Re-Kommunalisierung. Thomas Tannheimer

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Transkript:

Re-Kommunalisierung Thomas Tannheimer 1

Wer wir sind? Gegründet 1952 um die Belange der öffentlichen Wirtschaft zu vertreten Zahlreiche Mitglieder aus allen Bereichen der Daseinsvorsorge Geschäftsstelle in Wien Was wir tun? Interessenvertretung auf nationaler und europäischer Ebene Analyse und Information zu EU-Gesetzesinitiativen Zusammenarbeit mit europäischen Partnerorganisationen / Teil der europäischen Sozialpartner Erarbeitung von Stellungnahmen auf nationaler und europäischer Ebene 2

Gliederung A) Definition Re-Kommunalisierung B) Begründungen und Argumente D) Bedeutung der europarechtlichen/-politischen Einbettung C) Gibt es einen belastbaren Trend? D) Sektor-spezifische Dimension (Energie, Wasser) 3

A) Definition Re-Kommunalisierung o Re-Kommunalisierung im engen Sinn setzt der Begriff genau genommen eine Rückübertragung von Aufgaben in die kommunale Erfüllungsverantwortung voraus (materiell) o Aber: Aufgrund zahlreicher funktionaler/formeller Privatisierungen fällt aber auch die Modifikation hin zu mehr kommunalem Einfluss darunter o Warum wurden die Leistungen überhaupt aus der kommunalen Sphäre herausgelöst (materiell/funktional/formell)? - Hoffnung auf Effizienzsteigerungen - Hoffnung auf Qualitätssteigerungen - Stopfen von Haushaltslöchern (Einmaleffekte) - Gesellschaftlicher Großtrend ( Age of Neoliberalism ) 4

B) Begründungen zur Re-Kommunalisierung o (Zumindest) teilweise Enttäuschung der ursprünglichen Erwartungshaltung o Bekenntnis zur Notwendigkeit politischen Gestaltungsspielraumes o Mitbestimmungsanspruch der BürgerInnen / Demokratieprinzip o Einfluss auf Qualität, Preis und Kontrollmechanismen o Bedeutung lokaler Wertschöpfung o Nutzung von Synergien im Querverbund o Europarechtliche Einschränkungen 5

C) Bedeutung der europarechtlichen Einordnung o Die Erbringung von kommunalen Leistungen steht häufig in latentem Konflikt mit der Binnenmarktorientierung der Europäischen Union Spannungsfeld zwischen Gemeinwohl und ökonomischen Wettbewerb o Die Regelungsdichte und Komplexität der Rechtsmaterie wird kontinuierlich höher (siehe Vergaberecht, Beihilfenrecht) Preis für die wettbewerbliche Harmonisierung sehr unterschiedlicher Traditionen? o Damit werden auch der Druck für kleinere Akteure größer (Rechtliche Absicherung, Kosten für Ausschreibungen, Absicherung interkommunaler Kooperationen) Tendenz zur Re-Kommunalisierung um für saubere Verhältnisse zu sorgen, oder aber Druck in Richtung Privatisierung zur Beseitigung der finanziellen/administrativen Probleme! (Konnex zur Konzessions- RL) 6

D) Gibt es einen belastbaren Trend? o Ein europaweit belastbarer Trend zu Re-Kommunalisierungen ist schon aufgrund der Diversität der nationalen politischen Systeme und Verwaltungstraditionen kaum vorstellbar/nachweisbar o Am ehesten in Ländern mit historisch gewachsener kommunaler Selbstbestimmung vor allem Deutschland (in Ö ist vergleichsweise wenig privatisiert worden) o Aber auch dort sektorenabhängig: hauptsächlich im Bereich Energie und Wasser hier gab es die stärksten Privatisierungsschübe ab Mitte 1990er. Abgesehen von der Frage nach dem Trend europaweit eine Reihe spektakulärer Kommunalisierungen aufgrund privater Misere (zb. Wasser: zb Paris, Berlin; Verkehr: London etc.) o Aber: Die weitere Entwicklung der kommunalen Unternehmen bereitet möglicherweise den Boden für übergreifende Trends 7

D) Sektorspezifisch: Energie o Beispiel D: Hoffnung auf Stärkung der KonsumentInnen und mehr Effizienz durch Privatisierungen Mitte der 1990er weitgehend nicht erfüllt (Oligopolisierung) o Oftmals Unzufriedenheit mit den vier großen Konzernanbietern, die jahrelang klassisches Verhalten von Oligopolisten zeigen (Service, Innovation, Preis) o Deswegen Re-Kommunalisierungs-Tendenz (Window of opportunity durch auslaufende Konzessionsverträge) o Das Stadtwerke-Modell gewinnt an Attraktivität: Größere Nähe zu BürgerInnen (damit verbunden mehr Bindung) Anforderungen der Energiewende leisten dezentralen Strukturen Vorschub Chance zu kreativer Serviceinnovation über die Wertschöpfungskette Stadtwerke können der Idee kommunaler Selbstverwaltung Substanz geben 8

D) Sektorspezifisch: Energie Quelle: Lenk, Thomas; Rottmann, Oliver; Albrecht, Romy: Rekommunalisierung in der Energieversorgung. In: Public Governance, Frühjahr 2011, S. 8 9

D) Sektorspezifisch: Energie Quelle: Lenk, Thomas; Rottmann, Oliver; Albrecht, Romy: Rekommunalisierung in der Energieversorgung. In: Public Governance, Frühjahr 2011, S. 9 10

D) Sektorspezifisch: Energie Quelle: Lenk, Thomas; Rottmann, Oliver; Albrecht, Romy: Rekommunalisierung in der Energieversorgung. In: Public Governance, Frühjahr 2011, S. 10 11

E) Sektorspezifisch: Wasser Wasser als Paradebeispiel öffentlicher Verantwortung: Natürliches Monopol Transparenz und Kontrolle Nachhaltigkeit 12

13

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Kontakt: Thomas Tannheimer Verband der öffentlichen Wirtschaft und Gemeinwirtschaft Österreichs Stadiongasse 6-8, A-1010 Wien Telefon: 0043-1-4082204-20 E-Mail: thomas.tannheimer@voewg.at 14