Themen dieser Ausgabe



Ähnliche Dokumente
BUNDESFINANZHOF. EStG 9 Abs. 1 Satz 1, 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1, 21 Abs. 2, 52 Abs. 21 Satz 2. Urteil vom 12. Oktober 2005 IX R 28/04

Newsletter Immobilienrecht Nr. 10 September 2012

Reisekosten-Reform (Teil 1)

BERNDT & GRESKA WIRTSCHAFTSPRÜFER STEUERBERATER

B.2. Containerveräußerung nach Ende der Mietzeit Abschluss des Kauf- und Verwaltungsvertrages und Mietbeginn ab dem

BUNDESFINANZHOF. EStG 24 Nr. 1 Buchst. a, 34 Abs. 2 Nr. 2. Urteil vom 13. August 2003 XI R 18/02

Die richtige Rechtsform im Handwerk

DNotI. Fax - Abfrage. GrEStG 1 Abs. 3 Anteilsvereinigung bei Treuhandverhältnissen. I. Sachverhalt:

Vereinsberatung: Steuern. Umsatzsteuer. Leitfaden

EStG 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c, Satz 2, 63 Abs. 1 Satz 2. Urteil vom 23. Februar 2006 III R 8/05, III R 46/05

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT BESCHLUSS

Übersicht Steuer-News Informationen für Immobilienbesitzer

zu 4.: Häufig gestellte Fragen: 1. Frage: Was heißt Übergang der Steuerschuldnerschaft?

beurteilen (Änderung der Rechtsprechung; Anschluss an die

Umkehr der Steuerschuldnerschaft nach 13b UStG - Umsetzung in die Praxis im Land Bremen

Paragraphenkette: AO (1977) 42, EStG 9 Abs. 1 S. 1, 21 Abs. 1 Nr. 1. Entscheidungsform: Datum:

Mietpreisbremse: Auswirkungen einer berechtigten Rüge Folgen für den Immobilienerwerb

Umsatzsteuerliche Behandlung des Sponsorings

Bayerisches Landesamt für Steuern 17 ESt-Kartei Datum: Karte 2.1 S /3 St32

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL. 6. Oktober 2010 Ermel, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle. in dem Rechtsstreit

STEUERLICHE BEHANDLUNG VON VEREINSFESTEN

Steuerliche Gestaltungsmöglichkeiten nutzen

Keine regelmäßige Arbeitsstätte bei vorübergehender Abordnung oder Versetzung

Befristung Inkrafttreten des TzBfG BeschFG Abs. 1; TzBfG 14 Abs. 2 Satz 1 und 2

Inhalt. Einführung in das Gesellschaftsrecht

Änderung des IFRS 2 Anteilsbasierte Vergütung

Im Namen des Volkes U R T E I L. In dem Rechtsstreit. gesonderter Feststellung der Steuerpflicht von Zinsen aus Kapitallebensversicherungen

Berufungsentscheidung

1. Absatz 7 wird wie folgt gefasst und danach werden folgende neue Absätze 8 bis 11 eingefügt:

Berufungsentscheidung

Copyright 1997 Kammer der Wirtschaftstreuhänder All rights reserved

ARBEITEN IM AUSLAND EST IM WEGZUGSJAHR

Als Werbungskosten sind Umzugskosten jedoch nur abziehbar, wenn sie auch tatsächlich betrieblich oder beruflich veranlasst sind.

Charakteristikum des Gutachtenstils: Es wird mit einer Frage begonnen, sodann werden die Voraussetzungen Schritt für Schritt aufgezeigt und erörtert.

Gründung Personengesellschaft

Inhalt. Basiswissen Gesellschaftsrecht. I. Grundlagen 7

Vorlesung Gesellschaftsrecht

Fall: (Obersatz zu den 5 W s )

Telearbeit - Geltungsbereich des BetrVG

Umsatzsteuer-Kartei OFD Frankfurt am Main

Tarifvertrag zur sozialen Absicherung (TVsA)

2. Eine vom Kind als Arbeitnehmer aufgesuchte arbeitgeberfremde Bildungseinrichtung stellt keine regelmäßige Arbeitsstätte dar.

Berufungsentscheidung

Steuervorteile nach 7 i EStG für Gebäude, die unter Denkmalschutz stehen. Hans-Joachim Beck IVD Bundesverband Leiter Abteilung Steuern

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS. vom. 25. September in dem Rechtsstreit

Rentenbesteuerung: Wen betrifft es?

Professor Dr. Peter Krebs

Vorab per . Oberste Finanzbehörden der Länder

Exkurs: Gewinnermittlung

GPA-Mitteilung Bau 5/2002

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS IX Z A 16/14. vom. 18. September in dem Rechtsstreit

Fall 3. Ausgangsfall:

Kleinunternehmerregelung in der Umsatzsteuer

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS. vom. 17. April in dem Rechtsstreit

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS. vom. 13. Juli in der Rechtsbeschwerdesache

Grant Thornton Hungary News. April 2014

Fachanwältin für Familienrecht. Mietverhältnis

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

BERNDT & GRESKA WIRTSCHAFTSPRÜFER STEUERBERATER

Mustervertrag für Forschungs- und Entwicklungsaufträge der Technischen Universität Clausthal. Vom 10. März 2004 (Mitt. TUC 2004, Seite 165)

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS. vom. 17. Oktober in der Patentnichtigkeitssache

Doppelbesteuerungsabkommen mit der Schweiz - Überblick

10 Bundesverkehrsministerium verstößt gegen haushaltsrechtliche Vorschriften und unterrichtet den Haushaltsausschuss unzutreffend

Haus und Grundstück im Erbrecht 7: Kündigung und Schönheitsreparaturen bei der Mietwohnung im Erbe

Versorgungsausgleich; Ausübung des Kapitalwahlrechts nach dem Ende der Ehezeit

4 Ta 53/09 Chemnitz, (4) Ca 1424/07 ArbG Zwickau BESCHLUSS. In dem Rechtsstreit

6. Fall Geschäftsführung ohne Auftrag???

EÜR contra Bilanzierung

Crashkurs Buchführung für Selbstständige

Umsatzsteuerrecht. Sommersemester 2012

Brandenburgisches Oberlandesgericht. Beschluss

2.1.1 Wer ist zur Bilanzierung verpflichtet?

M e r k b l a t t. Neues Verbrauchervertragsrecht 2014: Beispiele für Widerrufsbelehrungen

Jahresabschluss der Rechtsformen II

Wiederkehrende Bezüge bzw. Leistungen (Oberbegriff)

R.38 EStG Entn.

Geschäfts- und Firmenwert G 20. Entgeltlich erworbener Geschäfts- und Firmenwert

Insgesamt muß eine Rechnung damit folgende Bestandteile enthalten: 1. den Namen und die Anschrift des leistenden Unternehmers,

II. Zurechnungskriterien in der Rechtsprechung. III. Die bilanzrechtliche Behandlung von Mietereinbauten. 1. Mietereinbauten als Vermögensgegenstände

Lineargleichungssysteme: Additions-/ Subtraktionsverfahren

Lösungsstichworte zu den Handelsregister-Fällen. Zu Fall 1: Anspruch des K gegen V auf Lieferung des Safts ( 433 I BGB)

UStG Abs. 1 Buchst. a Richtlinie 77/388/EWG Art. 5 Abs. 8, Art. 6 Abs. 5 UStG Abs. 1 Nr. 1, 2 Abs. 1

BERECHNUNG DER FRIST ZUR STELLUNGNAHME DES BETRIEBSRATES BEI KÜNDIGUNG

Dirk Gurn Dipl. Betriebswirt Wirtschaftsprüfer und Steuerberater Landwirtschaftliche Buchstelle

Wichtiges Thema: Ihre private Rente und der viel zu wenig beachtete - Rentenfaktor

Nicht selten legen Kollegen während des Prozesses Ihr Mandat nieder. Dennoch bleiben sie einstweilen Zustellempfänger.

Bayerisches Landesamt für Steuern

Das neue Reisekostenrecht 2014

Anlage U. A. Antrag auf Abzug von Unterhaltsleistungen als Sonderausgaben. Geburtsdatum


ELTERNKAMMER HAMBURG. Beschluss Gebührenberechnung GBS

Finanzgericht München

LEITFADEN ZUR SCHÄTZUNG DER BEITRAGSNACHWEISE


VERWALTUNGSGERICHT TRIER

1. Wie kann ich eine Rückerstattung aus der Steuerkorrektur geltend machen?

Berufungsentscheidung

Berufungsentscheidung

Berufungsentscheidung

Transkript:

Themen dieser Ausgabe Übergangsgewinn beim Wechsel der Gewinnermittlung Grenzen eines Auskunftsersuchens an Dritte Begünstigte Abfindung bei Auszahlung in zwei Teilbeträgen Arbeitszimmer - Kein Abzug bei gemischt genutzten Räumen Bundesfinanzhof klärt Zweifelsfragen zur umsatzsteuerlichen Organschaft Zur Grundstücksübertragung als Geschäftsveräußerung im Ganzen Übergangsgewinn beim Wechsel der Gewinnermittlung BFH, Urteil v. 1.10.2015 - X R 32/13, BFH/NV 2016, S. 91 Hintergrund: Beim Wechsel von der Einnahmen- Überschussrechnung zur Bilanzierung kann ein sog. Übergangsgewinn entstehen, weil nunmehr z. B. Forderungen gewinnerhöhend aktiviert werden müssen. Die Finanzverwaltung lässt es zu, dass ein solcher Übergangsgewinn auf bis zu drei Jahre verteilt wird. Sachverhalt Der Kläger wechselte mit Wirkung zum 1.1.2007 von der Einnahmen-Überschussrechnung zur Bilanzierung. Hierdurch entstand ein Übergangsgewinn von ca. 90.000, den er auf die Jahre 2007 bis 2009 verteilen wollte. Das Finanzamt berücksichtigte daher im Steuerbescheid für 2007 einen anteiligen Übergangsgewinn in Höhe von 30.000. Im Rahmen seiner Einkommensteuererklärung für das Jahr 2008 machte der Kläger nunmehr geltend, dass zum 1.1.2007 tatsächlich ein Übergangsverlust entstanden sei. Daher könne im Jahr 2008 kein anteiliger Übergangsgewinn mehr angesetzt werden. Entscheidung: Der Bundesfinanzhof folgte dem nicht: Die Möglichkeit, einen Übergangsgewinn auf bis zu drei Jahre zu verteilen, stellt eine Billigkeitsregelung der Finanzverwaltung dar. Eigentlich müsste der Übergangsgewinn auf einen Schlag versteuert werden. Die Billigkeitsentscheidung des Finanzamts wird im Veranlagungszeitraum des Wechsels der Gewinnermittlungsart, d. h. im Bescheid für 2007, getroffen. Diese Entscheidung ist für die beiden Folgejahre bindend sowohl hinsichtlich der Entscheidung, dass eine Verteilung möglich ist, als auch hinsichtlich der Höhe des Übergangsgewinns. Der Kläger kann daher in seinen Steuererklärungen 2008 und 2009 nicht von dem für 2007 festgestellten Übergangsgewinn abweichen und einen niedrigeren Betrag geltend machen. Hinweis: Sofern der Unternehmer den Übergangsgewinn für zu hoch hält, muss er also den Bescheid des Jahres, in dem er die Gewinnermittlungsart ändert (im Streitfall 2007), anfechten. Wird dieser Bescheid dann zugunsten des Klägers geändert, sind auch die bereits für die beiden Folgejahre 2008 und 2009 ergangenen Bescheide zu ändern, weil sie hinsichtlich des Übergangsgewinns Folgebescheide des Bescheids für 2007 sind. Grenzen eines Auskunftsersuchens an Dritte BFH, Urteil v. 29.7.2015 - X R 4/14, DStR 2015, S. 2846 Hintergrund: Das Finanzamt darf an Dritte Auskunftsersuchen richten und diese zur Vorlage von Unterlagen auffordern. Auf diese Weise kann es sich z. B. an Geschäftspartner des Steuerpflichtigen wenden. Allerdings sollen Dritte nach dem Gesetz erst dann um Auskunft oder um Vorlage von Urkunden gebeten werden, wenn die Sachverhaltsaufklärung durch den Steuerpflichtigen nicht erfolgreich ist oder keinen Erfolg verspricht. Sachverhalt: Bei dem Kläger war im Rahmen einer Außenprüfung für die Jahre bis 2001 eine Provisionszahlung seines Vertragspartners A in Höhe von ca. 8.000 DM festgestellt worden. Es kam zu einer 1

Folgeprüfung für die Streitjahre 2002 bis 2004. Das Finanzamt stellte im Rahmen dieser Prüfung fest, dass der Kläger auch zu B Vertragsbeziehungen unterhalten hatte. Es richtete daher an B ein Auskunftsersuchen, ob B in den Jahren 2002 bis 2004 Provisionszahlungen an den Kläger geleistet habe. Das Finanzamt hatte den Kläger zuvor nicht um Auskunft gebeten. B teilte dem Finanzamt mit, dem Kläger keine Provision gezahlt zu haben. Der Kläger klagte gegen das an B gerichtete Auskunftsersuchen. Entscheidung: Der Bundesfinanzhof hielt das Auskunftsersuchen für rechtswidrig und gab der Klage statt: Das Finanzamt darf Auskunftsersuchen an den Steuerpflichtigen selbst oder an Dritte bei einem hinreichenden Anlass stellen, wenn die Auskunft aufgrund konkreter Umstände oder aufgrund allgemeiner Erfahrung zur Aufdeckung steuerlich relevanter Tatsachen führen könnte. Ermittlungen ins Blaue hinein sind jedoch nicht zulässig. An Dritte soll ein Auskunftsersuchen daher erst dann gerichtet werden, wenn die Sachverhaltsaufklärung durch den Steuerpflichtigen selbst nicht zum Ziel führt oder keinen Erfolg verspricht. Im Streitfall hätte das Finanzamt daher zunächst den Kläger fragen müssen, ob er in den Streitjahren Provisionszahlungen von B erhalten hat. Das Finanzamt hätte sich erst dann an B wenden dürfen, wenn der Kläger bei der Sachverhaltsaufklärung nicht mitgewirkt hätte oder offenkundig gewesen wäre, dass die Mitwirkung des Klägers erfolglos bleiben wird. Hinweis: Der Bundesfinanzhof schränkt damit Auskunftsersuchen gegenüber Dritten ein. Ein solches Auskunftsersuchen kann für den Betroffenen geschäftsschädigend sein, weil seine Vertragspartner den Eindruck gewinnen könnten, der Steuerpflichtige komme seinen steuerlichen Pflichten nicht nach. Das Urteil lässt sich auch auf Vorlageverlangen gegenüber Dritten übertragen, in denen das Finanzamt den Dritten zur Vorlage von Rechnungen/Verträgen auffordert. Für den Steuerpflichtigen hat das Urteil zur Folge, dass er bei künftigen Außenprüfungen nicht mehr befürchten muss, dass sich das Finanzamt sogleich an seine Geschäftspartner wendet, um Auskünfte oder Unterlagen zu erhalten. Begünstigte Abfindung bei Auszahlung in zwei Teilbeträgen BFH, Urteil v. 13.10.2015 - IX R 46/14, BFH/NV 2016, S. 133 Hintergrund: Außerordentliche Einkünfte werden mit einem günstigeren Steuersatz besteuert (sog. Tarifermäßigung), so dass die Progressionsbelastung, die durch die außerordentlichen Einkünfte entsteht, gemildert wird. Zu den außerordentlichen Einkünften gehören u. a. kündigungsbedingte Abfindungen. Sachverhalt: Das Arbeitsverhältnis des Klägers wurde im Jahr 2010 durch Aufhebungsvertrag beendet. Er erhielt eine Tarifabfindung in Höhe von 10.200, die ihm noch im Jahr 2010 ausgezahlt wurde, sowie eine betriebliche Abfindung in Höhe von 104.800, die ihm im Jahr 2011 ausgezahlt wurde (zusammen 115.000 ). Der Kläger machte für das Jahr 2011 eine entsprechende Tarifermäßigung für die betriebliche Abfindung von 104.800 geltend. Das Finanzamt erkannte die Tarifermäßigung nicht an, weil die Abfindung in zwei Teilbeträgen in den Jahren 2010 und 2011 ausgezahlt worden war. Entscheidung: Der Bundesfinanzhof gab der hiergegen gerichteten Klage statt: Die Auszahlung einer Abfindung in zwei verschiedenen Jahren führt grundsätzlich zur Versagung der Tarifermäßigung. Denn durch die Verteilung der Abfindung auf zwei verschiedene Jahre kommt es zu einer Progressionsmilderung, so dass eine weitere Progressionsmilderung durch die Tarifbegünstigung nicht erforderlich ist. Ausnahmsweise ist die Auszahlung einer Abfindung in Teilbeträgen aber unschädlich. Dies ist zum einen der Fall, wenn ein Teilbetrag der Abfindung aufgrund einer persönlichen Notlage des Arbeitnehmers vorab gezahlt werden muss. Zum anderen ist dies der Fall, wenn es sich bei den Teilzahlungen um eine Hauptleistung und um eine geringfügige Nebenleistung handelt. Im Streitfall war der im Jahr 2010 ausgezahlte Teilbetrag von 10.200 eine solche geringfügige Nebenleistung und daher steuerlich unschädlich. Denn der Teilbetrag betrug weniger als 10% der Hauptleistung. Hinzu kam, dass der Teilbetrag niedriger war als die für die Hauptleistung geltend gemachte Tarifbegünstigung in Höhe von 10.800. Hinweis: Die Tarifbegünstigung wird nur für das Jahr 2011 gewährt, in dem der Kläger die Hauptleistung in Höhe von 104.800 erhalten hatte. Für die Nebenleistung im Jahr 2010 wird keine Begünstigung eingeräumt. Arbeitszimmer - Kein Abzug bei gemischt genutzten Räumen BFH, Beschluss v. 27.7.2015 - GrS 1/14, DStR 2016, S. 210 Hintergrund: Die Grundsatzentscheidung des Großen Senats betrifft die durch das Jahressteuergesetz 1996 eingeführte Abzugsbeschränkung für häusliche Arbeitszimmer. In seiner heute geltenden Fassung sind Aufwendungen hierfür nur unter der Voraussetzung abziehbar, dass für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. Die Höhe der abziehbaren Aufwendungen ist dabei grundsätzlich auf 1.250 begrenzt; ein weiter gehender Abzug ist nur möglich, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen oder beruflichen Betätigung bildet. 2

Sachverhalt: In dem der Entscheidung des Großen Senats zugrunde liegenden Verfahren war streitig, ob Kosten für einen Wohnraum, der zu 60% zur Erzielung von Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung und zu 40% privat genutzt wird, anteilig als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abziehbar sind. Entscheidung: Der Große Senat hat einen anteiligen Abzug abgelehnt und begründet seine Entscheidung neben dem allgemeinen Wortverständnis damit, dass der Gesetzgeber ausweislich der Gesetzgebungsmotive ausdrücklich an den herkömmlichen Begriff des häuslichen Arbeitszimmers angeknüpft hat. Der Begriff des häuslichen Arbeitszimmers setzt aber seit jeher voraus, dass der Raum wie ein Büro eingerichtet ist und ausschließlich oder nahezu ausschließlich zur Erzielung von Einnahmen genutzt wird. Diese Auslegung dient nach Auffassung des Großen Senats dazu, den betrieblich/beruflichen und den privaten Bereich sachgerecht voneinander abzugrenzen, Gestaltungsmöglichkeiten zu unterbinden und den Verwaltungsvollzug zu erleichtern. Im Fall einer Aufteilung sind diese Ziele nicht zu erreichen, da sich der Umfang der jeweiligen Nutzung innerhalb der Wohnung des Steuerpflichtigen nicht objektiv überprüfen lässt. Der Bundesfinanzhof sieht insbesondere ein Nutzungszeitenbuch nicht als geeignete Grundlage für eine Aufteilung an, da die darin enthaltenen Angaben keinen über eine bloße Behauptung des Steuerpflichtigen hinausgehenden Beweiswert hätten. Ebenso mangelt es an Maßstäben für eine schätzungsweise Aufteilung der jeweiligen Nutzungszeiten. Eine sachgerechte Abgrenzung des betrieblichen/beruflichen Bereichs von der privaten Lebensführung wäre daher im Fall einer Aufteilung nicht gewährleistet. Hinweis: Die vom Bundesfinanzhof abgelehnte Aufteilung beim Arbeitszimmer steht nach seinen eigenen Angaben auch in Übereinstimmung mit dem Beschluss des Großen Senats zur Aufteilung der Aufwendungen für eine gemischt veranlasste Reise (BFH, Beschluss v. 21.9.2009 - GrS 1/06). Danach sind Reiseaufwendungen bei gemischt beruflich/betrieblichen und privat veranlassten Reisen nach Maßgabe der Zeitanteile der Reise aufteilbar. Dem kam hier keine Bedeutung zu, da die Abzugsbeschränkung für ein häusliches Arbeitszimmer eine allgemeinen Grundsätzen vorgehende Spezialregelung sei. Offenlassen konnte der Große Senat daher die Frage, ob es sich bei derartigen Aufwendungen mangels objektiv nachprüfbarer Kriterien dem Grunde nach überhaupt um anteilige Werbungskosten oder Betriebsausgaben handelt. Geklärt ist dagegen damit, dass Aufwendungen für eine sog. Arbeitsecke nicht abzugsfähig sind, da derartige Räume schon ihrer Art und ihrer Einrichtung nach erkennbar auch privaten Wohnzwecken dienen. Bundesfinanzhof klärt Zweifelsfragen zur umsatzsteuerlichen Organschaft BFH, Urteile v. 2.12.2015 - V R 25/13, DStR 2016, S. 219; V R 15/14, DStR 2016, S. 226 und V R 67/14, DStR 2016, S. 232 sowie Urteil v. 3.12.2015 - V R 36/13, DStR 2016, S. 236 Hintergrund: Die umsatzsteuerliche Organschaft führt zu einer umsatzsteuerlichen Zusammenfassung von herrschendem Organträger und abhängiger Organgesellschaft. Der Organträger ist allein für den gesamten Organkreis steuerpflichtig. Die Organschaft ist von großer Bedeutung für Unternehmensgruppen ohne Recht auf Vorsteuerabzug, wie etwa im Bank-, Versicherungs-, Krankenhaus- oder Pflegebereich. Aufgrund der Organschaft ist es den Unternehmen in diesen Bereichen möglich, untereinander Leistungen zu erbringen, die nicht steuerpflichtig sind und damit nicht zur Entstehung von Vorsteuerbeträgen führen, die wegen des fehlenden Rechts auf Vorsteuerabzug nicht abziehbar wären. Entscheidungen: Mit mehreren Urteilen hat der V. Senat des Bundesfinanzhofs nunmehr eine Reihe von Zweifelsfragen zur umsatzsteuerlichen Organschaft geklärt: Organschaft mit Tochterpersonengesellschaften: Bislang musste es sich bei der Organgesellschaft um eine juristische Person handeln. Entgegen bisheriger Rechtsprechung lässt der Bundesfinanzhof nunmehr unter bestimmten Voraussetzungen eine Organschaft auch mit Tochterpersonengesellschaften zu. Voraussetzung ist, dass Gesellschafter der Personengesellschaft nur der Organträger und andere vom Organträger finanziell beherrschte Gesellschaften sind (BFH, Urteil v. 2.12.2015 - V R 25/13). Die Einschränkung der Organschaft auf abhängige juristische Personen ist dem Grunde nach sachlich gerechtfertigt, weil nur so einfach und rechtssicher über die Beherrschungsvoraussetzungen der Organschaft entschieden werden kann. Bei der juristischen Person ist dies durch das dort geltende Mehrheitsprinzip und die rechtliche Ausgestaltung von Gesellschaftsgründung und Anteilsübertragung gewährleistet. Demgegenüber gilt bei Personengesellschaften grundsätzlich das Einstimmigkeitsprinzip. Zudem lassen sich Personengesellschaften im Grundsatz ohne Formzwang gründen, wobei Gesellschaftsanteile ebenso formfrei übertragen werden können. Nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs rechtfertigen diese Unterschiede aber nicht den Ausschluss auch von Tochterpersonengesellschaften, an denen nur der Organträger und andere von ihm finanziell beherrschte Gesellschaften beteiligt sind. Die Beherrschung kann dann nicht in Frage gestellt werden. Damit erweitert sich der Kreis der in die Organschaft einzubeziehenden Tochtergesellschaften. 3

Voraussetzungen der Organschaft: Der Bundesfinanzhof hält weiter daran fest, dass die Organschaft eine eigene Mehrheitsbeteiligung des Organträgers an der Tochtergesellschaft voraussetzt und dass zudem im Regelfall eine personelle Verflechtung über die Geschäftsführung der Tochtergesellschaft bestehen muss (BFH, Urteil v. 2.12.2015 - V R 15/14). Damit bleibt es beim Erfordernis einer Beherrschung der Tochtergesellschaft durch den Organträger. Der Bundesfinanzhof lehnt es ausdrücklich ab, die Organschaft aus Gründen des Unionsrechts auf lediglich eng miteinander verbundene Personen zu erweitern. Eine Organschaft zwischen Schwestergesellschaften bleibt damit weiterhin ausgeschlossen. Keine Organschaft mit Nichtunternehmern (Hoheitsträgern): Entgegen einer aus dem Unionsrecht abgeleiteten Sichtweise hält der Bundesfinanzhof daran fest, dass der Organträger Unternehmer sein muss. Eine juristische Person des öffentlichen Rechts, die nicht unternehmerisch tätig ist, kann daher die Vorteile der Organschaft durch eine Nichtbesteuerung der von den Tochtergesellschaften bezogenen Leistungen nicht in Anspruch nehmen (BFH, Urteil v. 2.12.2015 - V R 67/14). Bei der Organschaft handelt es sich um eine Vereinfachungsmaßnahme, die eine eigene Unternehmerstellung des Organträgers voraussetzt. Dies ist nach Ansicht des Bundesfinanzhofs zur Verhinderung missbräuchlicher Praktiken unionsrechtlich geboten. Mangels eigener Unternehmerstellung ist die juristische Person des öffentlichen Rechts nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt, wenn ihr z.b. Personal gestellt wird. Wäre die Bildung einer Organschaft auch ohne eigene Unternehmerstellung möglich, käme es zu einer Umgehung dieses Abzugsverbots. Auswirkungen auf Unternehmensübertragungen: Nach dem BFH-Urteil v. 3.12.2015 - V R 36/13 kann die Organschaft auch bei Unternehmensübertragungen von Bedeutung sein. Unternehmensübertragungen sind als sog. Geschäftsveräußerung im Ganzen nicht steuerbar. Dies setzt grundsätzlich die Übertragung auf einen Unternehmer voraus. Eine Aufspaltung des einheitlichen Unternehmens auf zwei Erwerber ist bei einer bloßen Übertragung von Einzelwirtschaftsgütern demgegenüber nicht begünstigt. Im Streitfall hatte ein Einzelunternehmer im Wege der Generationennachfolge sein Unternehmen auf zwei Personengesellschaften, eine Betriebs- und eine Besitzgesellschaft, übertragen. Gesellschafter waren der Einzelunternehmer und seine beiden Söhne. Nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs ist nur die Übertragung auf die Betriebsgesellschaft als Geschäftsveräußerung im Ganzen anzusehen, nicht aber auch die Übertragung auf die Besitzgesellschaft. Zwischen Betriebs- und Besitzgesellschaft lag auch keine Organschaft vor. Diese scheiterte insbesondere am Erfordernis einer eigenen Mehrheitsbeteiligung. Bei Annahme einer Organschaft wäre demgegenüber steuerrechtlich von einer Übertragung auf einen Erwerber auszugehen gewesen, so dass auch die zivilrechtliche Übertragung auf die Besitzgesellschaft als Geschäftsveräußerung im Ganzen nicht steuerbar gewesen wäre. Zur Grundstücksübertragung als Geschäftsveräußerung im Ganzen BFH, Urteil v. v. 25.11.2015 - V R 66/14, BeckRS 2016, 94151 Hintergrund: Eine Geschäftsveräußerung im Ganzen bewirkt unter anderem, dass Vorsteuer- Berichtigungszeiträume nicht unterbrochen, sondern vom Erwerber fortgeführt werden. Voraussetzung für die Geschäftsveräußerung ist, dass ein Unternehmen oder ein in der Gliederung eines Unternehmens gesondert geführter Betrieb im Ganzen entgeltlich oder unentgeltlich übereignet oder in eine Gesellschaft eingebracht wird. Sachverhalt: Die Klägerin wurde ursprünglich als Bauträgerin gegründet, wobei der Gesellschaftszweck nachträglich in Errichtung eigener Immobilien/ Geschäftsgebäude zur Vermietung und Verpachtung geändert wurde. Im Streitzeitraum 2004/2005 erwarb die Klägerin drei Grundstücke (C, F und H) in unterschiedlichem Zustand. Im Zusammenhang mit der Bebauung des C-Grundstücks wurden knapp 47.000 Vorsteuern geltend gemacht. In der Folge wurde das Grundstück 17 Monate lang (wohl) steuerpflichtig vermietet. Anschließend erfolgte die Veräußerung, welche die Vertragsparteien als Geschäftsveräußerung im Ganzen werteten. Eine (vorsorgliche) Option für den Fall, dass das Finanzamt eine Geschäftsveräußerung im Ganzen versagt, wurde nicht vereinbart. Nach einer Außenprüfung stellte das beklagte Finanzamt eine steuerfreie Veräußerung anstelle einer Geschäftsveräußerung im Ganzen fest. Daraufhin wurde eine Vorsteuerberichtigung vorgenommen. Entscheidung: Die Übertragung eines vermieteten oder verpachteten Grundstücks führt i.d.r. zu einer Geschäftsveräußerung im Ganzen, da der Erwerber durch den mit dem Grundstückserwerb verbundenen Eintritt in einen Miet- oder Pachtvertrag ein Vermietungs- oder Verpachtungsunternehmen übernimmt. Voraussetzung ist hierfür aber, dass der Erwerber aufgrund der Übertragung des vermieteten oder verpachteten Grundstücks eine bereits vom Lieferer des Grundstücks ausgeübte selbständige wirtschaftliche Tätigkeit fortführt. Hieran fehlt es, wenn der Lieferer des Grundstücks als Vermieter nicht nachhaltig tätig gewesen ist. Die für eine Geschäftsveräußerung erforderliche Nachhaltigkeit der Vermietung liegt bei einer Vermietung über insgesamt 17 Monate vor. Sie lässt sich auch nicht dadurch in Abrede stellen, dass der Vermieter für den Zeitraum nach Abschluss des Kaufvertrages als "Vermieter auf 4

Abruf" anzusehen sein könnte. Gegen die Annahme einer Teilgeschäftsveräußerung im Streitfall spricht auch nicht, dass die Klägerin das von ihr errichtete Gebäude an ihre Gesellschafter lieferte, die es als Teil eines zivilrechtlich einheitlich bebauten Grundstücks weiterlieferten. Denn die für die Geschäftsveräußerung im Ganzen notwendige Fortführung der Unternehmenstätigkeit muss bei einer mehrfachen Übertragung nur dem Grunde nach, nicht aber auch höchstpersönlich beim jeweiligen Erwerber vorliegen. Hinweis: Interessant ist das Urteil darüber hinaus insbesondere deshalb, weil Grundstückseigentümer in Miteigentum zwei (juristische) Personen waren, die als GbR (Klägerin) das Grundstück bebauten und vermieteten, bis es die Miteigentümer veräußerten. Der Bundesfinanzhof sah in der Bebauung des den GbR- Gesellschaftern gehörenden Grundstücks durch die GbR eine Lieferung des auf fremdem Grundstück errichteten Gebäudes, jedoch nicht sukzessive mit dem Fortschreiten der Bebauungsmaßnahme (Eigentumsübertragung), sondern erst mit dem Verlust der Verfügungsmacht im Zeitpunkt der Veräußerung des Grundstücks durch die Miteigentümer an einen Dritten. Der Bundesfinanzhof ließ offen, ob diese Lieferung unentgeltlich oder entgeltlich erfolgte und sah darin eine Geschäftsveräußerung der GbR an deren Gesellschafter als Miteigentümer. Dass diese nicht selbst in die abgeschlossenen Mietverträge eintraten, sondern der Grundstückskäufer, stand nach dem Verständnis des Bundesfinanzhof der Anerkennung der Geschäftsveräußerung im Ganzen nicht entgegen. BRL BOEGE ROHDE LUEBBEHUESEN Partnerschaft von Rechtsanwälten, Wirtschaftsprüfern, Steuerberatern mbb Jungfernstieg 30. D-20354 Hamburg. Tel.: +49 40 35006-0. Fax: +49 40 35006-133 Friedrichstraße 188. D-10117 Berlin. Tel.: +49 30 8092999-0. Fax: +49 30 8092999-33 Gellertstraße 6. D-30175 Hannover. Tel.: +49 511 543688-31. Fax: +49 511 543688-34 www.brl.de. info@brl.de Diese von BRL BOEGE ROHDE LUEBBEHUESEN herausgegebene Mandanteninformation enthält auszugsweise eine Auswahl an Gesetzesänderungen, Entscheidungen der Rechtsprechung und Auffassungen der Finanzverwaltung und ersetzt nicht die Beratung im Einzelfall. Für die Richtigkeit wird eine Haftung nicht übernommen. Für weitere Informationen wenden Sie sich bitte an BRL BOEGE ROHDE LUEBBEHUESEN, Partnerschaft von Rechtsanwälten, Wirtschaftsprüfern, Steuerberatern mbb. BRL BOEGE ROHDE LUEBBEHUESEN V.i.S.d.P. StB Nina Schütte, LL.M. - Jungfernstieg 30 - D-20354 Hamburg 5