Perspektivenwechsel. Gender und Diversity in der Suchtarbeit Prof. Dr. Frauke Schwarting Department Soziale Arbeit, Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg
1. Vielfalt: das Ende der Zentralperspektive? 2. Differenzen um die Differenzen: das Beispiel Gender und Sucht 3. Harte Nüsse, hohle Nüsse: wie wichtige Perspektiven zwischen Programmatischem und Alltag nicht einfach verschwinden 4. Montag morgen und das nächste Jahrzehnt: Was tun?
1. Vielfalt das Ende der Zentralperspektive?
Kategorien und Perspektiven Diversity und Antidiskriminierung Geschlecht (Gender, Desire, Sex) soziale Klasse Ethnie ( race, Rassismus, Antiziganismus) Alter ( ageism ) Behinderung ( ableism ) usw. (Voigt Kehlenbeck, 2008) Intersektionalität ( intersection ) Kontextspezifische Überschneidungen und Formen des Zusammenwirkens von verschiedenen Dimensionen/Herrschaftsstrukturen (z. B. kumulierend oder kompensierend) (vgl. Winker, Degele 2010)
2. Differenzen um die Differenzen: das Beispiel Gender und Sucht 2.1. Zeitreise: Etappen geschlechtsbezogener Blicke und Benennungen 19. /20. Jhdt.: Laster und Abenteuer: Zentralperspektive männlicher Alkoholiker 1970/80er: Die Entdeckung süchtiger Frauen: einseitige Vergeschlechtlichung zur Zusatzfrage 1990er/2000er potentiell: Einbezug von Männlichkeiten Ausdifferenzierung beider Geschlechter Doing Gender 2000er potentiell: geschlechtsreflexiver Blick und intersektionale Verknüpfungen
2. Differenzen um die Differenzen: das Beispiel Gender und Sucht 2.2. Blitzlichter: geschlechtsbezogene Aspekte in Sucht und Hilfesystem Kulturelle Körperpraktiken soziale und psychische Verarbeitungsformen Konsumszenen Komorbidität Sexuelle Gewalt und Vernachlässigung Partnerschaft Elternschaft Soziale Netze Berufliche Perspektiven Arbeitsteilungen und asymmetrische Anerkennungsformen (Connell, Hagemann White) Dynamiken der Geschlechter in den Einrichtungen
3. Hohle Nüsse und harte Nüsse: wie wichtige Perspektiven nicht einfach verschwinden 3.1. Arbeitsvorschläge für eine systematische Implementierung Systematische Analyse und Implementierung in Hilfesysteme mit den Kriterienvorschlägen von Ingeborg Jahn (2004, im Auftrag des MGSFF NRW) Querschnittsdenken in der einrichtungsbezogenen Angebotsgestaltung der Suchthilfe (Empfehlungen einer Arbeitsgruppe des Landesprogramms Sucht NRW, Abschlussbericht hg. Landesfachstelle Frauen & Sucht NRW 2004)
3. Hohle Nüsse und harte Nüsse 3.2. Reflexive suchende Haltung bei Fallarbeit und Analyse der Einrichtung als Lebenswelt Beobachtungs und Beschreibungswissen Erklärungs und Begründungswissen Wertwissen Zielperspektive Konzeptverständnis (nach Spiegel, vgl. Voigt Kehlenbeck, inhaltlich Schigl 2012) Reflexion eigener Wahrnehmungen und Nutzung von Unbehagen als Erkenntnismittel (gegen Verdeckung, vgl. Bitzan) Untersuchung der Lebenswelt Einrichtung (hidden Curriculum und Leben jenseits der Angebote)
4. Montag morgen und das nächste Jahrzehnt. Was tun? Schon Vorhandenes nutzen und ausbauen Ausdifferenzierung in der Standardisierung? Ressourcen der Anreicherung: Analysen, Materialien, Fortbildungen, Austausch von Praxiserfahrungen Spielbeine und Verbindungen von Hilfebereichen schaffen Forschungen auch zu NutzerInnen
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! frauke.schwarting @haw hamburg.de
Literatur (Auswahl) JAHN, Ingeborg 2004: Gendermainstreaming im Gesundheitsbereich. Materialien und Instrumente zur systematischen Berücksichtigung der Kategorie Geschlecht. Bremen (Eine Arbeit im Auftrag des Ministeriums für Gesundheit, Soziales, Frauen und Familie des Landes Nordrhein Westfalen) www.zg.gc.nrw.de/_media/pdf/strategien/gender/planungshilfen/gender_materia lien.pdf Landesfachstelle Frauen & Sucht NRW, BELLA DONNA (Hg.) 2004: Anforderungen an eine geschlechtsbezogene stationäre medizinische Rehabilitation mit drogenabhängigen Frauen. Abschlussbericht. Essen SCHWARTING, Frauke 2008: Gender und Sucht ein soziologischer Beitrag zu einer geschlechtsreflexiven Praxis in der Suchtkrankenhilfe. Hamburg www.sub.uni hamburg.de/opus/volltexte/2008/3550 SCHIGL, Brigitte 2012: Psychotherapie und Gender. Konzepte, Forschung, Praxis. Welche Rolle spielt die Geschlechtszugehörigkeit im therapeutischen Prozess? Wiesbaden: Springer VS VOIGT KEHLENBECK, Corinna 2008: Flankieren und Begleiten. Geschlechterreflexive Perspektiven in einer diversitätsbewussten Sozialarbeit. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften