Kreditprüfung von Hotels Mag. Hannes Wolf Ort, 9. November 2015
Hotelbranche Unterscheidung nach Typen Stadthotels (ganzjährig geöffnet, Fokus auf Standort) Ferienhotels (saisonale Ausrichtung, Schwerpunkt auf Spezialisierung des Angebots z.b. Themenhotels) nach Besitzverhältnissen / Betriebsarten Eigentümer und Betreiber Pächter und Betreiber Management auf Rechnung eines Investors (Eigentümer od. Pächter) kommt fast ausschließlich bei Ketten vor nach Erlösstruktur Beherbergungsbetrieb mit/ohne Frühstücksservice (Garni, FeWo) Betrieb mit Verpflegung für eigene Gäste (Pension, Kleinhotel) Hotel mit Restaurantbetrieb, Bar und Zusatzangeboten (Wellness, Tennisplätze, Kinderbetreuung, ) 2
Hotels Österreich Markt ist klein(st)strukturiert Angebot geprägt von einer Vielzahl an ähnlichen Produkten Ca. 64.000 Beherbergungsbetriebe insgesamt in 2014 Davon 12.800 Hotels (ca. 1/3 Stadthotels, 2/3 Ferienhotels) Ungefähr 25% der Hotels gehören zu einer Kette Rund 85% sind Familienbetriebe Kategorisierung der Hotels nach Angebotsqualität: Kategorie Anz. Betriebe Tendenz geg. VJ. Durchschn. Bettenzahl 4* / 5* 2500 + 1,8% 102 3* 5300-0,4% 39 1* / 2* 4.800-2,8% 23 Quelle: Statistik Austria Daten für 2014 3
Hotels Charakteristika Stark von Soft Facts getrieben (Qualifikation des Managements in fachlich/betrieblichen als auch kaufmännischen Belangen) Hohe Anlagenintensität (90 95%), sofern Hotel im Eigentum steht Damit verbunden eine hohe Abschreibungsquote Geringer Working Capital Bedarf (Forderungen meist nur gegen Reiseveranstalter, kaum Vorräte) Hohe Bankverschuldung Meist Entschuldungsdauer knapp am URG-Limit von 15 Jahren Personalintensiv (v.a. bei angeschlossenem Restaurantbetrieb) Liquiditätsschwach 4
Kreditprüfung eines Hotelunternehmens 2 Prüfungskreise: 1. Kreditwürdigkeit des Unternehmens Primär Beurteilung der statischen Gegebenheiten 2. Kreditfähigkeit Primär Beurteilung der dynamischen Ertrags- bzw. Tilgungskraft des Unternehmens 5
Kreditwürdigkeit substanzielle Betrachtung (Grobbeurteilung dieser Kriterien schon im Rahmen einer Vorprüfung) 1. Das Produkt entspricht grundsätzlich den Marktansprüchen 2. Das Management beherrscht seine operativen Aufgaben 3. Keine spürbaren Investitionsdefizite vorhanden 4. Besicherung auf Basis einer (bankinternen) Verkehrswertschätzung gegeben 6
Kreditwürdigkeit 1. Das Produkt stimmt grundsätzlich mit den Marktansprüchen überein USP (Klares Angebotsprofil) und Modernität der Anlagen Gute Preis-Leistungsrelation im spezifischen Marktsegment Touristische Attraktivität des Standortes (Region, Gemeinde und Mikrostandort) 2. Qualität des Managements Erfüllung der Gastgeberrolle aber auch kaufmännisches Denken Beherrschung der notwendigen betriebswirtsch. Fähigkeiten (Kalkulation, Controlling, Planung) Qualifiziertes branchenspez. Know-How (Kalkulation, Marketingaktivitäten, Mitarbeiterführung) Strategische Unternehmensentwicklung (Produktentwicklung, langfr. Investitionsplanung, Nachfolgestrategie) 7
Kreditwürdigkeit 3. Keine spürbaren Investitionsdefizite Das Unternehmen konnte sich die regelm. Instandhaltungen und Reinvestitionen leisten Der Produkt-/Lebenszyklus in der Hotellerie (von rd. 15 Jahren) ist noch nicht weit überschritten 4. Ausreichende Besicherungsbasis Die überwiegende dingliche Besicherungform stellt die Hypothek auf die Betriebsliegenschaften dar Berechnungsbasis für eine ausreichenden Besicherung ist die von der bankeigenen IRG erstellte (interne) Verkehrswertschätzung Beim Verkehrswert ist nur vom Ertragswert auszugehen Auf Basis dieses Ertragswertes sind gegenwärtig 61% als Besicherungspotential ableitbar (materielle Besicherungsquote) 8
Kreditfähigkeit Dynamische Beurteilung Bonität Kundenrating Kreditrückführungsfähigkeit 1. Analyse der Performance (Ist-Zahlen) der letzten 3 Wirtschaftsjahre anhand der Jahresabschlüsse und der unterjährigen Entwicklung des laufenden Jahres auf Basis von Saldenlisten bzw. von Soll-/Ist Vergleichen (Management Reports) 2. Plausibilisierung der Kundenplanrechnung (Liquiditätsvorschau) 3. Erstellung eines Bank Case Szenarios (Base Case) bzw. eines Downsideszenarios 9
Analyse auf Basis der Jahresabschlüsse sowie der touristischen Kennzahlen der letzten 3 Jahre 1. Entwicklung der Preise und Auslastung und Vergleich mit Benchmarks (einzelne Mitbewerber, spez. Competitive Set, Branchenwerten, etc.) Auslastungsvergleich primär mit der Ortsstatistik (nach Kategorien und Saisonen) Preisvergleich mit den konkreten Mitbewerbern /Competitive Set 10
Analyse auf Basis der Jahresabschlüsse und touristischen Kennzahlen 2. Beurteilung der Aufwandsstruktur und Ertragstangente (GOP) und deren Entwicklung - je nach Betriebstypus - anhand von Benchmarks Die Benchmarks der Tourismusbank (ÖHT) werden regelmäßig veröffentlicht und für die Ferienhotellerie von uns als representativ eingeschätzt Die wichtigsten Kennzahlen für Ferienhotels und deren aktuelle Werte laut ÖHT Benchmark Median Top 4*/5*- Ferienhotels Wareneinsatz 14% 12% Personalaufwand 35% 31% Instandhaltung inkl. 5% 4% GWG Energie 5% 4% Marketing 4% 3% GOP 23% 29% AFA 13% 10% EGT in % d.bl 2% 7% Benchmark Median Top 4*/5*- Ferienhotels EK in % d.bs 11% 25% Entschuld.dauer in 13 9 Jahren 1 Umsatzbez.Verschul. 2 1,4 Erlöse /Beschäftigten 73 Tsd 94 Tsd VBT 181 228 durch. Pesionserlös 74 95 11
Kennzahlen Hotels Aufgrund der großen Unterschiede bei der Betriebsgröße (20 bis 250 Betten), der Angebotsqualität (1 Stern bis 5 Sterne), der Produktvielfalt (vom typischen Stadthotel bzw. Ferienhotel bis zum Produktspezialisten wie z.b. Kinderhotel oder Tennishotel) und der Erlösstruktur (vom reinen Beherbergungsbetrieb bis zum Hotel mit Pensions-, Restaurant- und Barangebot etc.) sowie der Aufwandsstruktur durch zunehmendes Outsourcing von Leistungen (Buchhaltung, Wäscherei, Gartenpflege, Catering, etc.) weichen die betrieblichen Kennzahlen teilweise erheblich voneinander ab. Angesichts dieser Betriebstypenvielfalt werden die Hotels der Kategorien 3* und 4*/5* als repräsentative Gruppe dargestellt. Die Benchmarks sind getrennt nach Stadt- und Saisonhotels Fußzeile: 12
Hotels Benchmarks 1/2 Ferienhotels Benchmark Top Mittel Schwach Bettenkapazität > 130 70 130 < 70 Offenhaltung in Tagen > 300 200 300 < 200 Auslastung in VBT (Betten) > 215 170 215 < 170 Auslastung in % (Bett./Offenh.) > 75 % 58 % - 75 % < 58 % Wareneinsatz < 14 % 14 % 17 % > 17 % Personalaufwand < 32 % 32 % - 37 % > 37 % GOP > 28 % 21 % - 28 % < 21 % EGT in % d.bl > 5% 1 % - 5% < 1% EK in % d.bs > 15 % 3 % 15 % < 3 % Entschuldungsdauer in Jahren 1 < 10 10 15 > 15 Umsatzbez. Verschuldung < 1,4 1,4 2,0 > 2,0 13 Fußzeile: 1 Die Entschuldungsdauer kann nach unserer Einschätzung bei Topbetrieben bis 12 Jahre (Tourismusbank 9 Jahre) betragen.
2) Plausibilisierung der Kundenplanrechnung 1) Angemessene Preis- und Auslastungsplanung Gute Preis-Leistungsrelation gegenüber spezif. Mitbewerb Internetportale Bisherige Auslastungszahlen Stammgäste-, Kinderquote, etc. Bewertung auf Basis folgender Detailinformationen: Nächtigungsanteile Privatgäste, Reisebüros, Gruppen und deren Preisniveaus Aktualität und Effizienz der Marketingaktivitäten bzw. des -konzeptes (handelnde Personen, Darstellung der Vertriebswege, Budgets) klassische Marketingaktivitäten (Tourismusverbände, Direktmailings, etc.) Attraktive Homepage (kurzfr. News; Direktbuchung etc.) Auftritt im Internet PR- Aktivitäten Hotelportale, Neue Medien (you tube, etc.) Präsenz in den klassischen Medien 15
2) Plausibilisierung der Kundenplanrechnung Planwert Wareneinsatz Vergleich Benchmarks Warenwirtschaftskonrolle Benchmarks ÖHT, Bank Austria, KMU Wareneinkauf, Entlohnung Küchenchef, automatisierte Schankanlage, etc. Planwert Personalaufwand Vorlage eines Personalstellenplanes (Funktionen, Bruttogehälter, Beschäftigungsdauer p.a.; Kennzahl : gewichtet Mitarbeiteranzahl pro WJ Vergleich Benchmarks Erlös/ Mitarbeiter, Aufwand /Mitarbeiter (Benchmarks ÖHT, Bank Austria, ) 16
2) Plausibilisierung der Kundenplanrechnung Planwert Instandhaltung Zustand des Gebäudes sowie der Ausstattung und Einrichtung Instandhaltungen je nach Alter des Gebäudes von 2-4% Erhebung eines event. Reinvestitionsbedarfes (Investitionsstau?) Vorlage eines groben längerfristigen 10 Jahres (Re-)investitionsplans Zuständigkeit und professionelle Durchführung von Investitionen Verhinderung von Kostenüberschreitungen (Ausschreibungen, Baukontrolle) Planwert Marketing Existenz eines Marketingplans bzw. budgets Vergleich mit Benchmarks Effizienz der bisherigen Marketingaktivitäten 17
3) Erstellung eines Bank Case Szenarios (Base Case) bzw. eines Downsideszenarios Erstellung eines Stressszenarios (Base Case Bank) und eines Downside Szenarios zur Einschätzung des Liquiditätspolsters je nach Geschäftsverlauf Berechnung des Zins- und Tilgungsbedarfes auf Basis eines Tilgungsplans: Tilgungsbasis: Kapitalraten, Pauschalraten bevorzugt, da geringerer Liquiditätsbedarf in den ersten Tilgungsjahren Kalkulationszinssatz 5% p.a. (ohne Absicherungsmaßnahmen) Der tatsächliche Zinssatz leitet sich aus dem Kundenrating ab (Risikokosten) Kreditlaufzeiten je nach Projekt zwischen 12 und max. 20 Jahre Tilgungsfreie Periode 1 bis (in Ausnahmefällen) 2 Jahre 18
3) Erstellung eines Bank Case Szenarios (Base Case) bzw. eines Downsideszenarios Erstellung eines Stressszenarios (Base Case Bank) und eines Downside Szenarios zur Einschätzung des Liquiditätspolsters je nach Geschäftsverlauf Reduzierung von Preis- /bzw. Auslastungswerten und Anpassung der Aufwands Ableitung des Cash Flow Potentials (EBITDA) zur Bedienung des Fremdkapital Berücksichtigung von Pachten und der errechneten Zinsbelastung Kalkulation der Ertragsteuern auf Basis AFA-Vorschau u. Verlustvorträge Zusätzlche Budgetierung einer jährlichen Reinvestitionsreserve von 3-5% je nach Alter und Zustand der Hotelgebäudes (wie bei Hotelketten üblich) Verbleibender Liquiditätssaldo über die Planjahre sollte positive Werte anzeigen 19
Entscheidungsgrundlagen für das Riskmanagement Analyse- bzw. Beurteilungen werden im Rahmen eines Berichtes dargestellt: Bilanz- bzw. Kundenrating auf Basis der letzten 3 Wirtschaftsjahre Besicherung auf Basis der bankinternen Verkehrswertschätzung Das Produkt stimmt mit den Marktansprüchen überein Kein spürbarer investitionsrückstau Qualität des Hotelbetriebes (hard ware) und Managments (soft ware) Tilgungsfähigkeit auf Basis des bankseitig erstellten Stress-Szenarios Tilgungsfähigkeit auf Basis des bankseitig erstellten Downside Szenario (mit Einschränkungen und event. Zusatzbedingungen noch darstellbar) 20