Modelle gelingender Kooperation mit der Jugendhilfe Dr. Tamara Jacubeit Dr. Marianne Klein OÄ-Fortbildung BAG KJPP 02.02.2018
Die Lücken zwischen den Systemen Mitarbeiter der Jugendhilfe wissen zu wenig über psychische Erkrankungen und therapeutisches Vorgehen KJPP weiß zu wenig über Vorgehen in System Jugendhilfe verschiedene Nomenklaturen Zu wenig (gebahnte) Kommunikation zwischen den Helfern Unterschiedliche Zeittaktung in Jugendhilfe und KJPP Hin- und Herschieben von Zuständigkeit Mangel an Ressourcen im System Jugendhilfe und System KJPP
Wie funktioniert Kooperation? Schritt 1: Herstellung von Kooperation auf Leitungsebene Absprachen / Verträge nach eingehender Prüfung auf Transparenz und Handhabbarkeit Schritt 2: Übertrag in die Teams Gegenseitiges Kennenlernen: Personen, Fachsprache, Abläufe, Möglichkeiten und Grenzen Fortbildung Schritt 3: Fallbezug im Klammerverfahren Fachärztliche Fallsupervision in JuHi Ambulante KJPP-Behandlung / geplante stationäre Behandlung Schritt 4: regelmäßige Überprüfung von Modifikationsbedarf der Kooperation
Kooperationsvereinbarungen KJPP-Jugendhilfe: Ziele Dem Hilfebedarf des jungen Menschen wird bestmöglich entsprochen durch... Gegenseitige Systemkenntnis Verbindliche Absprachen und Abläufe Handlungssicherheit für die Mitarbeiter Optimierter Informationsfluss Gemeinsame Evaluation und Weiterentwicklung der Kooperation
Kooperationsvereinbarungen KJPP Jugendhilfe: Haltungen Wahrung des Datenschutzes / Vertrauensschutzes Frühzeitigkeit des gegenseitigen Einbezugs Achtung / Wertschätzung des Kooperationspartners Gemeinsame Fallverantwortlichkeit Verbindlichkeit Wahrung des Informationsflusses Offene + konstruktiv-kritische Rückmeldung gewünscht
Fallübergreifende Kooperation Kooperationstreffen auf Leitungsebene (2x/Jahr) Austausch zur Kooperation Interdisziplinäre exemplarische Fallbesprechung Weiterentwicklung gemeinsamer Themen unter Einbezug weiterer Helfersysteme (Schule, Polizei, Gericht) Gemeinsame Fortbildungen Gegenseitige Hospitationen
Beispiel Kooperationsvereinbarung 8 Jugendämter Märkischer Kreis (Sauerland) mit Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie Lüdenscheid 2017
Inhalte Grundsätze der Kooperation Erreichbarkeit im Notfall Behandlungsangebote und Behandlungssettings in der KJPP Berichte, Gutachten, Diagnostik durch die KJPP Spezielle Situationen in der Kooperation Qualitätssicherung
Jugendamt Hilfeplanung Notwendigkeit und Art von Hilfen zu Erziehung Maßnahmen zur Wiedereingliederung Einschätzung von Kindeswohlgefährdung Wächteramt und Schutzauftrag bei Kindeswohlgefährdung Inobhutnahmen KJPP Behandlungsplanung kinder- und jugendpsychiatrische Diagnostik und Behandlung Arztbriefe gutachterliche Stellungnahme (Auftrag und Kostenübernahme)
zeitnahe Kooperation bei Familien, die beide Systeme nutzen unter Wahrung der Schweigepflicht
Erreichbarkeit im Notfall Pforte des Klinikum 8 Rufbereitschaften mit unterschiedlichen Organisationsstrukturen d.h. Anruf bei unserer Feuerwehrleitstelle
Behandlungsangebote in der KJPP Vorgehensweisen bei geplanten Aufnahmen (Vorgespräch, Warteliste, Einverständnis beider sorgeberechtigter Eltern) Vorgehensweisen bei Krisenintervention Inobhutnahme bei speziellen Fragestellungen
Berichte keine Berichte während eines Aufenthaltes zur Einrichtung von Hilfen zur Erziehung Arztbrief nach Aufenthalt beschreibt den Hilfebedarf eines Kindes und der Familie aber keine konkreten Hilfen (außer es ist gewünscht) Stellungnahme zum 35a während eines Aufenthaltes in Kurzform oder/und ausführlich nach Aufenthalt im Arztbrief Stellungnahmen zum 35a bei ambulanten Patienten nur nach schriftlicher Fragestellung und Kostenübernahme Cave: gutachterliche Stellungnahmen ohne gutachterliche Standards
Anmeldung eines Kindes durch einen Mitarbeiter des Jugendamtes Eltern oder Vormund melden an zeitnaher Termin bei Facharzt unter der Voraussetzung, dass der Mitarbeiter des Jugendamtes persönlich mitkommt (nicht SPFH) gemeinsame Klärung der Fragestellung und der Unterstützungsmöglichkeit durch die KJPP
Konfliktpotential Situation: Jugendlicher wird nachts ohne Eltern oder Mitarbeiter des zuständigen Jugendamtes in die Klinik gebracht. Es besteht keine Indikation zur Aufnahme oder Jugendlicher weigert sich zu bleiben, PsychKG ist aber nicht indiziert. Vorgehen: Anruf beim örtlichen Jugendamt mit Bitte um Klärung der Situation und ggf. Inobhutnahme. Konsequenz: Nach mehrmaliger Inanspruchnahme dieses Vorgehens haben die Jugendämter untereinander auf Initiative des Lüdenscheider Jugendamtes Absprachen getroffen und Standards für die Vorstellung von Jugendlichen erarbeitet, falls die Eltern nicht erreichbar sind.
Kompetenz vs. Verantwortung beiden Institutionen liegt das Kindeswohl am Herzen KJPP sollte mit und trotz ihrer hohen Kompetenz in der Einschätzung und Behandlung von Entwicklungsstörungen und familiären Dynamiken die Jugendhilfe in ihren Aufgaben unterstützen, aber nicht deren Vorgehen festlegen Jugendhilfe übt das staatliche Wächteramt aus, muss Kindeswohlgefährdung einschätzen und abwenden und Verantwortung für ihre Hilfen übernehmen
Kooperationsvereinbarung Und was hat es gebracht? Abläufe in der Praxis viel runder, Reibungsverluste zwischen den Systemen minimiert Zufriedenheit bei kooperierenden MitarbeiterInnen höher Leitungsebene kann sich der Weiterentwicklung gemeinsamer Themen widmen, z.b. Abläufe Schulbegleitung, Teilhabebeeinträchtigung, Integration von Schule, Polizei, Gerichten Gründung des Fortbildungsinstituts IfP (Institut für Psychoedukation und Jugendhilfeberatung) für die kinder- u. jugendpsychiatrische FB der Jugendhilfe
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!