HARMONISIERUNGSAMT FÜR DEN BINNENMARKT (MARKEN, MUSTER UND MODELLE) HAUPTABTEILUNG GESCHMACKSMUSTER - NICHTIGKEITSABTEILUNG ENTSCHEIDUNG DER NICHTIGKEITSABTEILUNG VOM 24/11/06 IM VERFAHREN ÜBER DIE NICHTIGERKLÄRUNG EINES EINGETRAGENEN GEMEINSCHAFTSGESCHMACKSMUSTERS AKTENZEICHEN ICD 000001154 GEMEINSCHAFTSGESCHMACKSMUSTER 000215876-0001 VERFAHRENSSPRACHE Deutsch ANTRAGSSTELLER Michael Sandkötter Stadtbergstraße 9 D-48429 Rheine VERTRETER Schneiders & Behrendt DES ANTRAGSSTELLERS Huestraße 23 D-44787 Bochum INHABER Christoph Sandkötter Haus Milte, Grafhorst 2 D-48291 Telgte VERTRETER Dr. Hoffmeister & Tarvenkorn DES INHABERS Goldstraße 36 D-48147 Münster Avenida de Europa, 4, Apartado de Correos 77, E - 03080 Alicante, Spanien Tel. (+34) 965 139 043 - Fax: (+34) 965 131 344 - Internet: http://oami.eu.int/
Die Nichtigkeitsabteilung, in der Zusammensetzung von Eva Vyoralová (Berichterstatter), Eva Udovc (Mitglied) und Martin Schlötelburg (Mitglied) hat am 24/11/06 wie folgt entschieden: 1. Das eingetragene Gemeinschaftsgeschmacksmuster Nr. 000215876-0001 wird für nichtig erklärt. 2. Der Inhaber trägt die dem Antragsteller entstandenen Kosten des Verfahrens. I. Vorbringen und Anträge (1) Das angegriffene Gemeinschaftsgeschmacksmuster Nr. 000215876-0001 (im Folgenden: das GGM) wurde auf den Namen der Inhaberin mit Datum vom 16/08/04 angemeldet und eingetragen. Die Angabe der Erzeugnisse lautet ausgestopfte Spielzeugtiere. Der Gegenstand des GGM ist durch die folgenden vier Ansichten wiedergegeben, die im Blatt für Gemeinschaftsgeschmacksmuster veröffentlicht sind (http://oami.europa.eu/bulletin/rcd/2004/2004_093/000215876_0001.htm): (2) Mit Eingangstag vom 04/05/05 hat der Antragssteller (im Folgenden: Ast.) einen Antrag auf Nichtigerklärung des GGM eingereicht. Die Gebühr für den Antrag wurde vom laufenden Konto mit Wirkung am gleichen Tag entrichtet. 2
(3) Der Ast. beantragt die Nichtigerklärung des GGM, und zwar wegen fehlender Neuheit und fehlender Eigenart. Plüschtiere mit berufstypischen Kleidungsstücken, wie z.b. Polizei oder Bundeswehr/Marine/Luftwaffe, seien schon im Jahre 2002/2003 und 2004 gegenüber den Abnehmerkreisen im großen Umfang beworben worden. Die Werbemittelkataloge würden ca. drei Monate vor dem Jahreswechsel, d.h. jeweils im September, gedruckt. Die darin abgebildeten Gegenstände seien zu diesem Zeitpunkt nicht nur als Prototypen existent, sondern wären bereits potentiellen Kunden als Muster vorgelegt worden. Die Idee, Plüschbären mit Uniformen zu versehen, sei so alt wie die Teddybären selbst. (4) Als Beweismittel legt der Ast. unter anderem die folgenden Unterlagen vor: - Den Katalog Werbemittel 2003 (im Folgenden: D1 ) der OSG der Gewerkschaft der Polizei mbh; - Die Kopie des Katalogs Werbemittel 2004 (im Folgenden: D2 ) der OSG der Gewerkschaft der Polizei mbh. In diesem Katalog befindet sich auf Seite 3 das folgende Produkt mit Bezeichnung GdP-Maskottchen - Sprechende Polizeimaus : - Vorlage von Rechnungen und Lieferscheinen (im Folgenden: D3 ); 3
- Vorlage der eidesstattlichen Versicherung des Herrn Tobias Fischer vom 18/02/05 (im Folgenden: D4 ). (5) Der Inhaber hat zu dem Antrag Stellung genommen. Insbesondere bestreitet er mit Nichtwissen, dass die vorgelegten Beweismittel in keiner Weise geeignet seien, fehlende Neuheit des angegriffenen Musters darzulegen. Es sei nicht zu erklären, wie der Ast. zu der Behauptung komme, dass sich der Lieferschein Nr. 12009 auf genau das streitgegenständliche Muster beziehe. Hierbei kann es sich um einen wie auch immer gestalteten Gegenstand handeln. Ungeachtet der fraglichen Datierung stünden die in den Beweismitteln des Ast. abgebildeten Teddybären weder der Neuheit noch der Eigenart des GGM entgegen. Der Ast. verkenne, dass der Streitgegenstand nicht der Prototyp eines Teddybären in Uniform sei, sondern das eingetragene Geschmacksmuster in seiner spezifischen Erscheinungsform. Die von dem Antragsteller vorgelegten Beweismittel sind in keiner Weise geeignet, fehlende Neuheit sowie fehlende Eigenart eines des angegriffenen Musters aufzuerlegen. (6) Zu den weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Akteninhalt verwiesen. II. Entscheidungsgründe A. Zulässigkeit (7) Der von dem Ast. gestellte Antrag auf Nichtigerklärung des GGM wegen Mangels an Neuheit und Eigenart erfüllt die Voraussetzung des Art. 28(1)(b)(i) GGDV, wonach der Antrag die Angabe der Nichtigkeitsgründe, auf die sich der Antrag stützt, enthalten muss. Auch im Übrigen entspricht der Antrag den Anforderungen von Art. 28(1) GGDV und ist folglich zulässig. B. Begründung B.1 Beweismittel (8) Auf Seite 3 des Katalogs aus dem Jahre 2004 ist das GdP-Maskottchen Sprechende Polizeimaus abgebildet. Laut Aussage des Ast. wurde der Werbemittel-Katalog 2004 bereits Ende 2003 verteilt, so dass davon auszugehen ist, dass spätestens Anfang 2004 mit dem Vertrieb der Sprechenden Polizeimaus begonnen werden konnte. (9) Der vom Ast. eingereichte Lieferschein Nr. 12009 ( D3 ) wurde am 09/12/2003 ausgestellt und an OSG der Gewerkschaft der Polizei mbh adressiert. Die Warenangabe lautet: Polizeimaus-Schlüsselanhänger mit Voice Chip. Was die Menge betrifft, handelt es sich um 1.000 Stück. Obwohl der Lieferschein keine Bestellnummer hat, ist die Warenbenennung Polizeimaus-Schlüsselanhänger mit Voice Chip ausschlaggebend. (10) D4 ist eine schriftliche Erklärung an Eides statt, die in abgegeben wurde und nach den Rechtsvorschriften s die gleiche Wirkung hat wie eine Erklärung unter Eid. D4 ist daher ein zulässiges Beweismittel gemäß Artikel 65 Abs. 1 lit. F GGV, aber als Beweis gegenstandslos. Herr Fischer versichert zwar eidesstattlich, dass das angegriffene GGM bereits im Jahre 2002 und 2003 bekannt war. In seiner Erklärung erwähnt Herr Fischer jedoch nicht, gegenüber wem das 4
GGM bekannt gemacht worden sein sollte. Neuheitsschädlich wäre, wenn das GGM bereits im Jahre 2002 und 2003 gegenüber der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden wäre. Da es sich bei Herrn Fischer um einen Mitarbeiter des Ast. und damit um einen ehemaligen Mitarbeiter des Inhabers des GGM handelt, ist nicht auszuschließen, dass das GGM zum angegebenen Zeitpunkt nur in der Firma bekannt war. B.2 Neuheit (11) Die Neuheit des angegriffenen GGM ist dann gegeben, wenn sein Gegenstand mit keinem vorbekannten Geschmacksmuster identisch ist. Geschmacksmuster gelten als identisch, wenn sich ihre Merkmale nur in unwesentlichen Einzelheiten unterscheiden. (12) Der Ast. hat nachweisen können, dass die als D1 und D2 eingereichten Kataloge der Öffentlichkeit vor dem 16/08/2004 zugänglich gemacht wurden. Die vorgelegten Kataloge beinhalten als Zeitangabe das Jahr 2003 bzw. 2004. Beim Vergleich des streitgegenständlichen Musters mit dem in dem Katalog 2004, Seite 3 wiedergegebenen Muster namens GdP Maskottchen Sprechende Polizeimaus sind keine wesentlichen Unterschiede erkennbar. Das ältere Geschmacksmuster sowie das angegriffene GGM weisen allesamt ein ausgestopftes Plüschtier in Gestaltung einer Maus auf, die mit einem Mantel mit Beschriftung Polizei auf den Rücken bekleidet ist. Beide Mäuse tragen außerdem eine Polizeimütze. Die Muster unterscheiden sich nur dadurch, dass die als D2 eingereichte Maus auf dem hinteren Teil ein Kennzeichnungsschild mit dem GdP Stern als Zeichen der Polizeigewerkschaft hat. Das gleiche Zeichen ist bei dem GGM auf der Mütze platziert. Dieser Unterschied ist eine unwesentliche Einzelheit. Aus diesem Grund sind das GGM und das unter D2 genannte ältere Muster identisch. Das von dem Ast. geltend gemachtes älteres Geschmacksmuster steht der Neuheit des GGM entgegen. (13) Der Gegenstand des GGM ist im Sinne des Art. 5 GGV mit dem in D2 wiedergegebenen Geschmacksmuster daher identisch und nicht neu. C. Schlussfolgerung (14) Die von dem Ast. vorgetragenen Tatsachen und Beweismittel vermögen die geltend gemachten Nichtigkeitsgründe des Art. 25(1)(b) GGV zu stützen. Das GGM ist aufgrund der fehlenden Neuheit für nichtig zu erklären. II. Kosten (15) Gemäß Art. 70(1) GGV und Art. 79(1) GGDV trägt der Inhaber alle für die Durchführung des Verfahrens notwendigen Kosten, die dem Ast. entstanden sind. IV. Rechtsmittelbelehrung (16) Gegen die vorliegende Entscheidung kann Beschwerde eingelegt werden. Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung der Entscheidung schriftlich beim Amt einzulegen. Die Beschwerde gilt erst als eingelegt, wenn die 5
Beschwerdegebühr entrichtet worden ist. Innerhalb von vier Monaten nach Zustellung der Entscheidung ist die Beschwerde schriftlich zu begründen. DIE NICHTIGKEITSABTEILUNG Eva Vyoralová Eva Udovc Martin Schlötelburg 6