Rechtliche Konsequenzen aus Planungs- und Verarbeitungsfehlern



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Transkript:

Brandschutztechnisches Symposium Brandschutz in der Haustechnik Rechtliche Konsequenzen aus Planungs- und Verarbeitungsfehlern

Dr. Sandra Herrig Rechtsanwältin Kurfürstendamm 194 - Haus Cumberland 10707 Berlin Telefon: 030/ 88 00 19 19 Fax: 030/ 88 00 19 20 E-Mail: herrig@ra-shs.de www.ra-shs.de

Brandschutz mal anders.

Vorbeugender Brandschutz Was bedeutet Brandschutz? Unter baulichem Brandschutz versteht man alle bautechnischen Maßnahmen, die eine Brandentstehung, Brandausbreitung und Brandübertragung verhindern oder auf ein überschaubares Maß reduzieren Bautechnischer Brandschutz Organisatorischer Brandschutz Gebäude- und anlagentechnischer Brandschutz Diese Maßnahmen müssen bei der Vorplanung berücksichtigt werden, damit diese bei Werkplanung, Ausschreibung und Ausführung entsprechend umgesetzt werden können. Abwehrender Brandschutz: Aufgabe der Feuerwehr

Mit der Entstehung eines Brandes muss praktisch jederzeit gerechnet werden. Der Umstand, dass in vielen Gebäuden jahrzehntelang kein Brand ausgebrochen ist, beweist nicht, dass insofern keine Gefahr besteht, sondern stellt für die Betroffenen lediglich einen Glücksfall dar, mit dessen Ende jederzeit gerechnet werden muss. (OVG NRW, Urteil 28.08.2011-10 A 3051/99) (OVG NRW, Beschluss 01.10.2008) (Hamburgisches OVG, Beschluss 04.01. 1996, Bs II 61/95)

Was schuldet der Planer? Grundsätzlich: Der beauftragte Planer/Architekt schuldet eine Entwurfs- und Ausführungsplanung, die die Anforderungen des Brandschutzes berücksichtigt. Der Planer schuldet ein auf Dauer verkehrssicheres Werk

Leistungspflichten im Rahmen der Brandschutzplanung Bauliche Anlagen sind so anzuordnen, zu errichten, zu ändern und instand zu halten, dass die Entstehung eines Brandes und der Ausbreitung von Feuer und Rauch (Brandausbreitung) vorgebeugt wird und bei einem Brand die Rettung von Menschen und Tieren sowie wirksame Löscharbeiten möglich sind ( 14 MBO) Der Unternehmer hat dem Besteller das Werk frei von Sach- und Rechtsmängeln zu verschaffen Öffentlich-rechtl. Pflichten Zivilrechtliche Pflichten Die Planung muss den Verkehrssicherungspflichten genügen Öffentlich-rechtl. und zivilrechtliche Pflicht

Pflichten des Planers Öffentliches Recht Ziel: öff.-rechtl. Genehmigung Zivilrecht Ziel: mangelfreies Werk Bauplanungsrecht regelt, ob und in welcher Art, Ausmaß gebaut werden darf (Baunutzungsverordnung, BauGB) Bauordnungsrecht regelt konkrete Ausführung z.b. LBO Vertrag Gesetz

Pflichten des Planers Öffentlich-rechtliche Vorschriften sind abstrakt vorbeugend - Schutz der Allgemeinheit Alle bauordnungsrechtl. Vorschriften, z.b. Schützen die jeweiligen Vertragspartner und die Allgemeinheit (Dritte) a) Musterbauordnung als Grundkonzept für alle LBO b) Landesbauordnungen und deren Erlasse und Durchführungsbestimmungen c) Bauaufsichtlich eingeführte Baunormen (z.b. VO Feuerungsanlagen) b) Eingeführte Technische Baubestimmungen (ETB), die als technische Regeln die LBOen konkretisieren z.b. DIN-Normen, MLAR (Muster- Leitungsanlagen-Richtlinie), M-LüAR (Muster- Lüftungsanlagen-Richtlinie), EnEV 2013 633 BGB Anerkannte Regeln der Technik (z.b. VDI 3819, VDI 6019, DVGW- W 405) DIN-Normen (z.b. DIN 4140) Verkehrssicherungspflicht

Problem: Die bauordnungsrechtlich eingeführten technischen Baubestimmungen (ETB) geben nicht immer die geltenden anerkannten Regeln der Technik oder neuesten DIN-Normen wieder Daher gilt meist zivilrechtlich ein höherer Standard, der aber mit einem Verweis auf die anerkannten Regeln der Technik in fast allen LBO eingeführt ist: Bauliche Anlagen sowie andere Anlagen und Einrichtungen ( ) sind so anzuordnen, zu errichten, zu ändern und instand zu halten, dass die öffentliche Sicherheit oder Ordnung, insbesondere Leben, Gesundheit oder die natürlichen Lebensgrundlagen, nicht gefährdet wird. Die der Wahrung dieser Belange dienenden allgemein anerkannten Regeln der Technik sind zu beachten. (vgl. LBO NRW 3 Abs. 1)

Pflichten nach Öffentlichem Recht Die öffentlich-rechtlichen Pflichten legen die Mindestanforderungen an ein genehmigungsfähiges Bauwerk fest, die zivilrechtlichen Anforderungen sind meist höher, insbesondere unter Beachtung der Verkehrssicherungspflicht! Daher: die erteilte Baugenehmigung ist keine zivilrechtliche Unbedenklichkeitsbescheinigung! Keine Entlastung bei Überprüfung durch die Baugenehmigungsbehörde (z.b. OLG Bamberg, Urteil v. 13.05.2005 6 U 49/09)

Zivilrechtliche Pflichten 1. Vertragliche Pflichten aus dem Werkvertrag 2. Einhaltung der anerkannten Regeln der Technik 3. Beachtung der DIN-Normen 4. Beachtung der Verkehrssicherungspflichten

Der Planer schuldet aus dem Werkvertrag eine Brandschutzplanung, die auf Dauer genehmigungsfähig ist und der beabsichtigten Nutzung entspricht

Exkurs HOAI 2009 vom 17.07.2013 gem. Abs. 3 HOAI 2009 können Honorare für besondere Leistungen frei vereinbart werden (3) Die Aufzählung der Besonderen Leistungen in dieser Verordnung und in den Leistungsbildern ihrer Anlagen ist nicht abschließend. Die Besonderen Leistungen können auch für Leistungsbilder und Leistungsphasen, denen sie nicht zugeordnet sind, vereinbart werden, soweit sie dort keine Grundleistungen darstellen. Die Honorare für Besondere Leistungen können frei vereinbart werden.

Aber (BGH Urteil vom 26.01.2012 VII ZR 128/11) Bei der Brandschutzplanung handelt es sich regelmäßig um einen Bestandteil der Grundleistung, so dass kein Anspruch auf eine gesonderte Vergütung besteht.

Bei besonders aufwendigen Brandschutzplanungen sollte daher eine gesonderte Vergütung vereinbart werden. Erforderlich ist aber, dass möglichst dokumentiert wird, dass der Auftraggeber darauf hingewiesen wurde, dass bei dem konkreten Bauvorhaben Spezialwissen erforderlich ist, das besondere Kenntnisse des baulichen, anlagenschutztechnischen und organisatorischen Brandschutzes erfordern. Etwa so: Nach eingehender Aufklärung sind sich die Vertragsparteien einig, dass die Leistungen zum Brandschutzkonzept gesondert vergütet werden mit einem Stundensatz von

Nur am Rande Einem Architekt steht kein Honorar aus Leistungsphasen 3 und 4 zu, wenn er eine wegen Brandschutzmängeln nicht genehmigungsfähige Planung erstellt. Das Überarbeiten seiner Planung wird ihm also nicht gesondert vergütet (OLG Saarbrücken, Urteil vom 05.10.2004, 4 U 710/03)

Anerkannte Regeln der Technik Definition Von der Mehrheit der Fachleute anerkannte, wissenschaftlich begründete, praktisch erprobte und ausreichend bewährte Regeln zum Lösen praktischer Probleme

Anerkannte Regeln der Technik (Mindeststandard) sind nicht gleichzusetzen mit Stand der Technik (2. Stufe) (das technisch machbare) Technikklausel, die die technischen Möglichkeiten zu einem bestimmten Zeitpunkt, basierend auf gesicherten Erkenntnissen von Wissenschaft und Technik darstellen. Aber es fehlt die gängige Praxiserprobung! Stand von Wissenschaft und Technik (3. Stufe) ( wissenschaftlich Denkbare ) Höchste Stufe der Leistungsskala und meint technische Spitzenleistungen, die wissenschaftlich gesichert sind. (sog. 3-Stufen-Theorie, Kalkar-Entscheidung BVerfG 8.8.1978)

Grundsätzliche Rechtsprechung des BGH zur Abgrenzung a.r.d.t. und DIN-Normen (BGH, Urteil 14.05.1998, VII ZR 184/97) die Werkleistung im allgemeinen mangelhaft, wenn sie nicht den zur Zeit der Abnahme anerkannten Regeln der Technik als vertraglichem Mindeststandard entspricht DIN-Normen können anerkannte Regeln der Technik wiedergeben, sie können aber auch hinter diesen zurückbleiben Die DIN-Normen sind keine Rechtsnormen, sondern private technische Regelungen mit Empfehlungscharakter

Anerkannte Regeln der Technik können sein, z.b. DIN-Normen. Einheitliche Technische Baubestimmungen (ETB) VDI-Richtlinien Bestimmungen des DVGW Bauaufsichtlich eingeführte Technische Baubestimmungen des deutschen Instituts für Normung Europäische Normen (EN) Vorschriften der Berufsgenossenschaften

Planungsfehler liegt vor bei Verstoß gegen Brandschutz-DIN (BGH Urteil vom 27.01.1994, VII ZR 178/92) Nichtbeachtung der (damaligen) DIN 4102 löst die Haftung des planenden Architekten aus

Bei der Auswahl der Baustoffe und ihrer Beschreibung im Hinblick auf den Brandschutz ist stets der sicherste Weg zu wählen. Dies beinhaltet klare und unmissverständliche Angaben, die keinen Zweifel an der zulässigen Art der Ausführung lassen. Genügt die Planung diesen Vorgaben nicht, ist diese mangelhaft. (OLG Frankfurt, Urteil vom 11.03.2008 10 U 118/07)

Auch der überwachende Architekt hat erhöhte Überwachungspflichten bei Materialeinbau: Er muss prüfen, ob das eingebaute Material dem in der Planung geforderten tatsächlich entspricht. (KG Berlin, Urteil vom 06.01.2005, 27 U 267/03) (Bestätigt durch Beschluß des BGH vom 20.05.2005, VII ZR 39/05) Der objektüberwachende Architekt hatte vergessen zu prüfen, ob das eingebaute Dämmmaterial den Anforderungen des Brandschutzes nach den örtlichen Bauvorschriften genügt. KG deutlich: Die Dachdämmung gehört zu dem Bereich, dem hinsichtlich des Brandschutzes ganz besonders intensive Überwachungspflichten gelten.

Seit 01.07.2013 gilt die neue Bauproduktenverordnung (BauPVO) Danach müssen alle harmonisierten Bauprodukte die neue CE-Kennzeichnung haben Aufgrund der direkten Geltung von EU-Verordnungen gilt also die (EU) Nr. 305/2011 auch in Deutschland direkt Bislang gibt es seitens des gebildeten Gemeinschaftsausschusses DIN-DVGW noch keine Empfehlung für die Praxis

Der Bundesgerichtshof drückt sich prägnant aus: Wer vertraglich die Bauaufsicht übernimmt, hat schon während der Ausführung dafür zu sorgen, dass der Bau plangerecht und frei von Mängeln errichtet wird. (BGH, Urteil 06.07.2000)

BGH Urteil vom 10.02.1994 - VII ZR 20/93 Bei wichtigen oder bei kritischen Baumaßnahmen, die erfahrungsgemäß ein hohes Mängelrisiko aufweisen, ist der Architekt zu erhöhter Aufmerksamkeit und zu einer intensiveren Wahrnehmung der Bauaufsicht verpflichtet. Besondere Aufmerksamkeit hat der Architekt auch solchen Baumaßnahmen zu widmen, bei denen sich im Verlauf der Bauausführung Anhaltspunkte für Mängel ergeben. (Gängige Rechtsprechung) (z.b. OLG Celle, Urteil vom 20.3.2002, Az. 7 U 45/01)

Daher dringender Rat: Anforderungen im Einzelfall genau prüfen und Prüfung dokumentieren!!!

Zur Dokumentationspflicht bei Objektüberwachung Der Architekt muss das Geschehen rund um das Bauvorhaben in einem Bautagebuch dokumentieren, das nicht nur zu internem Dokumentationsinteresse des Architekten, sondern auch im Interesse des Bauherrn geführt wird. Wird dies nicht geführt, kann die Vergütung für die Lph. 8 um 0,5 % gekürzt werden (OLG Celle, Urteil 11.10.2005, 14 U 68/04)

Verpflichtung zum Führen eines Bautagebuches, aber keine Verpflichtung zum Aushändigen der geführten Bautagebücher an den Auftraggeber (KG, Urteil 14.02.2012-7 U 53/08) Bei Verletzung der Dokumentationspflicht, läuft der Architekt Gefahr, dass sein Honorar gemindert wird. Allerdings muss der Architekt das Bautagebuch nicht an den Bauherrn übergeben. (So der BGH, Urteil vom 28.07.2011 VII ZR 65/10 der an das KG zurückverwiesen hat). Der AG hatte Teilhonorar einbehalten, weil AN keine Bautagebücher, sondern Notizbücher geführt hatte. KG: Anspruch auf volles Honorar! Eintragungen müssen nicht täglich erfolgen - es reicht, wenn die Eintragungen in dem sich aus der Überwachungspflicht ergebenden Rhythmus erfolgten.

Praxistipp Die Anforderungen, die grundsätzlich an die Führung des Bautagebuchs zu stellen sind, ergeben sich mithin aus dem Zweck eines Bautagebuchs. Mag der Architekt somit zwar in der Form und Verwaltung seiner Aufzeichnungen frei sein, so hat er gleichwohl darauf zu achten, dass die Aufzeichnungen vollständig sind und seine Dokumentationspflicht umfassend gewährleistet ist. Eine Verletzung der Verpflichtung zur Führung eines Bautagebuchs berechtigt den Auftraggeber zur Minderung des Architektenhonorars.

Bauherr Wer haftet bei mehreren Beteiligten? Planer : alle Planungs- und Überwachungspflichten Alleinhaftung Planer Bauherr Planer: Gesamtleistung, die Planer an Subunternehmer vergibt, z.b. Brandschutzingenieur oder Fachplaner (Generalübernehmervertrag) Bauherr hat Anspruch gegen Planer Planer Streitverkündung an Subunternehmer Bauherr vergibt selbst an versch. Planer Gesamtschuldner-Haftung aller Planer

OLG Celle, Urteil vom 04.01.2012, 14 U 126/11 (Bestätigt durch BGH, Beschluß 18.07.2013, VII ZR 28/12) Bauherr hatte Objektplaner und daneben Tragwerksplaner beauftragt. Es traten Mängel an einer Brandschutzwand auf. Bauherr will von beiden Planern als Gesamtschuldner die Nachbesserungskosten. Ergebnis OLG Celle: nur der Objektplaner haftet! Tragwerksplaner sei kein Fachmann für Brandschutz. Objektplaner aber schuldet insgesamt ein genehmigungsfähiges, fehlerfreies und den Brandschutzvorschriften entsprechendes Werk. Gesamtverantwortung des Objektplaners

Planer übernimmt Ausführungsplanung. Ausschreibung und Bauüberwachung erfolgte durch anderen Planer. Nach Ausschreibung hat der urspr. Planer eine Änderung des einzubauenden Materials vorgenommen, dadurch zeigten sich Mängel. Bauherr klagt gegen den Planer der Ausführungsplanung, der Regress nimmt am Planer der Ausschreibung /Bauüberwachung. (OLG Koblenz, Urteil 07.11.2013, 1 U 102/11) (bestätigt durch Nichtannahmebeschluß BGH 21.11.2013, VII ZR 212/11) Gesamtschuldnerhaftung beider Planer Der bauüberwachende Planer darf eine geänderte Leistung nicht ohne eigene kritische Prüfung ausführen lassen!

Hinweis- und Aufklärungspflichten des Planers Einbau neuartiger Werkstoffe Der Architekt darf bei Planung nur solche Werkstoffe vorsehen, bei denen er sicher sein kann, dass sie den zu stellenden Anforderungen genügen (OLG Hamm, Urteil 27.10.2005, 21 U 77/00) Es dürfen nur risikofreie Werkstoffe verwendet werden!!

Hinweis- und Aufklärungspflicht Bei technischen Neuerungen Architekten müssen grundsätzlich über die neuesten a.r.d.t. informiert sein und den Auftraggeber auf diese Neuerungen hinweisen. Kommt der Architekt dieser Aufklärungspflicht nicht nach, kann er sich aus 635 BGB schadenersatzpflichtig machen (KG Berlin, Urteil 05.06.2001, 7 U 697/00 )

Umfang der Prüfungs- und Bedenkenhinweispflicht Enthaftung des bauüberwachenden Architekten? Bedenken gegen die vorgesehene Art der Ausführung (Planung/konkrete Anweisungen) Bedenken gegen die vom Auftraggeber gelieferten Stoffe oder Bauteile Bedenken gegen (Vor-) Leistungen anderer Unternehmer Bedenken wegen der Sicherung gegen Unfallgefahren

Planung weicht von den anerkannten Regeln der Technik ab Hinweispflicht an AG ist erfolgt und trotzdem Planung ist mangelhaft! (BGH, Urteil vom 20.12.2012 VII ZR 209/11) Dies obgleich ein Hinweis erfolgte und der AG bauerfahrener Bauträgerin war. Der BGH ging vom subjektiven Mangelbegriff aus und stellte fest, die Planung ist mangelhaft, weil er von Anfang an verfolgte Zweck der Veräußerung der Reihenhäuser durch die Planung nicht verwirklicht werden kann. Die Zustimmung zur geänderten Bauausführung durch den AG helfe nicht, weil bei dem Erwerber gegenüber kein mangelfreies Werk verkauft werden kann. Bereits in einer früheren Entscheidung hatte der BGH darauf hingewiesen, dass für eine von den anerkannten Regeln der Technik abweichende Vereinbarung allein der der Hinweis auf die einschalige Haustrennwand in der Baubeschreibung nicht ausreiche. Im Ergebnis so auch : Die Entscheidung des OLG München vom 26.02.2013.

Also: Hinweispflicht des Architekten bei nicht regelgerechter Bauausführung Architekt ist Sachwalter des Bauherrn Es obliegt ihm ein technisch einwandfreies Bauwerk zu planen und errichten zu lassen Wünschen des Bauherrn nach einer nicht DINgerechten Bauausführung darf der Architekt nicht bedenkenlos nachgeben (OLG Oldenburg, Urteil 26.06.1996, 2 U 103/96 )

Architekt muss die erforderlichen Fachkenntnisse und Erfahrungen haben Der Architekt muss die Fachkenntnisse aufweisen, die für die Durchführung seiner Aufgaben erforderlich sind. (BGH, Urteil 10.07.2003, VII ZR 329/02) Der Architekt muss sich fortbilden (nach OVG NRW, Beschluss, Urt. v. 04.11.2009-6 s E 1620/08) Architekt durch die Architektenkammer NRW zwangsweise aufgefordert, einen Fortbildungsnachweis vorzulegen.

Haftung des Planers bei Pflichtverletzung Zentrale Haftungsgrundlage 280 Abs. 1 BGB: Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hieraus entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat. Pflichtverletzung Verschulden Schadenersatz Leistungspflichten Verkehrssicherungspflicht Nach dem jeweiligen Vertrag und dem beabsichtigten Nutzungszweck des Werkes 276 BGB Wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht läßt 280 BGB 249 BGB

Grobe Fahrlässigkeit: (OLG Celle, Urteil vom 30.11.2011-14 U 88/11) Ein Verstoß gegen die einschlägigen DIN-Normen (fehlerhafte Überprüfung auf Dichtheit und Festigkeit der Installation) ist grob fahrlässig. (BGH, Urteil, 11. Oktober 2012 Az. VII ZR 179/11) Wenn die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in einem solchen Maß außer Acht gelassen wird, dass nicht einmal die einleuchtendsten Vorsichtsmaßregeln beachtet werden oder offensichtlich gegen die anerkannten Regeln der Technik verstoßen wird.

Rechtsfolge der schuldhaften Pflichtverletzung Schadenersatz ( 280 BGB) Art und Umfang des Schadensersatzes ( 249 BGB) (1) Wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, hat den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre. = Naturalrestitution (2) Ist wegen Verletzung einer Person oder wegen Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, so kann der Gläubiger statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen. = SchE in Geld und Schmerzensgeld

Haftung aus Verkehrssicherungspflichten Derjenige, der eine Gefahrenlage schafft oder erhält, ist verpflichtet, die notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen zu treffen, um eine Schädigung anderer oder Rechtsgüter Dritter zu verhindern Das sind diejenigen Maßnahmen, die ein umsichtiger und vernünftiger Mensch für notwendig und ausreichend erachtet, um andere vor Schaden zu bewahren

Verkehrssicherungspflichten 823 BGB: deliktischer Anspruch (1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, Körper oder Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. (2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt Pflichtverletzung + Verschulden = Schadenersatz 823 BGB + 276 BGB = 249 BGB

Der mit der Bauleitung beauftragte Architekt kann wegen Verletzung von Verkehrssicherungspflichten haften. Er hat darauf zu achten, dass niemand auf der Baustelle zu Schaden kommt. (BGH, Urteil 13.03.2007, VI ZR 178/05) Sachverhalt: Mitarbeiter einer Baufirma stürzt wegen fehlender Verschalung. Architektin hatte vorher angeordnet, bis ( ) die Zimmererarbeiten fertig zu stellen. Sie hätte damit rechnen müssen, dass in dem Zeitraum, den sie zur Beseitigung der Gefahrenstelle eingeräumt habe, ein anderes Unternehmen Arbeiten ausführt und die - scheinbar - sicher begehbare Dachfläche des Gebäudes benutzt. Verletzung von Verkehrssicherungspflichten 823 Abs. 1 BGB

Bei Bauüberwachung trifft den Architekten die Verkehrssicherungspflicht seinem Auftraggeber und Dritten gegenüber, diese vor Schäden zu bewahren. Im Regelfall: Bauherrn trifft die Verkehrssicherungspflicht für Baustelle (Unfallverhütungsvorschriften wenden sich nur an Bauherrn) Aber liegen Anhaltspunkte vor, dass der Bauherr nicht genügend sachkundig oder zuverlässig ist, wenn er Gefahrenquellen erkannt hat oder wenn er diese bei gewissenhafter Beobachtung der ihm obliegenden Sorgfalt hätte erkennen können, ist der Architekt selbst verkehrssicherungspflichtig! Eine primäre Verkehrssicherungspflicht besteht, wenn er selbst Maßnahmen veranlaßt, die sich als Gefahrenquelle erweisen können. (BGH Urteil 10.06.1975, VI ZR 131/73)

und dann noch 319 StGB Baugefährdung 1. Wer bei der Planung, Leitung oder Ausführung eines Baues ( ) gegen die allgemein anerkannten Regeln der Technik verstößt und dadurch Leib oder Leben eines anderen Menschen gefährdet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. 2. Ebenso wird bestraft, wer in Ausübung eines Berufs oder Gewerbes bei der Planung, Leitung oder Ausführung eines Vorhabens, technische Einrichtungen in ein Bauwerk einzubauen oder eingebaute Einrichtungen dieser Art zu ändern, gegen die allgemein anerkannten Regeln der Technik verstößt und dadurch Leib oder Leben eines anderen Menschen gefährdet.

Verjährungsfrist Gewährleistungsansprüche aus 634 BGB Verjährungsbeginn: regelmäßig mit Bauabnahme, 634 a II BGB 634a Verjährung der Mängelansprüche 1. Die in 634 Nr. 1, 2 und 4 bezeichneten Ansprüche verjähren ( ) in fünf Jahren bei einem Bauwerk und einem Werk, dessen Erfolg in der Erbringung von Planungs- oder Überwachungsleistungen hierfür besteht, und 2. im Übrigen in der regelmäßigen Verjährungsfrist. Regelmäßige Verjährungsfrist, 438 BGB (1) Die in 437 Nr. 1 und 3 bezeichneten Ansprüche verjähren ( ) 2. in fünf Jahren a) bei einem Bauwerk und b) bei einer Sache, die entsprechend ihrer üblichen Verwendungsweise für ein Bauwerk verwendet worden ist und dessen Mangelhaftigkeit verursacht hat, und 3. im Übrigen in zwei Jahren.

Verjährungsfrist Ansprüche aus unerlaubter Handlung 199 Abs. 2 i.v.m. 823 Abs. 2 BGB Schadenersatzansprüche, die auf die Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit beruhen, verjähren ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren nach der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignisses an

Bauen im Bestand Bestandsschutz? Bei Modernisierung oder Ausbau? Bei Umwidmung? (Änderung der bisherigen Art der Nutzung)

Bestandsschutz aus Art. 14 GG (Schutz des Eigentums) (1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt. Schranken durch Gesetze: die Eigentumsgarantie gilt also nicht unbegrenzt!

Bestandsschutz gilt nur, wenn: Die ursprüngliche Anlage genehmigt war und genehmigungskonform errichtet war = formeller Bestandsschutz oder Zum Zeitpunkt der Errichtung dem geltenden Recht entsprochen hat = materieller Bestandsschutz und Danach jeweils nicht mehr geändert wurde

Problemfeld Abgrenzung: Eigentumsgarantie Art. 14 GG Gesundheitsschutz, Lebensrettung = Schutz eines Einzelnen = Schutz des Einzelnen und der Allgemeinheit 14 MBO Bauliche Anlagen sind so anzuordnen, zu errichten, zu ändern und in Stand zu halten, dass der Entstehung eines Brandes und der Ausbreitung von Feuer und Rauch (Brandausbreitung) vorgebeugt wird und bei einem Brand die Rettung von Menschen und Tieren sowie wirksame Löscharbeiten möglich sind. 3 Abs.1 MBO 1) Anlagen sind so anzuordnen, zu errichten, zu ändern und in Stand zu halten, dass die öffentliche Sicherheit und Ordnung, insbesondere Leben, Gesundheit und die natürlichen Lebensgrundlagen, nicht gefährdet werden. Konkretes Schutzziel Globales Schutzziel

Anpassungsanordnung oder Nutzungsuntersagung möglich durch Baubehörde (Ermessensentscheidung): z.b. 78 (1) BbgBO bestehende baulichen Anlagen: Wenn es zur Abwehr von erheblichen Gefahren für Leben oder Gesundheit erforderlich ist, können die Bauaufsichtsbehörden die Vorschriften dieses Gesetzes oder die aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Vorschriften auch auf bestehende bauliche Anlagen und andere Anlagen und Einrichtungen anwenden. In 85 Abs. 2 BauO Bln heißt es: So kann verlangt werden, dass rechtmäßig bestehende oder nach genehmigten Bauvorlagen bereits begonnene bauliche Anlagen angepasst werden, wenn dies zur Vermeidung einer Gefährdung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung, insbesondere von Leben oder Gesundheit, erforderlich ist.

Bestandsschutz ist daher ausgeschlossen, bei wesentlicher Änderung einer baulichen Anlage einer Nutzungsänderung der baulichen Anlage Vorliegen einer konkreten Gefahr

Hessisches Oberverwaltungsgericht (Beschluss 18.10.1999, 4 TG 3007/97) Die nachträgliche Forderung von Maßnahmen des Brandschutzes kann nicht allein davon abhängig gemacht werden, dass im Einzelfall bereits eine konkrete Gefahr im Sinne der herkömmlichen allgemeinen polizeirechtlichen Definition vorhanden ist.... Ist der möglicherweise eintretende Schaden erheblich, so besteht Handlungsbedarf, wenn bereits die entfernte Möglichkeit für den Schadenseintritt in überschaubarer Zukunft eintreten könnte....

Zur konkreten Gefahr (VG München, Beschluss 21. August 2012, M 8 S 12.3496) Erhebliche und konkrete Gefahr: Für die Beurteilung der Frage, ob ein Schadenseintritt hinreichend wahrscheinlich und damit eine erhebliche Gefahr anzunehmen wäre, ist daher nicht primär darauf abzustellen, ob ein Brandereignis mehr oder weniger wahrscheinlich erscheint, sondern ob für den Fall, dass es dazu kommt, die bestehenden Mängel zu einer relevanten Gefahrerhöhung führen können, die sich auf der Grundlage einer an den Schutzgütern Leben und Gesundheit orientierten und damit die Erheblichkeitsschwelle niedrig ansetzenden Risikobewertung als nicht mehr hinnehmbar darstellt. Ergebnis VG München: Das subjektive Interesse des Antragstellers an einer Fortsetzung der Wohnnutzung hat gegenüber dem öffentlichen Interesse und dem objektiven Interesse des Antragstellers vor derartig erheblichen und konkreten Gefahren, wie sie die Antragsgegnerin im Bescheid detailliert darlegt, geschützt zu sein, zurückzustehen.

Prüfung, ob eine konkrete Gefahr vorliegt, ist immer eine Einzelfallprüfung!!

Gefahr Abstrakt - potenzielle Gefahr Konkrete reale Gefahr Nichtübereinhaltung Vorschriften Gefahr für Gesundheit u. Bauordnungsrecht (z. B. ETB) Leben (z.b. keine feuerhemmenden (keine ausreichenden Bauteile, Länge der Flure nicht Flucht- und Rettungswege, ausreichend) keine Kennzeichnung Fluchtwege, kein 2. Rettungsweg) Handlungsbedarf!

Anpassungspflicht an neue gesetzliche und technische Regeln Instandhaltung (-) {Wartung, Inspektion, Instandsetzung, Verbesserung} wenn keine wesentliche Änderung der Anlage Modernisierung (-) wenn die genehmigte Nutzungsart nicht geändert Umbau (+) wenn wesentliche Teile der Anlage betroffen nicht bei abtrennbaren Bereichen, die v. Maßnahme nicht betroffen sind und in keinem konstruktiven Zusammenhang stehen Nutzungsänderung (+) wenn sich aus geänderter Nutzung ohne Eingriff in den baulichen Bestand höhere Anforderungen aus der Art der neuen Nutzung ergeben (Umwidmung Bürogebäude in Schulgebäude)

Eigene Nachrüstungspflicht für bestehende Anlagen aus Verkehrssicherungspflicht Ob eine Nachrüstungspflicht bei Verschärfung der Sicherheitsbestimmungen besteht, richtet sich danach, ob ein vorausschauend Sachkundiger die naheliegende Gefahr erkennen kann, dass durch die bestehende Anlage Rechtsgüter anderer verletzt werden könnten (BGH, Urteil 02.03.2010) Abgrenzung: erlaubtes Risiko Handlungspflicht Maßstab: hat der Gesetzgeber bereits Handlungspflichten bauordnungsrechtlich (Z.B. durch ETB) statuiert? Neuere DIN reichen noch nicht aus, weil diese bauordnungsrechtl. noch nicht vorgeschrieben sind (nur ETB)

Verkehrssicherungspflicht zur Anpassung Brandschutz Überall dort, wo die Baubehörde bei pflichtgemäßem Ermessen die Anpassung von Bestandsanlagen verlangen könnte, ist der verpflichtet. Eigentümer/Betreiber Den Planer und das bauausführende Unternehmen treffen Hinweispflichten!

Ausnahmen sind ohne Antrag möglich, wenn gesetzlich zugelassen (in LBO sind zulässig, wenn. ) Antrag auf Abweichung Ist möglich, aber immer Einzelfallentscheidung Unter Berücksichtigung des jeweiligen Anforderungszwecks Würdigung der öfftl.-rechtl. Belange (z.b. Nachbarschutz) Es darf keine Gefahr für Leben und Gesundheit bestehen ( 3 Abs. 1 MBO)

Rechtsfolgen bei Nichtbeachtung bauordnungsrechtlicher Pflichten Sofortige Vollstreckung droht Nutzungsuntersagung Einstellungsanordnung der Arbeiten Beseitigungsanordnung der Anlage Bußgeld bis zu 500.000