Praxisfall Latente Steuern nach BilMoG



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Transkript:

WP/StB Prof. Dr. Wolfgang Hirschberger, Villingen-Schwenningen* WP/StB Lothar Schulz, Reutlingen** 1. Sachverhalte 1.1 Drohverlustrückstellung Die A GmbH (inländische, mittelgroße Kapitalgesellschaft i. S. d. 267 Abs. 2 HGB (Bil- MoG)) schließt am 19. Oktober 2010 einen Liefervertrag über den Bezug von Rohstoffen zum Festpreis in Höhe von 300 T p.a. ab. Der Vertrag hat eine Laufzeit von drei Jahren; die erste Lieferung soll im Januar 2011 erfolgen. Zum 31.12.2010 könnte die A GmbH die Rohstoffe zum Preis in Höhe von 275 T p. a. beziehen. 1.2 Rücklage gem. 6b EStG Die A GmbH verkauft am 19. November 2010 ein bebautes Grundstück mit folgenden Buchwerten: Grund und Boden: 80 T Gebäude: 500 T Der Verkaufspreis beträgt 1.200 T, davon 2/3 für das Gebäude. Eine Ersatzanschaffung für 2011 ist geplant. Die Voraussetzungen des 6b EStG sind erfüllt. 1.3 Auswirkungen auf den Jahresabschluss zum 31. Dezember 2010 Die A GmbH erstellt zum 31. Dezember 2010 folgende Bilanz (in, vereinfachte Darstellung), wobei der Schwerpunkt auf der Darstellung von Latenten Steuern und der ihnen zugrunde liegenden Sachverhalten liegt: AKTIVA PASSIVA A. Anlagevermögen 3.000.000 A. Eigenkapital B. Umlaufvermögen 2.575.000 I. Gezeichnetes Kapital 50.000 II. Gewinnvortrag 97.000 III. Jahresüberschuss 93.000 240.000 B. Sonstige Rückstellungen 69.507 C. Verbindlichkeiten 5.100.345 D. Passive Latente Steuern 165.148 5.575.000 5.575.000 * Duale Hochschule Baden-Württemberg Villingen-Schwenningen ** Mitglied des Kompetenzteams Wirtschaftsprüfung von AUREN Deutschland

WP/StB Prof. Dr. W. Hirschberger / WP/StB Lothar Schulz - 2-2. Erläuterungen zum Jahresabschluss Für die Geschäftsjahre, die nach dem 31. Dezember 2009 beginnen (vgl. Art. 66 Abs. 3 Satz 1 EGHGB ((BilMoG)), werden Ansatz, Bewertung und Ausweis Latenter Steuern neu geregelt. Anhand des eingangs vorgestellten Sachverhalts werden die Neuregelungen im Folgenden dargestellt. 2.1 Auswirkungen auf Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung 2.1.1 Ansatz Aktiver und Passiver Latenter Steuern 274 Abs. 1 HGB (BilMoG) stellt in Abkehr von der seitherigen GuV-Orientierung auf eine bilanzorientierte Abweichung zwischen handelsrechtlichen Wertansätzen von Vermögensgegenständen, Schulden und Rechnungsabgrenzungsposten und ihren steuerlichen Wertansätzen ab. Werden diese Differenzen in späteren Geschäftsjahren voraussichtlich abgebaut, so IST eine sich daraus insgesamt ergebende Steuerbelastung als Passive Latente Steuern in der Bilanz anzusetzen. Eine sich daraus insgesamt ergebende Steuerentlastung KANN als Aktive Latente Steuern in der Bilanz angesetzt werden. Mit dem Wert insgesamt soll die Saldierungsmöglichkeit von Aktiven und Passiven Latenten Steuern zum Ausdruck gebracht werden. Zur Steigerung der Informationsfunktion können die sich ergebende Steuerbe- und die sich ergebende Steuerentlastungen gem. Satz 3 auch unverrechnet angesetzt werden. Kleine Kapitalgesellschaften sind vom Ansatz Latenter Steuern gem. 274a Nr. 5 HGB (Bil- MoG) befreit, allerdings nur insoweit Passive Latente Steuern keinen Rückstellungscharakter i. S. v. 249 Abs. 1 HGB (BilMoG) haben 1. Im vorliegenden Beispiel ist gem. 249 Abs. 1 HGB (BilMoG) eine Drohverlustrückstellung anzusetzen, für deren Bewertung 253 Abs. 1 und 2 HGB (BilMoG) einschlägig sind. Gem. 5 Abs. 4a EStG besteht hierfür jedoch ein steuerliches Ansatzverbot. Im Erstjahr ist somit die Eingangsvoraussetzung erfüllt, d. h., der handelsrechtliche Ansatz einer Schuld weicht vom steuerlichen Ansatz ab. Die Differenz verkleinert sich im Zeitablauf bis hin zum Nullpunkt, zumal das Verlustgeschäft in späteren Jahren auch seinen steuerlichen Niederschlag findet. Mithin sind beide Voraussetzungen erfüllt und es resultieren Aktive Latente Steuern aus diesem Vorgang. Auch der zweite Sachverhalt erfüllt die Voraussetzungen für Latente Steuern, in diesem Fall für Passive Latente Steuern. Durch die Veräußerung entsteht ein handelsrechtlicher Gewinn in Höhe von 620.000, der grundsätzlich auch für steuerliche Zwecke gilt. 6b EStG lässt aber die Übertragung der aufgedeckten Stillen Reserven auf eine Neuanschaffung zu und ermöglicht so eine Durchbrechung des Maßgeblichkeitsgrundsatzes. Stand diese Übertragung nach altem Recht noch unter dem Vorbehalt, dass das Unternehmen in seinem handelsrechtlichem Jahresabschluss analog vorgeht (sog. Umgekehrte Maßgeblichkeit, 5 Abs. 1 Satz 2 EStG a. F.), so gibt es nach den Änderungen durch BilMoG eine solche Möglichkeit bzw. ein solches Erfordernis nicht mehr, auch nicht als handelsrechtliches Wahlrecht. Alle relevanten Normen ( 247 Abs. 3, 254 und 273 HGB a. F. wurden gestrichen bzw. durch einen gänzlich anderen Wortlaut ersetzt). Einzige Voraussetzung für die Inanspruchnahme der steuerlichen Vergünstigung ist nunmehr die Aufnahme der betreffenden Wirtschaftsgüter in ein entsprechendes Verzeichnis ( 5 Abs. 1 Satz 2 EStG (BilMoG)). Der Gesetzgeber will 1 Vgl. Gesetzentwurf zu BilMoG der Bundesregierung vom 30.07.2008 (BT-Drs. 16/10067), S. 68.

WP/StB Prof. Dr. W. Hirschberger / WP/StB Lothar Schulz - 3 - durch die Streichung der Umgekehrten Maßgeblichkeit den Informationsgehalt des handelsrechtlichen Abschlusses erhöhen. 2.1.2 Bewertung Aktiver und Passiver Latenter Steuern Die Beträge der sich ergebenden Steuerbe- und -entlastung sind gem. 274 Abs. 2 Satz 1 HGB (BilMoG) mit den unternehmens-individuellen Steuersätzen im Zeitpunkt des Abbaus der Differenzen zu bewerten und nicht abzuzinsen. Die ausgewiesenen Posten sind gem. Satz 2 aufzulösen, sobald die Steuerbe- oder -entlastung eintritt oder mit ihr nicht mehr zu rechnen ist. Solange keine Steuersatzänderung durch den Gesetzgeber beschlossen wurde 2, wird der Berechnung der aktuelle Ertragsteuersatz in Höhe von 30 % als Kombination von Körperschaft- und Gewerbesteuer sowie Solidaritätszuschlag zugrunde gelegt. Unter Wesentlichkeitsgesichtpunkten ist die Verwendung des kombinierten Ertragsteuersatzes von 30 % gerechtfertigt, auch wenn im Einzelfall ein geringfügig höherer oder niedrigerer Satz resultiert 3 zu 1.1: Drohverlustrückstellung Die handelsrechtliche Drohverlustrückstellung ist unter Berücksichtigung der von der Deutschen Bundesbank zur Verfügung gestellten Zinssätze zu den jeweiligen Bilanzstichtagen zu berechnen 4. Eine solche Zinsstrukturtabelle könnte folgendes Aussehen haben: Durchschnittszinssätze der vergangenen sieben Jahre für Fristigkeiten von Jahren (Auszug) Bilanzstichtag 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 31.12.2010 4,2% 4,6% 4,9% 5,2% 5,4% 5,6% 5,8% 5,9% 6,0% 6,1% 31.12.2011 4,4% 4,8% 5,1% 5,4% 5,6% 5,8% 6,0% 6,1% 6,2% 6,3% 31.12.2012 4,9% 5,3% 5,6% 5,9% 6,1% 6,3% 6,5% 6,6% 6,7% 6,8% Zum 31.12.2010 wird der Verlust aus der Lieferung in 2012 demnach mit 4,6 % abgezinst, derjenige aus 2013 mit 4,9 % 5 ; für den Verlust aus der Lieferung, die in 2011 anfällt, wird keine Abzinsung vorgenommen. Man erhält: 25.000 25.000 Rückstellungsbetrag 31.12.2010 = 25.000 + + = 69.507 2 3 1,046 1,049 Entsprechend zum 31.12.2011 bzw. 2012: 25.000 Rückstellungsbetrag 31.12.2011 = 25.000 + = 47.762 2 1,048 Rückstellungsbetrag 31.12.2012 = 25.000 Es ergeben sich damit zum 31. Dezember 2010 Aktive Latente Steuern in Höhe von 30 % von 69.507, ergibt 20.852. Man kann diese beiden Werte so interpretieren, dass einerseits ein Verlust in Höhe von 69.507 droht, sich daran aber der Staat durch eine künftige Steuerminderung in Höhe von 20.852 beteiligen wird. Die Netto-Vermögenseinbuße des Unternehmens zum 31.12.2010 beträgt nur 48.655. Zu diesem Stichtag liegt zwar noch kein Steuerbescheid vor, der eine tatsächliche Steuerminderung ausweist, aber das Unter- 2 Vgl. Gesetzentwurf zu BilMoG der Bundesregierung vom 30.07.2008 (BT-Drs. 16/10067), S. 68. 3 Bei einem Hebesatz von 380 % (entspricht dem Bundesdurchschnitt) ergäbe sich ein exakter kombinierter Ertragsteuersatz von 29,13 %. 4 Vgl. 253 Abs. 2 Sätze 4 und 5 HGB (BilMoG). 5 Hinweis: 253 Abs. 2 Sätze 4 und 5 HGB (BilMoG) sehen eine Rechtsvorordnung zur Ermittlung der Abzinsungssätze vor. An dieser Stelle erfolgt keine Berücksichtigung unterjähriger Fälligkeiten.

WP/StB Prof. Dr. W. Hirschberger / WP/StB Lothar Schulz - 4 - nehmen kann mit einer entsprechenden Steuerminderung in der Zukunft rechnen. Diese Steuerminderung steht freilich unter dem Vorbehalt, dass überhaupt ein steuerlicher Gewinn in den Folgejahren erzielt wird, wovon im vorliegenden Fall ausgegangen wird. Die Gesamtentwicklung ergibt sich wie folgt: Überblick 1 (in ): Handelsbilanz zum: 31.12.2010 31.12.2011 31.12.2012 31.12.2013 Drohverlustrückstellung 69.507 47.762 25.000 0 Hierauf Aktive Latente Steuern 20.852 14.329 7.500 0 Saldo 48.655 33.433 17.500 0 zu 1.2: Übertragung Stiller Reserven gem. 6b EStG Der Verkauf des Grundstücks löst mittels folgender Buchung einen handelsrechtlichen Gewinn in Höhe von 620 T aus: Bank 1.200 T an Grund und Boden 80 T Gebäude 500 T Ertrag 620 T Handelsrechtlich darf ab 2010 kein Sonderposten mit Rücklageanteil mehr gebildet werden, wohl aber für steuerliche Zwecke, so dass eine zeitlich begrenzte Abweichung vorliegt, die zwingend Passive Latente Steuern in Höhe von 30 % aus 620 T mit sich bringt. Es ist handelsrechtlich wie folgt zu buchen: Latenter Steueraufwand 186 T an Passive Latente Steuern 186 T In einer außerbilanziellen steuerlichen Überleitungsrechung für den Veranlagungszeitraum 2010 wird der Ertrag in Höhe von 620 T in eine gewinnmindernde Rücklage gem. 6b Abs. 3 Satz 1 EStG eingestellt; davon entfallen 320 T auf den Grund und Boden sowie 300 T auf das Gebäude. Die Latenten Steueraufwendungen sind als rein handelsrechtlicher Vorgang für Zwecke der Ertragsteuern in dieser außerbilanziellen Überleitungsrechnung wieder herauszunehmen. Latente Steuern sind ein Vorgang, der sich ausschließlich in der Handelsbilanz abspielt. Zu ihrer Bestimmung benötigt man freilich die Steuerbilanzwerte. Im Zeitablauf lösen sich die Latenten Steuern, soweit sie das Gebäude betreffen auf, da sich die Differenz zwischen dem handels- und dem steuerrechtlichen Buchwert mit zunehmender Abschreibungsdauer abbaut. Die auf den Grund und Boden entfallenden Latenten Steuern lösen sich im Zeitablauf nicht planmäßig auf, sie haben quasi-permanenten Charakter.

WP/StB Prof. Dr. W. Hirschberger / WP/StB Lothar Schulz - 5 - Überblick 2 (in T ): Grund/B. Gebäude HR Buchwert vor Verkauf 80 500 Verkaufserlös 400 800 HR Ertrag 320 300 Neuanschaffung 500 1.000 StR Übertrag Stiller Res. -320-300 StR BW nachher 180 700 Pass. Lat. Steuern: 31.12.2010 96,0 90,0 31.12.2011 96,0 87,3 31.12.2012... 96,0... 84,6... 31.12.2042 96,0 3,6 31.12.2043 96,0 0,9 31.12.2044 96,0 0,0 2.1.3 Ausweis Aktiver und Passiver Latenter Steuern 274 Abs. 1 Satz 1 HGB (BilMoG) schreibt für Aktive Latente Steuern einen gesonderten Bilanzposten gegen Ende der Aktivseite als D. Aktive Latente Steuern und einen solchen am Ende der Passivseite unter E. Passive Latente Steuern vor. Dabei besteht ein Wahlrecht, die Aktiven und Passiven Steuern zu saldieren oder sie zur Steigerung des Informationswertes unsaldiert auszuweisen. Wenn die Aktiven Latenten Steuern die Passiven übersteigen, kann auf den Ausweis des Saldos auch verzichtet werden. Das ist im vorliegenden Beispiel nicht der Fall. Die Passiven Latenten Steuern sind mit 186.000 deutlich höher als die Aktiven in Höhe von 20.852, so dass bei Anwendung des Saldierungswahlrechts ein Ausweis in Höhe von 165.148 zwingend ist. 274 Abs. 2 Satz 3 HGB (BilMoG) schreibt einen gesonderten Ausweis in der GuV vor. Der Aufwand oder Ertrag aus der Veränderung bilanzierter latenter Steuern ist in der Gewinnund Verlustrechnung gesondert unter dem Posten Steuern vom Einkommen und vom Ertrag auszuweisen. 2.2 Anhangangabe Gem. 285 Nr. 29 HGB (BilMoG) besteht eine grundsätzliche Pflicht zur Angabe, auf welchen Differenzen oder steuerlichen Verlustvorträgen die Latenten Steuern beruhen und auf welchen Steuersätzen die Bewertung erfolgt ist. Gem. 288 Abs. 1 und 2 HGB (BilMoG) brauchen Kleine und Mittelgroße Kapitalgesellschaften diese Angaben nicht zu machen. Somit unterbleibt im Beispiel eine entsprechende Anhangangabe. Die A GmbH muss sich auch nicht mit der Frage beschäftigen, ob sie in ihren Anhang eine sog. Überleitungsrechnung aufnehmen soll oder muss.

WP/StB Prof. Dr. W. Hirschberger / WP/StB Lothar Schulz - 6-3. Ausschüttungssperre Mit 268 Abs. 8 HGB (BilMoG) wurde eine umfangreiche Ausschüttungssperre ins HGB aufgenommen 6. Bei wörtlicher Auslegung der Norm fällt der Bilanzgewinn der A GmbH nicht unter die Ausschüttungssperre. Der Gesetzgeber tut sich aber mit der Formulierung der Ausschüttungssperre offensichtlich sehr schwer. Ausgehend vom Referentenentwurf, über den Regierungsentwurf bis hin zur endgültigen Fassung wurden jedes Mal gravierende Änderungen vorgenommen. Auch die endgültige Fassung wird u. E. bei nächster Gelegenheit überarbeitet. Sachgerecht wäre es u. E., die Aktiven Latenten Steuern in jedem Fall mit einer Ausschüttungssperre zu belegen, auch wenn in der Bilanz die Passiven Latenten Steuern insgesamt (ob nun saldiert oder nicht) überwiegen. Statt 190.000 dürften dann auf Basis dieses Abschlusses nur 169.148 an die Gesellschafter verteilt werden. 4. Fazit Auf den ersten Blick scheint sich die Neufassung von 274 HGB durch das Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz nur in Detailfragen von 274 HGB a. F. zu unterscheiden. Es gibt allerdings einen fundamentalen Unterschied: Die Anwendungsfälle für Passive Latente Steuern nehmen infolge BilMoG deutlich zu. Der Hauptgrund hierfür ist der Wegfall der Umgekehrten Maßgeblichkeit. Die Jahresabschluss-Ersteller können daher keineswegs mehr davon ausgehen, dass die Aktiven Latenten Steuern die Passiven übersteigen und sich dann bei entsprechender Ausübung des Wahlrechts das Thema erledigt hat. Mit anderen Worten: Der Dornröschenschlaf ist vorbei. 7 6 Vgl. auch die analoge Neuregelung gem. 172 Abs. 4 Satz 4 HGB (BilMoG) für Kommanditgesellschaften sowie die Abführungssperre gem. 301 Satz 1 AktG (BilMoG). 7 Vgl. Theile, Carsten: Der Dornröschenschlaf ist vorbei: Latente Steuern im HGB-Abschluss nach BilMoG; in: BBK 2008, S. 851-864.