Geschäftsbericht. rentenbank



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Transkript:

Geschäftsbericht 2002 rentenbank

Wichtige Bilanzzahlen in Mrd % 2002 2001 Geschäftsvolumen 64,4 59,2 Bilanzsumme 64,3 59,1 Forderungen an Kreditinstitute 46,6 41,5 Forderungen an Kunden 1,8 2,5 Wertpapierbestand 15,6 14,8 Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten 17,9 16,8 Verbindlichkeiten gegenüber Kunden 4,7 4,6 Verbriefte Verbindlichkeiten 39,2 35,2 Zinsüberschuss in Mio $ 177,4 168,9 Haftendes Eigenkapital in Mio $ 2 130,8 2 083,6 Mitarbeiter 197 198 Langfrist-Rating: Kurzfrist-Rating: Moody s Investors Service Aaa P -1 Standard & Poor s AAA A-1+ Fitch AAA F1+

Inhaltsverzeichnis Seite 3 Kurzporträt................................................. 4 Organe..................................................... 5 Basel II: Die Auswirkungen der neuen Eigenkapitalrichtlinien für Kreditinstitute auf das Agrarkreditgeschäft....................... 14 Wirtschaftliches Umfeld 2002 Zur Lage der Land- und Ernährungswirtschaft................... 30 Landwirtschaft......................................... 30 Ernährungswirtschaft.................................... 34 Agraraußenhandel...................................... 36 Kapitalmarktentwicklung: Zinsentwicklung folgt Aktienmärkten... 40 Tätigkeit der Bank Lage- und Konzernlagebericht................................ 44 Weitere Informationen zu einzelnen Geschäftsfeldern............ 54 Mittel- und langfristige Förderkredite....................... 55 Sonderkreditprogramme für spezielle Förderzwecke und Hilfsmaßnahmen....................................... 57 Auftragsgeschäfte für Bund und Länder..................... 65 Kurzfristige Kredite..................................... 66 Refinanzierung des Aktivgeschäfts......................... 68 Beteiligungen.......................................... 74 Sonstige Aktivitäten..................................... 76 Unsere Mitarbeiter........................................... 81 Ausblick................................................... 83 Jahresabschluss 2002 Jahresbilanz 2002............................................ 88 Gewinn-und-Verlust-Rechnung.................................. 90 Konzernbilanz 2002........................................... 92 Konzern-Gewinn-und-Verlust-Rechnung.......................... 94 Anhang und Konzernanhang.................................. 96 Bericht des Verwaltungsrates................................... 109 Glossar..................................................... 110

4 Kurzporträt Die Landwirtschaftliche Rentenbank wurde 1949 durch Gesetz als zentrales Refinanzierungsinstitut für die Landwirtschaft und Ernährungswirtschaft mit Sitz in Frankfurt am Main errichtet. Sie ist eine Anstalt des öffentlichen Rechts mit Förderauftrag, für die der Bund die Anstaltslast trägt. Die Bank steht unter der Aufsicht der Bundesregierung. Der Grundstock des haftenden Eigenkapitals in Höhe von heute insgesamt 2 130,8 Mio 3 ist in den Jahren 1949 bis 1958 von der Land- und Forstwirtschaft der Bundesrepublik Deutschland aufgebracht worden. Im Rahmen ihres gesetzlichen Auftrags finanziert die Landwirtschaftliche Rentenbank agrarbezogene Vorhaben aller Art. Neben der allgemeinen Förderung der Landwirtschaft und des ländlichen Raums kommt den zinsgünstigen Sonderkreditprogrammen für spezielle Förder- und Hilfsmaßnahmen eine besondere Bedeutung zu. Die Kredite werden wettbewerbsneutral über andere Banken ausgelegt. Die Refinanzierung des Kreditgeschäftes erfolgt am Kapital- bzw. Interbankenmarkt durch Aufnahme von Darlehen und Emission von Wertpapieren, darunter festverzinsliche Rentenbankbriefe. Neben dem deutschen Kapitalmarkt refinanziert sich die Bank auch an den internationalen Finanzmärkten. Die Rating-Agenturen Standard & Poor s, Moody s Investors Service und Fitch haben die langfristigen Verbindlichkeiten der Bank mit AAA bzw. Aaa bewertet. Die kurzfristigen Verbindlichkeiten wurden mit A-1+ (Standard & Poor s), P-1 (Moody s Investors Service) bzw. F1+ (Fitch) eingestuft. Die Bank ist Mitglied des Bundesverbandes Öffentlicher Banken Deutschlands e.v., Berlin, und ist dem Einlagensicherungsfonds dieses Verbandes angeschlossen.

Organe 5 Vorstand Karl-Ingo Bruns Hans Jürgen Ploog Dipl.-Kfm. Dr. h. c. Uwe Zimpelmann Verwaltungsrat Vorsitzender: Präsident Gerd Sonnleitner Deutscher Bauernverband e.v., Bonn Stellvertreter des Vorsitzenden: Präsident Wilhelm Niemeyer Landesverband des Niedersächsischen Landvolks e.v., Hannover Vertreter des Deutschen Bauernverbandes e.v.: Präsident Heinz Christian Bär Hessischer Bauernverband e.v., Friedrichsdorf Präsident Franz-Josef Möllers Westfälisch-Lippischer Landwirtschaftsverband e.v., Münster Generalsekretär Dr. Helmut Born Deutscher Bauernverband e.v., Bonn Präsident Heinz-Dieter Nieschke Landesbauernverband Brandenburg e.v., Teltow/Ruhlsdorf Präsident Wilhelm Grimm Bauernverband Hamburg e.v., Hamburg Präsident Norbert Schindler, MdB Bauern- und Winzerverband Rheinland-Pfalz Süd e.v., Mainz Präsident Gerd Hockenberger Landesbauernverband in Baden-Württemberg e.v., Stuttgart Präsident Otto-Dietrich Steensen Schleswig-Holsteinischer Bauernverband e.v., Struckum Ehrenpräsident Horst Hoferichter Bauernverband der Vertriebenen e.v., Bonn

6 Vertreter des Deutschen Raiffeisenverbandes e.v.: Direktor Wolfgang Deml Vorstandsvorsitzender der BayWa AG, München Präsident Manfred Nüssel Deutscher Raiffeisenverband e.v., Bonn Vertreter der Ernährungswirtschaft: Dr. Peter Traumann Vorsitzender des Vorstandes der Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie e.v., Bonn Präsident a. D. Dr. Johannes Ströh Bundesverband der Agrargewerblichen Wirtschaft e.v., Bonn Vertreter des Verbandes der Landwirtschaftskammern e.v.: Präsident Karl Meise Landwirtschaftskammer Westfalen-Lippe, Münster Präsident Carlo Puhl Landwirtschaftskammer für das Saarland, Saarbrücken Vertreter der Gewerkschaften: Eva-Maria Pfeil Geschäftsführerin der IG BAU Mitglieder- Service GmbH, Frankfurt am Main Hans-Joachim Wilms Stellvertretender Bundesvorsitzender der IG Bauen-Agrar-Umwelt, Berlin Klaus Wiesehügel Bundesvorsitzender der IG Bauen-Agrar- Umwelt, Frankfurt am Main Landwirtschaftsminister der Länder: Bremen: Dr. Uwe Färber, Staatsrat Senator für Wirtschaft und Häfen, Bremen Rheinland-Pfalz: Hans-Artur Bauckhage Minister für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau, Mainz

7 Saarland: Stefan Mörsdorf Minister für Umwelt, Saarbrücken Sachsen: Stefan Flath Staatsminister für Umwelt und Landwirtschaft, Dresden Schleswig-Holstein: Ingrid Franzen Ministerin für ländliche Räume, Landes- planung, Landwirtschaft und Tourismus, Kiel Sachsen-Anhalt: Konrad Keller Minister für Raumordnung, Landwirtschaft und Umwelt, Magdeburg (bis 16.05.02) Petra Wernicke Ministerin für Landwirtschaft und Umwelt, Magdeburg (ab 17.05.02) Vertreter der Kreditanstalt für Wiederaufbau: Detlef Leinberger Mitglied des Vorstandes, Frankfurt am Main Vertreter der DZ Bank AG Deutsche Zentral-Genossenschaftsbank: Dr. Ulrich Brixner Vorsitzender des Vorstandes, Frankfurt am Main Hinzugewählte Sachverständige: Dr. Rolf-E. Breuer Vorsitzender des Aufsichtsrates der Deutschen Bank AG, Frankfurt am Main Dr. Dietrich Hoppenstedt Präsident des Deutschen Sparkassenund Giroverbandes e.v., Berlin Dr. h. c. Friedel Neuber ehem. Vorsitzender des Vorstandes der Westdeutschen Landesbank Girozentrale, Düsseldorf

8 Anstaltsversammlung Vom Bundesrat berufen: Adolf Abs Landwirt, Peffingen Präsident Leonhard Blum Bauern- und Winzerverband Rheinland- Nassau e.v., Niederbettingen Otto Deppmeyer Vizepräsident des Landesverbandes des Niedersächsischen Landvolks e.v., Hessisch Oldendorf-Hermeringen Franz Xaver Mayer Vorstandsvorsitzender der Landwirtschaftlichen Alterskasse Niederbayern-Oberpfalz, Ganacker Carsten Mumm Vizepräsident Schleswig-Holsteinischer Bauernverband e.v., Dahme Johannes Potthast Landwirt, Marienmünster Rainer Fabel Vorsitzender des Kreisverbandes Uelzen im Landesverband des Niedersächsischen Landvolks e.v., Suhlendorf Peter Förster Landwirt, Darmstadt Franz Sauter Vorsitzender der Katholischen Landvolkbewegung e.v., Epfendorf Wilhelm Sturm Landwirt, Willanzheim Vom Deutschen Bauernverband e.v. berufen: Präsident Hinrich Bavendam Bremischer Landwirtschaftsverband e.v., Bremen Jürgen Görg Vorsitzender des Bundesverbandes Landwirtschaftlicher Pächter e.v., Goslar Präsident Friedhelm Decker Rheinischer Landwirtschaftsverband, Bonn (ab 16.04.02) Werner Hilse Vizepräsident des Landesverbandes des Niedersächsischen Landvolks e.v., Hannover

9 Ehrenpräsident Viktor Klein Landwirt, Bauernverband Saar e.v., Merzig Jürgen Ströbel Vizepräsident Bayerischer Bauernverband, München Werner Reihl Theo Zehnter Bezirkspräsident Oberfranken im Bezirkspräsident Oberfranken Bayerischen Bauernverband, im Bayerischen Bauernverband, Arzberg (ab 01.05.02) Stockheim (bis 30.04.02) Präsident Wendelin Ruf Badischer Landwirtschaftlicher Hauptverband e.v., Freiburg Präsident Karl Zwermann Zentralverband Gartenbau e.v., Unkel Präsident Michael Prinz Salm zu Salm Arbeitsgemeinschaft Deutscher Waldbesitzerverbände e.v., Schloss Wallhausen Vom Deutschen Raiffeisenverband e.v. berufen: Dipl.-Ing. agr. Jörn Christern Landwirt, Geesthacht-Grünhof Dr. Manfred W. Tag Mitglied des Vorstandes Nordmilch eg, Zeven Verbandsdirektor Dr. Franz Honikel Württ. Genossenschaftsverband Raiffeisen/Schulze-Delitzsch e.v., Stuttgart Gerhard Meloh Vorstandsvorsitzender der Westfleisch Vieh- und Fleischzentrale Westfalen eg, Münster Dr. Manfred Wächtershäuser Bankdirektor, DZ Bank AG Deutsche Zentral-Genossenschaftsbank, Frankfurt am Main

10 Vom Verband der Landwirtschaftskammern e.v. berufen: Präsident Hans-Peter Cornils Landwirtschaftskammer Hamburg, Hamburg (bis 21.01.02) Präsident Friedrich Scholten Landwirtschaftskammer Weser-Ems, Oldenburg Siegfried Hensel Präsident Fritz Stegen Vizepräsident Landwirtschaftskammer Hannover, Landwirtschaftskammer Hannover, Hannover Hannover Präsident Hermann Sündermann Präsident Wilhelm Lieven, MdL Landwirtschaftskammer Bremen, Landwirtschaftskammer Rheinland, Bremen (ab 22.01.02) Bonn Kommissar der Bundesregierung Ministerialdirektor Vertreter: Professor Dr. Hermann Schlagheck Ministerialdirigent Bundesministerium für Verbraucherschutz, Karl-Burkhard Caspari Ernährung und Landwirtschaft, Bundesministerium der Finanzen, Bonn Berlin (bis 30.04.02) Ministerialdirigent Dietrich Jahn Bundesministerium der Finanzen, Berlin (ab 31.07.02) Treuhänder Ministerialdirektor Dr. Bernhard Lohmann Bundesministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft, Bonn Vertreter: Ministerialdirigent Dr. Karl-Wilhelm Schopen Bundesministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft, Bonn

11 Das Wetter: Schauspiel und Risikofaktor Der Geschäftsbericht 2002 steht visuell ganz im Zeichen der Naturgewalten. Beeindruckende Wetterphänomene sind allzu oft auch gleichzeitig Naturkatastrophen. Für den Betrachter voller natürlicher Schönheit sind sie für den betroffenen Landwirt im schlimmsten Fall existenzbedrohend. Zur Minderung der Folgen witterungsbedingter akuter Notlagen bietet die Landwirtschaftliche Rentenbank im Rahmen ihrer Sonderkreditprogramme betroffenen Betrieben die Möglichkeit, Liquiditätsengpässe und Ersatzbeschaffungen zu besonders günstigen Konditionen zu finanzieren. Wetterrisiken und ihre Folgen bleiben für Landwirte schwer einschätzbar, sind sie doch in besonderer Weise vom Wetter abhängig und somit auch von extremen Witterungslagen stärker betroffen als andere Branchen. Nicht zuletzt das Wetter entscheidet in der Landwirtschaft über den unternehmerischen Erfolg und den Wechsel der Preis- und Marktbedingungen. Risiken sind auch Gegenstand der geplanten Neuregegelungen der Eigenkapitalrichtlinien für die Banken ( Basel II ). Mit den neuen Vorschriften werden sich künftig Risiken, aber auch Chancen stärker als bisher in den Konditionen der Banken bei der Kreditvergabe widerspiegeln. Aus diesem Grund haben wir Basel II und die Folgen für das Agrarkreditgeschäft in den inhaltlichen Fokus dieses Geschäftsberichts gestellt.

Gewitterfront Im Sommer 2002 führte schwerer gewittriger Dauerregen in mehreren Bundesländern zu Millionenschäden, die auch viele landwirtschaftliche Betriebe betrafen. Wie ein aufziehendes Gewitter kommen vielen Landwirten auch die neuen Basel II-Bankrichtlinien und ihre Auswirkungen auf die Kreditvergabe vor. Nach zahlreichen Änderungen am ursprünglichen Regelwerk dürften sich die Auswirkungen auf das Agrarkreditgeschäft jedoch in Grenzen halten. Teilweise sind sogar Entlastungen möglich.

14 Basel II: Die Auswirkungen der neuen Eigenkapitalrichtlinien für Kreditinstitute auf das Agrarkreditgeschäft Der Baseler Ausschuss Der Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht (kurz: Baseler Ausschuss) setzt sich aus Vertretern von Bankenaufsichtsbehörden und Zentralbanken der wichtigsten Industrieländer zusammen und hat sein ständiges Sekretariat bei der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) in Basel. Die Vorschläge sind nicht rechtsverbindlich. Jedoch werden sie als Ergebnis eines internationalen Verhandlungsprozesses in eine EU-Richtlinie und im nächsten Schritt in nationales Recht umgesetzt. Chronologie der Eigenkapitalvorschriften 07/1988 Verabschiedung von Basel I Ende Umsetzung von Basel I 1992 in nationales Recht 1996 Einführung des Marktrisikos als eigene Messgröße für die Eigenkapitalunterlegung bei Basel I 06/1999 1. Konsultationspapier zu Basel II 01/2001 2. Konsultationspapier zu Basel II 05/2003 3. Konsultationspapier zu Basel II 10/2003 Verabschiedung von Basel II 12/2006 Umsetzung von Basel II in nationales Recht (einjähriger Parallellauf von Basel I und Basel II) Die Baseler Eigenkapitalvorschriften... Seit geraumer Zeit wird Basel II in der Finanzbranche kontrovers diskutiert. Mit dem Begriff Basel II wird dabei die geplante Neuregelung der bestehenden Eigenkapitalrichtlinien für Kreditinstitute durch den Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht bezeichnet. Auch bei den mittelständischen und landwirtschaftlichen Unternehmen sorgte die anstehende Reform der Mindesteigenkapitalausstattung wegen der erwarteten Auswirkungen auf die Kreditkonditionen und den Zugang zu Krediten für reichlich Diskussionsstoff. Basel II soll die derzeit noch gültige Eigenkapitalvereinbarung aus dem Jahre 1988 (Basel I) ablösen. Sie galt bei ihrer Einführung als ein Meilenstein auf dem Weg zu einer internationalen Harmonisierung der bankenaufsichtsrechtlichen Eigenkapitalanforderungen. Zunächst nur an international tätige Banken gerichtet, hat sich der Baseler Akkord inzwischen zu einem international anerkannten Standard für alle Banken entwickelt. Im Laufe der Zeit stellte sich allerdings immer mehr heraus, dass die standardisierte Berücksichtigung von Kreditrisiken wie sie Basel I vorsieht nur bedingt geeignet ist, die gesamten ökonomischen Risiken der Banken darzustellen. Neben der Angleichung der internationalen Wettbewerbsbedingungen der Kreditinstitute hat daher die Förderung des bankinternen Risikomanagements und die Stärkung und Solidität des internationalen Bankensektors oberste Priorität bei Basel II....und die Notwendigkeit einer Neufassung: Das derzeit wenig erfreuliche konjunkturelle Umfeld, der deutliche Anstieg der Unternehmens- und Verbraucherinsolvenzen und der zum Teil daraus resultierende hohe Wertberichtigungsbedarf zahlreicher Banken haben die Notwendigkeit einer Verbesserung der bankenaufsichtsrechtlichen Kreditrisikomessung noch stärker in das Blickfeld treten lassen. Ein zentrales Thema bei der Neuregelung ist die Ausgestaltung der Eigenkapitalanforderungen und die damit verbundenen Auswirkungen auf die Kreditpolitik der Banken. Schon schnell wurden Stimmen laut, die für die Zukunft eine restriktive Kreditvergabe zu Lasten des Mittelstandes und damit auch für die Landwirtschaft befürchteten. Um eine hohe Akzeptanz und eine sachgerechte Ausgestaltung der neuen Regelungen sicherzustellen, wurden die ursprünglichen Reformvorschläge inzwischen mehrfach modifiziert und das zunächst für 2004 vorgesehene In-Kraft-Treten von Basel II verschoben. Die rechtsverbindliche Umsetzung in nationales Recht soll jetzt bis Ende 2006 erfolgen. Da die Banken schon im Vorfeld Risiko-

15 klassifizierungssysteme entwickeln werden, können Anpassungen der Kreditvergabepolitik an die veränderten Regelungen bereits vor deren In- Kraft-Treten erfolgen. Von der standardisierten Eigenkapitalunterlegung bei Basel I... Die Baseler Eigenkapitalvereinbarung von 1988 hatte zum Ziel, durch die Formulierung von Mindestanforderungen an die Eigenkapitalausstattung den Fortbestand der Geschäftstätigkeit einer Bank auch bei Kreditausfällen zu sichern. Damit trug sie der Erkenntnis Rechnung, dass eine ausreichende Eigenkapitalunterlegung für die Sicherung und Stabilität des Finanzsektors unerlässlich ist. Seit Umsetzung von Basel I in nationales Recht müssen Banken Kredite an Private und Unternehmen grundsätzlich mit 8 % Eigenkapital unterlegen. Das bedeutet, dass der Kreditspielraum einer Bank auf das 12,5fache ihres haftenden Eigenkapitals beschränkt ist. Nach den Basel I-Regeln ist jedoch die Bonität eines Kreditnehmers und somit das tatsächliche Ausfallrisiko für die Eigenkapitalunterlegung unerheblich. Darin wird die Hauptschwäche von Basel I gesehen. Zum einen werden Anreize geschaffen, die Banken dazu veranlassen können, risikoreichere Kreditportfolios aufzubauen und zum anderen kommt es zu einer Art Risikoausgleich zwischen den Kreditnehmern (Quersubventionierung). Basel I kann also zu einer Fehlallokation der knappen Ressource Eigenkapital führen....zur Berücksichtigung des jeweiligen Risikoprofils: Der Baseler Ausschuss hat daher in seinem mittlerweile mehrfach überarbeiteten Konsultationspapier Basel II die Eigenkapitalvorschriften von Basel I weiterentwickelt, womit tief greifende Änderungen für die Eigenkapitalunterlegung bei den Banken und für die Kreditvergabepraktiken verbunden sind. Änderungen ergeben sich aus einer differenzierteren Risikobetrachtung, die zu einer risikogerechteren Eigenkapitalunterlegung führen soll. Die Änderungen stellen einen stärkeren Bezug zwischen dem notwendigen Eigenkapital der Bank einerseits und dem Risikoprofil des Kreditnehmers andererseits her. An der bisherigen Eigenkapitaldefinition und einer durchschnittlichen Eigenkapitalunterlegung von 8 % soll jedoch weiterhin festgehalten werden. Basel II sieht vor, neben den Kredit- und Marktrisiken künftig auch operationelle Risiken mit Eigenkapital zu unterlegen. Für jedes dieser drei Risiken stehen jeweils unterschiedliche Ansätze zur Berechnung des notwendigen Eigenkapitals zur Auswahl. Kreditrisiko Forderungsausfallrisiko des Kreditengagements Marktrisiko Preisrisiko von z. B. Rohwaren, Devisen, Aktien und Anleihen Operationelles Risiko Betriebsrisiko, das durch fehlerhafte EDV-Systeme, Mitarbeiterfehler oder bankexterne Ereignisse begründet ist

16 Dabei müssen jeweils aufsichtsrechtliche Mindestvorgaben erfüllt werden. Experten erwarten, dass Änderungen hinsichtlich der Eigenkapitalunterlegung hauptsächlich aus den neuen Methoden zur Ermittlung der Kreditrisiken resultieren. Zur Bemessung der Eigenkapitalunterlegung von Kreditrisiken stehen ein Standardansatz sowie zwei komplexere interne Modelle zur Auswahl, die im Folgenden vorgestellt werden. Die Risikomessung im Standardansatz... Nach den Basel II-Richtlinien wird die Risikoanrechnung im so genannten Standardansatz wesentlich von der Einschätzung externer Ratingagenturen abhängen. Ein Rating schätzt die zukünftige Fähigkeit des Schuldners ein, seinen Kredit vollständig und termingerecht zurückzahlen zu können. Entsprechend der Schuldnerklasse und der Bonität wird das Kreditengagement dann mit dem jeweiligen bankenaufsichtsrechtlichen Risikogewicht belegt. Die Risikogewichte variieren in den Schuldnerklassen in Abhängigkeit von der Bonität zwischen 0 % und 100 %. Ein Risikogewicht von 100 % entspricht einer Eigenkapitalquote von 8 %, 50 % Risikogewicht bedeutet dementsprechend eine Eigenkapitalquote von 4 %. Die Risikogewichte steigen mit abnehmender Bonität. Für sehr risikoreiche Kreditprofile wird ein fünftes Risikogewicht von 150 % hinzugefügt. Die Eigenkapitalunterlegung kann bei Krediten an Unternehmen mit externem Rating zukünftig in Abhängigkeit von deren Bonität zwischen 1,6 % und 12 % der jeweiligen Kreditsumme variieren. Falls ein Unternehmen über kein externes Rating verfügt, die Bank aber für Unternehmen den Standardansatz verwendet, wird in der Regel ein durchschnittliches Risikogewicht von 100 % angesetzt. Risikogewichtung und Eigenkapitalunterlegung nach Basel II im Standardansatz im Vergleich zu Basel I Eigenkapital- Bonität des vorschriften Unternehmens Risikogewicht Eigenkapitalquote Basel I 100 % 8 % Basel II AAA bis AA 20 % 1,6 % A+ bis A 50 % 4 % BBB+ bis BBB 100 % 8 % BB+ bis B 100 % 8 % unter B 150 % 12 % ohne Rating 100 % 8 %

17...und in den auf internen Ratings beruhenden Ansätzen: Im Unterschied zur Verwendung des Standardansatzes sind bei der Verwendung der auf internen Ratings beruhenden Ansätze (IRB = internal ratings-based) keine für den Kreditnehmer häufig sehr kostenintensiven externen Ratings notwendig. Stattdessen setzen die Kreditinstitute bankintern erstellte Bonitätsbeurteilungen der Kreditnehmer zur Ermittlung der Risikogewichte ein. Dabei wird zwischen dem Basis-IRB-Ansatz und dem fortgeschrittenen IRB-Ansatz unterschieden, wobei ein Hauptunterschied in der Komplexität der methodischen Vorgehensweise liegt. So werden beim Basis-IRB-Ansatz bis auf die Schätzung der Ausfallwahrscheinlichkeit die übrigen Risikoparameter von der Aufsichtsinstanz vorgegeben, während beim fortgeschrittenen IRB-Ansatz die Bank diese Größen selbstständig ermittelt. Notwendige Voraussetzung für die Verwendung des so genannten fortgeschrittenen IRB-Ansatzes ist der Nachweis eines eigenen Risikomanagementsystems der Bank, das auf einer mehrjährigen aussagekräftigen Datenhistorie über Ausfallwahrscheinlichkeiten, Verlustquoten im Insolvenzfall, erwarteten Verlusten zum Zeitpunkt des Ausfalls etc. basiert. Darüber hinaus wird von den Banken eine statistische Aufbereitung und quantitative Auswertung der Daten erwartet. Die Vorteile des fortgeschrittenen gegenüber dem Basis-IRB-Ansatz: Die Baseler Aufsicht gewährt Banken Abschläge bei der Eigenkapitalunterlegung von Risiken, wenn sie von dem Basis-IRB-Ansatz auf den risikosensitiveren fortgeschrittenen IRB-Ansatz wechseln. Jedoch sind die Abschläge in den ersten beiden Anwendungsjahren (2007 und 2008) aufsichtsrechtlich begrenzt worden. Die Eigenkapitalanforderungen für das Kreditrisiko aus dem fortgeschrittenen Ansatz dürfen im ersten Anwendungsjahr von Basel II höchstens 10 % niedriger sein als die des vergleichbaren unterlegten Eigenkapitals nach Basel I-Gesichtspunkten und im darauf folgenden Jahr um höchstens 20 % niedriger. Der Baseler Ausschuss kann jedoch bei Bedarf auch in den folgenden Jahren eine Untergrenze vorgeben, um mögliche stabilitätsgefährdende Tendenzen zu verhindern. Ansätze zur Kreditrisikomessung nach Basel II Weniger restriktive Anforderungen für Kredite an natürliche Personen und Kleinunternehmen (Retailsegment): Basel II ermöglicht für die Vergabe von kleinvolumigen Krediten unter 1 Mio $ an natürliche Personen und Kleinunternehmen die Verwendung vereinfachter Eigenkapitalvorschrif- Kreditrisiko Standard- IRB ansatz Keine Basis fortg. Schätzung IRB IRB von PD, bank- bank- EAD interne interne und LGD Schät- Schätzung zung der PD der PD, EAD und LGD PD = Ausfallwahrscheinlichkeit (probability of default) EAD = erwartete ausstehende Forderung bei Ausfall (exposure at default) LGD = Verlustrate (loss given default)

18 ten. Statt einer 100 %-Risikogewichtung wird ein einheitliches Risikogewicht von 75 % als ausreichend erachtet. Ein weiterer Vorteil der Zuordnung des Kredits in eine Klasse des Retailsegments resultiert aus den geringeren aufsichtsrechtlichen Anforderungen an die Messung des Kreditrisikos. Die Bank kann auf eine Beurteilung des Einzelschuldners verzichten und muss stattdessen die Kreditrisiken nur für die einzelnen Kreditklassen des Retailsegments bestimmen. Die Aggregation von Krediten mit ähnlichen Risikomerkmalen in einer Klasse des Retailsegments bedeutet jedoch nicht generell den vollständigen Verzicht auf eine individuelle Kreditbeurteilung. In einzelnen Phasen des Risikomanagementprozesses kann bei Bedarf durchaus eine individuelle Bewertung vorgenommen werden, für die die aufsichtsrechtlichen Bewertungsansätze gelten. Begründet wird die Bildung des Retailsegments damit, dass mit der Aggregation vieler Kleinkredite in einem Segment eine Risikoreduzierung innerhalb dieses Segments verbunden ist. Die Verteilung eines gewissen Anteils der Gesamtkreditsumme der Bank auf kleinere Kreditengagements ist gleichbedeutend mit einer Diversifikation ihres Kreditportfolios. Somit reduzieren sich u. U. die Kreditrisiken für die Bank, sodass sich das in verminderten Eigenkapitalanforderungen für derartige Portfolios niederschlägt und sich letztlich die Kreditkonditionen für die Kreditnehmer des Retailsegments im Vergleich zur gegenwärtig gültigen Regelung tendenziell verbessern bzw. zumindest nicht verschlechtern sollten. Auswirkungen von Basel II auf die Kreditkalkulation: Die bankenaufsichtsrechtlichen Bestimmungen über die Eigenkapitalanforderungen wirken sich auf verschiedene, die Kreditkalkulation der Kreditinstitute beeinflussende Kostenkomponenten aus und beeinflussen damit auch die dem Kreditnehmer berechneten Darlehenszinssätze. Neben Refinanzierungskosten, die dem Kreditinstitut durch Verzinsung von Spareinlagen oder durch Aufnahme finanzieller Mittel am Geld- bzw. Kapitalmarkt entstehen, fallen im Zusammenhang mit der Kreditvergabe, der laufenden Kreditbereitstellung und der Kreditbeendigung Abwicklungs- und Verwaltungskosten (Standardstückkosten) an, außerdem werden Risikokosten veranschlagt, die die erwarteten Kreditausfallverluste, nicht termingerechte Zins- und Tilgungszahlungen sowie Verluste aus der Verwertung von Sicherheiten abdecken sollen. Schließlich sind die Kosten für das Eigenkapital zu berücksichtigen, das für jeden ausgelegten Kredit

19 gemäß der derzeit gültigen Regelung grundsätzlich in einer Höhe von 8% der Kreditsumme unterlegt werden muss. Bonitätsabhängige Kreditkonditionen Zinskosten 1a 1b 1c 1d 1e 2a 2b 2c 2d 2e 3a 3b 3c 3d 3e 4a 4b 4c 4d 4e Ratingklasse Risikoprämie Eigenkapitalkosten Standardstückkosten Refinanzierungs- oder Opportunitätskosten Quelle: Bundesverband der deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken Die Vorschläge von Basel II verändern in erster Linie die mit einem Kreditengagement verbundenen Eigenkapitalkosten, da die Höhe des zu unterlegenden Eigenkapitals nun vom Ratingergebnis des Schuldners abhängt. Der Kostenansatz hierfür wird in hohem Maße von der angestrebten Eigenkapitalrendite des jeweiligen Bankinstituts bestimmt. Indirekt beeinflusst Basel II allerdings auch andere Kostenarten. Die Ermittlung von Kreditrisiken ist ebenso wie die Implementierung aufwändiger Ratingsysteme mit zusätzlichen Personal- und EDV-Kosten verbunden. Höhere Anforderungen an die Funktionentrennung bei der Kreditbearbeitung und der Risikoüberwachung führen tendenziell ebenfalls zu einem höheren Personalaufwand und dürften insbesondere in kleineren Kreditinstituten mit besonderen organisatorischen Schwierigkeiten verbunden sein. Der Einfluss von Basel II auf die Risikokosten ist von der gewählten Ratingmethode abhängig. Zwar steigen einerseits die Betriebskosten durch die kostenintensive Implementierung der neuen Ratingverfahren, jedoch wird den fortgeschritteneren, aber aufwändigeren Verfahren eine bessere Prognose der Kreditausfallrisiken zugeschrieben. Experten erwarten deshalb als Konsequenz von Basel II langfristig niedrigere Ansätze für die Risikokostengröße. Sollte sich durch Basel II

20 und die genauere Kalkulation der Kreditrisiken generell das Risikoprofil des Darlehensbestands verändern, beeinflusst dies tendenziell auch die in erster Linie von der Bonität der Bank abhängigen Refinanzierungskosten. Kredite im Landwirtschaftssektor, insgesamt 32 521 Mio 2 langfristig 75 % kurzfristig 15 % mittelfristig 10 % Quelle: Deutsche Bundesbank, Stand September 2002 Marktanteile bei Agrarkrediten Genossenschaftsbanken 46 % Sparkassen 33 % Sonstige Banken 21 % Quelle: Deutsche Bundesbank, Stand September 2002 Besonderheiten der landwirtschaftlichen Finanzierung: Welche Auswirkungen von der Neuregelung der Eigenkapitalanforderungen auf das Agrarkreditgeschäft und die Finanzierung der Landwirtschaft ausgehen, wird auch entscheidend von den Besonderheiten des landwirtschaftlichen Kreditgeschäfts beeinflusst. Die Landwirtschaft zählt zu den sehr kapitalintensiven Produktionszweigen der Wirtschaft. Auf einen landwirtschaftlichen Arbeitsplatz entfällt in Deutschland ein durchschnittliches Anlagevermögen von 264 000 e, etwa doppelt so viel wie im produzierenden Gewerbe. Für die Schaffung eines neuen Arbeitsplatzes in der landwirtschaftlichen Tierhaltung sind ohne Berücksichtigung der erforderlichen landwirtschaftlichen Nutzfläche sogar Investitionen in Höhe von 500 000 bis 1 Mio e notwendig. Hoher Eigenkapitalanteil... Die Landwirtschaft weist eine Eigenkapitalquote von durchschnittlich 82 % auf und unterscheidet sich auch dadurch deutlich von anderen Wirtschaftszweigen: Die durchschnittliche Eigenkapitalquote des gewerblichen Mittelstands liegt unter 20 %. Die Fremdfinanzierung erfolgt in der Landwirtschaft hauptsächlich über den Bankkredit. Das gesamte in der Landwirtschaft eingesetzte Kreditvolumen beträgt rund 32,5 Mrd e (Stand September 2002). Überdurchschnittlich hoch ist der Anteil langfristiger Darlehen: 75 % des Darlehensbestands hat eine Laufzeit oder Kündigungsfrist von über fünf Jahren. Die Landwirtschaft ist damit mit regionalen und institutsspezifischen Unterschieden ein wichtiger Geschäftspartner der Banken und Sparkassen. 46 % der Agrarkredite werden über Genossenschaftsbanken und 33 % über Sparkassen ausgelegt....bei günstiger Vermögensstruktur: Dem hohen Finanzierungsbedarf steht ein durchschnittliches Bilanzvermögen der Haupterwerbsbetriebe von 635 162 e gegenüber. Knapp 88 % des Bilanzvermögens entfällt auf das Anlagevermögen, 5 % auf das Tiervermögen und rd. 6 % auf das Umlaufvermögen. Hier zeigt sich neben der überdurchschnittlich hohen Eigenkapitalquote ein weiterer Finanzierungsvorteil der Landwirtschaft: Knapp

21 65 % des Bilanzvermögens ist Boden, sodass landwirtschaftliche Unternehmen eine relativ günstige Ausstattung mit Sicherheiten vorweisen können. Dies führt zu geringen Kreditausfällen und einer traditionell geringen Insolvenzquote des Wirtschaftsbereichs Land- und Forstwirtschaft. Die Insolvenzquote ist im Zeitablauf zwar geringfügig gestiegen, aber mit einer absoluten Zahl von 538 Insolvenzen im Jahr 2001 insgesamt sehr gering. Die Zahl der Insolvenzen konzentrierte sich dabei vornehmlich auf den Dienstleistungs- und den Gartenbaubereich. Besonderheiten der Kreditwürdigkeitsprüfung bei landwirtschaftlichen Unternehmen: Trotz der im Durchschnitt der landwirtschaftlichen Betriebe günstigen Finanzierungsstruktur unterscheiden sich die Finanzierungsbedürfnisse zwischen den einzelnen Betrieben erheblich. Insbesondere die Finanzierungsanforderungen bei Betrieben mit starkem Wachstum und bei auslaufenden Betrieben sind äußerst unterschiedlich. Während letztere Fremdkapital abbauen müssen, verfügen wachsende Betriebe dagegen in der Regel über einen überdurchschnittlich hohen Finanzierungsbedarf bei gleichzeitig geringerem Eigenkapitalanteil. Die Beurteilung investiver Vorhaben im Rahmen der Kreditwürdigkeitsprüfung landwirtschaftlicher Unternehmen erfordert aber auch aus Gründen der unterschiedlichen Entwicklungen und Charakteristika in den verschiedenen landwirtschaftlichen Produktionsrichtungen besondere Sachkenntnis. Auf Grund einer zunehmenden Spezialisierung einerseits und volatiler Märkte andererseits muss in einzelnen Unternehmen mit erheblichen Erlösschwankungen gerechnet werden. Für diese Betriebe werden die Anforderungen an das Risiko- und Liquiditätsmanagement mit Basel II steigen. Von besonderer Bedeutung für die Landwirtschaft ist die starke agrarpolitische Einflussnahme. Zum einen kann dies eine verhältnismäßigguteplanungssicherheit sowie stabile Agrarpreise und damitgeringere Kreditrisiken bedeuten. Zum anderen können sich aber beispielsweise im Zuge der geplanten EU-Osterweiterung für die Landwirte durchaus neue Planungsunsicherheiten und für die Kreditgeber dementsprechend Kreditrisiken ergeben. Für die Milchproduktion, für die langfristig das Ausmaß der agrarpolitischen Einflussnahme noch ungeklärt ist, zeigt sich dieses an sehr unterschiedlichen Einschätzungen der Werthaltigkeit der Milchquote. Bislang sind noch enorme regionale Preisdifferenzen festzustellen. Ferner können sich Umweltauflagen wie z. B. die Ausweitung von Naturschutzgebieten langfristig in einem Absinken der Ertragswerte Bilanzvermögen landwirtschaftlicher Haupterwerbsbetriebe* Wirtschaftsjahr 2001/02 % Anlagevermögen 87,9 darunter: Boden 64,1 Wirtschaftsgebäude, bauliche Anlagen, Gewächshäuser 10,2 Tiervermögen 5,0 Umlaufvermögen 6,3 Rechnungsabgrenzung, Unterbilanz 0,8 Aktiva insgesamt 100,0 * Einzelunternehmen und Personengesellschaften Quelle: BMVEL Preisentwicklung bei Jungbullen, Schlachtkühen und Schweinen in Deutschland 3,0 2/kg Schlachtgewicht 2,5 2,0 1,5 1,0 Q4 2000 Jungbullen Schlachtkühe Schweine Quelle: BMVEL Q4 2001 Q4 2002

22 einzelner landwirtschaftlicher Flächen und Gebäude niederschlagen, sodass die Werthaltigkeit der Sicherheiten u. U. abnimmt. Preisspanne beim Handel mit Milchquoten 1,2 4/kg 0,9 0,6 0,3 0 07/01 10/01 04/02 07/02 10/02 Maximaler Gleichgewichtspreis Gewichteter Durchschnitt des Gleichgewichtspreises Minimaler Gleichgewichtspreis Konsequenzen von Basel II für die Landwirtschaft... Mit der Veröffentlichung der ersten Basel II-Vorschläge wurden Bedenken hinsichtlich einer Kreditverknappung für den Mittelstand laut. Sogar eine Kreditklemme wurde für möglich gehalten. In den nachfolgenden Konsultationsphasen von Basel II wurden diese Bedenken derart berücksichtigt, dass Kredite unter 1 Mio $ an kleine und mittlere Unternehmen nun ebenfalls dem Retailsegment mit den reduzierten Eigenkapitalanforderungen zugeordnet werden können. Schätzungen gehen davon aus, dass ca. 90 % der kleinen und mittleren Unternehmen die Bedingungen für eine Aufnahme in das Retailsegment erfüllen. Da landwirtschaftliche Kredite in der Regel unterhalb von 1 Mio $ liegen, haben sich die Befürchtungen der landwirtschaftlichen Unternehmen gegenüber den ursprünglichen Vorschlägen für Basel II nicht bestätigt. Denn landwirtschaftliche Kredite des Retailsegments erhalten im Standardansatz auch ohne externes Rating ein reduziertes Risikogewicht von 75 %, was eine deutliche Besserstellung gegenüber den Unternehmenskrediten außerhalb des Retailsegments die mit 100 % gewichtet werden und gegenüber der gegenwärtig gültigen Regelung bedeutet....hinsichtlich der Realkreditfähigkeit der landwirtschaftlichen Unternehmen,... Finanzierungen in der Landwirtschaft sind hinsichtlich der Eigenkapitalanforderungen seit Ende der 90er-Jahre anderen gewerblichen Wirtschaftsbereichen gleichgestellt. Bis dahin reichte es aus, die mit einer Grundschuld belasteten landwirtschaftlichen Kredite bis zu der Beleihungsgrenze mit nur 4 % Eigenkapital zu unterlegen. Diesen Finanzierungsvorteil des Realkredits hat die Landwirtschaft bereits im September 1998 eingebüßt. Grundpfandrechtlich gesicherte Unternehmenskredite in der Landwirtschaft müssen also demzufolge nicht erst seit Aufkommen der Diskussion um Basel II aufsichtsrechtlich mit 8 % Eigenkapital unterlegt werden. Derzeit untersucht das Bundesministerium der Finanzen in Zusammenarbeit mit dem Zentralen Kreditausschuss das Kreditausfallrisiko und die Bedeutung des landwirtschaftlichen Realkredits. Unter der Bedingung, dass den landwirtschaftlichen Realkrediten der Status risikoarm zugesprochen werden kann, wird das Bundesministerium der Finanzen für die Umsetzung von Basel II in europäisches

23 Recht im Brüsseler Verhandlungsprozess eine Vorzugsbehandlung dieser Kredite, unabhängig von der gewählten Risikomessung (Standardansatz oder IRB-Ansatz), vorschlagen. Ergebnisse werden jedoch frühestens im zweiten Quartal 2003 erwartet....der Art der Kreditrisikomessung... Unabhängig von der Diskussion um die Realkreditfähigkeit gilt jedoch mit Verabschiedung von Basel II der Grundsatz, dass mit zunehmender Komplexität der Risikomessansätze der Umfang der anrechnungsfähigen Sicherheiten steigt. So ermöglicht der fortgeschrittene IRB-Ansatz selbst bei höherer Ausfallwahrscheinlichkeit des Kredits eine niedrigere Eigenkapitalunterlegung und erkennt mehr Sicherheiten an als der Standardansatz und der Basis-IRB- Ansatz. Jedoch werden voraussichtlich auch beim Standard- und Basis- IRB-Ansatz finanzielle Sicherheiten wie Warenforderungen, Sachsicherheiten oder Lagerbestände als Sicherheiten berücksichtigt. Es bleibt abzuwarten, inwiefern Basel II die für die Landwirtschaft typischen physischen Sicherheiten wie Boden, Betriebsstätten und Stallbauten als werthaltig anerkennt. Jedoch erlaubt Basel II den Banken die Verwendung des fortgeschrittenen IRB-Ansatzes erst bei Vorlage eines qualifizierten Risikomanagementsystems und einer umfangreichen Datenhistorie der jeweiligen Forderungsklasse (Unternehmen, Banken, Staaten, Privatkunden, etc.). Ursprünglich sahen die Baseler Vorschläge vor, dass eine Bank für eine Forderungsklasse entweder nur den Standardansatz oder nur den IRB- Ansatz verwenden dürfe. Im Laufe der Konsultationen ist den Banken mit dem so genannten Partial use ein Wahlrecht zugebilligt worden. Dieses impliziert, dass bei Einsatz des IRB-Ansatzes für eine bestimmte Forderungskategorie dieser nicht für alle Forderungsklassen verwendet werden muss, sondern für andere Forderungsklassen während einer Übergangszeit ebenfalls der einfachere Standardansatz benutzt werden darf....und der Granularität... Damit Banken Eigenkapitalabschläge für Retailkredite beanspruchen können, darf neben den oben genannten Kriterien die Einzelkreditsumme 0,2 % des Gesamtretailportfolios der kreditgebenden Bank nicht überschreiten. Diese Vorschrift beinhaltet reichlich Diskussionsstoff, denn unter der Annahme, dass Kreditsummen von 1 Mio e nur noch von Banken mit einem Mindestretailportfolio von 5 Mrd e aus-

24 gelegt werden, könnten demzufolge nur noch weniger als 25 % der Sparkassen und Genossenschaftsbanken die Vorteile des Retailsegments nutzen. Selbst bei einer für die Landwirtschaft realistischeren Annahme einer Kredithöhe von 500 000 e müssten die Banken immerhin noch ein Retailportfolio in Höhe von 2,5 Mrd e aufweisen. Da die landwirtschaftlichen Kreditnehmer ihre Kredite hauptsächlich über häufig kleinere Genossenschaftsbanken und Sparkassen beziehen, dürften die Auswirkungen dieser Vorschrift auf das landwirtschaftliche Kreditgeschäft und das Ausmaß, mit dem die weniger restriktiven Regelungen des Retailsegments in diesem Bereich zur Anwendung kommen, erheblich sein. Diesem Sachverhalt widmet sich die dritte Auswirkungsstudie, die mögliche Beschränkungen des Granularitätskriteriums auf die Kreditvergabe kleinerer Banken untersucht. Experten erwarten aus wettbewerbsrechtlichen Gründen eine Ausnahmeregelung für kleinere Banken....sowie der langfristigen Kreditstruktur: In einer früheren Fassung sahen die Basel II-Vorschläge für langfristige Kredite Laufzeitzuschläge vor, um den laufzeitabhängigen Anstieg des Risikos zu kompensieren. Von dieser Regelung wäre insbesondere die Landwirtschaft betroffen, deren Kreditstruktur durch einen hohen Anteil langfristiger Kredite gekennzeichnet ist. Auf Grund der in der Konsultationsphase von deutscher Seite vorgebrachten Kritik kam aber ein Kompromiss dahingehend zu Stande, dass es den nationalen Aufsichtsbehörden selbst überlassen ist, Eigenkapitalzuschläge für längere Laufzeiten zu erheben oder eine einheitliche Durchschnittslaufzeit anzunehmen. In Deutschland werden Zuschläge nur für Unternehmen erhoben, die einen Jahresumsatz und eine Bilanzsumme von mindestens 500 Mio e erwirtschaften. Für die übrigen Unternehmen wird unabhängig von den tatsächlichen Kreditlaufzeiten eine einheitliche Laufzeitpauschale von 2,5 Jahren angesetzt. Somit bleibt der Langfristkredit im Agrarbereich in der Regel zuschlagsfrei und behält seine stabilisierende Funktion für die Finanzierung landwirtschaftlicher Betriebe. Neue Anforderungen für landwirtschaftliche Kreditnehmer: Für landwirtschaftliche Kreditnehmer erhöht die am jeweiligen Risikoprofil ausgerichtete Neuregelung der Eigenkapitalunterlegung von Kreditengagements durch Basel II in erster Linie die Notwendigkeit, die Geschäftsbeziehung zur Bank möglichst transparent zu gestalten. Im Zusammenhang mit dem Kreditantrag gilt es, ein zukunftsfähiges Finanz- und In-

25 vestitionskonzept aufzustellen, das die Bank überzeugt. Dies setzt die ausführliche Dokumentation der Betriebsdaten voraus. Letztere kann darüber hinaus zur Optimierung des Kapitaleinsatzes in den einzelnen Produktionsprozessen genutzt werden. Für die Kreditinstitute bedeutet Basel II eine intensivere Prüfung der Jahresabschlüsse, auch hinsichtlich des Einsatzes und der Zielsetzung bilanzpolitischer Gestaltungsmaßnahmen. Vorgesehen ist die Vorlage der letzten drei Jahresabschlüsse, um eventuelle Gewinnschwankungen mit in die Kalkulation einzubeziehen. Der Schuldner sollte dem Kreditinstitut eine umfassende Einsicht in die betrieblichen Unterlagen gewähren, die neben den vergangenheitsorientierten Informationen in Form von Bilanzkennzahlen, Eigenund Fremdkapitalstruktur, Finanz- und Ertragslage sowie Umsatzzahlen auch zukunftsbezogene Daten zur Unternehmensplanung enthalten. Im Zusammenhang mit der Unternehmensplanung ist beispielsweise auch die Nachfolgeregelung bzw. eine Regelung für den Ausfall des Betriebsleiters von Interesse. Hier gilt es, der Bank ein schlüssiges Nachfolgebzw. Notfallkonzept zu präsentieren. Grundsätzlich gilt für den Kreditnehmer während des Kreditbearbeitungsprozesses, die eigene Bonität zu signalisieren, um ein optimales Rating und damit optimale Kreditkonditionen zu erzielen. Dabei stehen den insgesamt höheren Dokumentations- und Jahresabschlusskosten möglicherweise dadurch erzielte günstigere Kreditzinsen gegenüber. Neben einer besseren Dokumentation der Betriebsdaten und einer transparenteren Gestaltung ihrer Geschäftsbeziehung zur Bank können Landwirte den Zugang zu Krediten bzw. die Höhe der Kreditkonditionen auch durch risikomindernde und bonitätssteigernde Geschäfte verbessern. Beispielhaft sei hier auf die Möglichkeit der Preisabsicherung durch Kontrakte an der Warenterminbörse hingewiesen. Außerdem wirkt der Abschluss von Ertragsschadenversicherungen und festen Lieferverträgen mit Abnahmegarantie bonitätssteigernd. Auch wenn bislang Auswertungsgespräche im Agrarkreditgeschäft nicht üblich waren, sollten sich die landwirtschaftlichen Kreditnehmer zukünftig über ihr jeweiliges internes Ratingergebnis, das von Bank zu Bank durchaus unterschiedlich ausfallen kann, informieren.

26 Zusammenfassung und Ausblick: Mit Basel II findet eine Abkehr von einer Kreditkalkulation gemäß standardisierter Adressenausfallrisikoklassen und einer pauschalen achtprozentigen Eigenkapitalunterlegung der Kredite zu Gunsten einer risikogerechteren Beurteilung mittels externer oder interner Ratingsysteme statt. Grundsätzlich gilt, dass Kreditnehmer mit guter Bonität niedrigere Kreditzinsen als Kreditnehmer mit schlechterer Bonität zahlen werden und eine Quersubventionierung vermieden wird. In den nächsten Jahren werden die internen Risikoklassifizierungssysteme wahrscheinlich weiter ausgebaut und zunehmend risikosensitiver. Eine stärkere Ausrichtung der Kreditvergabepolitik am jeweiligen mit einem Kreditengagement verbundenen Risiko wird sich deshalb allmählich durchsetzen. Es ist damit zu rechnen, dass entsprechende Auswirkungen von Basel II noch vor In-Kraft-Treten der neuen Eigenkapitalvorschriften eintreten werden. Für Anfang Mai 2003 werden die Ergebnisse des dritten Konsultationspapiers zu Basel II erwartet. Diese sollen Aufschluss über bislang nicht vollständig geklärte Sachverhalte geben, wie z. B. die Auswirkung des Granularitätskriteriums im Retailsegment und die Behandlung verschiedener Sicherungsinstrumente. Zum jetzigen Zeitpunkt zeichnet sich aber schon ab, dass für Retailkredite geringere Eigenkapitalanforderungen notwendig sein werden als nach den zurzeit geltenden Eigenkapitalvorschriften. Damit würden sich die Befürchtungen der kleinen und mittleren Unternehmen hinsichtlich einer Kreditverteuerung nicht bestätigen. Auch eine restriktivere Kreditvergabe der Banken erscheint nicht zwangsläufig als Folge von Basel II. Eine Untersuchung der Bundesbank über die Kreditvergabe der Banken im Jahr 2002 hat ergeben, dass die Zurückhaltung nicht angebotsseitig zu begründen war, sondern im Zusammenhang mit der schwachen Konjunktur und der daraus folgenden schwachen Kreditnachfrage entstanden ist. Basel II kann eine wichtige Hilfe sein, eine intensivere Geschäftsbeziehung zwischen Kreditgeber und -nehmer aufzubauen, von der durchaus beide Vertragspartner profitieren können. Mit der Neuregelung der Eigenkapitalanforderungen durch Basel II wird eine qualifizierte Unternehmensführung im Rahmen der Kreditwürdigkeitsprüfung wahrscheinlich ein wichtigeres Beurteilungskriterium werden. Dies erhöht die Chancen gut ausgebildeter landwirtschaftlicher Unternehmer, deren

27 Qualifikation im Rahmen der Kreditwürdigkeitsprüfung im Vergleich zur Ausstattung des Betriebes mit physischen Sicherheiten bisher eher eine nachgeordnete Bedeutung zukam. Dieser agrarspezifische Sachverhalt wird durch Basel II entschärft, denn zukünftig kann die berufliche Qualifikation des Betriebsleiters fehlende landwirtschaftliche Sachsicherheiten in gewissem Umfang kompensieren. Die Bedeutung von Basel II für das Agrarkreditgeschäft sollte jedoch auch nicht überschätzt werden. Die Hauptbestimmungsfaktoren für den Zugang zu Krediten und für die Kreditkonditionen werden auch nach Einführung der neuen Eigenkapitalvorschriften die jeweiligen Produktions- und Marktbedingungen sowie deren Veränderungen bleiben.

Hochwasser Extreme Niederschläge mit dem Vielfachen der üblichen Regenmenge verursachten im August 2002 in Sachsen und weiteren Bundesländern ein verheerendes Jahrhundert-Hochwasser mit Milliardenschäden, unter denen auch die Landwirtschaft bis heute leidet. Zur Überbrückung von akuten Liquiditätsengpässen unterstützte die Landwirtschaftliche Rentenbank betroffene Betriebe mit zinsgünstigen Darlehen im Rahmen ihrer Sonderkreditprogramme.

30 Wirtschaftliches Umfeld 2002 Zur Lage der Land- und Ernährungswirtschaft Landwirtschaft Beschleunigter Strukturwandel: Der Rückgang der Zahl der landwirtschaftlichen Betriebe hat sich im vergangenen Jahr beschleunigt. Laut Agrarbericht der Bundesregierung gab es im Jahr 2002 394 600 Betriebe mit einer Fläche von mehr als 2 ha landwirtschaftlich genutzter Fläche (LF), 17 200 Betriebe oder 4,2 % weniger als im Vorjahr. Die Wachstumsschwelle, das heißt, diejenige Betriebsgrößenklasse, ab der die Zahl der Betriebe zunimmt, liegt inzwischen bei 100 ha. Die durchschnittliche Betriebsgröße erreichte 2002 rund 43 ha (41,6). Der Anteil der Betriebe im Haupterwerb verringerte sich, Einkommenskombinationen haben dementsprechend weiter zugenommen. Rund 42 % der Einzelunternehmen wurden im Berichtszeitraum im Haupterwerb bewirtschaftet. Weiter rückläufig entwickelte sich auch die Zahl der haupt- und nebenberuflich in der Landwirtschaft tätigen Arbeitskräfte: Sie sank um 3,8 % auf rd. 1,27 Mio. Mit 64 % machen zwar nach wie vor die Familienarbeitskräfte den höchsten Anteil aus, allerdings bei ebenfalls rückläufiger Tendenz. Die relative Bedeutung von Lohnarbeitskräften nimmt also in der Landwirtschaft zu. Einschließlich der von der Landwirtschaft abhängigen vor- und nachgelagerten Wirtschaftsbereiche sind in Deutschland 11 % aller Erwerbstätigen mit der Herstellung, Verarbeitung oder Vermarktung von Lebensmitteln beschäftigt. Gewinn je Unternehmen in landwirtschaftlichen Haupterwerbsbetrieben 80 Tsd 2 60 40 20 0 Milch Gemischt Ackerbau Gartenbau Sonstiger Futterbau Weinbau Sonstige Veredlung Dauerkulturen 2000/2001 2001/2002 Quelle: BMVEL

31 Gewinnrückgang: Nach zwei Jahren der Gewinnverbesserung sind im Wirtschaftsjahr 2001/2002 die Gewinne der landwirtschaftlichen Haupterwerbsbetriebe um 6,6 % auf im Durchschnitt 33 593 e zurückgegangen. Der Gewinn umfasst das Entgelt für die nicht entlohnte Arbeit der landwirtschaftlichen Unternehmer und deren mitarbeitende, nicht entlohnte Familienangehörige, für das eingesetzte Eigenkapital sowie für die unternehmerische Leistung. Die Einkommen (Gewinn + Personalaufwand) je Arbeitskraft sind um 6,1 % auf durchschnittlich 21 763 e gesunken. Nach einem Rekordgewinn im vorangegangenen Wirtschaftsjahr mussten die Veredlungsbetriebe (1,7 % aller Betriebe) einen Gewinneinbruch um 32,9 % auf 48 468 e je Unternehmen hinnehmen. Trotz gestiegener Erzeugerpreise für Milch sanken auch die Gewinne der Milchviehbetriebe. Die mit einem Anteil von 30,3 % größte Teilgruppe der landwirtschaftlichen Betriebe erwirtschaftete auf Grund gestiegener betrieblicher Aufwendungen und niedrigerer Erlöse bei Rindfleisch im Durchschnitt 27 949 e, 4,6 % weniger als im Vorjahr. Die sonstigen Futterbaubetriebe, die vorwiegend auf die Rindfleischerzeugung spezialisiert sind, erreichten nur noch einen Gewinn von 20 278 e je Unternehmen. Die Ackerbaubetriebe (21,7 % der Betriebe) konnten auf Grund der sehr hohen Ernte des Jahres 2001 insgesamt den durchschnittlichen Gewinn um 9,6 % auf 45 336 e steigern. Auf Grund des hohen Anteils von Ackerbaubetrieben verbesserte sich die Gewinnsituation in den neuen Bundesländern mit Ausnahme von Mecklenburg-Vorpommern. Dagegen verzeichneten die Betriebe in fast allen Ländern des früheren Bundesgebiets negative Einkommensentwicklungen, ausgenommen Hessen und Saarland. Der Anteil der Betriebe, die Verlust auswiesen, verdoppelte sich von 4 % auf 8 %. Ökologischer Landbau: Die Zahl der ökologisch wirtschaftenden Betriebe ist im Jahr 2001/2002 um 15,4 % auf 14 702 Betriebe gestiegen. Im Berichtsjahr wurden 3,3 % der Betriebe und 3,7 % der Fläche ökologisch bewirtschaftet. Laut Agrarbericht liegt der durchschnittliche Gewinn der ökologisch wirtschaftenden Betriebe mit 33 422 e je Unternehmen nur noch leicht unter dem Niveau der konventionellen Betriebe. Ökologisch wirtschaftende Betriebe weisen im Vergleich zu konventionellen Betrieben einen größeren Arbeitskräfteeinsatz, einen deutlich geringeren Viehbesatz und deutlich niedrigere naturale Erträge auf. Die Anteil des ökologischen Landbaus an der gesamten Landwirtschaft 4 % 3 2 1 0 1997 1998 1999 2000 2001 Anteil an Betrieben insgesamt Anteil an landwirtschaftlich genutzten Flächen insgesamt Quelle: Statistisches Bundesamt, BMVEL