Antwort. Deutscher Bundestag 10. Wahlperiode. Drucksache 10/4255. der Bundesregierung



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Transkript:

Deutscher Bundestag 10. Wahlperiode Drucksache 10/4255 14.11.85 Sachgebiet 402 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Müntefering, Schmi tt (Wiesbaden), Conradi, Lohmann (Wi tten), Meininghaus, Menzel, Polkehn, Ranker, Reschke, Frau Schmedt (Lengerich), Dr. Sperling, Stahl (Kempen), Wartenberg (Berlin), Frau Weyel, Wolfram (Recklinghausen) und der Fraktion der SPD Drucksache 10/3676 Mietkosten und Zahlungsunfähigkeit von Mietern Der Bundesminister für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau hat mit Schreiben vom 12. November 1985 die Kleine Anfrage namens der Bundesregierung wie folgt beantwortet: Vorbemerkung Die wohnungspolitischen Maßnahmen der Bundesregierung haben entscheidend dazu beigetragen, daß heute in weiten Teilen der Bundesrepublik Deutschl and Wohnungsangebot und Wohnungsnachfrage ausgeglichen sind. Angesichts der Normalisierung des Wohnungsmarktgeschehens machen immer mehr Mieter die Erfahrung, daß die Marktmieten heute wesentlich langsamer steigen als noch zu Beginn der 80er Jahre und daß viele Vermieter sogar zu Preisnachlässen bereit sind. Die Behauptung, daß es nach den Mietrechtsänderungen vom 1. Januar 1983 zu extremen Preissteigerungen im freifinanzierten Mietwohnungsbau kommen werde, hat sich als unrichtig erwiesen. Die Mietsteigerungsrate ist insgesamt von 5,1 % im Jahr 1982 auf 3,8 % im Jahr 1984 gesunken (vgl. Wohngeld- und Mietenbericht 1985 der Bundesregierung Drucksache 10/3222 vom 19. April 1985). Auch in diesem Jahr haben sich die Mieterhöhungen weiter abgeschwächt. Im Oktober lag die Mietsteigerungsrate der freifinanzierten Neubauwohnungen gegenüber Oktober 1984 nur noch bei 1,8 %. Obwohl die Situation der Mieter angesichts des bundesweit ausgeglichenen Wohnungsmarktes insgesamt sehr günstig ist, übersieht die Bundesregierung nicht, daß es immer noch Mieter gibt, die Schwierigkeiten haben, eine angemessene Wohnung zu fin-

Drucksache 10/4255 Deutscher Bundestag 10. Wahlperiode den oder zu bezahlen. Deshalb gewährt der Staat den Familien, die aus wirtschaftlichen Gründen Probleme haben, eine angemessene Wohnung zu erhalten, individuelle Hilfen durch Wohngeldzahlungen. Mit der Erhöhung um mehr als 900 Mio. DM durch die 6. Wohngeldnovelle stehen ab dem 1. Januar 1986 jährlich mehr als 3 Mrd. DM bereit. Personen, die sozialhilfebedürftig sind, haben einen Anspruch auf Übernahme der Mietkosten in angemessener Höhe einschließlich der Heizungskosten. Für die Haushalte, die trotz dieser wirtschaftlichen Absicherung aufgrund besonderer sozialer Schwierigkeiten noch Wohnungsprobleme haben, steht den Städten und Gemeinden eine Reihe von Instrumenten für zusätzliche Hilfsmaßnahmen zur Verfügung, einschließlich vorbeugender Maßnahmen zur Vermeidung von Obdachlosigkeit. Einzelne Landes- bzw. Kommunalstatistiken über die Entwicklung der Obdachlosigkeit lassen den Schluß zu, daß die Bemühungen der Städte und Gemeinden, Obdachlosigkeit durch vorbeugende Maßnahmen zu vermeiden, dazu geführt haben, daß sich die Zahl der obdachlosen Personen in den vergangenen Jahren vermindert hat. Der unterstellte natürliche Zusammenhang zwischen Wohnkostenanstieg und Arbeitslosigkeit bzw. Einkommensrückgang einerseits sowie zunehmenden Mietzahlungsrückständen, Räumungsklagen und steigender Obdachlosigkeit andererseits wird durch die der Bundesregierung zur Verfügung stehenden Statistiken und Mate rialien nicht belegt. 1. Wie haben sich in den letzten Jahren die Wohnkosten differenziert nach Mietzins, Heizkosten, Gebühren im Verhältnis zum verfügbaren Einkommen entwickelt? Die amtliche Statistik enthält keinen hinreichend genauen Nachweis über die Entwicklung der Wohnkosten. und der verfügbaren Einkommen der Mieterhaushalte. Anhaltspunkte für die Entwicklung der Wohnungsmieten und der verfügbaren Einkommen von allen Haushalten liefern die laufenden Wirtschaftsrechnungen der privaten Haushalte. Die Entwicklung der Wohnungsmieten und der verfügbaren Haushaltseinkommen ab 1980 gibt die folgende Tabelle für drei verschiedene Haushaltstypen wieder:'

Deutscher Bundestag 10. Wahlperiode Drucksache 10/4255 Einkommen und Mieten Ergebnis der laufenden Wirtschaftsrechnungen Haushaltstyp Jahr Verfügbares Miete t) Miet- HH-Einkommen 1 ) Belastung DM DM % 2-Personenhaushalt von Renten- 1980 1 348 262 19,4 und Sozialhilfeempfängern mit 1981 1 429 278 19,5 geringem Einkommen 1982 1 530 298 19,5 1983 1 591 325 20,4 1984 1 662 349 21,0 4-Personenhaushalt von 1980 2 993 401 13,4 Arbeitnehmern mit mittlerem 1981 3 197 418 13,1 Einkommen 1982 3 292 445 13,5 1983 3 469 492 14,2 1984 3 474 527 15,2 4-Personenhaushalt von 1980 4 991 587 11,8 Arbeitnehmern mit höherem 1981 5 431 614 11,3 Einkommen 1982 5 666 647 11,4 1983 5 936 689 11,6 1984 6 010 794 13,2 Quelle : Statistisches Bundesamt 1) Verfügbares Haushaltseinkommen: Ausgabefähige Einkommen und Einnahmen 2) Miete einschließlich Umlagen für Wasser, Kanalisation, Müllabfuhr u. a.; ohne Heizung und Warmwasser. Die Angaben zur Wohnungsmiete enthalten neben den Aufwendungen für Mietwohnungen auch einen unterstellten Be trag für den Mietwert der Eigentümerwohungen. Danach bezahlten 1984 Rentnerhaushalte 21,0 %, Arbeitnehmerhaushalte mit mittlerem Einkommen 15,2 % und Haushalte mit höherem Einkommen 13,2 % ihres verfügbaren Einkommens für die Miete. Dabei ist zu berücksichtigen, daß Wohngeldzahlungen nicht als Minderung der Mietzahlung, sondern als zusätzliches Einkommen erfaßt werden. Würde man umgekehrt verfahren und die Mietzahlung direkt um das Wohngeld kürzen, ergäben sich vor allem bei Rentnerhaushalten deutlich geringere Mietbelastungsquoten. Bei allen Haushaltstypen erhöhte sich die Mietbelastungsqote in den vergangenen fünf Jahren um weniger als 2 Prozentpunkte. Dieser Anstieg war vor allem Folge einer vorübergehend schwachen Einkommensentwicklung. Die nega tive Entwicklung der Realeinkommen wurde im Jahre 1982 gestoppt. Seit 1983 zeigen die Veränderungsraten einen steigenden Verlauf (vgl. Graphik). Fast gleichzeitig gelang es, die hohen Mietsteigerungsraten zu verringern. Im Jahre 1985 dürfte auch die Mietbelastungsquote wieder sinken.

Drucksache 10/4255 Deutscher Bundestag 10. Wahlperiode Entwicklung der Mieten und der Realeinkommen Quell e : Statistisches Bundesamt; Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung 1984/85 1) Veränderungsraten gegen Vorjahr in %; 1985 geschätzt 2) Real verfügbares Einkommen der privaten Haushalte Die Aufwendungen für kommunale Gebühren und für die Heizung von Wohnraum werden nicht gesondert statistisch erfaßt. Allerdings dürfte von diesen Nebenkosten in den letzten Jahren ein eigenständiger Impuls auf die Entwicklung der Wohnkosten ausgegangen sein. Dies zeigt der überdurchschnittlich starke Anstieg der kommunalen Tarife. Insgesamt ist zu berücksichtigen, daß der Anstieg der in den Wirtschaftsrechnungen ermittelten Mietaufwendungen über längere Zeiträume auch auf die Ausweitung der Wohnflächen und die qualitative Verbesserung des Wohnungsbestandes zurückzuführen ist. 2. Wie hat sich in den letzten Jahren die Zahl der von Zahlungsunfähigkeit bzw. von Zahlungsrückständen betroffenen Mieter entwickelt und sind regionale Schwerpunkte festzustellen? 3. Welche Ursachen gibt es für Zahlungsunfähigkeit bzw. Zahlungsrückstände der Mieter (z. B. gestiegene Wohnkosten, Arbeitslosigkeit), und welche Haushalte sind davon be troffen? Zahlungsunfähigkeit bzw. Zahlungsrückstände von Mietern werden nicht bundesweit erfaßt. Die Bundesregierung kann somit keine statistisch abgesicherten allgemeinen Aussagen über die Zahl der betroffenen Mieter und Haushalte, ihre regionale Verteilung oder über die Ursachen machen. Zahlungsrückstände von Mietern werden nur von einzelnen Gemeinden erfaßt, und zwar vornehmlich dann, wenn diese zur Abwendung drohender Obdachlosigkeit tätig werden.

Deutscher Bundestag 10. Wahlperiode Drucksache 10/4255 Die von der Bundesregierung von einigen Kommunen zur Verfügung gestellten Mate rialien deuten darauf hin, daß eine statistische Erfassung vor allem in solchen Städten erfolgt, in denen die Zahlen der Räumungsklagen und der Haushalte, die personelle und finanzielle Hilfen der Verwaltung in Anspruch genom men haben, angestiegen sind. Deshalb kann diesen Mate rialien keine überregionale statistische Bedeutung zugemessen werden. Wichtig erscheinen jedoch die qualitativen Aussagen in den von einer Reihe von Kommunen zur Verfügung gestellten Unterlagen. Sie machen deutlich, daß der in der Anfrage unterstellte natürliche Zusammenhang zwischen Wohnkostenanstieg und Arbeitslosigkeit bzw. Einkommensrückgang auf der einen sowie Zahlungsverzug, Räumungsklagen und Obdachlosigkeit auf der anderen Seite nicht gegeben ist. Eine Untersuchung des Ins tituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesanstalt für Arbeit zeigt, daß sich die aus Arbeitslosigkeit resultierenden Einschränkungen bei den Wohnansprüchen in den vergangenen zehn Jahren kaum verändert haben. Sie haben nach wie vor eine deutlich geringere Bedeutung als etwa die Einschränkungen beim Urlaub sowie beim Kauf von dauerhaften Konsumgütern (Auto, Möbel u. a.). Nicht Arbeitslosigkeit allein löst Miet- und Wohnungsprobleme aus, sondern, wenn überhaupt, nur zusammen mit anderen Faktoren, wie z. B. hohe Verschuldung, persönliche Belastung (z. B. Scheidung) oder auch mangelnde Inanspruchnahme rechtlich zustehender Hilfen. Letzteres war nach Mitteilung einer Großstadt bei mehr als zwei Drittel der betroffenen Haushalte ein wichtiger Grund für Mietzahlungsschwierigkeiten. Aus den Unterlagen geht auch hervor, daß die Erhöhung der Wohnkosten gar nicht oder nur zu verschwindend geringen Anteilen als Ursache für Mietzahlungsschwierigkeiten gesehen wird. Wichtig ist schließlich die durchgehende Erfahrung, daß dank der wirkungsvollen Hilfen auf kommunaler Ebene in den Städten mit tendenziell zunehmenden Mietzahlungsschwierigkeiten die Zahl der Obdachlosenhaushalte zurückgegangen ist. Auch die von der Wohnungswirtschaft zur Verfügung gestellten Materialien und Hinweise bestätigen, daß von einer eindeutigen Tendenz zunehmender Mietrückstände nicht gesprochen werden kann. 4. Wie hoch ist die Zahl der Räumungsklagen gegen Mieter auf Grund von Zahlungsrückständen? Die Zahl der Räumungsklagen gegen Mieter auf Grund - von Zahlungsrückständen ist nicht bekannt. Solche Klagen werden in der Justizstatistik nicht gesondert erfaßt. Die der Bundesregierung zur Verfügung gestellten Statistiken einiger Großstädte zeigen jedoch, daß der seit Beginn der 80er

Drucksache 10/4255 Deutscher Bundestag 10. Wahlperiode Jahre zu verzeichnende Anstieg der Räumungsklagen mittlerweile zum Stillstand gekommen ist; teilweise ist sogar ein Rückgang zu verzeichnen. 5. Wie hat sich die Zahl der Obdachlosen entwickelt, und wie ist die soziale und wohnliche Situation der obdachlosen Haushalte? Der Bundesregierung liegen keine amtlichen Statistiken über die Zahl der Obdachlosen in der Bundesrepublik Deutschland vor. Der Umfang der Obdachlosigkeit im gesamten Bundesgebiet wurde zuletzt im Rahmen einer für das Bundesministerium für Jugend, Familie und Gesundheit erstellten Studie Randgruppenbildung im ländlichen Raum/Armut und Obdachlosigkeit" geschätzt (Schriftenreihe des Bundesministeriums für Jugend, Familie und Gesundheit, Bd. 146, Bonn 1984). Danach wurde für das Jahr 1980 eine Gesamtzahl von ca. 60 000 Haushalten mit rd. 200 000 Personen als obdachlos in der Bundesrepublik Deutschland ermittelt. Demgegenüber wird die Zahl der Obdachlosen in Nordrhein Westfalen regelmäßig erfaßt. Entwicklung der Obdachlosigkeit in Nordrhein-Westfalen Jahr s ) Personen Haushalte 1975 86 144 19 624 1976 77 166 17 920 1977 68 721 16 466 1978 65 164 16 104 1979 63 704 16 177 1980 64 911 17 103 1981 66 309 17 743 1982 68 089 18 711 1983 62 782 17 595 1984 56 364 16 388 1) Stichtag jeweils 30. Juni Quelle: Landesamt für Datenverarbeitung und Statistik NRW, Statistische Berichte, Die Obdachlosigkeit in NRW 1975 bis 1984 Die Statistik weist einen erheblichen Rückgang der Obdachlosigkeit in den vergangenen zehn Jahren mit besonders starker Tendenz in den Jahren 1983 und 1984 aus. Diese -Entwicklung gilt sowohl für die Zahl der von Obdachlosigkeit betroffenen Personen als auch für die Zahl der betroffenen Haushalte. Insgesamt betrug 1984 der Anteil der Obdachlosen an der Bevölkerung in Nordrhein-Westfalen rd. 0,3 %.

Deutscher Bundestag 10. Wahlperiode Drucksache 10/4255 1975 waren es noch rd. 0,5 %. Wichtig erscheint auch der Hinweis, daß die Zahl der obdachlosen kinderreichen Familien in besonderem Maße zurückgegangen ist. Zur Entwicklung der Wohnsituation Obdachloser gibt die Statistik von Nordrhein-Westfalen Hinweise. Nur rd. 5 % der obdachlosen Haushalte leben in Unterkünften einfachster Art, beispielsweise Baracken. 1975 waren es noch rd. 9 %. 6. Wie werden die von Obdachlosigkeit bedrohten bzw. be troffenen Mieter mit Wohnraum versorgt, und welche weitergehenden Hilfen werden ihnen gewährt? Direkte Maßnahmen zur Vermeidung und zur Beseitigung von Obdachlosigkeit fallen in den originären Aufgabenbereich der Städte und Gemeinden. Zentraler Ansatzpunkt der Hilfeleistung der Gemeinde ist die Vermeidung der Obdachlosigkeit. Hierzu gehören zunächst Verhandlungen mit dem bisherigen Vermieter, um über Ratenzahlungsvereinbarungen oder Mietgarantien einen Verbleib in der bisherigen Wohnung zu ermöglichen. Hierzu gehört auch die Übernahme von Mietrückständen unter den Voraussetzungen des 15 a Bundessozialhilfegesetz durch die Sozialämter mit der Folge, daß z. B. auch eine bereits ausgesprochene fristlose Kündigung wegen Zahlungsverzugs nach 554 Abs. 2 Nr. 2 BGB unwirksam wird. Um den Sozialämtern eine rasche Hilfe zu ermöglichen, teilen die Gerichte (nach Unterabschnitt IV/1 der Anordnung über Mitteilungen in Zivilsachen) den Sozialämtern die Rechtsanhängigkeit einer Klage auf Räumung bei Zahlungsverzug des Mieters mit. Des weiteren leisten die sozialen Dienste und die entsprechenden Stellen der Gemeinden persönliche Hilfen durch Beratung. Insbesondere der Schuldnerberatung kommt eine wachsende Bedeutung zu. Darüber hinaus haben die Gemeinden die rechtliche Möglichkeit, die Obdachlosigkeit durch Beschlagnahmung und Wiedereinweisung in die bisherige Wohnung abzuwenden. Kann eine Räumung der Wohnung trotz dieser Maßnahmen nicht verhindert werden, sind die Gemeinden bestrebt, die Betroffenen möglichst schnell wieder mit einer Wohnung zu versorgen. Dies geschieht durch die Bereitstellung von gemeindeeigenen oder auf dem Wohnungsmarkt angemieteten Wohnungen, wobei die Gemeinden häufig Mietgarantien und/oder Vermittlungsgebühren übernehmen. 7. Ist der Bundesregierung bekannt, in welchem Umfang tatsächliche Obdachlosigkeit vermieden wird, weil die Kommunen die Wohnkosten zahlungsunfähiger Mieter übernehmen? Die Übernahme von Mietrückständen nach 15 a Bundessozialhilfegesetz ist zwar ein wesentlicher, aber nicht der einzige Ansatzpunkt, Obdachlosigkeit wirksam zu vermeiden.

Drucksache 10/4255 Deutscher Bundestag 10. Wahlperiode Der Bundesregierung liegen keine Statistiken darüber vor, in welchem Umfang durch die Übernahme von Mietrückständen Obdachlosigkeit vermieden wird. Die für das Land Nordrhein- Westfalen verfügbare Obdachlosigkeitsstatistik und die Zahlen einzelner Städte lassen jedoch insgesamt den Schluß zu, daß die verstärkten Maßnahmen der Gemeinden die Zahl der obdachlosen Personen und Haushalte spürbar vermindert haben. 8. In welcher Weise bemüht sich die Bundesregierung, den von Obdachlosigkeit betroffenen Haushalten und den Städten, Gemeinden und Kreisen bei der Lösung des Problems zu helfen? Direkte Maßnahmen zur Vermeidung und zur Beseitigung von Obdachlosigkeit fallen in den originären Aufgabenbereich von Städten und Gemeinden. Auf die Antwort zu Frage 6 wird verwiesen. Druck: Thenée Druck KG, 5300 Bonn, Telefon 23 19 67 Alleinvertrieb: Verlag Dr. Hans Heger, Postfach 20 08 21, Herderstraße 56, 5300 Bonn 2, Telefon (02 28) 36 35 51 ISSN 0722-8333