 01.03.2012 Freshfields Bruckhaus Deringer LLP 2
Sanierungsrecht (2) Gesetz zur weiteren Erleichterung zur Sanierung von Unternehmen (ESUG) Verzahnung Gesellschafts- und Insolvenzrecht Teilnahme der Anteilseigner am Insolvenzplanverfahren - Gesellschafterrechte bleiben vom Insolvenzplan grundsätzlich unberührt - Eingriff in die Rechte der Gesellschafter im gestaltenden Teil des Insolvenzplans möglich - Umwandlung von Forderungen von Gläubigern in Anteilsrechte ( 225a Abs. 2 InsO n.f. Debt Equity Swap) - Sonstige Umgestaltungen der gesellschaftsrechtlichen Struktur ( 225a Abs. 3 InsO n.f.) - Abstimmung der Anteilseigner als eigene Gruppe über Plan / gesellschaftsrechtliche Regelungen - Anteilseigner haben Rechte wie Gläubiger (Minderheitenschutz, Rechtsmittel) - Rechtsänderung tritt mit Rechtskraft der gerichtlichen Bestätigung des Plans in Kraft Freshfields Bruckhaus Deringer LLP 3
Sanierungsrecht (3) Gesetz zur weiteren Erleichterung zur Sanierung von Unternehmen (ESUG) Debt Equity Swap als zentrales gesellschaftsrechtliches Gestaltungselement Stärkung Eigenkapital (zur Bilanzsanierung) und Verbesserung Liquiditätssituation Ablauf (wie außerhalb Insolvenzverfahren) i.d.r. durch - Kapitalherabsetzung - Kapitalerhöhung mit Bezugsrechtsausschluss - Forderungseinlage als Sacheinlage - Forderungsübertragung (Konfusion) oder Erlassvertrag - Festsetzung von Gegenstand und Wert der Sacheinlage im Plan Debt Equity Swap gegen Willen der Gläubiger ist nicht möglich ( 225a Abs. 2 Satz 2 InsO n.f.) Anwendung Sanierungsprivileg nach 39 Abs. 2 Satz 2 InsO (Anteilserwerb erfolgt zum Zwecke der Sanierung im Sinne des 39 Abs. 4 InsO) Bestätigung Insolvenzplan ersetzt Gesellschafterbeschlüsse, Bekanntmachungen und Erklärungen, nicht aber konstitutive Publizitätsakte (HR-Eintragung) Freshfields Bruckhaus Deringer LLP 4
Steuerrechtlicher Rahmen Kein Sanierungssteuerrecht Ertragsteuerliche Regelungen sind nicht auf Sanierungs- bzw. Insolvenzfall zugeschnitten und wirken teilweise krisenverschärfend - Zinsschranke ( 4h EStG) - Verlustuntergang ( 8c KStG) - Organschaftsregelungen (Durchführung EAV etc) - Umwandlungssteuerrechtliche Regelungen (Konfusionsgewinnbesteuerung etc.) Keine speziellen steuergesetzlichen Regelungen für Unternehmenssanierungen Steuerliche Risiken im Zusammenhang mit Sanierungsmaßnahmen zur Eigenkapitalstärkung und Entschuldung von Gesellschaften gefährden den Sanierungserfolg Freshfields Bruckhaus Deringer LLP 5
Steuerliche Behandlung einzelner Sanierungsgestaltungen Forderungsverzicht / Ertragsteuer Forderungsverzicht durch Drittgläubiger - Steuerpflichtiger Gewinn bei Schuldnergesellschaft (SG) - Steuerlicher Aufwand bei Gläubiger Forderungsverzicht durch Gesellschafter oder verbundene Unternehmen - Gesellschaftsrechtliche Veranlassung: - Steuerpflichtiger Gewinn bei SG soweit Forderung nicht werthaltig; i. Ü. nicht steuerbare Einlage (Erhöhung st. EK); GrS BFH vom 09.06.1997 - Steuerlicher Aufwand bei Gläubiger soweit Forderung nicht werthaltig, falls nicht 8b Abs. 3 Satz. 4 KStG, i. Ü. AK auf Beteiligung - Betriebliche Veranlassung: Grds. wie Drittgläubiger; steuerlicher Aufwand bei Gläubiger, falls nicht 8b Abs. 3 Satz 4 KStG Verrechnung mit Verlusten des laufenden Wj und Verlustvorträgen (aber Mindeststeuer nach 10d EStG) sowie Zinsaufwand (aber Zinsschranke); ggf. Nutzung von aufgestautem steuerlichen Wertberichtigungs-Volumen (seit BilMoG) Freshfields Bruckhaus Deringer LLP 6
Steuerliche Behandlung einzelner Sanierungsgestaltungen (2) Forderungsverzicht / Ertragsteuer Stundung und Erlass von Steuer auf Sanierungsgewinn i.s.d. Sanierungserlasses (BMF vom 27.03.2003) - Erleichterung insbesondere außergerichtlicher Sanierungen im Einklang mit der InsO - Anwendung des Sanierungserlasses auf i.d.r. unternehmensbezogene - außergerichtliche Sanierungen unter Änderung der Gesellschafterstruktur - andere gesellschaftsrechtliche Umstrukturierungen im Rahmen einer außergerichtlichen Sanierung - Sanierungen i.r. eines Insolvenzverfahrens Freshfields Bruckhaus Deringer LLP 7
Steuerliche Behandlung einzelner Sanierungsgestaltungen (3) Forderungsverzicht / Ertragsteuer Sanierungsgewinn im Sinne des Sanierungserlasses entsteht infolge des ganzen oder teilweisen Schulderlasses zum Zwecke der Sanierung durch Erlassvertrag oder negatives Schuldanerkenntnis Voraussetzungen eines Sanierungsgewinns: - Sanierungsbedürftigkeit und fähigkeit - Sanierungseignung des Schulderlasses - Sanierungsabsicht der Gläubiger Vom Vorliegen der Voraussetzungen kann bei Sanierungsplan (idealiter IDW S 6) ausgegangen werden KSt / ESt auf Sanierungsgewinne werden zunächst gestundet und schließlich erlassen; nicht genutzte Verluste / Verlustvorträge werden vorab verrechnet (keine Mindestbesteuerung) Freshfields Bruckhaus Deringer LLP 8
Steuerliche Behandlung einzelner Sanierungsgestaltungen (4) Forderungsverzicht / Ertragsteuer Anwendungsrisiken / -probleme - Unsicherheit bezüglich Rechtmäßigkeit des Sanierungserlasses (vgl. FG Köln vom 24.04.2008 sowie BFH vom 14.07.2010; ebenso FG Düsseldorf vom 16.03.2001; aa FG München vom 12.12.2007; offengelassen BFH vom 28.02.2012) - Unsicherheit, ob Sanierungserlass unzulässige Beihilfe (vgl. Beschluss EU- Kommission vom 16.01.2011 zu 8c Abs. 1a KStG) - Anwendung Sanierungserlass i.d.r. nicht gewährleistet, daher Absicherung über va erforderlich ( 89 Abs. 2 AO) - Geltung nur für KSt / ESt; über Erlass GewSt entscheiden Gemeinden nach eigenem Ermessen; Absicherung über entsprechende Zusage erforderlich (va oder Zusicherung) - Bei verbundenen Unternehmen als Gläubiger ggf. Sicherstellung der betrieblichen Veranlassung des Forderungsverzichts über va Freshfields Bruckhaus Deringer LLP 9
Steuerliche Behandlung einzelner Sanierungsgestaltungen (5) Forderungsverzicht / Ertragsteuer Sanierungsabsicht vs. gesellschaftsrechtliche Veranlassung bei Gesellschafter- Gläubiger oder verbundenen Unternehmen - Grds. betriebliche Veranlassung bei Forderungsverzicht im Rahmen eines Sanierungsplans (Gesamtumstände) - Unschädlichkeit eigennütziger Motive (sofern Sanierung mitursächlich für Schulderlass) - Indizwirkung bei Beteiligung von Fremdgläubigern (BFH vom 08.07.1991); nicht erforderlich ist Beteiligung aller Gläubiger - Grds. keine gesellschaftsrechtliche Veranlassung soweit Forderung nicht werthaltig bzw. Teilwert-vGA i.f.d. 8b Abs. 3 Satz 4 KStG Freshfields Bruckhaus Deringer LLP 10
Steuerliche Behandlung einzelner Sanierungsgestaltungen (6) Forderungsverzicht / Schenkungsteuer Schenkungsteuer nach 7 Abs. 8 ErbStG soweit Forderungsverzicht zur Werterhöhung von Anteilen an Kapitalgesellschaft führt, die unmittelbar / mittelbar von natürlichen Personen / Stiftungen gehalten werden - Grds. keine Ausnahme für Sanierungsfälle (vgl. Billigkeitsregelung in Tz. 3.3.6 Gleichltd. Ländererlass vom 14.03.2012) - Bereicherung nur soweit Erhöhung des gw der (unmittelbaren) Anteile an Kapitalgesellschaft; begrenzt auf gw der bewirkten Leistung (i.d.r. 0; Dokumentation zum Beleg Wertlosigkeit erforderlich); vgl. Tz. 3.4.1 ff. - Bei Forderungsverzicht durch KapG bzw. PG an der KapG beteiligt sind, ist zusätzlich Bereicherungsabsicht erforderlich ( 7 Abs. 8 Satz 2 ErbStG, Tz. 4.2) i.d.r. bei Verzicht von Drittgläubigern im Rahmen Sanierung / Insolvenzplanverfahren nicht gegeben - Keine Schenkungsteuer bei Forderungsverzicht gegen Besserungsschein (Tz. 3.3.7) Freshfields Bruckhaus Deringer LLP 11
Steuerliche Behandlung einzelner Sanierungsgestaltungen (7) Debt Equity Swap Bewertung der einzulegenden Forderung (i.d.r. nicht voll werthaltig) - Einbringung eines Teils der Forderung (i.h. quotaler Werthaltigkeit?) - Ausgestaltung Vor- / Nachrangigkeit für einzelne Forderungstranchen und Verzicht auf vorrangige Tranche - Herbeiführung Werthaltigkeit durch begleitende Maßnahmen (z.b. Debt Push Up) Soweit Forderung werthaltig, nicht steuerbare Einlage (gesellschaftsrechtliche Veranlassung)? Soweit Forderung nicht werthaltig, grundsätzlich steuerpflichtiger Gewinn bei SG - Anwendbarkeit Sanierungserlass auf Debt Equity Swap nicht gesichert - Gesellschaftsrechtliche / Betriebliche Veranlassung der Forderungseinlage? - Anpassung Sanierungserlass Freshfields Bruckhaus Deringer LLP 12
Steuerliche Behandlung einzelner Sanierungsgestaltungen (8) Debt Equity Swap Falls Verluste bei SG nach Anwendung Sanierungserlass verbleiben oder Sanierungserlass keine Anwendung findet, ggf. Verlustuntergang bei SG nach 8c KStG Soweit Forderung werthaltig, führt Einlage zu AK bei Gläubiger / Anteilseigner, i. Ü. zu abzugsfähigem Aufwand ( 8b Abs. 3 S. 4 KStG i.d.r. mangels Anteilseignerstellung im Ztp. Darlehensgewährung und Darlehen stehen lassen nicht anwendbar, in jedem Fall aber Fremdvergleich) Keine Schenkungsteuer nach 7 Abs. 8 ErbStG, da i.d.r. angemessene Gegenleistung vorliegt Freshfields Bruckhaus Deringer LLP 13
Steuerliche Behandlung einzelner Sanierungsgestaltungen (9) Debt Push Up Übernahme von z.b. Bankverbindlichkeiten von SG durch deren Muttergesellschaft (MG) (Debt Push Up) Schuldübernahme unter vorherigem und unbedingten Verzicht auf Regressansprüche (Schritt 1) - Steuerneutrale Einlage in SG i.f. des Freistellungsanspruchs gegen MG (Erhöhung steuerliches Einlagekonto bei SG; Anschaffungskosten auf Beteiligung bei MG) - Kein Verzicht auf (wertlosen) Regressanspruch von MG gegenüber SG (Werthaltigkeit der Forderung gegen SG ist unerheblich) Wirksamwerden Schuldübernahme durch Zustimmung Gläubiger (Schritt 2) Freistellungsanspruch und Darlehensverbindlichkeiten entfallen erfolgsneutral (BFH vom 20.12.2001, BFH NV 2002, 678) Bei befreiender Schuldübernahme in einem Schritt ist Ausbuchung der Darlehensverbindlichkeit bei SG aufgrund gesellschaftsrechtlicher Veranlassung der Schuldübernahme in vollem Umfang nicht steuerbare verdeckte Einlage; auf die Werthaltigkeit der korrespondierenden Darlehensforderung kommt es wiederum nicht an Freshfields Bruckhaus Deringer LLP 14
Steuerliche Behandlung einzelner Sanierungsgestaltungen (10) Debt Push Up Risiko der steuerlichen Behandlung als Forderungsverzicht wegen möglicher Umgehung der Grundsätze des GrS des BFH vom 09.06.1997? - Grundsätze des GrS kommen nicht zum Tragen (BFH vom 20.12.2001) - Jedenfalls kein Forderungsverzicht, wenn übernommene Verbindlichkeit bei MG bestehen bleibt Absicherung über va erforderlich, da keine endgültige Rechtssicherheit Vorzugswürdig gegenüber Forderungsverzicht - Kein Abstimmungsbedarf mit Gemeinden - Keine Beihilferisiken - Kein Verlustuntergang Freshfields Bruckhaus Deringer LLP 15
Steuerliche Behandlung einzelner Sanierungsgestaltungen (11) Debt Buy Back Rückkauf der Darlehensforderung zum gw (Debt Buy Back) ist z.b. denkbar durch - SG selbst (Alternative 1) - MG selbst, ggf. mit anschließendem Forderungsverzicht bzw. -einlage oder qualifizierten Rangrücktritt (Alternative 2) - Verbundenes Unternehmen von SG, ggf. mit Debt Push Up zu MG Soweit Konfusionsgewinn in Folge Debt Buy Back (Alternative 1 und Forderungsverzicht bzw. einlage in Alternative 2) entspricht die steuerliche Behandlung grundsätzlich der im Falle des Forderungsverzichts (s.o.); Anwendbarkeit des Sanierungserlasses ist indes nicht gesichert Soweit Debt Buy Back durch MG ohne Konfusionsgewinn (Alternative 2 mit Rangrücktritt) erfolgt keine Entschuldung von SG. Keine steuerlichen Auswirkungen; Mindestverzinsung ist ausreichend Soweit Debt Buy Back durch verbundenes Unternehmen (unabhängig, ob Entlastung von SG über Debt Push Up) ergeben sich keine steuerlichen Auswirkungen; angemessene Verzinsung der Darlehensforderung ist allerdings erforderlich. Freshfields Bruckhaus Deringer LLP 16
Steuerliche Behandlung einzelner Sanierungsgestaltungen (12) Cash Circle Beseitigung von Verbindlichkeiten gegenüber MG durch offene oder verdeckte Einlagen in SG - Rückzahlung der Verbindlichkeit durch SG aus eingelegten Barmitteln - Refinanzierung der Verbindlichkeit gegenüber MG über Einlagen (z.b. durch Verpfändung) Nicht steuerbare Einlage bei SG und ertragsneutrale Bilanzverkürzung Bei MG nicht steuerbare Erhöhung AK und Aktivtausch (außer vorangegangene Teilwertberichtigung; 8b Abs. 3 Satz 8 KStG) Freshfields Bruckhaus Deringer LLP 17
Steuerliche Behandlung einzelner Sanierungsgestaltungen (13) Cash Circle Risiko der Umqualifizierung in Forderungsverzicht (Gestaltungsmissbrauch)? - Kein Gestaltungsmissbrauch denkbar bei Refinanzierung, da bloßer Gläubigerwechsel und Fortbestand Verbindlichkeit bei SG - I.Ü. Anwendbarkeit von 42 AO fraglich - Wohl keine Umgehung der Grundsätze des GrS des BFH vom 06.06.1997, da auf Forderungsverzicht beschränkt (vgl. BFH vom 20.01.2001) - Cash Circle ist von Finanzierungsfreiheit gedeckt (FG München vom 27.10.2009) - Kein Missbrauch bei tatsächlichem Barmittelabfluss beim Gesellschafter, da Vollstreckungszugriff der anderen Gläubiger von SG (FG Berlin- Brandenburg vom 13.04.2010) Freshfields Bruckhaus Deringer LLP 18
DAC11442302 Diese Informationen sind nicht als umfassende Darstellung gedacht und können eine individuelle Rechtsberatung nicht ersetzen. Freshfields Bruckhaus Deringer LLP 2012 Freshfields Bruckhaus Deringer LLP 19