WOHNBAUFÖRDERUNG UND WOHNVERSORGUNG IM INTERNATIONALEN VERGLEICH



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Transkript:

Wolfgang Maria Lang Stagel Arbeitnehmerschutz Wohnbauförderung im und Europäischen Wohnversorgung Wirtschaftsraum im Vergleich WOHNBAUFÖRDERUNG UND WOHNVERSORGUNG IM INTERNATIONALEN VERGLEICH 1. Einleitung... 64 2. Die österreichische Wohnbauförderung im internationalen Vergleich... 64 Mitarbeiter am Institut für Sozialund Wirtschaftswissenschaften 3. Die Wohnversorgung Österreichs im internationalen Vergleich... 73 4. Zusammenfassung und Schlussfolgerungen... 80 Auszug aus WISO 1/2007 Institut für Sozial- und Wirtschaftswissenschaften Gruberstraße 40 42 A-4020 Linz, Austria Tel.: +43(0)732 66 92 73, Fax: +43 (0)732 66 92 73-2889 E-Mail: wiso@akooe.at Internet: www.isw-linz.at 63 WISO 29. Jg. (2006), Nr. 1 63

Wohnbauförderung und Wohnversorgung im Vergleich 1. Einleitung In Österreich stammen die Mittel, die für die Wohnbauförderung zur Verfügung stehen, aus Bundesmitteln (Zweck- Wohnbauförderung ist ein Element des Wohlfahrtsstaates Die Wohnbauförderung ist ein wesentliches Element der österreichischen Wohnungspolitik und des österreichischen Wohlfahrtsstaates. Sie trägt dazu bei, eine quantitativ und qualitativ gute Wohnversorgung der Bevölkerung zu sichern. Daneben wird die Wohnbauförderung auch als Instrument der Wirtschaftsförderung eingesetzt. Das Institut für Sozial- und Wirtschaftswissenschaften hat 2004 im Rahmen einer Studie - die Qualität der Wohnversorgung Österreichs im internationalen Vergleich bewertet, - den Beitrag der Wohnungspolitik zur Sicherung der Wohnversorgung der Bevölkerung untersucht und - die Rolle der Wohnbauförderung als wesentlicher Bestandteil der Wohnungspolitik herausgearbeitet. Das Projekt wurde im Auftrag von Landesrat Dr. Hermann Kepplinger durchgeführt, der in Oberösterreich für das Ressort Wohnbau verantwortlich ist. Im Rahmen der Untersuchung wurde Österreich mit den EU- Ländern Deutschland, Frankreich, den Niederlanden, Schweden und dem Vereinigten Königreich verglichen. Auch die Schweiz wurde in diese Analyse einbezogen. Die Auswahl der in diese Untersuchung einbezogenen Länder erfolgte mit dem Ziel, unterschiedliche Systeme der Wohnbauförderung vergleichen zu können. 2. Die österreichische Wohnbauförderung im internationalen Vergleich 2.1. Quellen für die Mittel der öffentlichen Wohnbauförderung 64 WISO 29. Jg. (2006), Nr. 1

Wohnbauförderung und Wohnversorgung im Vergleich zuschüsse und Bedarfszuweisungen) sowie aus Landesmitteln, wobei in den Landesmitteln auch Rückflüsse aus Förderungsdarlehen enthalten sind. Im Durchschnitt der Jahre 1996 2002 stammten zwei Drittel der Einnahmen aus Bundesmitteln, ein Drittel aus Landesmitteln. 1 In Frankreich kamen die im Jahr 2001 für Wohnbauförderung zur Verfügung stehenden Mittel zu 54 % aus dem allgemeinen Staatsbudget, zu 35 % aus dem Sozialbudget (Mittel für personenbezogene Beihilfen), zu 9 % aus dem Wohnbaubeitrag der Arbeitgeber und zu 2 % von Gemeinden (Taffin 2004). Der Wohnbaubeitrag der Arbeitgeber beträgt 0,45 % der Lohnsumme von Unternehmen über 10 Beschäftigten. Im Jahr 2001 kamen in Deutschland 53 % der Mittel vom Bund und 47 % von den Ländern. 2 Die Ausgaben für das Wohngeld werden zur Hälfte vom Bund und zur Hälfte von den Ländern finanziert. Der besondere Mietzuschuss für Sozialhilfeempfänger wird an die Träger der Transferzahlung rückverrechnet. In Großbritannien stammen die Mittel, die für die öffentliche Wohnbauförderung zur Verfügung stehen, von der Regierung, aber auch von den regionalen Gebietskörperschaften. Die Gemeinden erhalten von der Regierung jährlich Zuschüsse zu dem Budget, das zur Finanzierung der Gemeindewohnungen besteht ( Housing Revenue Account"). Die Förderung der gemeinnützigen Bauvereinigungen ( Registered Social Landlords ) erfolgt über die Housing Corporations. Diese regionalen Institutionen erhalten jährlich Zuschüsse von der Regierung. In den Niederlanden wird das gesamte wohnungspolitische Budget von der Zentralregierung aus dem allgemeinen Steueraufkommen finanziert (Donner 2000, S. 423). In Schweden werden die Ausgaben für Objektförderung (Zinsenzuschüsse) aus dem Staatsbudget finanziert. Was die Ausga- WISO 29. Jg. (2006), Nr. 1 65

Wohnbauförderung und Wohnversorgung im Vergleich ben für Wohnbeihilfe betrifft, so trägt der Staat seit 1993 zur Gänze die Aufwendungen für Wohnbeihilfe für Familien mit Kindern und für Haushalte ohne Kinder, aber mit geringem Einkommen. Die Wohnbeihilfe für Pensionisten wird dagegen von den Gemeinden finanziert. 2.2. Die Struktur der öffentlichen Ausgaben für Wohnbauförderung Die öffentlichen Ausgaben für Wohnbauförderung haben wir folgenden Bereichen zugeordnet: a) der direkten Förderung über Baukosten (Objektförderung), b) der direkten Förderung über Beihilfen an Haushalte (Subjektförderung), c) der indirekten Förderung über Steuererleichterungen. In Österreich erfolgt die direkte Förderung der Baukosten über rückzahlbare Darlehen und Annuitätenzuschüsse. Die Subjektförderung besteht aus der Wohnbeihilfe und der Mietenbeihilfe im Rahmen der Sozialhilfe. Die wichtigsten steuerlichen Förderungen beziehen sich auf die Möglichkeit, Kosten für Wohnraumbeschaffung und -sanierung über Sonderausgaben abzuschreiben, auf das Bausparen und auf die Wohnbauanleihen. Abbildung 1 zeigt den Vergleich der Struktur der öffentlichen Ausgaben für Wohnbauförderung in Österreich mit weiteren fünf EU-Ländern. Die Daten beziehen sich auf das Jahr 2001. 66 WISO 29. Jg. (2006), Nr. 1

Wohnbauförderung und Wohnversorgung im Vergleich Abbildung 1: Struktur der öffentlichen Ausgaben für Wohnbauförderung im internationalen Vergleich (Anteile in Prozent), 2001 Schweden 7 51 42 Niederlande 8 19 72 Vereinigtes Königreich 12 88 0 Frankreich 21 52 27 Deutschland 20 17 63 Österreich 78 7 15 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 Objekt Subjekt indir. Förderung Quelle: Eigene Berechnungen nach Daten zur Wohnbauförderung, basierend auf Berichten und Mitteilungen der Regierungen (D, F, NL, S), auf Daten statistischer Ämter (F) und statistischen Veröffentlichungen (UK) sowie auf Mitteilungen von ExpertInnen der betreffenden Länder (F, NL, UK). Aus diesem Vergleich werden die Besonderheiten des österreichischen Systems der Wohnbauförderung deutlich sichtbar: - Österreich weist den weitaus höchsten Anteil der Objektförderung mit einem Wert von 78 % auf. - Der Anteil der Subjektförderung ist dagegen in Österreich mit einem Anteil von 7 % geringer als in den anderen untersuchten Ländern. - Relativ gering ist in Österreich auch der Anteil der indirekten Förderung mit einem Wert von 15 %. Im Gegensatz zu Österreich ist die Wohnbauförderung im Vereinigten Königreich fast zur Gänze auf die Subjektförderung Österreich: höchster Anteil der Objektförderung, niedriger Anteil der Subjektförderung WISO 29. Jg. (2006), Nr. 1 67

Wohnbauförderung und Wohnversorgung im Vergleich ausgerichtet (Anteil 88 %). Auch in Frankreich (52 %) und Schweden (51 %) überwiegt die Förderung über Beihilfen an die Haushalte. Die Objektförderung hat abgesehen vom Spitzenplatz Österreichs mit einem Anteil von 78 % in Frankreich (21 %) und in Deutschland (20 %) einen größeren Stellenwert. Die Förderung über Steuererleichterungen (indirekte Förderung) weist in den Niederlanden (72 %) und in Deutschland (63 %) die höchsten Anteile auf. Vor dem Hintergrund der unterschiedlichen Struktur der Wohnbauförderung ist nun der Vergleich der Kosten der öffentlichen Wohnbauförderung von besonderem Interesse. 2.3. Die Kosten der öffentlichen Ausgaben für Wohnbauförderung Zum Vergleich der Kosten der Wohnbauförderung wurde der Anteil der öffentlichen Ausgaben für Wohnbauförderung am Bruttoinlandsprodukt (BIP) berechnet. Die Summe der öffentlichen Ausgaben für Wohnbauförderung setzt sich zusammen aus den Ausgaben für Objektförderung, Subjektförderung und indirekte Förderung. Die Daten beziehen sich auf das Jahr 2001. Tabelle 1: Summe der Ausgaben für Wohnbauförderung und Anteil dieser Ausgaben am BIP für das Jahr 2001 BIP Ausgaben für Wohnbauförderung Mrd. Mrd. In % des BIP Deutschland 2.073,7 23,3 1,1 Österreich 212,5 2,9 1,3 Schweden 244,9 3,1 1,3 Vereinigtes Königreich 1.598,5 22,1 1,4 Frankreich 1.475,6 25,0 1,7 Niederlande 429,1 7,7 1,8 Quelle: siehe Abbildung 1. 68 WISO 29. Jg. (2006), Nr. 1

Wohnbauförderung und Wohnversorgung im Vergleich Es zeigt sich, dass die österreichische Wohnbauförderung zu den effizientesten Systemen im EU-Vergleich gehört: - Österreich liegt mit einem Anteil der öffentlichen Ausgaben am BIP von 1,3 % an zweiter Stelle nach Deutschland (1,1 %), gleichauf mit Schweden (1,3 %). - Der Wert für das Vereinigte Königreich liegt mit 1,4 % knapp darüber. - Höhere Anteile der Ausgaben für Wohnbauförderung am BIP ergeben sich für Frankreich (1,7 %) und für die Niederlande (1,8 %). österreichische Wohnbauförderung ist sehr effizient Betrachten wir nun die Kosten der Wohnbauförderung im Zusammenhang mit der Struktur der Ausgaben, zeigt sich, dass das österreichische System der Wohnbauförderung mit der Betonung der Objektförderung gleich niedrige (Schweden) bzw. geringere Kosten als jene Systeme verursacht, die den Schwerpunkt auf die Förderung mittels Beihilfen legen (Vereinigtes Königreich, Frankreich). 2.4. Besonderheiten des österreichischen Systems der Wohnbauförderung 2.4.1. Hoher Stellenwert der Objektförderung, Subjektförderung als notwendige Ergänzung Eine Ursache für die Kostengünstigkeit des österreichischen Systems der Wohnbauförderung besteht darin, dass den Ausgaben für Objektförderung soweit sie aus Darlehen bestehen Rückflüsse aus den Rückzahlungen gegenüberstehen. Weiters wirkt die Objektförderung zusammen mit den Kostenvorteilen der Gemeinnützigkeit kostendämpfend auf die Wohnungskosten, sodass Ausgaben für Wohnbeihilfen in Österreich nur in begrenztem Maße erforderlich sind. In einem System der Wohnbauförderung, das vorwiegend aus der Förderung mittels Wohnbeihilfen besteht, sind diese Vorteile nicht gegeben. Die Objektförderung hat aber noch weitere positive Effekte: Objektförderung hat eine Reihe von Vorteilen WISO 29. Jg. (2006), Nr. 1 69

Wohnbauförderung und Wohnversorgung im Vergleich - Durch die Objektförderung wird die Neubautätigkeit angeregt, was zu einem Ausgleich von Angebot und Nachfrage auf dem Wohnungsmarkt beiträgt. Dieser Ausgleich von Angebot und Nachfrage wirkt wiederum kostendämpfend auf die Preise auf dem Wohnungsmarkt. - Durch die öffentliche Förderung der Wohnbautätigkeit werden beträchtliche Beschäftigungseffekte initiiert. Die Entwicklung der Konjunktur wird positiv beeinflusst. Damit ist die Wohnbauförderung auch ein wichtiges Instrument der Wirtschaftsförderung. Förderung allein über Beihilfen führt zur Abhängigkeit Wohnbeihilfen tragen in Österreich zum sozialen Ausgleich bei Ein allein auf Förderung über Beihilfen konzentriertes System führt dazu, dass beim Empfänger eine Abhängigkeit von diesen Zuwendungen entsteht. Das zeigt sich am Beispiel des Vereinigten Königreichs, wo die Beihilfe für die Empfänger im Sozialwohnungssektor im Durchschnitt 90 % der Miete abdeckt. Diese Abhängigkeit bedeutet auch, dass die Empfänger z.b. Verschlechterungen der Bezugsbedingungen ausgesetzt sind oder eine schleichende Entwertung durch eine fehlende Anpassung der Richtwerte für den Bezug hinnehmen müssen, wie das beispielsweise in Deutschland in den 1990er Jahren der Fall war. Die Subjektförderung hat in Österreich eine geringere Bedeutung als in anderen Ländern. Sie ist aber eine notwendige Ergänzung, um leistbares Wohnen auch für Haushalte mit niedrigerem Einkommen zu ermöglichen. Die Förderung mittels Wohnbeihilfen (Subjektförderung) ist somit in Österreich ein wichtiger Bestandteil der Wohnbaupolitik, der zum sozialen Ausgleich beiträgt. Die Wohnbeihilfe soll aber auf die Unterstützung der wirtschaftlich schwächeren Haushalte begrenzt bleiben und nicht als Massenphänomen eine Abhängigkeit breiter Bevölkerungsschichten von dieser Unterstützung nach sich ziehen. 70 WISO 29. Jg. (2006), Nr. 1

Wohnbauförderung und Wohnversorgung im Vergleich 2.4.2. Gemeinnützige Wohnbauträger als wichtiger Bestandteil Ein wesentlicher Bestandteil des österreichischen Systems der Wohnbauförderung sind die gemeinnützigen Wohnbauträger. Die gesetzliche Regelung des gemeinnützigen Wohnbaus garantiert, dass gemeinnützige Mietwohnungen nach dem Kostendeckungsprinzip errichtet und vermietet werden. Das bedeutet, dass die Höhe der Mietpreise auf Dauer gesetzlich geregelt ist. Weiters müssen Erträge gemeinnütziger Wohnbaugesellschaften wiederum zur Wohnbaufinanzierung verwendet werden. Die relativ preisgünstigen Genossenschaftswohnungen aus dem Altbestand stehen bei Freiwerden für die Vergabe an jüngere einkommensschwächere Haushalte zur Verfügung. Rund die Hälfte der Mietwohnungen in Österreich gehören dem Sozialwohnungsbestand an, deren Träger gemeinnützige Bauvereinigungen und Gemeinden sind. Die Mieten im gemeinnützigen Sektor sind niedriger, als das bei freien Marktpreisen der Fall wäre. gemeinnützige Mietwohnungen haben eine Reihe von Vorzügen Eine 2001 abgeschlossene Studie von Schneider/Mader hat berechnet, welchen Effekt eine Anhebung der Mietkosten der Wohnungen im Bestand der gemeinnützigen Bauvereinigungen auf das Niveau von vergleichbaren privaten Mietwohnungen hätte (Schneider/Mader 2001, S. 44ff). Das Ergebnis der Berechnungen war, dass die Summe der Jahresmieten bezogen auf das Jahr 1999 in den Wohnungen im gemeinnützigen Sektor um 820 Mio. Euro geringer war, als das unter privaten Mietverhältnissen der Fall wäre. Diese Summe von 820 Mio. Euro stellt eine beträchtliche Kaufkraft der Mieter dar, deren Verlust negative Konsequenzen auf die Volkswirtschaft hätte (BIP, Volkseinkommen, Beschäftigung). Wenn man davon ausgeht, dass sich viele Mieter den Differenzbetrag zwischen gemeinnützigen Jahresmieten und den (potenziellen) Kosten unter privaten Mietverhältnissen nur mit Unterstützung durch Beihilfen leisten könnten, würde sich daraus ein Aufwand von rund 245 Mio. Euro zur Stützung der Mietkosten ergeben. WISO 29. Jg. (2006), Nr. 1 71

Wohnbauförderung und Wohnversorgung im Vergleich Ein Erhalt des Systems des gemeinnützigen Wohnens ist somit im Interesse der Sicherung einer hochwertigen und kostengünstigen Wohnversorgung der Bevölkerung. Im Gegensatz dazu zeigt das Beispiel Deutschland, welche negativen Folgen eine Abschaffung der Gemeinnützigkeit (1990) nach sich zieht. Mit einem Schlag wurde damit die Sozialbindung (Miethöhe und Belegungsrechte der Gemeinden) von rund 2,3 Millionen Sozialwohnungen aufgehoben. Nach dem Auslaufen der Förderung können die ehemaligen Sozialwohnungen zu Marktpreisen vermietet werden. Für die Zukunft ist absehbar, dass sich aus dem rapiden Schwund von Sozialwohnungen Schwierigkeiten für die Gemeinden ergeben werden, Wohnungen für Haushalte mit niedrigem Einkommen zur Verfügung zu stellen. 2.4.3. Soziale Treffsicherheit der Wohnbauförderung Die österreichische Wohnbauförderung hat keine spezifischen sozialpolitischen Festlegungen. Priorität hat die Sicherung der Wohnversorgung der Bevölkerung. Daneben wurde die Wohnbauförderung immer auch als Instrument der Wirtschaftsförderung gesehen. Die geltenden Einkommensgrenzen für den Bezug der Förderungen werden nur bei Erhalt der Förderung überprüft, sodass die Haushalte mit steigendem Einkommen aus dieser Grenze herauswachsen können. Immer wieder wird daher die Kritik an der mangelnden sozialen Treffsicherheit der Wohnbauförderung geäußert. In diesen Stellungnahmen wird argumentiert, dass damit Personen mit mittlerem und höherem Einkommen begünstigt werden. Diesen Kritiken ist eine Reihe von Argumenten entgegenzuhalten: - Bei den Mietwohnungen ist die stärkere Förderung der höheren Einkommensgruppen nicht so ausgeprägt. - Haushalte in den geförderten Wohnungen bestehen häufiger aus Familien mit Kindern. Die höhere Kinderzahl dieser 72 WISO 29. Jg. (2006), Nr. 1

Wohnbauförderung und Wohnversorgung im Vergleich Haushalte wäre zu berücksichtigen, sodass sich Einkommensvergleiche in geförderten und nicht geförderten Haushalten auf das Pro-Kopf-Einkommen beziehen sollten. - Höhere Einkommensschichten tragen in höherem Maße zum Steueraufkommen bei, aus dem die Wohnbauförderung finanziert wird. - Mittlere und höhere Einkommensschichten verlassen zum Teil den Bestand an geförderten Genossenschafts- und Mietwohnungen. Damit werden kostengünstige Wohnungen aus dem Altbestand frei, in die jüngere Haushalte mit niedrigerem Einkommen einziehen können. - Die Wohnbauförderung in Österreich führt zu einer sozialen Durchmischung der Haushalte im geförderten Wohnungsbestand. Die Konzentration von einkommensschwachen Haushalten im Sozialwohnungsbestand führt dagegen vermehrt zu sozialen Problemen, wie Beispiele aus anderen Ländern deutlich vor Augen führen. Schlaglichtartig haben das etwa die Aufstände Jugendlicher in den französischen Städten im Oktober und November 2005 aufgezeigt. In Österreich konnten dagegen bislang die Probleme sozialer Segregation und die Bildung sozialer Gettos in Wohngebieten mit hohem Sozialwohnungsbestand vermieden werden. soziale Durchmischung der Haushalte im geförderten Wohnungsbestand 3. Die Wohnversorgung Österreichs im internationalen Vergleich Wesentlich für die Bewertung der Wohnbauförderung und Wohnungspolitik ist, ob sie zu einer qualitativ hochwertigen Wohnversorgung der Bevölkerung beiträgt. Insbesondere geht es dabei darum, eine bedürfnisgerechte und leistbare Wohnversorgung jener Haushalte sicherzustellen, die nur über begrenzte finanzielle Mittel verfügen. Der internationale Vergleich der Wohnversorgung Österreichs zeigt, dass Österreich eine sehr gute Stellung einnimmt. WISO 29. Jg. (2006), Nr. 1 73

Wohnbauförderung und Wohnversorgung im Vergleich Am Beginn erfolgt eine kurze Charakterisierung anhand einiger wesentlicher Indikatoren der Wohnversorgung. Danach wird ausführlicher auf die Wohnungskosten eingegangen. 3.1. Indikatoren der Wohnversorgung Was die Zahl der Wohnungen pro 1.000 Einwohner betrifft, liegt Österreich mit einem Wert von 475 Wohnungen an vierter Stelle der untersuchten Länder. Abbildung 2: Zahl von Wohnungen pro 1.000 Einwohner (2001) 500 490 484 490 480 475 460 445 440 420 416 417 400 380 360 Deutschland Frankreich Niederlande Österreich Schweden Schweiz Vereinigtes Königreich Quelle: Housing Statistics in the European Union 2002, Schweiz: Bundesamt für Statistik 2003 Eine bessere Versorgung weisen Frankreich und die Schweiz mit 490 Wohnungen pro 1.000 Einwohner und Schweden (484) auf. 74 WISO 29. Jg. (2006), Nr. 1

Wohnbauförderung und Wohnversorgung im Vergleich Ein Spitzenplatz Österreichs ergibt sich, was die Neubauleistung wiederum bezogen auf 1.000 Einwohner in den 1990er Jahren betrifft. Der prozentuelle Zuwachs ist in Österreich mit 9,2 % am höchsten. Dieses Ergebnis ist Resultat der hohen Neubautätigkeit in Österreich in dem betrachteten Zeitraum. hohe Neubauleistung in Österreich in den 1990er Jahren Was die durchschnittliche Wohnungsgröße und die pro Person zur Verfügung stehende Wohnfläche betrifft, liegt Österreich auf dem dritten bzw. vierten Rang der untersuchten sieben Länder. Ein wesentlicher Aspekt der Struktur des Wohnungsbestandes ist der Stellenwert des Sektors sozialer Mietwohnungen. Die folgende Abbildung zeigt den Vergleich der Anteile der Sozialwohnungen am Wohnungsbestand für die untersuchten Länder. Als Sozialwohnungen werden dabei jene Wohnungen verstanden, die sich im öffentlichen Eigentum (z.b. von Gemeinden) oder im Eigentum von nicht gewinnorientierten Wohnbauvereinigungen befinden. WISO 29. Jg. (2006), Nr. 1 75

Wohnbauförderung und Wohnversorgung im Vergleich Abbildung 3: Sozialwohnungen am Wohnungsbestand, Anteile in %, 2000/2001 40 35 36 30 25 22 21 21 20 16 15 10 5 6 7 0 Deutschland Frankreich Niederlande Österreich Schweden Schweiz Vereinigtes Königreich Quellen: Deutschland, Brech 2004 u. Stephens/Burns/MacKay 2002; Frankreich und Großbritannien, Housing Statistics of the EU 2002; Niederlande, Oewehand/van Daalen 2002; Österreich, Bauer 2004; Schweden, Information from SABO, 2004 (o.j.), Schweiz: eigene Berechnungen nach Daten des Bundesamts für Statistik 2003 (BFJ 2003). hoher Anteil an Sozialwohnungen in Österreich Den höchsten Anteil an Sozialwohnungen am Wohnungsbestand weisen die Niederlande mit 36 % auf. Österreich folgt an zweiter Stelle mit einem Anteil von 22 %. In etwa auf derselben Höhe liegen die Anteile im Vereinigten Königreich und in Schweden (21 %). In Frankreich beträgt der Anteil an Sozialwohnungen 16 %, in der Schweiz 7 % des Wohnungsbestands. In Deutschland sind nur mehr ca. 6 % der Wohnungen als Sozialwohnungen zu bezeichnen. In Österreich ist somit ein hoher Stellenwert des Sektors der sozialen Mietwohnungen gegeben. Dieser Sektor umfasst einen Bestand aus relativ 76 WISO 29. Jg. (2006), Nr. 1

Wohnbauförderung und Wohnversorgung im Vergleich kostengünstigen Mietwohnungen und trägt damit wesentlich zur guten Qualität der Wohnversorgung in Österreich bei. 3.2. Wohnungskosten Ein sehr wesentlicher Aspekt der Qualität der Wohnversorgung sind die Wohnungskosten. Als ein Indikator dafür wird der Anteil der Wohnungskosten an allen privaten Konsumausgaben herangezogen. Hausbetriebskosten sowie Reparatur- und Erhaltungsaufwand sind berücksichtigt. Weiters ist in der Datenquelle der Anteil der individuellen Energiekosten genannt, sodass auch ein Gesamtanteil inklusive Energiekosten angegeben wird (für die Schweiz ist nur dieser Gesamtanteil verfügbar). Abbildung 4: Anteil der Wohnungskosten an den privaten Konsumausgaben in Prozent 2000/2001 30 26,8 28,5 25 24,3 22,8 22,7 23,4 20 20,4 20,5 16,9 15 10 5 0 Frankreich Niederlande Österreich Schweden Schweiz Anteil Wohnungsaufwand an privaten Konsumausgaben (2000/2001) Wohnungsaufwand+Energie Quelle: Housing Statistics in the EU 2002. Schweiz: Eigene Berechnungen nach Daten des Bundesamts für Statistik, Volkszählung 2000 (BFS 2004). WISO 29. Jg. (2006), Nr. 1 77

Wohnbauförderung und Wohnversorgung im Vergleich Österreich: niedrigster Anteil der Wohnungskosten an den privaten Konsumausgaben In Österreich beträgt der Anteil der Wohnungskosten (ohne Energieaufwand) an den privaten Konsumausgaben 17 %, in Frankreich 20 %, in den Niederlanden und Schweden 23 %. Zählt man die Ausgaben für Energie hinzu, weist wiederum Österreich mit einem Anteil von 21 % den niedrigsten Wert auf. In der Schweiz beträgt dieser Anteil 23 %, in Frankreich 24 %, in den Niederlanden 27 %, in Schweden bereits 29 %. Österreich schneidet somit mit einem Anteil der Wohnungskosten (inklusive Energieaufwand) an den privaten Konsumausgaben von rund einem Fünftel am günstigsten ab. Bei dem Anteil der Wohnungskosten an den privaten Konsumausgaben handelt es sich um eine volkswirtschaftliche Größe. Einen anderen Zugang zu einem Vergleich der Wohnungskosten bietet eine Studie, die sich auf Daten einer Erhebung im Rahmen des Europäischen Haushaltspanels im Jahr 2000 stützt (Czasny/Bständig/Hajek 2004). Wir beziehen uns dabei auf die Ergebnisse für die Haushalte in Mietwohnungen. In dieser Studie wurde für verschiedene EU-Länder der Anteil der Wohnungskosten am Einkommen der Haushalte in Mietwohnungen berechnet. Die Wirkung der Wohnbeihilfe wurde dabei berücksichtigt. Der Vergleich Österreichs mit weiteren vier EU- Staaten zeigt folgendes Ergebnis: 78 WISO 29. Jg. (2006), Nr. 1

Wohnbauförderung und Wohnversorgung im Vergleich Abbildung 5: Anteil der monatlichen Miete (nach Abzug der Wohnbeihilfe) am Haushaltseinkommen, in Prozent, 2000 30 26 25 24 21 20 15 18 16 10 5 0 Deutschland Frankreich Niederlande Österreich Vereinigtes Königreich Quelle: Czasny/Bständig/Hajek 2004, Tab. D-3-2, S. D-18. Die Haushalte in Mietwohnungen in Österreich geben im Jahr 2000 durchschnittlich 18 % ihres Einkommens für Mietkosten aus. Damit liegt Österreich an zweiter Stelle hinter dem Vereinigten Königreich mit einem Anteil von 16 %. Eine höhere Belastung der Haushalte mit Mietkosten als in Österreich weisen Frankreich (21 %), die Niederlande (24 %) und Deutschland (26 %) auf. Die Ergebnisse zeigen, dass in Ländern mit einem höheren Stellenwert der Subjektförderung wie in Frankreich und in den Niederlanden die Belastung der Haushalte mit Mietkosten höher ist als in Österreich. Österreich: niedriger Anteil der Mietkosten am Einkommen WISO 29. Jg. (2006), Nr. 1 79

Wohnbauförderung und Wohnversorgung im Vergleich 4. Zusammenfassung und Schlussfolgerungen Der Vergleich der Wohnbauförderung Österreichs mit fünf weiteren Ländern der EU zeigt die Besonderheiten und Vorzüge des österreichischen Systems der Wohnbauförderung auf. - Was die Struktur der öffentlichen Ausgaben für Wohnbauförderung betrifft, weist Österreich den weitaus höchsten Anteil der Objektförderung (= direkte Förderung der Baukosten) auf. Der Anteil der Subjektförderung (= Beihilfen an Haushalte) ist dagegen geringer als in den anderen untersuchten Ländern. Relativ gering ist auch der Anteil der indirekten Förderung über Steuererleichterungen. - Was die Kosten der Wohnbauförderung betrifft, zeigt sich, dass die österreichische Wohnbauförderung zu den effizientesten Systemen in diesem Vergleich gehört. Österreich liegt mit einem Anteil von 1,3 % der öffentlichen Ausgaben für Wohnbauförderung am Bruttoinlandsprodukt (BIP) an zweiter Stelle nach Deutschland, gleichauf mit Schweden. Höhere Anteile am BIP als Österreich weisen das Vereinigte Königreich, Frankreich und die Niederlande auf. - Eine der Ursachen für die Kostengünstigkeit des österreichischen Systems der Wohnbauförderung liegt in der Betonung der Objektförderung. Zusammen mit den Kostenvorteilen der Gemeinnützigkeit wirkt die Objektförderung kostendämpfend auf die Wohnungskosten. Damit sind Ausgaben für Wohnbeihilfen nur in begrenztem Maße erforderlich. Die Förderung mittels Wohnbeihilfen ist aber eine wichtige Ergänzung, die zum sozialen Ausgleich beiträgt. - Ein wesentlicher Bestandteil des Systems der Wohnbauförderung in Österreich sind die gemeinnützigen Bauvereinigungen. Die Höhe der Mietpreise im gemeinnützigen Sektor ist auf Dauer gesetzlich geregelt. Die Mietpreise in diesem Bereich sind daher niedriger, als das bei freien Marktpreisen der Fall wäre. - Ein Vorzug der Wohnbauförderung in Österreich ist es, dass es im geförderten Wohnungsbestand zu einer sozialen Durchmischung der Haushalte kommt. Damit konnten Probleme sozialer Segregation vermieden werden. 80 WISO 29. Jg. (2006), Nr. 1

Wohnbauförderung und Wohnversorgung im Vergleich Der internationale Vergleich der Wohnversorgung zeigt auf, dass Österreich eine sehr gute Stellung einnimmt. - Was die Zahl der Wohnungen pro 1.000 Einwohner, die durchschnittliche Wohnungsgröße und die pro Person zur Verfügung stehende Fläche betrifft, liegt Österreich im mittleren Rang der untersuchten Länder. - Die Neubauleistung in den 1990er Jahren war in Österreich höher als in den anderen Ländern. - Der Anteil der Sozialwohnungen am Wohnungsbestand beträgt in Österreich 22 %. Damit liegt Österreich nach den Niederlanden an zweiter Stelle. - Besonders hervorzuheben ist das gute Abschneiden Österreichs beim Vergleich der Wohnungskosten. Österreich hat den niedrigsten Anteil der Wohnungskosten an den privaten Konsumausgaben. Was die Belastung der Haushalte in Mietwohnungen mit den Wohnungskosten betrifft, liegt Österreich auf dem guten zweiten Platz. Insgesamt zeigen die Ergebnisse der Studie, dass das österreichische System der Wohnbauförderung im internationalen Vergleich gut abschneidet. Die grundlegende Orientierung der österreichischen Wohnbauförderung sollte deshalb beibehalten werden. Eine ausreichende Dotierung durch Bundes- und Landesmittel ist die Voraussetzung dafür, dass die Vorzüge des österreichischen Systems zur Geltung kommen. Anmerkungen: 1 Eigene Berechnungen nach Daten von Blaas/Wieser 2004, S. 8. 2 Eigene Berechnungen nach Daten des 19. Subventionsberichts der Bundesregierung und des Wohngeld- und Mietenberichts 2002. WISO 29. Jg. (2006), Nr. 1 81

Wohnbauförderung und Wohnversorgung im Vergleich Literatur: - Bauer, E., Austria. In: Gruis/Niboer (Hg.), Asset management in the social rented sector, Springer Vlg, 2004. (Bauer 2004) - Blaas, W./Wieser, R., Wohnwirtschaftliche und volkswirtschaftliche Probleme durch Kürzung der Wohnbauförderung. Wien, Kammer für Arbeiter und Angestellte für Wien, 2004. (Blaas/Wieser 2004) - Brech, J., Germany. In: Gruis/Nieboer (Hg.), a.a.o. (Brech 2004) - Bundesamt für Statistik, Pressemitteilung vom 11.09.2003. (BFS 2003) (www.statistik.admin.ch) - Bundesamt für Statistik, Volkszählung 2000, Neuchatel 2004. (BFS 2004) - Bundesministerium für Finanzen, 19. Subventionsbericht, Berlin 2003 (www.bundesfinanzministerium.de) - Czasny., K./Bständig, G./Hajek, J., Internationaler Vergleich wohnbezogener Transfers. Wien, Stadt+Regionalforschung GmbH, 2004. - Donner, C., Wohnungspolitiken in der Europäischen Union. Wien: Selbstverlag, 2000. (Donner 2000) - Housing Statistics in the European Union 2002 (www.mrw.wallonie.be/dgatlp/ HousingStats). - Oewehand, A./van Daalen, G., Dutch housing associations. A model for social housing. Delft: Delft University Press, 2002. (Oewehand/van Daalen 2002) - Schneider, F./Mader, S., Volkswirtschaftliche Analyse der Ist-Situation der gemeinnützigen Wohnbaupolitik in Österreich. 2001 (unveröff.). (Schneider/ Mader 2001) - Stephens, M./Burns, N./MacKay, L., Social market or safety net? British social rented housing in an European context. Bristol: Policy Press, 2002. (Stephens/Burns/MacKay 2002) - Swedish Organisation of Municipial Housing Associations (SABO), Information from SABO. Stockholm, o.j. (2004). (Information from SABO 2004) - Taffin, C., L intervention financière de pouvoirs publics dans le logement, 2004 (unveröff. ). (Taffin 2004) - Wohngeld- und Mietenbericht 2002. Deutscher Bundestag, Drucksache 15/ 2100 v. 11.12.2003. Der gesamte Forschungsbericht ist auf der Homepage des ISW abrufbar (www.isw-linz.at). 82 WISO 29. Jg. (2006), Nr. 1

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