Schriftlicher Bericht der Länder BW, BE, HB, HE, NW, RP, SL; TH zu TOP 9: Soziale Aspekte der Umweltpolitik Ziel einer sozial gerechten und verantwortlichen Umweltpolitik ist es, überproportionale Umweltbelastungen in Abhängigkeit vom sozialen Status zu minimieren. Dazu bedarf es geeigneter Strukturen und Rahmenbedingungen, die dies ermöglichen sowie eine integrierte, fachübergreifende Betrachtung von Umwelt Gesundheit Soziale Lage Planung. Umweltschutz ist Gesundheitsschutz. Dies wird besonders deutlich bei den Themen, die gerade aktuell die Umweltpolitik beherrschen wie z.b. Luftqualität und Lärm. Gerade diese Umweltbelastungen, die zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen führen, sind sozioökonomisch ungleich verteilt. Dies zeigt sich insbesondere in den Ballungsräumen, in denen häufiger die Miete an verkehrsreichen Straßen besonders niedrig ist. Das heißt, sozial schlechter gestellte Bevölkerungsgruppen sind höheren Umwelt- und Gesundheitsrisiken ausgesetzt als sozial und wirtschaftlich besser Gestellte. Ein weiteres aktuelles Thema ist die Energiewende. In diesem Kontext spielen die Themen Anpassung an den Klimawandel und Energiearmut eine wichtige Rolle. In den städtischen Ballungsräumen werden diese Faktoren bzw. Belastungen besonders deutlich. Es herrscht ein Spannungsfeld zwischen Umweltschutz und sozialer Gerechtigkeit. Viele Menschen befürchten, dass umweltpolitische Maßnahmen und die Energiewende zu großen finanziellen Belastungen führen, die vor allem Geringverdiener ganz besonders treffen könnten. Studien zeigen zum Beispiel, dass ärmere Menschen häufig in einer stärker belasteten Umwelt leben und daraus oft erhebliche soziale sowie gesundheitlich bedingte Folgekosten entstehen. Es muss daher deutlich herausgearbeitet werden, wie Umweltpolitik die
Lebensqualität in Deutschland verbessert. Es gilt, Kommunikationsstrategien zu entwickeln und ein Konzept der ökologischen Gerechtigkeit anzuregen. So können die (potenziellen) Synergien zwischen Umwelt- und Sozialpolitik für breite Kreise der Bevölkerung verdeutlicht werden. Vordringliches Ziel muss es daher sein, durch vorausschauende Planungsprozesse die Umwelt-, Gesundheits- und Sozialaspekte gleichermaßen zu berücksichtigen, um solche ungleichen Verteilungen zu vermeiden. Gleichzeitig gilt es vorhandene Ungleichheiten zu verringern. Dabei ist darauf zu achten, dass es dadurch nicht zu unzulässigen Mehrbelastungen an anderen Stellen kommt. Sofern dies nicht oder nur eingeschränkt möglich ist, muss zumindest versucht werden, die vorhandenen Ungleichheiten zu kompensieren. Eine besonders wichtige Rolle kommt dabei der Entwicklung und Gestaltung von wohnortnahen Grün- und Spielflächen zu. Zahlreiche Studien belegen die positive Wirkung bzgl. Erholung, Bewegung sowie als Begegnungsraum für verschiedene soziale Gruppen. Eine gute Erreichbarkeit stadtnaher Erholungsflächen durch bezahlbare öffentlicher Mobilität ist hier eine wichtige Ergänzung. Eine wichtige Bedingung für die Umsetzung dieser Punkte ist die Schaffung geeigneter Strukturen und Rahmenbedingungen, sowie eine integrierte, fachübergreifende Betrachtung. Voraussetzung hierfür ist eine Kooperation der verschiedenen Fachbereiche Umwelt, Gesundheit, Soziales, Verkehr, Städtebau, etc. und ein integriertes Handeln. Dabei wiederum müssen die verschiedenen handelnden Ebenen in den Blick genommen werden. Eine wichtige Rolle kommt der kommunalen Ebene zu. Diese ist beispielsweise zuständig für die Planungsprozesse und ist nah an den Menschen vor Ort. Die Länder können Rahmenbedingungen, z.b. durch integrierte Programme, Förderprogramme, Vernetzung und Kommunikation schaffen.
In den Ländern gibt es bereits eine Vielzahl von Aktivitäten, die sowohl einen themenbezogenen als auch einen strukturellen Ansatz verfolgen. Viele der themenbezogenen Aktivitäten widmen sich dem Zusammenhang zwischen Umwelt, Gesundheit und sozialer Lage oder wichtigen Teilaspekten dieses Zusammenhangs. Im Folgenden wird ein erster Überblick über die Aktivitäten der Länder BW, BE, HB, HE, NW, RP, TH gegeben. Die Aufzählung ist nicht abschließend. BE Um neue administrative Steuerungsinstrumente und Handlungsoptionen für die Berliner Stadtentwicklung und Umweltplanung zu erhalten, hat die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt das neue Themenfeld Umweltgerechtigkeit im Land Berlin entwickelt. Grundlage der neuen Integrierten Berliner Umweltgerechtigkeitskonzeption (IBUK) ist die kleinräumige Umweltbelastungsanalyse (Umweltgerechtigkeitskarte 2016) auf der Ebene der 447 Planungsräume (Quartiere) der Hauptstadt. Das neue gesundheitsorientierte Umweltgerechtigkeitsmonitoring bildet als Frühwarnsystem die Ist-Analyse ( Berlin heute ) ab und ermöglicht transparent und nachvollziehbar durch 5 Kern- sowie 10 Ergänzungsindikatoren einen Gesamtüberblick über die Umweltqualität in den Quartieren der Hauptstadt. Gleichzeitig sollen die etablierten Monitoringverfahren durch zusätzliche kleinräumige Informationen fachlich untersetzt werden. Der Basisbericht sowie eine praxisorientierte Kurzfassung sind in der finalen Bearbeitungsphase und liegen voraussichtlich im 1. Quartal 2017 vor. Wesentliche Ergebnisse wurden auf der Homepage der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt veröffentlicht. Damit wird den Berliner Verwaltungen ein neues umweltbezogenes Planungsinstrument zur Verfügung gestellt werden, dass sie jeweils eigenverantwortlich nutzen sollen.
BW Mit der BW-Nachhaltigkeitsstrategie werden die Aktivitäten mit dem Ziel einer sozial gerechten und verantwortlichen Umweltpolitik ressort- und themenübergreifend gebündelt. Mit dem Zukunftsplan Gesundheit wird das Ziel der Schaffung gesunder Lebenswelten verfolgt. Die Landesstrategie zur Anpassung an den Klimawandel beschäftigt sich in den Handlungsfeldern Gesundheit und Stadt- und Raumplanung mit den Auswirkungen des Klimawandels auf die Bevölkerung. Dabei wird die Bedeutung von Grün in der Stadt hervorgehoben. HB Bei der Auswahl von Projekten zur Förderung im Bereich Umweltbildung werden sowohl für Erwachsene als auch für Kinder und Jugendliche soziale Aspekte mitberücksichtigt. Freiraum und Erholung : Durch das Zusammenwirken von öffentlichen Grünanlagen und sonstigen Freiflächen in vielen Ortsteilen Bremens wird die der Freiflächenversorgung von belasteten Stadtteilen/Quartieren verbessert bzw. sichergestellt. Weitere zentrale Aktivitäten betreffen die Versorgung der Bevölkerung mit angemessenem und günstigem Wohnraum und den Bereich Verkehr (z.b. Zugang ÖPNV für einkommensschwächere Menschen). HE Entwicklung einer eigenen Nachhaltigkeitsstrategie in einem interdisziplinären Prozess mit Wirtschaft, Wissenschaft, Politik und Verwaltung entwickelt, wobei die soziale Kohäsion in Städten und Gemeinden hierbei ein wichtiges Ziel ist. Mit den Förderprogrammen Soziale Integration im Quartier (in Vorbereitung) und Gemeinwesenarbeit in Stadtteilen/Quartieren mit besonderem sozialen und integrationspolitischen Herausforderungen
werden besonders die integrativen und sozialen Komponenten der Städtebauförderung ergänzend zum Programm Soziale Stadt gefördert. Weitere zentrale Aktivitäten resultieren aus dem Integrierten Klimaschutzplan Hessen 2025 (z.b. Klimawandel und die Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit, klimafreundliche Mobilität) und der Bildungsinitiative für Nachhaltigkeit (BNE). NW Mit dem Masterplan Umwelt und Gesundheit NRW hat die Landesregierung im März 2016 ein integriertes Handlungskonzept für den umweltbezogenen Gesundheitsschutz verabschiedet. Er dient als Instrument für eine integrierte Gesamtbetrachtung von Umwelt, Gesundheit und sozialer Lage in NRW und wendet sich primär an die Verwaltungsebenen, definiert ausgewählte, prioritäre Handlungsfelder, enthält erste Handlungsempfehlungen und beschreibt Strukturen und Prozesse für die Umsetzung. Umweltgerechtigkeit ist ein wichtiges Querschnittsthema im Masterplan. Unter Umwelt und Gesundheit werden weitere relevante Themen wie z.b. die Luftreinhaltung und die Reduzierung verkehrsbedingten Lärms bearbeitet. Die NRW-Nachhaltigkeitsstrategie und die Strategien zur Anpassung an den Klimawandel und für Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) sind weitere zentrale Handlungsfelder des Umweltministeriums. RP Förderung von ca. 600 Projekten für die Schaffung von Grün- und Freiflächen für Erholung, Bewegung und Begegnung, sowie naturnahe Spielmöglichkeiten für Kinder als Beitrag zu mehr Umweltgerechtigkeit. Mit den Publikationen Nachhaltig predigen der Landeszentrale für Umweltaufklärung werden Beiträge zu einer sozialen Umweltpolitik für die Predigtarbeit in Kirche zur Verfügung gestellt.
Weitere zentrale Aktivitäten betreffen die Bereiche Planung (Luftreinhaltung, Lärmschutz, Raumplanung) und Energiearmut. SL Zur Erreichung von mehr Umweltgerechtigkeit wird eine Drei-Säulen- Strategie mit dem zentralen Aspekt der Partizipation (Teilhabe) umgesetzt: Erstens werden durch länderübergreifende Fachveranstaltungen die Fachebenen und die politischen Entscheidungsträger in einem zielorientierten Dialog für das Thema sensibilisiert und somit konkreten und praxistauglichen Umsetzungsmaßnahmen die Wege bereitet. Zweitens werden im Rahmen eines öffentlichen Dialoges die regionalen Entscheidungsträger und Gruppen eingebunden. Drittens werden aktuell in zwei Projekten mit einem unmittelbar kommunal Verantwortlichen (LHS Saarbrücken) und mit einem übergeordneten kommunal verantwortlichen Träger (Kreis Saarlouis) zielgruppenoptimierte Zukunftswerkstätten zur Gestaltung von Plätzen mit Kindern aus sozial schwächeren Familien zur Gewinnung weiterer Erkenntnisse durchgeführt. Die gewonnenen Erkenntnisse werden in ein saarländisches Gesamtkonzept für mehr Umweltgerechtigkeit, welches Teil der saarländischen Nachhaltigkeitsstrategie sein wird, eingebunden. TH Mit dem Koalitionsziel einen Verkehrsverbund für Thüringen einzuführen, soll ein gerechter Mobilitätszugang für alle Bevölkerungsgruppen geschaffen werden. Mit der Landesinitiative Genial zentral werden Vorhaben, die innerstädtische Brachen einer neuen Nutzung zuführen, prioritär gefördert. Ein Projektteil stellt die Bereitstellung von preisgünstigen Wohnbauflächen für junge Familien dar. Mit dem Thüringer ÖkoAktionsplan werden sowohl ökologische als auch soziale Aspekte in die Landwirtschaftsstrategie Thüringens
eingebunden.