Was erwarten die Pflegekassen von einer Pflegereform?



Ähnliche Dokumente
Gesetz zur Neuausrichtung der Pflegeversicherung (Pflege-Neuausrichtungs-Gesetz - PNG)

Reform der Pflegeversicherung

Was bringt das Pflege- Neuausrichtungsgesetz? Ihre Pflegestützpunkte im Rhein-Lahn-Kreis

Nach der Reform ist vor der Reform - Möglichkeiten und Grenzen des Pflege- Neuausrichtungsgesetzes (PNG)

Pflegeneuausrichtungsgesetz: Pflegebedürftige und Menschen mit Demenz sind die Gewinner!

Pflegestärkungsgesetz 1. Leistungsrechtliche Änderungen

Herzlich Willkommen! Reform der Pflegeversicherung 10 gute Nachrichten für Beitragszahler

Die Änderungen der Pflegeversicherung treten am in Kraft. Gewinner sind die Pflegebedürftigen!

Informationen über neue Leistungen der Pflegeversicherung. 1. Bessere Unterstützung für Menschen mit Demenz

Pflege-Transparenzvereinbarung stationär (PTVS)

Leistungen der Pflegeversicherung im Überblick (Stand 2016)

GKV-Spitzenverband 1. Vereinigungen der Träger der Pflegeeinrichtungen auf Bundesebene

stationär Insgesamt Pflegestufe I Pflegestufe II Pflegestufe III Insgesamt

Die Reform der Pflegeversicherung. Gewinner sind die Pflegebedürftigen!

Was bringt die Pflegereform?

Das Zweite Pflegestärkungsgesetz Neuer Pflegebedürftigkeitsbegriff und neues Begutachtungsassessment

Zusätzliche Betreuungsund. Verhinderungspflege. ( 39/ 123) in pro Jahr. ( 45b) in pro Monat /

Geld vom Staat - Jetzt Pflegezulage sichern. Besser Barmenia. Besser leben. Deutsche-Förder- Pflege

Die Entwicklung der Transparenzkriterien aus Sicht der Leistungsträger

Am 01. Januar 2015 ist das Pflegestärkungsgesetz in Kraft getreten. Dies hat zur Erhöhungen der Leistungen der Pflegeversicherung geführt.

Informationen zur Tagespflege

Weiterentwicklung in der Pflegeversicherung

Das ändert sich ab 1. Januar 2015

Berechnungsbeispiel 1 Kombination von häuslicher Pflege (Pflegesachleistung) und Pflegegeld

Lieber Kunde von Senior Mobil,

PFLEGELEISTUNGEN AB 1. JANUAR 2015

Informationen für Pflegekunden Das Pflegestärkungsgesetz I

Leistungen der Pflegeversicherung nach Sozialgesetzbuch (SGB) XI

SGB XI in der Behindertenhilfe

Richtlinien. des GKV-Spitzenverbandes. zur Zusammenarbeit der Pflegekassen. mit anderen unabhängigen Gutachtern

Das Pflegestärkungsgesetz. Was ändert sich zum

Der neue Pflegebedürftigkeitsbegriff

Pflegereform Leistungsausweitung für Pflegebedürftige - Fünftes SGB XI- Änderungsgesetz

Pflegeleistungen ab 1. Januar 2015

Pflegeleistungen 2015

Hasan Alagün Demenz-Servicezentrum Regio Aachen/Eifel

Folgende Regelungen gelten seit dem 30. Oktober 2012:

Anlage 1 zur Arbeitshilfe zur Hilfe zur Pflege nach 61 SGB XII in Tagespflegeeinrichtungen. Berechnungsbeispiele zu Ziffer Stand

Die Pflegeversicherung wird neu gestaltet

Leistungsverbesserungen der Pflegeversicherung ab durch das Erste Pflegestärkungsgesetz PSG I

Pflegestärkungsgesetz I -

Geänderte rechtl. Rahmenbedingungen. Erstes Pflegestärkungsgesetz (PSG) Pflegestärkungsgesetze. Schwerpunkte des 1. PSG

Pflegereform - die Sicht der Medizinischen Dienste

Im Folgenden werden einige typische Fallkonstellationen beschrieben, in denen das Gesetz den Betroffenen in der GKV hilft:

5. SGB XI Änderungsgesetz 1. Pflegestärkungsgesetz

Mehr Entlastung. Mehr Flexibilität. Mehr Leistungen.

Leistungen für Demenzpatienten

Der Pflegefall. -mich trifft das nicht?! Copyright Brigitte Tanneberger GmbH

Rund ums Thema Pflegestufen

Liebe Eltern, liebe Erziehungsberechtigte,

Im Bereich der Körperpflege (Waschen, Duschen, Baden usw.) Im Bereich der Ernährung (Aufnahme oder Zubereitung der Nahrung)

PFLEGELEISTUNGEN NACH EINFÜHRUNG DES PFLEGESTÄRKUNGSGESETZ 1

Neue Angebote in der Pflege und Betreuung. Neu ab 01. Januar 2015: Pflegestärkungsgesetz

Pflegeplatzvermittlung kostenlose 24h Hotline. Pflegeleistungen. Das ändert sich ab

Was bringt das Pflegestärkungsgesetz 2?

Die aktuelle Pflegereform was ändert sich: Hintergrund. Die erste gute Nachricht. Die erste gute Nachricht. Die erste gute Nachricht

Die Pflegeleistungen. Das ändert sich ab 1. Januar Quelle: Bundesministerium für Gesundheit

Höhere Leistungen der Gesetzlichen Pflegeversicherung ab 1. Januar 2015

Die aktuelle Pflegereform was ändert sich:

Qualität des ambulanten Pflegedienstes Ambulanter Pflegedienst Lebenswert APL GmbH

Allgemeine Versicherungsbedingungen (AVB) TARIF PEK

Überblick über die ab dem geltenden Leistungsansprüche der Pflegeversicherung nach dem 5. SGB XI-ÄndG /PSG I

Pflegeversicherung Hilfen bei Pflegebedürftigkeit nach der P F L E G E R E F O R M Leichte Sprache

Neue Angebote in der Pflege und Betreuung. Neu ab 01. Januar 2013: Pflege-Neuausrichtungsgesetz (PNG)

Die Pflegeversicherung

Leistungen der Pflegeversicherung (SGBXI) (insb.) Wohnformen, Wohngruppen. Claudia Schöne. Fachbereichsleiterin Pflegeleistungen, AOK PLUS

Erfahrungen mit Hartz IV- Empfängern

Tabelle 2: Zahl der ambulanten Leistungsempfänger in den Pflegestufen, Pflegestufe I 0,755 0,806 II 0,518 0,458 III 0,161 0,136

Pflegeversicherung - Pflege-Neuausrichtungsgesetz (PNG) ab 2013

Stationäre Sachleistungsbeträge

Der Weg zu einem neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff

Herzlich Willkommen Ihr

Unterstützung und Sicherung von Teilhabe. Verbesserungspotentiale aus Sicht der AOK. Fachkonferenz Pflege der SPD-Bundestagsfraktion

Pflegereform 2011/2012

Bis zu 2400 zusätzlich für Personen mit erheblich eingeschränkter Alltagskompetenz und entsprechendem Hilfebedarf

Letzte Krankenkassen streichen Zusatzbeiträge

Leistungen der Pflegeversicherung nach dem SGB XI

Pflegebedürftige. Pflegebedürftige. Pflegebedürftige insgesamt Pflegebedürftige in Heimen 29,7% ( )***

Pflege mit Perspektive

Vereinbarung nach 25 Abs. 1 S. 3 WTPG zur Zusammenarbeit zwischen dem Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg, dem Prüfdienst

Gemeindepsychiatrie ohne Altersbeschränkung. Villa Kalstert

Soziale Sicherung der Pflegeperson

Mitarbeiter-Informationsdienst Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft Nordrhein-Westfalen

Glaube an die Existenz von Regeln für Vergleiche und Kenntnis der Regeln

Die Pflegeversicherung

Das Zweite Pflegestärkungsgesetz Schri' für Schri' zum neuen Pflegebedür4igkeitsbegriff

Pflegereform Pflegestärkungsgesetz Leistungsausweitung für Pflegebedürftige - Fünftes SGB XI- Änderungsgesetz

LEISTUNGEN DER GESETZLICHEN PFLEGEVERSICHERUNG

Vorstellung Pflegestützpunkt Land Bremen

Juni Pflegereform Pflege. Was ändert sich für die Versicherten?

Pflegeversicherung von AXA: Langfristige Erhaltung der Lebensqualität als zentrale Herausforderung

Gröhe: Verbesserungen für Pflegebedürftige und Angehörige. Bundestag beschließt das Zweite Pflegestärkungsgesetz

Das erste PflegeStärkungsgesetz

Allgemeine Versicherungsbedingungen (AVB) KombiMed Förder-Pflege Tarif KFP. DKV Deutsche Krankenversicherung AG PFLEGEMONATSGELDVERSICHERUNG

Stationäre Kurzzeitunterbringung für Menschen mit Behinderung in den Rotenburger Werken der Inneren Mission

Neue Regelungen für Pflegebedürftige

Erstantrag auf ambulante Leistungen der Pflegeversicherung

Leistungen der Pflegeversicherung ab

von monatlich 1)

Pflegedossier für die kreisfreie Stadt Frankfurt (Oder)

Transkript:

Was erwarten die Pflegekassen von einer Pflegereform? Berlin, den 27. März 2012 Gernot Kiefer, Vorstand GKV-Spitzenverband Gernot Kiefer, GKV-Spitzenverband 1

Was erwarten die Pflegekassen von einer Pflegereform? Verbesserung der Situation von Personen mit eingeschränkter Alltagskompetenz (Demenz) Anpassung des Pflegebedürftigkeitsbegriffs an die pflegewissenschaftlichen Erkenntnisse Ausschluss von Kostenverschiebungen zwischen den Leistungsträgern (kein Verschiebebahnhof) Vorbereitung eines strukturierten Prozesses zur Anpassung des Pflegebedürftigkeitsbegriffs Nachhaltige und zukunftssichere Finanzierung Gernot Kiefer, GKV-Spitzenverband 2

Neuausrichtungsgesetzes (PNG)? Einführung zwingender Personalkostenfinanzierung schafft Wirtschaftlichkeitsgebot ab - Personalaufwendungen sollen bei der Bemessung der Pflegevergütungen immer vollumfänglich berücksichtigt werden. - es entfällt für 80% der Gesamtkosten einer Pflegeeinrichtung das Verhandeln der Pflegesätze die Aufwendungen wären zu erstatten. - es werden Anreize für unwirtschaftliches Verhalten gesetzt. - die Pflegesätze werden bereits kurzfristig erheblich steigen. - Kostensteigerungen sind letztendlich von den Pflegebedürftigen zu tragen. - dies führt zu erheblichen Härten und einer Steigerung der Inanspruchnahme von Sozialhilfe. - Pflegebedürftigkeit wird damit wieder zu einem Armutsrisiko. Gernot Kiefer, GKV-Spitzenverband 3

Neuausrichtungsgesetzes (PNG)? Neuregelungen zu Qualitätsprüfungen stellen Durchführung bundesweit einheitlicher und vergleichbarer Qualitätssicherung in Frage. - Landesverbände der Pflegekassen haben Umfang der Regelprüfungen zu verringern, wenn Heimaufsichtsprüfung nicht länger als neun Monate zurückliegt und Prüfergebnisse nach pflegefachlichen Kriterien den Ergebnissen einer Regelprüfung gleichwertig sind und die Veröffentlichung der von den Pflegeeinrichtungen erbrachten Leistungen und deren Qualität, insbesondere hinsichtlich der Ergebnis- und Lebensqualität gewährleistet ist. - Pflicht zur Reduzierung des Umfangs der Regelprüfung verhindert eine bundesweit einheitliche und vergleichbare Qualitätsprüfung. - Prüfungspraxis der Heimaufsichten in den Bundesländern ist heterogen und verfolgt ordnungspolitische Ziele. - Qualitätsprüfungen der Pflegekassen sind bundesweit einheitlich. - Prüfungen der Heimaufsichten und deren Erkenntnisse zu den erbrachten Leistungen und deren Qualität werden nicht nach denselben Qualitätskriterien erhoben und sind insoweit nicht vergleichbar. Gernot Kiefer, GKV-Spitzenverband 4

Neuausrichtungsgesetzes (PNG)? schriftliche Einwilligungserklärung bei Qualitätsprüfung - schriftliche Einwilligung der Bewohner bzw. des Betreuers per Urkunde muss vorliegen bevor Einsichtnahme Pflegedokumentation, Inaugenscheinnahme, Befragung von Pflegebedürftigen u.ä. bei Qualitätsprüfung durchgeführt wird. - Anforderungen an Einwilligungserklärungen der Bewohner stellen Durchführung der Qualitätsprüfungen insgesamt in Frage und sind nicht erforderlich. - selbst bei kurzfristiger Prüfankündigung nicht sicherzustellen, dass für jeden Pflegebedürftigen die Einwilligungserklärung vorliegt. - Einflussnahme der Pflegeeinrichtung auf Einwilligung der Pflegebedürftigen denkbar. - Gesamtergebnis der Prüfung erheblich verzerrt wenn nur für einen ausgewählten Personenkreis Einwilligungserklärungen vorliegen oder keine ausreichende Anzahl von Bewohnern in die Qualitätsprüfung einbezogen werden Gernot Kiefer, GKV-Spitzenverband 5

Neuausrichtungsgesetzes (PNG)? Zwar werden Leistungsverbesserungen für Personen mit eingeschränkter Alltagskompetenz (Demenz) vorgesehen, ein fachliches Konzept und eine politische Richtungsentscheidung zur Verbesserung der Situation dieses Personenkreises ist jedoch nicht erkennbar. Eine Anpassung des Pflegebedürftigkeitsbegriffs erfolgt nicht. Die notwendigen politischen Grundsatzentscheidungen z.b. zum Finanzrahmen und zur Abgrenzung der Eingliederungshilfe von der Pflegeversicherung werden nicht getroffen und auf einen Expertenbeirat verlagert. Gernot Kiefer, GKV-Spitzenverband 6

Neuausrichtungsgesetzes (PNG)? Leistungen der häuslichen Betreuung werden als Übergangsregelung eingeführt neue Übergangsregelung schafft die Möglichkeit, die Pflegesachleistungen, welche nach Sicherstellung der Grundpflege und hauswirtschaftlichen Versorgung übrig bleiben, für häusliche Betreuung einzusetzen, es entfällt die Einführung eigenständiger Betreuungsdienste, was dem Charakter der Übergangsregelung entspricht, neue Betreuungsdienste und die Wirkung ihrer Leistungen werden durch Modellprojekte des GKV-SV erprobt Die Förderung von Wohn- und Betreuungsangeboten führt zu Überschneidungen mit der Eingliederungshilfe und verbindet ambulante und stationäre Versorgungsformen, für die die bestehenden Qualitätssicherungsinstrumente nicht geeignet sind. Gernot Kiefer, GKV-Spitzenverband 7

Neuausrichtungsgesetzes (PNG)? Die Regelungen zur Neugestaltung des Begutachtungsverfahrens erhöhen den Verwaltungsaufwand, ohne dass es zu Verbesserungen für die Versicherten kommt. Die Bearbeitungszeiten von Pflegeanträgen haben sich seit der letzten Reform von durchschnittlich 36,9 Tage im ambulanten sowie 30,4 Tage im stationären Bereich im 2. Halbjahr 2008 auf 23,8 Tage im ambulanten sowie 16,4 Tage im stationären Bereich in 2010 bereits erheblich verkürzt, Die vorgesehenen Strafzahlungen bei Überschreitung der Bearbeitungszeiten führen zu einem zusätzlichen Verwaltungsverfahren, einer finanziellen Belastung der Versichertengemeinschaft und der Bereicherung einzelner Versicherter. Die Beauftragung von Gutachtern außerhalb der MDK führen zu vermeidbaren Kosten und Doppelstrukturen. Gernot Kiefer, GKV-Spitzenverband 8

Neuausrichtungsgesetzes (PNG)? Finanzierung der Leistungsverbesserungen gewährleistet? Die Kosten für die angekündigten Leistungsverbesserungen werden durch die Einnahmen aus der Beitragssatzerhöhung für den Zeitraum von 2012 bis 2015 finanziert, diese Einschätzung basiert auf der Annahme einer weiterhin positiven konjunkturellen Entwicklung und bereits eingeplanter Minderausgaben durch die Leistungsverbesserung selbst, was jedoch nur begrenzt absehbar ist, die Kosten des zusätzlichen Bürokratieaufwandes sind der Höhe nach nicht nachvollziehbar kalkuliert, Die Kostensteigerungen aus der demografischen Entwicklung sind nicht berücksichtigt. Gernot Kiefer, GKV-Spitzenverband 9

Fazit Das Pflege-Neuausrichtungsgesetz sollte genutzt werden, um zielgerichtet die Situation von Personen mit eingeschränkter Alltagskompetenz (Demenz) sinnvoll zu verbessern. Die notwendigen Entscheidungen für eine nachhaltige und zukunftssichere Finanzierung der Pflegeversicherung sind jetzt zu treffen. Die notwendigen Vorarbeiten zur Anpassung des Pflegebedürftigkeitsbegriffs sind so abzuschließen, dass sie politisch gewollt und umsetzbar sind. Gernot Kiefer, GKV-Spitzenverband 10

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Gernot Kiefer, GKV-Spitzenverband 11