Beispiel zur Gewinnermittlung nach 4 Abs. 3 EStG Sachverhalt: Dr. Thomas Müller (M) betreibt in Landshut eine Zahnarztpraxis. Er ermittelt seinen Gewinn nach 4 Abs. 3 EStG. Bei seiner nach 164 Abs. 1 AO unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangenen ESt-Veranlagung für das Jahr 01 ist zunächst der von ihm erklärte Gewinn i. H. von 120 000 zugrunde gelegt worden. Bei einer Außenprüfung stellt der Prüfer Folgendes fest: 1. Aufgrund der gesunkenen Goldpreise hat M im Jahr 01 einen Betrag i. H. von 5.000 für Wertminderung seines auf Vorrat gehaltenen Zahngoldes als Betriebsausgabe abgesetzt. 2. M hat seine Tätigkeit bis zum 30.6.01 in seiner zum Betriebsvermögen gehörenden Eigentumswohnung ausgeübt. Die ETW (einschl. Grund und Boden) hatte zum 30.6.01 einen Buchwert i. H. von 200 000 und einen Teilwert i. H. von 250 000. Am 1.7.01 hat M seine Praxis in einen Neubau verlegt. Die ETW hat er ab diesem Zeitpunkt an einen Rechtsanwalt vermietet; die Mieteinnahmen i. H. von 6 000 für die Zeit vom 1.7. bis 31.12.01 sind als Betriebseinnahmen erfasst worden. 3. Im Dezember 01 hat M einen PC für 1 800 angeschafft. Die Rechnung wurde am 24.1.02 bezahlt. M hat für den PC im Jahr 01 folgende lineare AfA gem. 7 Abs. 1 EStG vorgenommen: 1/3 von 1 800 = 600 4. M hat seinen zum Betriebsvermögen gehörenden Pkw am 28.12.01 für 15 000 verkauft. Der Restbuchwert des Pkw betrug im Zeitpunkt der Veräußerung 5 000. Der Veräußerungserlös i. H. von 15 000 ging am 5.1.02 bei M ein. M hat aus diesem Grund den Geschäftsvorfall im Rahmen der Gewinnermittlung 01 unberücksichtigt gelassen. 5. Den Kaufpreis eines im November 01 für 150 angeschafften Diktiergeräts hat M im Januar 02 bezahlt und im Zeitpunkt der Bezahlung als Betriebsausgaben abgesetzt. 6. M hat im Dezember 01 einen Sessel für die Praxis bestellt und den Kaufpreis i. H. von 140 am 29.12.02 vorausbezahlt und im Jahr 01 als Betriebsausgabe abgesetzt. Der Sessel wurde am 3.1.02 geliefert. 7. M hat am 22.12.01 einen Ledersessel für sein Wartezimmer angeschafft. Die Anschaffungskosten von 600 wurden am gleichen Tag bezahlt. 8. Im Zusammenhang mit der Praxisverlegung hat M einen vor Jahren für 20 000 erworbenen Parkplatz für die Patienten am 1.8.01 für 30 000 verkauft. Der Vorgang wurde bei der Gewinnermittlung für das Jahr 01 nicht berücksichtigt. 9. Am 20.12.01 hat M von einer Zahnfabrik Materialien zur Herstellung von Zahnersatz für 25 000 erworben. Der Kaufpreis wurde noch in 01 bezahlt. Die Materialien sind am 31.12.01 in vollem Umfang noch vorhanden. M hat die Zahlung von 25 000 im Jahr 01 als Betriebsausgaben abgesetzt. 10. Zu Weihnachten 01 hat M seiner Tochter einen Pkw geschenkt, der bisher von einem bei M angestellten Zahnarzt benutzt wurde. Der zum Betriebsvermögen gehö-
rende Pkw hatte zum Zeitpunkt der Schenkung einen Buchwert von 10 000 und einen Teilwert von 12 000. Der Geschäftsvorfall wurde in der Gewinnermittlung 01 nicht erfasst. 11. M hat das Wartezimmer im Januar 01 mit einer vor vier Jahren angeschafften und bisher privat genutzten Sitzgarnitur ausgestattet, deren Teilwert 4 000 beträgt. Die Restnutzungsdauer beläuft sich auf zwei Jahre. M hat den Wert der Sitzgarnitur i. H. von 4 000 im Jahr 01 als Betriebsausgaben abgezogen. 12. Im April 01 hat M das Wartezimmer mit einer vor vier Jahren angeschafften und bisher privat genutzten Stereoanlage ausgestattet. Der Teilwert der Stereoanlage betrug 150. Der Geschäftsvorfall wurde im Rahmen der Gewinnermittlung 01 nicht erfasst. 13. Im Zusammenhang mit dem Praxisneubau hat M am 1.7.01 ein bisher zu seinem Privatvermögen gehörendes unbebautes Grundstück als Parkplatz für die Patienten herrichten lassen. Der Teilwert des vor 12 Jahren angeschafften Grundstücks betrug am 1.7.01 20 000. Anfang 02 hat M das Grundstück unentgeltlich auf seine Ehefrau übertragen. Der Teilwert betrug zum Zeitpunkt der Schenkung 22 000. Aufgabe: Welche Gewinnkorrekturen ergeben sich aufgrund der Feststellungen des Betriebsprüfers?
Lösung Zu 1.: Eine Teilwertabschreibung ist nur möglich bei der Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich. Bei der Gewinnermittlung nach 4 Abs. 3 EStG bleibt der Wert des Betriebsvermögens unberücksichtigt, so dass auch die Bewertungsvorschriften des 6 EStG nicht anwendbar sind. Die von M vorgenommene Teilwertabschreibung ist daher unzulässig; der erklärte Gewinn ist um 5 000 zu erhöhen. Zu 2.: Die beruflich genutzte Eigentumswohnung gehörte bis zum 30.6.01 zum notwendigen Betriebsvermögen des M. Infolge der Nutzungsänderung hat die ETW die Eigenschaft als notwendiges Betriebsvermögen verloren. Auch bei der Gewinnermittlung nach 4 Abs. 3 EStG gibt es gewillkürtes Betriebsvermögen. Es bestand also für M ein Wahlrecht, die ETW weiterhin als Betriebsvermögen zu behandeln oder zu entnehmen. Da M die ETW weiterhin als Betriebsvermögen behandelt hat, ist eine Gewinnkorrektur nicht erforderlich; die Mieteinnahmen sind zutreffend als Betriebseinnahmen erfasst worden. Zu 3.: Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens werden bei der 4 III-Gewinnermittlung mit Ausnahme von Teilwertabschreibungen genauso behandelt wie bei der Gewinnermittlung durch Vermögensvergleich, da auch bei 4 Abs. 3 Satz 3 EStG die Vorschriften über die AfA zu befolgen sind. Für den Beginn der AfA ist entscheidend, dass die Wirtschaftsgüter angeschafft oder hergestellt worden sind; es ist nicht erforderlich, dass die Bezahlung bereits erfolgt ist. M kann den PC daher bereits im Jahr 01 abschreiben; allerdings beträgt die AfA nur 1/12 von (1/3 von 1 800 =) 600 = 50 ( 7 Abs. 1 Satz 4 EStG). Es muss monatsgenau abgeschrieben werden. Wird ein Wirtschaftsgut im Laufe eines Monats angeschafft, zählt dieser Monat für die zeitanteilige Abschreibung mit. Der erklärte Gewinn 01 ist um die Differenz von 600./. 50 = 550 zu erhöhen. Zu 4.: Scheidet ein Anlagegut aus dem Betriebsvermögen aus, ist der noch nicht abgesetzte Teil der AK unter dem Gesichtspunkt einer Absetzung für außergewöhnliche wirtschaftliche Abnutzung i. S. des 7 Abs. 1 Satz 7 EStG abzuziehen; der bei der Veräußerung des Anlageguts erzielte Erlös gehört zu den Betriebseinnahmen. Der Restbuchwert des verkauften Pkw von 5 000 muss daher im Jahr 01 als BA behandelt werden. Der Verkaufserlös i. H. von 15 000 ist erst im Jahr des Zuflusses des Veräußerungserlöses also im Jahr 02 als BE anzusetzen. Zu 5.: Die AK für geringwertige Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens i. S. von 6 Abs. 2 EStG können bei der Gewinnermittlung nach 4 Abs. 3 EStG ebenso wie bei der Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich im Jahr der Anschaffung in voller Höhe als BA abgesetzt werden; auf den Zeitpunkt der Bezahlung kommt es nicht an. 11 EStG ist gegenüber 6 Abs. 2 EStG subsidiär. M kann daher die Anschaffungskosten für das Diktiergerät i. H. von 150 bereits im Jahr 01 als BA abziehen.
Zu 6.: AK für geringwertige Wirtschaftsgüter sind grundsätzlich im Jahr der Anschaffung als BA abzugsfähig. Die Finanzverwaltung lässt jedoch aus Vereinfachungsgründen zu, dass Vorauszahlungen oder Anzahlungen auf geringwertige Wirtschaftsgüter bereits im Jahr der Zahlung als BA abgesetzt werden. Die Vorauszahlung auf den Sessel i. H. von 140 kann daher bereits im Jahr 01 als BA abgezogen werden. Zu 7.: Wirtschaftsgüter des abnutzbaren Anlagevermögens, für die ein Sammelposten i. S. des 6 Abs. 2a EStG gebildet werden kann, werden bei 4 III EStG genauso behandelt wie bei der Gewinnermittlung durch Vermögensvergleich, da auch bei 4 Abs. 3 Satz 3 EStG die Vorschrift über die Bildung eines Sammelpostens ( 6 Abs. 2a EStG) zu befolgen sind. A kann daher die AK für den Ledersessel von 600 in den Sammelposten nach 6 Abs. 2a EStG aufnehmen und im Jahr 01 mit 20 % von 600 = 120 als Betriebsausgaben absetzen. Zu 8.: Die AK oder HK von nicht abnutzbaren Anlagegütern sind nicht im Zeitpunkt der Zahlung, sondern erst dann als BA abzuziehen, wenn die betreffenden Wirtschaftsgüter veräußert oder entnommen werden ( 4 Abs. 3 Satz 4 EStG). Der Erlös aus dem Verkauf des Parkplatzes i. H. von 30 000 ist im Jahr 01 als BE anzusetzen; andererseits sind die AK des Parkplatzes i. H. von 20 000 in 01 als BA abzuziehen. Der Gewinn 01 ist daher um 10 000 zu erhöhen. Zu 9.: Bei der Gewinnermittlung nach 4 Abs. 3 EStG wirkt sich die Anschaffung von Umlaufvermögen prinzipiell in dem Zeitpunkt als BA aus, in dem das erworbene Umlaufvermögen bezahlt wird. Etwas anderes gilt u. a. für Grund und Boden sowie Gebäude des Umlaufvermögens ( 4 Abs. 3 Satz 4 EStG). Da M die AK der erworbenen Materialien in 01 gewinnmindernd berücksichtigt hat, ist eine Gewinnkorrektur nicht erforderlich. Zu 10.: Die in 4 Abs. 1 Satz 2 und 3 EStG enthaltenen Bestimmungen über die Entnahmen und die Einlagen sind auch bei 4 III EStG anzuwenden. Sie gelten bei 4 III jedoch nur für Sachentnahmen und Sacheinlagen. Barentnahmen und Bareinlagen dürfen nicht als BE und BA berücksichtigt werden. Daher muss der Restbuchwert des an die Tochter geschenkten Pkw von 10 000 im Jahr 01 als BA behandelt werden; andererseits ist der Teilwert des Pkw von 12 000 im Jahr 01 als fiktive BE zu behandeln, so dass sich eine Gewinnerhöhung von 2 000 ergibt. Zu 11.: Da gem. 4 Abs. 3 S. 3 EStG die Bestimmungen über die AfA zu beachten sind, kann der Einlagewert von 4 000 nicht sofort als BA abgesetzt werden. Er bildet vielmehr die Bemessungsgrundlage für die AfA nach 7 EStG. Bei einer Restnutzungsdauer von zwei Jahren ergibt sich für die Jahre 01 und 02 eine abzugsfähige AfA von jeweils (4 000 : 2 =) 2 000. Der erklärte Gewinn des Jahres 01 ist daher um 2 000 zu erhöhen.
Zu 12.: Bei der Einlage von geringwertigen Wirtschaftsgütern aus dem Privatvermögen in das Betriebsvermögen kann die Bewertungsfreiheit im Wirtschaftsjahr der Einlage in Anspruch genommen werden ( 6 Abs. 2 Satz 1 EStG). Der Teilwert der Stereoanlage von 150 kann daher im Jahr 01 als BA abgezogen werden. Zu 13.: Aufgrund der betrieblichen Nutzung als Parkplatz wird das unbebaute Grundstück am 1.7.01 notwendiges Betriebsvermögen. Einlagen von nicht abnutzbarem Anlagevermögen haben grundsätzlich mit dem Teilwert zu erfolgen ( 6 Abs. 1 Nr. 5 EStG). Aufgrund 4 Abs. 3 Satz 4 EStG ist der Teilwert des Grund und Bodens zum 1.7.01 von 20 000 hier erst im Zeitpunkt der Entnahme, d. h. im Jahr 02, als BAzu berücksichtigen. Infolge der Schenkung an die Ehefrau ist im Jahr 02 eine fiktive BE i. H. von 22 000 anzusetzen, so dass sich der Gewinn des Jahres 02 um 2 000 erhöht. Einer Gewinnkorrektur für das Jahr 01 bedarf es nicht. Quelle: Friebel/Rick/Schoor/Siegle, Fallsammlung Einkommensteuer, NWB-Verlag