Medizintechnikprodukte aus Sicht der Krankenkassen Vortrag am 9. Februar 2005 anlässlich der Fachtagung Integrierte Produktpolitik Günter Ploß Leiter VdAK/AEV Landesvertretung Hamburg Mittelweg 144 20148 Hamburg
I. Grundsätze 1. Qualität und Wirksamkeit der Leistungen haben dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen ( 2 Abs. 1 SGB V) 2. Leistungen müssen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkasse nicht bewilligen ( 12 Abs. 1 SGB V) 3. Einführung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden erst nach Empfehlung des GemBA: Nutzen, medizinische Notwendigkeit, apparative Anforderungen ( 135 SGB V) 4. GemBA bestimmt durch Richtlinien insbesondere aufwendige medizintechnische Leistungen ( 136 a SGB V) 5. GemBA beschließt Maßnahmen zur Qualitätssicherung und Kriterien für die im Krankenhaus durchgeführten diagnostischen und therapeutischen Leistungen, insbesondere aufwändiger medizintechnischer Leistungen ( 137 Abs. 1 SGB V)
II. Allgemeines 1. Schleichende Entwicklungen 2. Preis neuer Medizintechnikprodukte meistens teurer (auch bei Massenproduktionen) 3. Unterschiede zwischen stationär und ambulant 4. Evidenznachweis/nachhaltige Kontrolle 5. Erprobung in Grenzbereichen der Medizin 6. Anforderung an gesetzliche Genehmigungsverfahren 7. Aus-, Fort- und Weiterbildung der Ärzte (Veränderung Diagnose-/OP-Technik) 8. Qualität der Produkte 9. Behandlung/Einsatz im Ausland 10. Änderung bei Verhandlungen (z. B. stationärer Bereich: durchschnittliche Kosten in DRG-Preisen enthalten, Preisverhandlungen, Komplett-/Systemangebote) 11. Veränderung von OP-Techniken
III. Vorteile 1. Bessere Diagnosen und Therapien 2. Minimalinvasive Eingriffe: a) Verkürzung Verweildauer b) Verkürzung des Heilungsverlaufs 3. Veränderungen im Versorgungssystem; insbesondere die zukünftige Rolle der Kassen (Innovationsmotoren/-schub) 4. Risikominimierung 5. Telemedizin 6. Produktivitätserhöhung
IV. Risiken 1. Überangebote von Medizintechnikprodukten 2. Finanzinteressen 3. Wer entscheidet über Einsatz 4. Nicht medizinisch erforderliche Eingriffe 5. Preise 6. Rückgang/Änderung medizinischen Sachverstand 7. Echte/scheinbare Innovationen
V. Integrierte Produkt Politik (IPP) 1. Kriterien/Aussagen gelten auch für IPP 2. Ökologie spielt eine eher untergeordnete Rolle 3. Einkaufspreise sind maßgeblich 4. Abfallseitig entstehen ca. 1 Mio. Tonnen Abfall pro Jahr (1,8 2,0 kg pro Tag/Bett) 5. Beteiligung von Hygienefachkräften, Pflegepersonal, Sicherheitsbeauftragte, medizinischem Personal an Einkaufsentscheidungen 6. Medizinprodukte sind ökologisch relevant (Medizintechnik rd. 14 Mrd. Umsatz, Medizinprodukte rd. 6,5 Mrd. /über 300 Hersteller) 7. Ökologische Produktqualitäten und Preise variieren erheblich 8. Ökologische Qualität, Produktqualität und Preis stehen in keinem direkten Zusammenhang
VI. Fazit Krankenversorgung auf der Basis eines solidarischen Finanzierungssytems ist nur unter kontinuierlicher Berücksichtigung des aktuellen Stands des medizinischen Wissens und der Medizintechnik denkbar. Das gilt auch für IPP. Der Fortbestand des Systems wird jedoch gefährdet, wenn es mit teuren Pseudoinnovationen, unausgereiften Erfindungen, nicht medizinisch erforderlichen Eingriffen und überhöhten Preisen medizintechnischer Produkte belastet wird. Das Versorgungssystem wird sich gravierend verändern (IV-Verträge, MVZ); insbesondere werden die Krankenkassen mehr Verantwortung übernehmen. Sie sind keine Behinderung sondern fortschrittlicher Motor des Systems.