2 Laufbahnalternativen im Rahmen der Fachlaufbahn



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Transkript:

Grundlagen und Forschungsstand In der Praxis und deshalb auch in den Beiträgen dieses Sammelbandes wird deutlich, dass die unter (2) aufgeführten Laufbahnsysteme nicht immer trennscharf entwickelt und eingeführt werden. Diese Laufbahnen stehen nicht isoliert nebeneinander, sondern eine Gesamtkonzeption ermöglicht und bedingt natürlich Wechsel zwischen diesen grundsätzlich verschiedenen Laufbahnstrukturen. Grenzen und Möglichkeiten sind jedoch auf den Einzelfall der betrieblichen Situation und des individuellen Potenzials abzustellen. Insgesamt ist festzuhalten, dass in der Praxis einer hohen Nachfrage nach Laufbahnentwicklung bisher tatsächlich nur ein knappes Angebot für Fachkräfte gegenübersteht. Allerdings kann dieses Angebot erheblich gesteigert werden, wenn die Formen der Fachlaufbahn unter Personalentwicklungsgesichtspunkten strategisch ausgebaut werden. Unternehmen können dadurch verhindern, dass hoch qualifizierte, erfahrene Mitarbeiter frustriert das Unternehmen verlassen, weil sie keine Chancen auf einen Aufstieg in der Führungs-/Managementlaufbahn sehen, und auf diese Weise dem Unternehmen wertvolles Wissen verloren geht. Außerdem wollen viele karriereorientierte Mitarbeiter eher fachlich fundiert arbeiten, anstatt in die Managementlaufbahn gezwungen zu werden. 2 Laufbahnalternativen im Rahmen der Fachlaufbahn Experten, Spezialisten, Wissensarbeiter haben dezidierte Vorstellungen davon, wie sie ihre Karrieren nicht gestalten wollen. Sie lehnen Kontrollen in der Aufgabenausführung ab und beklagen unnötige bürokratische Organisationsstrukturen, die sie behindern. Individuell sehr unterschiedliche Vorstellungen, was die eigene Karriere ist oder sein sollte, erschweren eine pauschale Eingruppierung aller Experten in vorgefertigte Konzepte (Günzel 2009). Deshalb sind Laufbahnalternativen mit individuell zugeschnittenen Bausteinen zielgruppenorientierte Ansatzpunkte. Natürlich kann es in Großunternehmen nicht nur maßgeschneiderte Individualprogramme geben, das ist nicht umsetzbar. Aber der Trend geht eindeutig hin zu mehr Individualisierung und zu Baukastensystemen, die individuellen Präferenzen und unterschiedlichen (Lebens-)Karrierekonzepten Rechnung tragen (Kels 2009). Die angesprochenen Fachlaufbahnalternativen werden im Folgenden vom Grundsatz her genauer erläutert. Wie sich daraus konkrete Umsetzungsmöglichkeiten für die Unternehmenspraxis entwickeln, zeigen die anschließenden Praxisbeiträge von Unternehmen, die Fachlaufbahnen eingeführt haben. 18

Fachlaufbahnen Zukunftsweisende Laufbahnkonzepte 2.1 Spezialisten-/Expertenlaufbahn Eine Spezialistenlaufbahn ist ein neben der traditionellen Führungshierarchie (Führungs-/Managementlaufbahn) existierendes hierarchisches Positionsgefüge für hoch qualifizierte Fachspezialisten. Sie sieht Rangstufen parallel zu verschiedenen Leitungsebenen der Führungslaufbahn mit spezifischen Bezeichnungen und Anreizen vor. Charakteristisch für Positionen in der Spezialistenlaufbahn sind ein hoher Anteil an reinen Fach- und keine (bzw. nur ein sehr geringer Umfang an) Personalführungs- und Verwaltungsaufgaben. Synonym für eine Spezialistenlaufbahn werden oft Bezeichnungen wie Parallel-, Professional- oder Duallaufbahn bzw. -hierarchie gebraucht. Oberstes Ziel einer Spezialistenlaufbahn ist die Förderung, Erhaltung und Belohnung besonderer fachlicher Leistungen in wichtigen Wissensbereichen. Sie soll für Spezialisten ein transparentes System von zusätzlichen Aufstiegsmöglichkeiten schaffen, wobei der Aufstieg in dieser Hierarchie primär auf nachgewiesener fachlicher Kompetenz beruht und nicht mit einem Zuwachs an (Personal-) Managementaufgaben einhergehen soll. Durch diese Spezialistenlaufbahn kann mittelbar die Fluktuation demotivierter Spezialisten verringert werden. Dies ist umso wichtiger, als öfter nachgewiesen wurde, dass sich Experten als überqualifiziert empfinden und dies auch von ihren Vorgesetzten bestätigt wird. Spezialistenlaufbahnen sind grundsätzlich für alle Unternehmensbereiche geeignet, in denen in großem Umfang Fachspezialisten tätig sind. Als Beispiele sind zu nennen: Forschung und Entwicklung, IT-Bereich, Personal-/Bildungsbereich, Marketing, Planungs-/Strategiebereich, Rechtsabteilungen. Damit eine Spezialistenlaufbahn in der Praxis zu einem effizienten Personalentwicklungs- und Motivationsinstrument wird, ist eine Reihe von Aspekten zu beachten: das Design der Spezialistenlaufbahn selbst, die Vorgehensweise bei der Einführung der Spezialistenlaufbahn, die Nutzung und Pflege der Spezialistenlaufbahn im Zeitablauf. 2.1.1 Design der Spezialistenlaufbahn Der strukturelle Entwurf einer Spezialistenlaufbahn wird zweckmäßigerweise einer Arbeitsgruppe übertragen, in der anerkannte Spezialisten, hochrangige Manager aus den relevanten Fachabteilungen und Vertreter der Personal- und Organisationsabteilung zusammenarbeiten. Zu den Aufgaben dieser Arbeitsgruppe zählen: Festlegung der verschiedenen sachlich begründeten, klar unterscheidbaren Rangstufen der Spezialistenlaufbahn. Dabei ist grundsätzlich zwischen einer relativen und einer absoluten Spezialistenlaufbahn zu unterscheiden (Abb. 3). 19

Grundlagen und Forschungsstand Erstellung von Beschreibungen für typische Positionen auf den einzelnen Stufen der Spezialistenlaufbahn. Als Beschäftigungskriterien kommen dabei unter anderem der Anteil und die Komplexität fachlicher Spezialaufgaben, Personalführungsverantwortung, Unterstellungsverhältnisse und Reporting- Beziehungen sowie die Bedeutung für den Unternehmenserfolg in Betracht. Bestimmungen der Gehaltsbandbreiten sowie sonstiger Anreiz/Statussymbole (beispielsweise Freiräume bei der individuellen Arbeitszeitgestaltung oder Büroausstattung) für alle Rangstufen der Spezialistenlaufbahn, und zwar dergestalt, dass sie den entsprechenden Stufen der Managementlaufbahn wirklich gleichwertig sind. Definition der Eingangsvoraussetzungen/Auswahl- und Leistungsbeurteilungskriterien für jede Stufe der Spezialistenlaufbahn. Festlegung des Auswahl- und Ernennungsverfahrens (z. B. Initiativrechte, Entscheidungsträger). Hier hat sich die Einrichtung eines besonderen Auswahlgremiums bewährt, dem auch angesehene Spezialisten angehören. Relative Fachlaufbahn-Hierarchie Absolute Fachlaufbahn-Hierarchie Rangstufe Leitungsebene Spezialistenhierarchie Rangstufe Leitungsebene Spezialistenhierarchie 1. Direktor Wissenschaftlicher Berater 1. Direktor Höherer fachwissenschaftlicher Berater 2. Bereichsleiter 2. Bereichsleiter Fachwissenschaftlicher Berater 3. Abteilungsleiter Wissenschaftlicher Experte 3. Abteilungsleiter Wissenschaftlicher Experte 4. Gruppenleiter 4. Gruppenleiter Fachwissenschaftler 5. Mitarbeiter 5. Mitarbeiter Wissenschaftlicher Assistent Abb. 3: Die relative und die absolute Spezialistenlaufbahn (Beispiel) 2.1.2 Einführung der Spezialistenlaufbahn Die Akzeptanz einer Spezialistenlaufbahn bei den betroffenen Mitarbeitern kann durch eine Einführungsstrategie positiv beeinflusst werden. Eine solche Strategie beinhaltet nach Abschluss der Designphase eine Informationsphase, in der Spezialistenlaufbahnziele, -struktur und -auswahlprozeduren auch durch das Topmanagement bekannt gemacht werden. Parallel hierzu sollten Vertreter des Personalwesens gemeinsam mit Ressortvertretern Positionsanalysen vornehmen, um die konkrete Einordnung von Stellen in die Spezialistenlaufbahn 20

Fachlaufbahnen Zukunftsweisende Laufbahnkonzepte festzulegen. In einer ergänzenden personenbezogenen Betrachtung ist wieder zu untersuchen, inwieweit derzeitige Positionsinhaber die Voraussetzungen für einen weiteren Einsatz in eine bestimmte Spezialistenlaufbahnebene erfüllen. Die förmliche Ernennung der Bewerber, die die positionsbezogenen Anforderungen erfüllen, sollte zumindest auf den oberen Ebenen der Spezialistenlaufbahn durch die Geschäftsleitung selbst erfolgen und auch in geeigneter Form sichtbar gemacht werden (Organigrammänderung, Rundbrief etc.). Hierbei kann eine Anpassung der Positionsausstattung und Vertragsgestaltung notwendig werden. Um den exklusiven Charakter und damit den Anreizwert von Positionen der Spezialistenlaufbahn hervorzuheben und zu sichern, sollten Ernennungen eher vorsichtig gehandhabt werden. 2.1.3 Nutzung der Spezialistenlaufbahn Langfristig wird eine Spezialistenlaufbahn als alternative Laufbahnstruktur die an einer Karriere als Spezialist interessierten Mitarbeiter am ehesten motivieren, wenn die positiven Erfahrungen anderer Unternehmen beachtet und die negativen Erfahrungen im eigenen Unternehmen vermieden werden. Abbildung 4 enthält hierzu eine Gegenüberstellung. Besonders ist hier hervorzuheben: Die Ernennung muss sich streng an der fachlichen Leistung orientieren. Das heißt, Spezialistenlaufbahnpositionen dürfen keinesfalls als Abstellgleis für erfolglose oder freigesetzte Manager missbraucht werden. Positive Erfahrungen Förderung von notwendigem Spezialwissen Wirksame Anreiz- und Belohnungsfunktion Zusätzliche Aufstiegschancen Kein Zwang, Spezialisten in Führungspositionen zu befördern Sinnvolle Aufgabentrennung zwischen Personalführungs-, Verwaltungs- und Fachaufgaben Möglichkeiten zur Berücksichtigung unterschiedlicher individueller Zielvorstellungen Flexible Entgeltfindung Negative Erfahrungen Zu wenig vernetztes Denken und Handeln Sinkende Einsatzflexibilität bei zu einseitiger Spezialisierung Sackgasse/Einbahnstraße/ Altersruhesitz/Treuebonus Schwierigkeiten bei der Beurteilung für eventuelle Beförderungen Verschärfung des Konkurrenzkampfes zwischen den Mitarbeitern Personalführungsprobleme Ungeeignetes Beurteilungs- und Personalentwicklungssystem Abb. 4: Positive und negative Erfahrungen mit Fachlaufbahnen 21

Grundlagen und Forschungsstand Die materielle sowie immaterielle Ausstattung einer Spezialistenlaufbahnposition muss einen gleich hohen Stellenwert haben wie die einer vergleichbaren traditionellen Managementlaufbahn. Die Einordnung der jeweiligen Spezialistenposition in das Hierarchiesystem muss für den Positionsinhaber und für das gesamte Unternehmen transparent und nachvollziehbar sein. Dies setzt auch eine analoge, evtl. gemeinsame Veröffentlichung mit dem Organigramm voraus. Das personalwirtschaftliche Instrumentarium (z. B. Personalauswahlsysteme, Positions-/Funktions-/Stellenbeschreibungen, Beurteilungen, Mitarbeitergespräche, Entgelt- und Beteiligungssysteme, Personalentwicklung) ist analog zur Führungslaufbahn ebenso für die Spezialistenlaufbahn zu konzipieren und einzusetzen. 2.2 Projektlaufbahn Viele Unternehmensbereiche weisen ganz oder teilweise projektorientierte Organisationsstrukturen auf. In Ergänzung zum bestehenden, hierarchisch aufgebauten Organisationsgefüge wird zunehmend projektbezogen und teamorientiert, sowohl bereichsintern wie bereichsübergreifend, gearbeitet. Die Forderungen nach größerer Flexibilität bei der Zusammenarbeit und nach flacheren Hierarchien tragen dazu bei. In Abbildung 5 sind beispielhaft wichtige Projektformen und die damit verbundenen Laufbahnentwicklungsmöglichkeiten aufgeführt. Projektlaufbahn Projektform Kurzbeschreibung Laufbahnentwicklung (Beispiele) Traditionelle Projekte Task Force Eine bestimmte Anzahl von Team-Mitgliedern, die sich aus für die Projektaufgaben bedeutsamen Unternehmensbereichen rekrutieren, arbeiten auf Zeit an einer Problemstellung. Einer bestimmten Anzahl von Mitarbeitern wird die Aufgabe gestellt, mit höchster Priorität innerhalb einer bestimmten Zeit eine Idee bzw. eine Vorgabe unter wirtschaftlichen, juristischen, technischen usw. Gesichtspunkten zu analysieren, Vorschläge zu präzisieren und deren Umsetzung zu forcieren. Team-Mitglied Projektleiter (kleinere Projekte) Projektleiter (komplexere Projekte) Team-Mitglied Projektleiter (kleinere Projekte) Projektleiter (komplexere Projekte) 22

Fach- und Führungslaufbahnen in der Automobilindustrie Das Laufbahnmodell der AUDI AG Susanne Cohrs Personalentwicklung bei der AUDI AG ist ein Prozess über das gesamte Berufsleben von der Berufsausbildung bis zum Ruhestand. Es besteht seit mehreren Jahren ein durchgängiges System der Personalentwicklung mit jährlichen Mitarbeitergesprächen zur Leistungsbeurteilung, Potenzialeinschätzung sowie zur Qualifizierungs- bzw. gezielten Entwicklungsplanung. Die Identifizierung und Förderung von Potenzialkandidaten erfolgt im Mehraugenprinzip mithilfe sogenannter vergleichender Durchsprachen innerhalb des jeweiligen Fachbereichs unter der Federführung des Personalwesens. Hierbei setzt man auf breite Zustimmung als Voraussetzung für den Einsatz in unterschiedlichen Organisationseinheiten eines Fachbereichs. 1 Gesamtüberblick: Das aktuelle Laufbahnsystem Grundsätzlich wird bei Audi zwischen Fach- und Führungslaufbahnen unterschieden, abhängig davon, ob jemand ausschließlich eine fachliche Aufgabenverantwortung oder disziplinarische Führungsverantwortung anstrebt. Da fachliche Expertise in einem technologiegetriebenen Unternehmen wie Audi stets hohe Bedeutung hat, ist diese bis heute auch eine wichtige Grundlage für die Weiterentwicklung. In der Regel basiert der erste Entwicklungsschritt in der beruflichen Laufbahn nach der Ausbildung und dem Eintritt ins Unternehmen auf fachlichen Kompetenzen und ist gekennzeichnet von der Aufgabenerweiterung innerhalb der Tätigkeit. Die Stufen einer Fachkarriere können in mehreren, aufeinander aufbauenden Fachfunktionen bis hin zum Fachreferenten oder sogar in den außertariflichen Bereich (AT) führen. Parallel dazu verläuft die Führungslaufbahn. Die Laufbahnen sind seit 2004 durchlässig und auf allen Laufbahnstufen gleichwertig, d. h. ein Wechsel ist möglich, sofern die Voraussetzungen für die Übernahme einer Führungsverantwortung (erfolgreiche AC-Teilnahme und Qualifizierung) erfüllt werden. Am Ende der tariflichen Entwicklung steht eine Entweder-oder-Entscheidung: Entwicklung in den außertariflichen Bereich oder in Richtung Management (der Unterschied wird später genauer erläutert). Die Entwicklung ins Management setzt auch in der Fachlaufbahn die erfolgreiche Teilnahme an einem speziellen Fach-Assessment-Center (AC) und damit die erforderlichen Managementkompetenzen voraus. Dasselbe gilt für die 63

Best Practices und Erfahrungsberichte aus den Unternehmen Führungslaufbahn ins Management: Hier wird die Eignung im Führungs-AC geprüft. Während ein Leiter einer Organisationseinheit Verantwortung für die Mitarbeiter und Aufgaben trägt, bringen geschäftsbereichsübergreifend anerkannte und gefragte Experten ein strategisch unternehmensrelevantes bzw. innovatives Fachgebiet voran. Projektarbeit kennzeichnet beide Entwicklungswege, die grundsätzlich parallel bis ins Topmanagement führen können. Ein Wechsel in beide Richtungen bleibt möglich, wenn die erforderlichen Kompetenzen vorliegen. Fach TMK Führung OMK OMK Management Fachreferent/AT AT MK MK AT Leiter/AT AC AC Fachreferent Leiter/Tarif AC Tarif Referent AC Fachfunktionen z.b. Sachbearbeiter, Planer, Einkäufer, Facharbeiter Erste betriebliche Führungsebene Abb. 1: Die Fach- und die Führungslaufbahn bei Audi sind gleichwertig und durchlässig Im Folgenden sollen die jeweiligen Stufen der Fachlaufbahn näher betrachtet werden. Dabei wird die Führungslaufbahn zum Vergleich herangezogen, weil dies zum Verständnis des Gesamtzusammenhangs beiträgt. 64

Fach- und Führungslaufbahnen in der Automobilindustrie 2 Fachlaufbahn und Kompetenzentwicklung im Tarif Zur gezielten Kompetenzentwicklung werden die Anforderungen der jeweiligen Tätigkeiten in vier Kompetenzfeldern fachliche, soziale, individuelle und unternehmerische Kompetenzen beschrieben. Je nach Tätigkeit nehmen dabei die fachlichen Kompetenzen bis zu 80 Prozent des Umfangs ein. Dies ist in einem technologiegetriebenen Unternehmen zugleich Notwendigkeit und Anspruch, denn die fachlichen Kompetenzen sind hier Basis für Innovation und Wettbewerbsfähigkeit. Mindestens 20 Prozent der Kompetenzen jedoch sollten überfachlich sein. Eine besondere Herausforderung ist es, jene strategisch relevanten Fachkompetenzen zu beschreiben, die in drei bis fünf Jahren erforderlich sein werden und einer vorausschauenden Qualifizierung bedürfen. Die Anforderungen bzw. Kompetenzen sind tätigkeitsbezogen mit Soll-Ausprägungen hinterlegt. Einmal jährlich im Mitarbeitergespräch vergleichen Führungskräfte und Mitarbeiter die persönlichen Kompetenzen mit dem Soll-Profil und legen gemeinsam den Qualifizierungsbedarf und geeignete Entwicklungsmaßnahmen fest. Dies können Seminare oder auch geeignete On-the-job-Maßnahmen sein, wie z. B. eine Hospitation in einer benachbarten Organisationseinheit oder eine Job Rotation. Ausgesprochene Know-how-Träger können als unternehmensinterne Referenten ihr Fachwissen tätigkeits- und praxisnah in kurzen Lerneinheiten weitervermitteln. Diese Aufgabe ist zugleich Job Enrichment und lässt sich im Rahmen der Fachlaufbahn künftig noch zum integralen PE-Baustein ausbauen. Zur gezielten Weiterentwicklung von Mitarbeitern innerhalb des Tarifs und um Mitarbeitern attraktive Entwicklungsperspektiven auf ausgewählte strategisch relevante Fach- und Führungsfunktionen aufzuzeigen startete 2006 das Projekt Entwicklungswege im Tarif. Für Schlüsselfunktionen werden erforderliche Voraussetzungen an die Qualifikation beschrieben und die nötigen Entwicklungsstationen festgelegt. Es entstehen konkrete Laufbahnen, die jedoch nicht starr festgeschrieben sind, sondern variable Tätigkeiten enthalten. Im Zusammenhang ergibt sich für jeden Bereich eine sogenannte Entwicklungslandkarte, die Führungskräfte dazu nutzen können, Mitarbeitern Entwicklungsmöglichkeiten transparent zu machen. Wie Abbildung 2 zeigt, steht dabei häufig die Fachlaufbahn im Tarif (hellgrau) im Vordergrund. Aktuelle Kennzahlen zeigen, dass bisher doppelt so viele Mitarbeiter in der Fachlaufbahn gefördert werden. Hier ergibt sich der Nachbesetzungsbedarf eben nicht nur aus altersbedingter Fluktuation, sondern auch durch den Zuwachs an Aufgaben und Tätigkeiten. In der Führungslaufbahn ist die Vakanz einer konkreten tariflichen Führungsfunktion Voraussetzung für die Stellenbesetzung. Orientiert am Nachbesetzungsbedarf der nächsten drei bis vier Jahre werden die besten Mitarbeiter identifiziert und je nach bereits vorhandener Erfahrung in einen drei- bis fünfjährigen Entwicklungskreis aufgenommen, in dem 65

Best Practices und Erfahrungsberichte aus den Unternehmen Startfunktionen Entwicklungsfunktionen Fertigungsfachkraft Gruppensprecher Entwicklungs- oder Zielfunktionen Zielfunktionen Automobilmechaniker Mechatroniker Frontloader AC Erste betriebl. Führungsebene (Meister) AC Leiter Tarif oder AT Produktprüfer Industriemechaniker Lackierer KVP Moderator Analyse AC AC Führung Lackspritzer Logistikfachkraft Fertigungsverfahrenbetreuer Feinblechner Lernstationsbeauftragter Co-Trainer Technischer Sachbearbeiter Planer Fachreferent Fach Kraftfahrzeug elektroniker Spezialfunktion Referent Trainingscenter Führungslaufbahn Industrieelektroniker Produktprüfer Serienplaner Fachlaufbahn Abb. 2: Entwicklungslandkarte (Tarif) am Beispiel Montage A3 sie Schritt für Schritt die für die Zielfunktion erforderlichen Tätigkeiten bzw. Entwicklungsstationen ausfüllen und sich damit zielgerichtet auf die Übernahme der neuen, in der Regel höherwertigen Aufgabe vorbereiten. Damit ist die tarifliche Fachlaufbahn ebenso systematisiert wie die Führungslaufbahn, und beide sind in die zugrundeliegenden jährlichen Personalentwicklungsprozesse integriert. 3 Außertarifliche Entwicklung als Alternative zur Managementlaufbahn Bis 2007 stellte die Managementlaufbahn die einzige Entwicklungsperspektive für Mitarbeiter im obersten Tarifbereich dar. Eine über das tarifliche Entgeltsystem hinausgehende marktgerechte außertarifliche Vergütung exzellenter Fachleute sollte jedoch auch neben dem Management gewährleistet werden. Daher wurde eine alternative außertarifliche Entwicklungsperspektive geschaffen, die über dem Tarif und neben dem Management angesiedelt ist, um ungewollte Fluktuation von herausragenden Fachexperten zu vermeiden. 66

Fach- und Führungslaufbahnen in der Automobilindustrie Zielgruppe sind Mitarbeiter, die grundsätzlich nicht für die Managementlaufbahn vorgesehen sind, aber insbesondere aufgrund ihrer besonderen Erfahrung, Kompetenz und Leistung sowie der Bedeutung ihrer Aufgabe für das Unternehmen dem Management vergleichbar vergütet und an das Unternehmen gebunden werden sollen. Der AT-Kreis bietet sowohl Fachreferenten als auch Leitern attraktive Entwicklungsperspektiven. Er wurde so bemessen, dass die besten 20 Prozent der tariflichen Leiter und Fachreferenten weiterentwickelt werden können. Dabei gilt jedoch bewusst nicht das Senioritätsprinzip. Durch eine gestufte Einführung über mehrere Jahre wird gewährleistet, dass der AT-Kreis nachhaltig zur Arbeitgeberattraktivität beiträgt. Die Auswahl der AT-Mitarbeiter findet im Rahmen der jährlichen Personalentwicklungsrunde unter Berücksichtigung der Anforderungen statt. Die folgende Abbildung 3 zeigt zugleich die darüber hinausreichenden Anforderungen an Manager mit Fachaufgaben, auf die im nächsten Teil detaillierter eingegangen wird. Die Attraktivität der außertariflichen Fachlaufbahn ist in hohem Maß davon abhängig, wie sehr das Entgeltsystem dem Management gleichwertig ist. Für die Grundlegende Anforderungen abgeschlossenes Hochschulstudium oder vergleichbare Berufsbiografie langjährige Berufserfahrung 8 Jahre geschäftsbereichsübergreifend anerkannter und gefragter Experte in einem strategisch unternehmensrelevanten/innovativen Fachgebiet und daher mit hohem Marktwert fundierte, tiefe, prozessübergreifende Fachkenntnisse auf neuestem Stand seines Fachgebiets hat bereits richtungsweisende, kundenorientierte und marktgerechte Lösungen für neuartige Problemstellungen entwickelt Fachreferenten außer Tarif langjährige Berufserfahrung 10 Jahre hat bereits umfangreiche Aufgabenverantwortung mit Handlungsspielraum wahrgenommen repräsentiert die Unternehmensexpertise in Entscheidungsgremien nach innen sowie nach außen Manager mit Fachaufgaben verantwortet die strategische Weiterentwicklung seiner Fachthemen im Geschäftsbereich hat weitreichende Entscheidungskompetenz für das verantwortete Aufgabenfeld prozessübergreifende Schnittstellenfunktion mind. innerhalb des Geschäftsbereichs steuert ggf. externe Kapazitäten/Lieferanten vernetzt Fachfunktionen im Unternehmen/Konzern und gibt sein Know-how aktiv weiter erstellt erforderliche Richtlinien und entwickelt Vorgehensweisen, implementiert diese und sorgt für unternehmensweite Nachhaltigkeit Abb. 3: Die Anforderungen an Fachreferenten AT und Manager mit Fachaufgaben unterscheiden sich 67

Best Practices und Erfahrungsberichte aus den Unternehmen 2 Geschichte der Fachlaufbahn Die Fachlaufbahn hat bei Bosch eine lange Tradition: Bereits 1972 wurde die Möglichkeit geschaffen, auf allen Ebenen auch in Fachfunktionen tätig zu sein und beruflich aufzusteigen. Die damals für den außertariflichen Bereich eingeführten und auch heute in der deutschen Version noch verwendeten Funktionsbezeichnungen lauten: Fachreferent, Referent, Hauptreferent und Direktionsberater. Die vertraglichen Regelungen, Einkommensbandbreiten und Nebenleistungen sind seitdem für Mitarbeiter in Fach- und Führungsfunktionen auf den jeweiligen Ebenen identisch. Aufgrund der zunehmenden Arbeit in Projekten wurde 1997 als dritte Säule die Projektlaufbahn eingerichtet (siehe Abb. 1). Projektlaufbahn Führungslaufbahn Fachlaufbahn SL 5 SL 4 Direktionsberater Geschäftsleitungen Projektleiter SL 3 SL 2 Leitungen Bereichsleiter Projektleiter Abteilungsleiter Hauptreferent Referent SL 1 Fachreferent Gruppenleiter Projektleiter Abb. 1: Laufbahnmodell (1997) Im Tarifbereich in Deutschland sind mit Ausnahme der Meister- und einiger Teamleiterfunktionen (überwiegend fachliche, keine disziplinarische Führung) die meisten Mitarbeiter in Fachaufgaben tätig. Der außertarifliche Bereich ist weltweit in drei Ebenen (Führungskreise: OFK, MFK, UFK) und fünf Vergütungsgruppen (Salary Levels 1 5) gegliedert und umfasst in Deutschland etwa 10.000 Mitarbeiter (weltweit ca. 18.000). Der Anteil der Fachstellen beträgt in Deutschland 52 Prozent in SL 1, 24 Prozent in SL 2, 14 Prozent in SL 3 und wenige Funktionen in SL 4 (siehe Abb. 2). Hierbei handelt es sich aber nur zum geringeren Teil um echte Fachstellen mit längerfristigen Besetzungen (vgl. Kapitel 3), sondern überwiegend um Fachfunktionen, auf denen auch temporär Mitarbeiter eingesetzt sein können, die sich in der Führungslaufbahn (Linie oder Projekt) befinden. 74

Karrieremöglichkeiten für Experten Abb. 2: Global Management Level Eine zentrale Vorgabe für die Anzahl der Fachstellen (im Verhältnis zu Linienpositionen) gibt es nicht, dies ist eine Entscheidung der jeweiligen Geschäftseinheiten unter Bedarfs- und Kostengesichtspunkten. Der Anteil der Frauen liegt bei Fachstellen etwa auf der gleichen Höhe wie bei Führungspositionen, die insgesamt niedrige Quote hängt mit der geringeren Absolventinnenquote in technischen Disziplinen zusammen, aus denen sich insgesamt die Mehrheit unserer Neueinstellungen rekrutiert. Außerhalb Deutschlands sind Fachfunktionen hauptsächlich auf der Ebene SL 1 vorhanden; SL 2-Fachstellen finden sich nur in den großen Entwicklungszentren sowie den Landeszentralen. 3 Fachstellen und Fachlaufbahn: eine wichtige Unterscheidung Fachstellen sind Positionen im außertariflichen Bereich (SL 1 5), denen keine Mitarbeiter (disziplinarisch) zugeordnet sind; fachliche Führung von bis zu fünf Mitarbeitern kann im Einzelfall vorkommen. Bei Bosch wird unterschieden zwischen Fachstellen, die zum Aufbau und zur Sicherung von unternehmensrelevantem Know-how eine langfristige Besetzung mit derselben Person erfordern ( echte Fachstellen ) und solchen, auf denen (wie auch bei Führungspositionen) geplante Wechsel stattfinden. Diese auf den ersten Blick spitzfindig anmutende Differenzierung ist für Personalplanung und Mitarbeiterentwicklung bedeutsam (siehe Abb. 3). 75

Best Practices und Erfahrungsberichte aus den Unternehmen Entwicklung im gleichen Bereich (z. B. R&D, IT, Legal, Tax) Dauerhafte Besetzung mit derselben Person Vertiefung der fachlichen Expertise Know-how schwer ersetzbar Wechsel in andere Bereiche, Querversetzung (z. B. CTR, PER, MFG) Temporär, keine Dauerbesetzung erforderlich Verbreiterung der Erfahrung, Überblick Kein Spezialwissen erforderlich Abb. 3: Unterschied Fachlaufbahn/Fachaufgabe Echte Fachstellen mit Entwicklungsmöglichkeiten nach SL 2 und SL 3 finden sich grundsätzlich in allen Funktionsbereichen, mit Schwerpunkt in Forschung und Entwicklung sowie zentralen Geschäftsbereichs- und Konzernfunktionen (z. B. Controlling, Steuern, Recht, Marketing). Bei den übrigen Fachstellen, die ab SL 2 aufwärts die Mehrheit bilden, stehen die Nutzung von im operativen Geschäft erworbenen Erfahrungen und die Vorbereitung auf Führungsfunktionen in der Linie oder in Projekten im Vordergrund. Der Personalaustausch zwischen Stab und Linie (bzw. Geschäftsbereich und Zentrale) hat bei Bosch aufgrund der sehr hohen internen Besetzungsquote (mehr als 90 Prozent aller Führungsfunktionen ab SL 2) eine große Bedeutung, da die erforderliche Erfahrungsbreite für Führungsaufgaben im mittleren/oberen Management im Weiteren durch Rotationen im Konzern erworben wird. Für die echten Fachlaufbahn-Stellen werden Mitarbeiter berücksichtigt, deren Eignung und Neigung für fachliche Aufgaben höher ist als ihr Potenzial für die Wahrnehmung von Führungsaufgaben. Wenn ein Mitarbeiter z. B. Führungsaufgaben als Gruppenleiter (SL 1) in Projekt oder Linie bewältigen könnte, als Experte jedoch für eine Fachaufgabe in SL 2 geeignet erscheint, würde die Entwicklung in der Fachlaufbahn empfohlen werden (vgl. Abb. 4). Wenn jedoch das Potenzial und das Interesse für Führungsaufgaben mindestens gleich oder höher sind, wird der Mitarbeiter dem Entwicklungspfad Führungslaufbahn zugeordnet. Hintergrund ist, dass ab der Ebene SL 2 (Abteilungsleiter) 76

Karrieremöglichkeiten für Experten Nobelpreis CEO Fach- und Führungspotenzial sind kein Widerspruch Viele (erfolgreiche) Führungskräfte hätten auch exzellente Fachleute werden bzw. bleiben können Kandidaten für die Fachlaufbahn: Mitarbeiter, deren Potenzial (und Neigung) für Fachaufgaben deutlich höher ist als für Führungsaufgaben (in Linie oder Projekt) Abb. 4: Fach- und Führungspotenzial die Anzahl und damit der Bedarf an Mitarbeitern für Führungspositionen deutlich überwiegt und weiterführende Karrieren möglich sind. Auch diese Mitarbeiter werden im Laufe ihrer Karriere durchaus temporär (auch mehrmals) Fachstellen wahrnehmen, ohne dadurch der Fachlaufbahn zugeordnet zu werden. So absolvieren fast alle Kandidaten für den oberen Führungskreis (SL 4-, zumindest aber SL 5-Potenzial) eine Fachstation in einer zentralen Aufgabe, z. B. in der Unternehmensplanung, im zentralen Controlling, in der Fertigungs- und Qualitätskoordination. Auch die Personalchefs der 14 Geschäftsbereiche haben zuvor meist eine Fachaufgabe im Zentralbereich Personal durchlaufen. Dies dient zum einen dem notwendigen beidseitigen Austausch und der Vernetzung zwischen Zentrale und Geschäftsbereichen, zum anderen auch dem Test der Kandidaten im Hinblick auf höherwertige Verwendungen. Maßgeblich für die Entscheidung zwischen Fach- und Führungslaufbahn ist also eine Prognose über die Potenzialhöhe für beide Laufbahnen, die im Rahmen der entsprechenden Personalprozesse getroffen wird (vgl. Kapitel 4.4). 77

Best Practices und Erfahrungsberichte aus den Unternehmen 4 Einführung und Gestaltung der Fachlaufbahn In den letzten drei Jahren wurde deutlich (u. a. bei den jährlich durchgeführten Mitarbeiterbefragungen), dass die Entwicklungsmöglichkeiten in der Fachlaufbahn insbesondere im technischen Bereich nicht mehr die Erwartungen der Mitarbeiter erfüllten, die mit diesem Konzept verbunden waren. Entsprechende Auswertungen haben ergeben, dass ab SL2 der Anteil der Fachstellen in kaufmännischen Funktionsbereichen größer ist als in technischen Funktionen, obwohl die Mitarbeiter mit technischem Hintergrund bei Bosch in der Mehrheit sind (ca. zwei Drittel). Aus dieser Situation heraus wurde ein Projekt gestartet, das sich inhaltlich mit dem Titel Revitalisierung der Fachlaufbahn im technischen Bereich umschreiben lässt. Die folgenden Abschnitte beschäftigen sich hauptsächlich mit den sogenannten echten Fachstellen, die Aussagen können jedoch auch auf die übrigen Fach- 1 Einführung der Fachlaufbahn 2 Festlegung von Fachstellen 3 Definition der Rollen Fachstellen auf allen Ebenen mit voller vertraglicher Gleichstellung sind möglich (HR Policy). Personalabteilungen können über Laufbahnoptionen beraten. Vorgesetzte und Mitarbeiter sind über die Möglichkeiten ausreichend informiert. Ausgehend vom strategischen Bedarf sind entsprechende Stellen auf den jeweiligen Ebenen definiert. Stellenbewertung und Einstufung sind nach den im Unternehmen geltenden Regeln vorgenommen worden. Die Bewertung der Fachstellen ist bereichsübergreifend grundsätzlich vergleichbar. Aufgaben und Verantwortlichkeiten sowie die sich daraus ergebenden Anforderungen sind beschrieben. Die Rollen sind in den entsprechenden Prozessen im Unternehmen verankert. Die Rollen und Rolleninhaber sind in der Organisation bekannt. 4 Kompetenz- und Potenzialbewertung 5 Gezielte Förderung 6 Sicherstellung der ( gefühlten ) Gleichwertigkeit Die fachlichen Kompetenzen (Kenntnisse, Fähigkeiten, Erfahrung) der Mitarbeiter sind ermittelt und dokumentiert (Kompetenzmanagement). Überfachliche Kompetenzen werden in einem transparenten Prozess bewertet. Eignung und Neigung für die Laufbahntypen werden diskutiert und im Konsens vereinbart. Entwicklung und Förderung erfolgen laufbahnspezifisch und zielgerichtet. Für Fach und Projektlaufbahn existieren auf die jeweiligen Anforderungen zugeschnittene Entwicklungsmaßnahmen. Mitarbeiter im Förderkreis nehmen ebenenspezifisch an laufbahnübergreifenden Veranstaltungen teil. Einbeziehung in Verteiler, Informationsrunden, Führungskräftemeetings Dienstbezeichnungen auf Visitenkarten, Titel Büroausstattung Einfahrgenehmigung, Parkplatz Bericht über erfolgreiche Expertenkarrieren (role models) Budget für Weiterbildung Berichtsweg, Vortragsrecht Wettbewerbsvereinbarung Abb. 5: Vorgehensweise 78

Über dieses Buch Die Auseinandersetzung mit dem Problem des Fachkräftemangels beschäftigt mittlerweile Unternehmen aller Branchen in Deutschland. Die gerade durchlebte Finanzkrise wurde erstmals nicht mit der Freisetzung großer Mitarbeitergruppen beantwortet, da die Unternehmen noch aus der letzten Krise (Platzen der Internetblase 2001) schmerzhaft die darauf folgenden Rekrutierungsprobleme gerade im Fachkräftebereich in Erinnerung hatten. Schon jetzt können jährlich bis zu 100.000 Fachkräftepositionen nicht besetzt werden. Daraus ergeben sich alleine in Deutschland Umsatzeinbußen durch nicht zu realisierende Aufträge in Milliardenhöhe. Im War for Talent wappnen sich deshalb insbesondere die Technologieführer aller Branchen mit ausgefeilten Personalkonzepten, um die benötigten Fachkräfte und Experten zu gewinnen und fast noch wichtiger langfristig zu halten. In diesem Zusammenhang ist das Thema Fachlaufbahn aktueller denn je. Bereits 1994 diskutierten wir die Thematik erstmals branchenübergreifend in einem Sammelband Fachlaufbahn (Domsch/Siemers 1994) und trugen wesentlich zu der vielfältigen Einführung von Fachlaufbahnkonzepten in deutschen Unternehmen bei. Heute Jahrzehnte später ist der Einsatz von Fachlaufbahnen als attraktive Karrierealternative erneut und erweitert hochaktuell: Wissensarbeiter einer Wissensgesellschaft erwarten innovative Karriere- und Führungskonzepte, die an die sich rasant ändernden Arbeitsbedingungen angepasst sind. Führung entwickelt neue Wertigkeiten und Ausprägungsformen. Eine Führungskarriere im alten Führungsverständnis wird immer seltener. Die Führungskraft von heute ist ein kommunikativer Moderator mit komplexen Koordinationsaufgaben für unterschiedlich zusammengesetzte Mitarbeiterteams. Die zunehmende Individualisierung der Mitarbeiter verlangt nach Karrierekonzepten, die fragmentierten und hochkomplexen Karriereverläufen Rechnung tragen. Karrieren werden heute in globalisierten Netzwerken entworfen und verfolgt. Besonders in den MINT-Berufsbereichen sind neue Laufbahnsysteme zu entwickeln, um dem knappen Potenzial attraktive Entwicklungsmöglichkeiten bieten zu können. Auch für Frauen kann das Konzept der Fachlaufbahn eine attraktive Alternative zur Managementlaufbahn bieten, da Untersuchungen belegen, dass gerade Frauen häufig sehr fachspezifisch orientiert arbeiten.

Über dieses Buch Fachlaufbahnen werden deshalb zunehmend nicht mehr als Karrierealternative zweiter Wahl für diejenigen Mitarbeiter, die nicht führen können oder wollen, betrachtet. Sie gelten jetzt als attraktive Best-Practice-Lösung für hochgeschätzte und erfahrene Wissensträger mit Einzigartigkeitsstatus, sogenannte Fach-Solitäre. Die Umsetzung von Fachlaufbahnkonzepten ist in der Praxis auch heute noch nach oder gerade wegen einer teilweise jahrzehntelangen (Weiter-)Entwicklung sehr heterogen. Nahezu jedes Unternehmen entwickelt seine eigenen Ausprägungsfacetten, Ausgestaltungen und Ablaufprozesse. Auch deshalb bleibt die Beschäftigung mit dieser Thematik spannend, und die vorliegenden Beiträge dieses Sammelbandes bieten einen abwechslungsreichen Überblick über die verschiedensten Ansätze und Reifegrade. Einige Unternehmen haben bereits vor Jahrzehnten Fachlaufbahnen eingeführt andere erst vor Kurzem. Alle geben offen und detailliert Einblicke in ihre betrieblichen Strukturen und Kulturen. Hierfür möchten wir uns bei allen Autoren herzlich bedanken, denn genau dieses Insiderwissen macht diesen Sammelband so wertvoll für interessierte Praktiker und sicherlich auch für den wissenschaftlichen Nachwuchs. In unserem einführenden Beitrag stellen wir das Grundmodell und die Formen von Fachlaufbahnen vor. Wesentlich für uns war, neben den offensichtlichen Vorteilen auch eventuell damit verbundene Risiken aufzuzeigen. Dass das Thema Fachlaufbahn in den deutschen Unternehmen aller Branchen und Größenklassen angekommen ist, zeigt die empirische Untersuchung der Klaus Lurse Personal + Management AG sowie Baumgartner & Partner. Fast die Hälfte der teilnehmenden Unternehmen hat Fachlaufbahnen eingeführt und weitere 41 Prozent planen eine Einführung. Nur 11 Prozent haben sich gegen Fachlaufbahnen entschieden. Der Beitrag von Walter Sauermann bildet eine fundierte Literaturanalyse der deutschsprachigen und angloamerikanischen Publikationen der letzten Jahrzehnte. Mit ihr kann sich der interessierte Leser einen detaillierten Überblick über die in der Literatur behandelten Facetten des Themas Fachkarrieren bzw. Fachlaufbahnen verschaffen. Das Fach- und Führungslaufbahnmodell der Audi AG ist durchlässig in allen Ebenen bis hin zum Topmanagement. Die Eignung für beide Laufbahnmodelle wird durch spezielle Assessment-Center geprüft. Es gilt bewusst nicht das Senioritätsprinzip, um auch jüngeren Leistungsträgern eine rasche Entwicklung zu ermöglichen. Neben den traditionellen Managementstrukturstellen können maximal 1 Prozent Fachstrukturstellen und 10 Prozent Projektmanagementstellen eingerichtet werden.

Über dieses Buch Um die erreichte Technologieführerschaft in den jeweiligen Märkten zu sichern und auszubauen, implementierte Bosch schon 192 die Fachlaufbahn, um den herausragenden Stellenwert der fachlichen Kompetenz der Mitarbeiter zu würdigen. 199 wurde dann als dritte Säule die Projektlaufbahn eingerichtet. Bosch unterscheidet zwischen echten und unechten Fachstellen. Echte Fachstellen dienen dem Aufbau und der Sicherung von unternehmensrelevantem Knowhow, gekoppelt mit einer langfristigen Besetzung der Stelle. Bei unechten Fachstellen finden (wie auch bei Führungspositionen) geplante Wechsel statt. Bei Dräger wird im Rahmen des Projektes evolve Talentmanagement mit einem Karrierekonzept aus Verantwortungsebenen und Karrierepfaden verbunden und weltweit eingesetzt. Führungs-, Projekt- und Spezialistenkarriere sollen gleichwertig nebeneinanderstehen. Talente werden auf jährlichen Talentkonferenzen identifiziert und einem Talentpool zugeführt. Hierbei werden bewusst keine Quoten oder Obergrenzen festgelegt. E.ON Energie mit weltweit über 45.000 Mitarbeitern sieht sich vor die Herausforderung gestellt, zunehmend länderübergreifende Aufgaben mit hohen technischen Anforderungen bewältigen zu müssen. Um für diese Geschäftsfelder qualifizierte Mitarbeiter entwickeln zu können, wurde 2010 eine neue Projektleiterlaufbahn implementiert, die neben den etablierten Führungs- und Expertenlaufbahnen positioniert wurde. Projekte mit Projektvolumina von mehreren 100 Mio. Euro, internationale Einsätze und lange Laufzeiten bedingen spezifische Projektmanagementkompetenzen, die entwickelt und gepflegt werden müssen. Sowohl technische Vertriebsexperten, R&D-Experten als auch Projektleiter werden bei Knorr Bremse in der Fachlaufbahn berücksichtigt. Für jede Fachlaufbahnstufe gibt es bis zu fünf Arten von Weiterbildungsmaßnahmen: Schulungen aus den Bereichen Kommunikation, Initiative, Innovatives Denken und Agieren, Qualitätsbewusstsein und Teamkompetenz. Hierbei werden neben dem unabdingbaren Fachwissen bewusst auch die Soft Skills der Mitarbeiter geschult. Der Artikel von Linde Gas liest sich wie ein spannender Erlebnisbericht. Hintergrund der Implementation einer Fachlaufbahn war zunächst der stetige Verlust von technischen Mitarbeitern in der Instandhaltung (Technischer Service). Dort arbeiteten etwa 150 Mitarbeiter an drei Standorten in Deutschland. Das aus dieser Problematik entwickelte und implementierte Fachlaufbahnkonzept konnte dann im weiteren Verlauf erfolgreich für die ca. 2.500 Mitarbeiter von Linde Gas Deutschland erweitert und eingesetzt werden. Phoenix Contact als einer der weltweit erfolgreichsten Anbieter industrieller Elektro- und Verbindungstechnik versucht mit dem Fach- und Projektlaufbahnkonzept insbesondere High Potentials für das Unternehmen zu begeistern und zu halten. Daneben existiert auch noch eine zweite Karrieremöglichkeit als Führungslaufbahn zum Stellvertreter.

Über dieses Buch Die Geschäftsfelder der Salzgitter Flachstahl GmbH (Betreiben von Hochöfen eingebunden in integrierte Hüttenwerke) sind so speziell und erfordern eine so einzigartige Expertise, dass diese auf dem Weltmarkt so gut wie nicht zu rekrutieren ist. Eine nachhaltige Anlagenbetreuung und der langfristige Aufbau von Erfahrungswissen mit diesen Anlagen machen die Fachspezialisten dann so gut wie unersetzbar. Aus diesem Grunde dient die Fachlaufbahn als Garant für eine systematische Qualifikation des Nachwuchses. Das High-Tech-Unternehmen Carl Zeiss hat das Ziel, als innovativstes Unternehmen in seinen jeweiligen Geschäftsfeldern angesehen zu werden. In vielen Gebieten arbeitet das Unternehmen an der Grenze des technisch Machbaren. Dafür sind Spitzenkräfte in der Forschung und Entwicklung vonnöten. Um den internen Spezialisten attraktive Arbeitsbedingungen zu bieten, wurde 200 die Fachlaufbahn eingeführt. Sie ist dreistufig wie die Managementlaufbahn und das System ist zwischen beiden Laufbahnmodellen durchlässig. Ein spezielles IT-Laufbahnmodell i-drive wurde von Credit Suisse eingeführt. Es gilt für die weltweit mehr als 100.000 IT-Mitarbeiter des Unternehmens. Hintergrund war, dass die Laufbahnorientierung an traditionellen Banklaufbahnkonzepten für die IT-Mitarbeiter nicht zielführend war. Mit der Einführung des i-drive-modells konnte den besonderen Erfordernissen und Bedürfnissen dieser Mitarbeitergruppe entsprochen werden. Auch Unternehmensberatungen setzen sich mit dem Thema Fachlaufbahn auseinander. Mercuri Urval erläutert anschaulich, dass Beratung Fachlaufbahn ist und welche Besonderheiten das Fachlaufbahnkonzept im Beratungsumfeld aufweisen muss. Wertschöpfung erfolgt fast ausschließlich beim Kunden, die Berater werden von qualifizierten Support-Kräften unterstützt. Hierarchien gibt es kaum, jeder Berater ist Fach- und Projektexperte. Der Aufstieg erfolgt in sieben Stufen umsatzorientiert vom Associate Consultant, Consultant, Management Consultant, Senior Consultant, Director, Senior Director bis zum Executive Director. Die Schwäbisch Hall AG kann auf über 20 Jahre Erfahrungen mit Fachlaufbahnen zurückblicken: für die weltweit mehr als 14.000 Mitarbeiter ein attraktives Karriereangebot. Es werden flächendeckend Management-Audits durchgeführt, in denen die einzelnen Kompetenzen in einem Kompetenzrat mit sieben Kompetenzfeldern erhoben werden. Auch für Finanzdienstleistungsunternehmen wie die VPV Versicherungen sind Fachlaufbahnen ein wichtiges Karrierekonzept, um für die dringend benötigten Fachspezialisten (Mathematiker, IT-Spezialisten etc.) attraktiv zu sein. Die mangelnde Greifbarkeit der Produkte und das zum Teil kritische Image der im Außendienst Beschäftigten erschweren die Rekrutierung gerade junger Talente. Mitarbeiter, die sich um eine Fachlaufbahnposition bewerben, erhalten die Aufgabe der Ausarbeitung eines Fachkonzeptes, welches dann vor dem direkten und dem nächsthöheren Vorgesetzten präsentiert werden muss.

Über dieses Buch Die Welt der Fachlaufbahnen ist also bunt und voller Gestaltungschancen. Wir wünschen der Praxis viele Anregungen zur eigenen Gestaltung oder Weiterentwicklung. Wir danken Herrn Sauermann für die sorgfältige administrative Betreuung sowie dem Verlag für das Interesse an der Veröffentlichung und die Aufnahme in das Publikationsprogramm. Michel E. Domsch und Désirée H. Ladwig Hamburg, im Herbst 2010 9