- Spannungsfeld Miet- und WEG-Recht - Rechtsberater IVD-West Dozent Europäische Immobilienakademie Fachanwalt für Miet- und WEG-Recht Schwerpunkt: Immobilienrecht Kanzlei Stopp Pick & Kallenborn, Saarbrücken
Problemstellung In der Bundesrepublik gibt es mehr als 9,5 Millionen Wohnungseigentumswohnungen, hiervon ca. 5 Millionen vermietete Wohnungseinheiten. Dies wirft die berechtigte Frage auf, ob für diesen doch sehr häufigen Fall der Vermietung von Eigentumswohnungen hinreichende Rechtssicherheit besteht, zumal doch jüngst erst eine Mietrechtsreform durchgeführt wurde.
Wodurch zeichnet sich die Problemstellung aus: Dreieckssituation zwischen übrigen Eigentümern, vermietenden Eigentümer und Mieter (wer kann welche Rechte gegenüber wem durchsetzen?) unzureichende gesetzliche Regelungen zurückhaltende Rechtsprechung Gebrauchskonflikte, Abrechnungskonflikte und Modernisierungskonflikte
Derzeitige (spärliche ) Gesetzeslage Recht des Eigentümers, sein Eigentum zu vermieten ( 13 Abs. 1 WEG) Einstandspflicht des Eigentümers für Fehlverhalten des Mieter im Rahmen der bestehenden Regelungen des Gemeinschaftsverhältnisses und des geordneten Zusammenlebens ( 14 Ziffer 2 WEG) Vorkaufsrecht des Mieters bei dem Verkauf von vermieteten Wohnungseigentum (sofern WE-Begründung nach Vermietung!) gem. 577 BGB besonderer Kündigungsschutz des Mieters bei Verkauf von vermietetem Wohnungseigentum (sofern ) für Eigenbedarfs- und Verwertungskündigung gem. 577a BGB
Rechtsprechungsgrundsätze Keine Einschränkung der Regelungsbefugnisse der WEG durch Vermietung die Rechte und Pflichten der Wohnungseigentümer werden weder erweitert, noch beschränkt dadurch, dass der in Anspruch genommene Wohnungseigentümer mietvertraglich gebunden ist (BGH, Beschluss vom 04.05.1995, V ZB 5/95) Keine Sonderrechte des vermietenden Sondereigentümers gegenüber Mieter es gehört zum (alleinigen) Risikobereich des Vermieters, dass die Vermietung von Teileigentum mit der Gemeinschaftsordnung vereinbar ist (BGH, Urteil vom 29.11.1995, XII ZR 230/94)
Gebrauchskonflikte Vermietungsverbote oder Zustimmungsvorbehalt gem. Gemeinschaftsordnung - keine Auswirkung auf Wirksamkeit des Mietvertrages doppelter Pflichtenkreis des vermietenden Wohnungseigentümers - Bindung an die Regelungen des Gemeinschaftseigentums - vertragliche Pflichten gegenüber Mieter doppelte Gebrauchsausübungsrechte des Mieters - übliche Gebrauchsrechte nach Mietrecht - abgeleitete Gebrauchsrechte nach WEG-Recht ( 13 Abs. 2 WEG)
Gebrauchskonflikte IVD West Rechtstag der Mieter ist zur Mitbenutzung von gemeinschaftlichen Einrichtungen und Anlagen berechtigt. Was gilt aber in folgenden Fällen? Mietvertrag räumt umfassendere Gebrauchsrechte ein als bestehende Gebrauchsregelungen gem. 15, 21 WEG (Gemeinschaftsordnung, Beschlüsse, Hausordnung) Die Wohnungseigentümergemeinschaft schränkt bestehende Gebrauchsrechte nachträglich ein
Mietvertrag räumt umfassendere Gebrauchsrechte ein als bestehende Gebrauchsregelungen der WEG Keine Ansprüche der WEG gegen Mieter aus wohnungseigentumsrechtlicher Sonderverbindung, sondern nur aus 1004 BGB Bindungswirkung von Gebrauchsregelungen ggü Mieter bislang umstritten (Unterscheidung dingliche Gebrauchsregelung als Ausformung des Eigentums oder einfache Gebrauchsregelung durch Beschluss) Haftung des vermietenden Eigentümers ggü WEG aus 14 Nr. 2 WEG bis zur Opfergrenze Haftung des vermietenden Eigentümers ggü Mieter aus mietvertraglicher Gewährleistung
Die Wohnungseigentümergemeinschaft schränkt bestehende Gebrauchsrechte nachträglich ein keine Bindungswirkung ggü Mieter keine Einschränkung der Beschlusskompetenz der WEG (BGH, NJW 1995, 2036) kein Sonderkündigungsrecht des vermietenden Eigentümers (BGH, NJW 1996, 714) Haftungsfalle des Vermieters
Gebrauchskonflikte nur eingeschränkte Lösungsmöglichkeiten über Mietvertragsgestaltung ( dynamische Verweisungsklausel ) (+) textliche Aufnahme einer bereits beschlossenen Hausordnung sicherlich sinnvoll (-) einfache, pauschale Unterwerfung unter bereits bestehende Gebrauchsregelungen gem. 305 Abs. 2 BGB unzureichend (BGH NJW 1991, 1750; NZM 2005, 354) (-) Unterwerfung unter zukünftige Regelungen als überraschende Regelung gem. 305 c Abs. 1 BGB unwirksam
Abrechnungskonflikte grundsätzliche Unterschiede zwischen mietrechtlicher Betriebskostenabrechnung und WEG-Jahresabrechnung Trennung zwischen Instandhaltungs-/Instandsetzungskosten und laufenden Betriebskosten Leistungs-bzw. Verbrauchsprinzip und Zufluss-/Abflussprinzip Abrechnungszeitraum (Wirtschaftsjahr und jährlicher Abrechnungszeitraum) Kostenverteilungsschlüssel (Miteigentumsanteile und Wohnfläche) Sonderproblem: nachträgliche Veränderung des Kostenumlageschlüssels gem. 16 III WEG
Abrechnungskonflikte Lösungsmöglichkeiten über Mietvertragsgestaltung (+) Vereinbarung der Betriebskostenumlage nach Abflussprinzip (BGH, NZM 2008, 277; 2008, 403) (+) Vereinbarung des wohnungseigentumsrechtlichen Kostenverteilungsschlüssels (BGH, NZM 2009, 78) (-) Vereinbarung einer generellen Umlage des Betriebskostenanteils nach WEG-Abrechnung (LG Hamburg, ZMR 2009, 288) (-) Vereinbarung einer Anpassung an nachträglich geänderten Kostenverteilungsschlüssel (BGH, NJW 1993, 1061)
Modernisierungskonflikte keine Einschränkung der Beschlusskompetenzen für Instandsetzungen und Modernisierungen durch mietrechtliche Schutzvorschriften frist- und formgerechte Einhaltung der Ankündigungsfristen gegenüber Mieter zur Herbeiführung einer Duldung gem. 555a (Erhaltungsmaßnahmen), 555c (Modernisierungsmaßnahmen) Durchsetzung von Duldungsansprüchen ggü Mieter (kein unmittelbarer Anspruch der WEG) Baustopp durch Mieter bei Nichteinhaltung der mietrechtlichen Schutzvorschriften
Modernisierungskonflikte (-) aufgrund der zwingenden mietrechtlichen Gesetzesregelungen keine Lösungsmöglichkeiten über Mietvertragsgestaltung (?) Verpflichtung zur Rücksichtsnahme bei Beschlussfassungen (?) Vergemeinschaftung der Vermieterrechte gem. 10 Abs. VI WEG, d.h. Ausübung der Vermieterrechte durch Verband?
Ergebnisse und Ausblick derzeitige Gesetzeslage unzureichend mietvertragliche Gestaltungsmöglichkeiten unzureichend Haftungen des vermietenden Eigentümers entweder gegenüber WEG oder Mieter unvermeidbar grundlegend neue Rechtsprechungstendenzen nicht erkennbar Gesetzgeber ist gefordert, eine ausreichende Harmonisierung zwischen Miet- und WEG-Recht zu schaffen
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