Grundlagen der Sportpädagogik (WS 2004/05) Dietrich Kurz Universität Bielefeld Abteilung Sportwissenschaft

Ähnliche Dokumente
Fortbildungsveranstaltung Sport Klasse 10. Dahm -Fortbildung Klasse

Grundlagen der Sportpädagogik (WS 2004/05) Dietrich Kurz Universität Bielefeld Abteilung Sportwissenschaft

I. Einleitung, Zielsetzung und Vorgehen... 11

Grundlagen der Sportpädagogik (WS 2004/05) Dietrich Kurz Universität Bielefeld Abteilung Sportwissenschaft

Grundlagen der Sportpädagogik (WS 2004/05) Dietrich Kurz Universität Bielefeld Abteilung Sportwissenschaft

1 Pädagogische Grandbegriffe: Bildung und Erziehung 18 2 Anthropologische Grandlagen der Bewegungskultur 21 3 Fazit 33

zwei Sichtweisen von Bewegungshandlungen:

Zwischen Entschulung und Handlungsfähigkeit Aktuelle Schulsportkonzepte im Überblick, Teil 2

Grundlagen der Sportpädagogik (WS 2004/05) Dietrich Kurz Universität Bielefeld Abteilung Sportwissenschaft

( Picasso ) LuPe Lebenskunst

Grundriß der Sportpädagogik

Modulhandbuch Sportdidaktik

Ergänzende Inhalte Hort Basale Bedürfnisse befriedigen, z.b. Tanz, Verwandlungskünstler Ich kann alles sein, was ich will

Modulhandbuch Sportdidaktik

2.Themenbereich: Zur Bedeutung der Bewegung für den Menschenanthropologische

Grundlagen der Sportpädagogik

Grundlagen der Sportpädagogik

Grundlagen der Sportpädagogik (WS 2004/05) Dietrich Kurz Universität Bielefeld Abteilung Sportwissenschaft

Grundlagen der Sportpädagogik (WS 2004/05) Dietrich Kurz Universität Bielefeld Abteilung Sportwissenschaft

Grundriss der Sportpädagogik

Seminar: Schönheit Erhabenheit Genie. Einführung in Kants Kritik der ästhetischen Urteilskraft

Vom 22. März Die 5 bis 7 erhalten folgende Fassung:

Grundlagen der Sportpädagogik

Einführung in die Sportpädagogik

Wirkungsforschung zu ästhetisch-kulturellen Bildungsangeboten in den Feldern Bewegung, Tanz, Musik und Theater

Interkulturelle Bewegungs- und Sporterziehung

Tanz und kulturelle Bildung

Kreativer Tanz und Bewegungstheater

Grundriss der Sportpadagogik

Soft Skills - Kultur weckt Talente. Kunst- und Kulturpädagogisches Zentrum der Museen in Nürnberg (KPZ)

Grundlagen der Sportpädagogik (WS 2004/05) Dietrich Kurz Universität Bielefeld Abteilung Sportwissenschaft

Weil es Spaß macht? Motive und Sinnperspektiven des Sporttreibens

Pädagogische Perspektive ( A ) Wahrnehmungsfähigkeit verbessern, Bewegungserfahrungen erweitern... Pädagogische Perspektive ( A )

Informationen zum Wahlpflichtfachangebot. der IGS Selters

Fachstudien- und Prüfungsordnung für das Fach Sport im Lehramtsstudiengang an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen- Nürnberg

Grundlagen - Positionen - Tendenzen. Knut Dietrich Gerhard Landau SPORT PÄDAGOGIK. AFRA Sport Buch Theorie

Inhalt. Einleitung Die Unterschätzung des Spiels in der evangelischen Religionspädagogik - Problemanzeige 19

Zwischen Sportartenlernen und Körpererfahrung Aktuelle Schulsportkonzepte im Überblick, Teil 1

Bildungsfelder. Bildungsfelder. Bildungsfelder. Bildungsfelder. Kommunikationsfreudige und medienkompetente Kinder. Starke Kinder

Fachstudien- und Prüfungsordnung für das Fach Sport im Lehramtsstudiengang an der Friedrich-Alexander- Universität Erlangen-Nürnberg Vom 1.

Rezension zum Aufsatz von Wolfgang Klafki: "Studien zur Bildungstheorie und Didaktik"

Univ.-Prof. Dr. Georg Wydra. Vorlesung Allgemeine Sportdidaktik Modul Didaktik/Methodik. Baustein 2: Didaktische Entscheidungen

Zum Wandel der Schönheitsvorstellungen im modernen Städtebau: Die Bedeutung psychologischer Theorien für das architektonische Denken

Schulinternes Curriculum Planung 10 (G8)

Kunst- und Kulturgeschichte

Christoph Falschlunger (IMP-Tag )

Religionsunterricht wozu?

IHALT. LERNFELD 1 Personen und Situationen wahrnehmen, 12 Verhalten beobachten und erklären

Erstsemestereinführung WS 2014/2015

in die Einführung Sportpsychologie Teili: Grundthemen Verlag Karl Hofmann Schorndorf Hartmut Gabler/Jürgen R. Nitsch / Roland Singer

Ihr Körper kann sprechen! Die Kunst der Körpersprache. Wovon spricht Ihr Körper? Wortlos kommunizieren?! Praxisbeispiele. Den Körper sprechen lassen

KÜNSTLERISCHE BILDUNG VERLÄSSLICH, AUFBAUEND, PROGRAMMATISCH. Bildungsprogramme und wie sie nach innen und außen wirken

Ich begrüsse Sie zum Impulsvortrag zum Thema: «Körpersprache geht uns alle an»

Prof. Dr. Peter Kuhn ISS FAU Vorlesung Sportdidaktik

Übungsleiter-Ausbildung Kleinkinderturnen im Badischen Turner-Bund (BTB) Grundlehrgang im Turngau. Modul 1 16 UE Überfachliche Inhalte

INHALT. (Alain Patrick Olivier / Annemarie Gethmann-Siefert)... XIII. Ästhetik

Die Kita als einen Bildungsort des Wohlfühlens gestalten.

Lehrplan Sport. genehmigt von der Schulkommission der Mittelschulen im Kanton Zug am 29. April 2015

Wie kommt die Bewegung in den Orientierungsplan? Bildungstheoretische und anthropologische Überlegungen zu Bewegung, Spiel und Sport...

Ringvorlesung: Vermittlungsmethoden im Sport

Darstellendes Spiel - Inhalte und Konzeption des Unterrichts

Ringvorlesung: Vermittlungsmethoden im Sport

Jahrgangsstufen 5/6: Inhaltsbereich Unterrichtsvorhaben Konkrete Beispiele. Mit dem UV verbundene Perspektiven. (1) Bewegen an Geräten - Turnen

The times they are a changin Eine kurze Geschichte der Entwicklung des modernen Sports

Ästhetik und Kommunikation. Prof. Dr. Anton Schlittmaier

XIII 1. Wahrnehmungspsychologische Grundlagen 1

Grundlagen der Sportpädagogik (WS 2004/05) Dietrich Kurz Universität Bielefeld Abteilung Sportwissenschaft

Modularisierung der Lehrämter

Niedersächsisches Kultusministerium. Frühpädagogische Anforderungen an die betriebliche Tagesbetreuung Empfehlungen des Orientierungsplans

Fach: Bildende Kunst Klasse 5

Herzlich Willkommen. zum Elterninformationsabend. Wahlpflichtfächer der IGS Selters

* Andreas Singer * Sportfachberater Landkreis Miltenberg *

Anlage 24 Fachspezifische Anlage für das Fach Sportwissenschaft Zwei-Fächer-Bachelor

geändert durch Satzungen vom 31. März März 2012

Von der Gestaltung zur Choreografie. Postuwka Uni FFM

Schulinterner Lehrplan Kunst Sek. I Jahrgangsstufe 5. Grundfarben. Mischfarben. expressive Farben. Tages-/Jahreszeiten phantastische Szenen

Curriculum EF Sport am HJK mit Methoden

Fachspezifische Anlage für das Wahlfach Sport im Rahmen des Bachelorstudiengangs Wirtschaftspädagogik 3-3: Modulbeschreibungen

Tutorium. Organisation und Struktur der Vorlesung. Vorlesung. Einführung in die. Block A: Themenliste der Vorlesung

Kern und Schulcurriculum Bildende Kunst Klassenstufe 5/6

Körpersprache und Kommunikation

Sport und Erziehung: Qualitätsentwicklung im Schulsport

Schwerpunkt: KUNST.SCHAFFEN / SPKS. Bilder in der darstellenden Kunst / SPKS1. Schwerpunkt: KUNST.SCHAFFEN / SPKS

Mitarbeiter als wichtigstes Unternehmenskapital

A Grundlagen der Rhythmik 19 1 Geschichte der Rhythmik Rhythmik fließt... eine Reise ins Ungewisse? Planung von Rhythmik-Einheiten 34

Inhaltsverzeichnis. Einleitung und Problemstellung 17. A Entwicklungstheoretische Erkenntnisse 26

Weitere Fächer Sport. 1 Stundendotation. 1. Jahr 2. Jahr 3. Jahr Weiteres Fach Allgemeines Bildungsziel

Der Rhythmus in Sport und Musik

BP 2016 GYMNASIUM, BILDENDE KUNST, ANHÖRUNGSFASSUNG MAI 2015 Klassen 5/6. FLÄCHE RAUM ZEIT Grafik Malerei Plastik Architektur Medien Aktion

Schulinternes Curriculum der SII, Jahrgangsstufe EF und für den Abiturjahrgang 2015

Blätter sind grün. Eury thmie ist Tanz.

B. BA Studiengang Musik EMP Modulbeschreibung K1

Studiengang Didaktikfach Sport - Hauptschule

Vorlesung Der Begriff der Person : WS 2008/09 PD Dr. Dirk Solies Begleitendes Thesenpapier nur für Studierende gedacht!

Vom schönen Klang. Ästhetische Bildung am Klavier. Dissertation zur Erlangung des Grades eines Dr. phil. der Folkwang Universität der Künste

Dialogische Führung und Kommunikation

Veränderung ist eine gute Schule 2. Werkstatt für Pädagogik und Architektur

Akrobatik mit Kindern und Jugendlichen

Transkript:

Grundlagen der Sportpädagogik (WS 2004/05)

Grundlagen der Sportpädagogik (WS 2004/05) Lektion 7: Ausdruck (ästhetische Erziehung)

Grundlagen der Sportpädagogik (WS 2004/05) Lektion 7: Ausdruck (ästhetische Erziehung)

Ausdruck (ästhetische Erziehung) 1) Ausdruck als pädagogische Perspektive: Annäherungen 2) Kleiner Überblick über die Geschichte der Perspektive 3) Ansätze einer pädagogischen Begründung 4) Prinzipien und Wege der Vermittlung Abteilung Sportwissenschaft Universität Bielefeld

1. Ausdruck als pädagogische Perspektive: Annäherungen Jede Bewegung ist auch eine Mitteilung über mich, ob mir das nun bewusst ist oder nicht, ob ich das will oder nicht. Mein Körper spricht immer ( Körpersprache ). Abteilung Sportwissenschaft Universität Bielefeld

1. Ausdruck als pädagogische Perspektive: Annäherungen Bedeutungen der Bewegung (Grupe, 1997, S. 209): ausdrückend-expressiv, indem wir uns und unsere Gefühle über Bewegungen äußern vgl. Funke, 2004: symbolische Funktion des Sich-Bewegens Abteilung Sportwissenschaft Universität Bielefeld

1. Ausdruck als pädagogische Perspektive: Annäherungen Lektion 3: Items "Wie wichtig ist Dir im Sport, daß... "Deine Bewegungen gut aussehen" Du mit Deinem Körper etwas ausdrückst" "Du zeigen kannst, was Du für ein Typ bist" Abteilung Sportwissenschaft Universität Bielefeld

1. Ausdruck als pädagogische Perspektive: Annäherungen Formbewegungen versus Zweckbewegungen

1. Ausdruck als pädagogische Perspektive: Annäherungen Mimesis (griech.) = Nachahmung

Zu 1.: Expressive Aktivitäten "kompositorische" Sportarten (Gütekriterium "Gestaltoptimierung") Bewegungskunststücke wie z.b. Akrobatik, Jonglieren, (Ein)Radfahren Darstellendes Spiel, Bewegungstheater, Schattenspiel Tanzen: gebundene Tänze, freies Tanzen rhythmische Gymnastik, elementarer Tanz

Zu 1.: Ästhetische Erziehung aisthesis (griech.) = sinnliche Wahrnehmung) Ästhetik = die Lehre vom Schönen Ästhetische Erziehung = Förderung der ästhetischen Urteilskraft (Kant), des Geschmacks

2. Kleiner Überblick über die Geschichte der Perspektive Turnkunst Gymnastikbewegung kompositorische Sportarten ( Kunstsport ) Gestaltung als Prinzip in der bildungstheoretischen Didaktik der Leibeserziehung Vernachlässigung der Perspektive im Sport Neue Aktualität?

3. Ansätze einer pädagogischen Begründung...was nur dem Menschen möglich ist: Bewegungskunst Der Mensch kann zu sich selbst eine "exzentrische Position" (Plessner) einnehmen, d.h. er kann gedanklich zu sich selbst in Distanz treten, sich von außen, mit den Augen eines anderen betrachten. Er kann sich daher auch vorstellen, wie seine Bewegungen auf andere wirken und damit Einfluss darauf nehmen, wie er auf andere wirkt. Jeder Mensch drückt durch seine Bewegung mehr oder weniger bewusst auch seine Individualität aus, und er kann in als-ob-handlungen damit spielen.

3. Ansätze einer pädagogischen Begründung die unendliche Vielfalt der zweckfreien Bewegung Während wir für Zweckbewegungen typischerweise die eine optimale, ökonomische, effektive Ausführung suchen, geht es unter der Perspektive "Ausdruck" ( Formbewegungen ) gerade um die unendliche Vielfalt der anderen, unerwarteten, überraschenden, unglaublichen etc. Bewegungen.

3. Ansätze einer pädagogischen Begründung Bewegung als E-motion Unsere Bewegung ist immer auch Ausdruck (aktueller) Stimmungen und (relativ überdauernder) Persönlichkeitsmerkmale. Aber Bewegungen wirken auch auf unsere Stimmungen (und unsere Persönlichkeit?) zurück.

3. Ansätze einer pädagogischen Begründung Bewegung als Kommunikation Bewegung ist immer auch in einem weiteren Sinn Mitteilung (Kommunikation), nicht nur über Stimmungen. Das heute populäre Wort "Körpersprache" sagt das aus: Vieles, was wir durch Worte nicht sagen können, sagen wir durch unsere Bewegungen und unsere Haltung.

3. Ansätze einer pädagogischen Begründung Ausbildung der ästhetischen Urteilsfähigkeit ( des Geschmacks ) nicht nur im Bereich der bildenden Kunst und Malerei, der Musik, sondern auch bezüglich der Ästhetik der menschlichen Bewegung und des menschlichen Körpers; nicht nur bezüglich dessen, was als Kunst gemeint ist, sondern auch bezüglich einer Ästhetik des Alltags.

4. Prinzipien und Wege der Vermittlung Kunst ist schön, macht aber viel Arbeit. (Karl Valentin) Nachgestalten Umgestalten - Neugestalten Aktion, Präsentation, Reflexion

Zu 4.: Drei Wege der Vermittlung 1. über Sportarten und Bewegungskulturen (Nachgestalten, Umgestalten) 2. über die Darstellung von etwas ( Mimesis ) 3. über das Material : Bewegung, Gerät (Abstraktion, Eingrenzung)

4. Prinzipien und Wege der Vermittlung Viel mehr als nur Hintergrund: Rhythmus und Musik

Grundlagen der Sportpädagogik (WS 2004/05)