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Boolesche Algebra. Hans Joachim Oberle. Vorlesung an der TUHH im Wintersemester 2006/07 Montags, 9:45-11:15 Uhr, 14täglich TUHH, DE 22, Audimax 2

Transkript:

Teil 7: Argumentieren und Begründen 1 Grundregel: Spezifisch argumentieren Wissenschaftliches Arbeiten Nie mehr zeigen, als nötig oder gefragt ist. Sonst wird das Argument angreifbar und umständlich. Schwammige allgemeine Thesen und Passagen ohne Argument streichen. Typ von Argument Weiß ich, welchen Typ von Argument ich verwende? Logisches Argument (z.b. interne Widersprüche einer Position zeigen) Plausibilitätsargument (z.b. einen Fall suchen, in dem eine angegriffene Position unplausibel ist) Begriffsanalyse (z.b. fragen, wie wir Verantwortung üblicherweise verwenden) Auslegung (z.b. fragen, was Hobbes mit reason im Ggs. zu prudence meint) Kritik (z.b. argumentieren, dass die Unterscheidung zwischen reason und prudence keinen Sinn macht) Umgang mit anderen Positionen Ist klar, gegen welche These des Gegners ich argumentieren will? Ist klar, welches mein Argument ist und welches ein Argument des Gegners ist? Ist klar, wann ich die Position eines Autors referiere und wann ich meine eigene Position darstelle? Indirekte Rede/Konjunktiv verwenden! Ableitungen Habe ich explizit gemacht, welche Prämissen ich verwende? Hat mein Argument die richtige Stärke? (Falsch wäre zum Beispiel nur wenn P dann Q statt P gdw. Q zu zeigen) Habe ich notwendige und hinreichende Bedingungen auseinander gehalten? 1 Nach einem früheren Handout von Michael von Grundherr. 1

Modalitäten Ist mir klar, ob ich dafür argumentiere, dass etwas notwendig, möglich oder tatsächlich der Fall ist? Ziehe ich aus Beispielen den richtigen Schluss? Gegenbeispiele zeigen, dass etwas nicht notwendig ist, nicht dass es unmöglich ist. Positive Beispiele zeigen eine Möglichkeit, keinen allgemeingültigen Zusammenhang. Glossar zum philosophischen Argumentieren 2 Analogie Gegenstand a verhält sich hinsichtlich des Aspekts A genauso wie Gegenstand b hinsichtlich des Aspekts B. Analogieargumente können zwar die Wahrheit ihrer Konklusionen nicht garantieren, haben aber oft hohen Erklärungswert. Äquivokation Ein und derselbe Begriff bezieht sich auf unterschiedliche Dinge (z. B. Bank bezieht sich auf Geldinstitut und Sitzgelegenheit). Ein häufiger Fehler in Argumenten ist es, einen bestimmten Begriff in der einen Prämisse auf die Weise a zu verstehen und in einer anderen Prämisse auf die Weise a'. Analytische Aussagen (siehe auch synthetische Aussagen) Basierend auf Kants 'analytischem Urteil a priori' sind analytische Aussagen wahr, weil sie auf der Bedeutung von bestimmten Ausdrücken beruhen. Z.B. Junggesellen sind unverheiratet ist wahr, weil unverheiratet zu sein Element der Definition von Junggeselle ist, also zu dessen Bedeutung gehört. Argument Die grundlegende Aufgabe von Argumenten ist es, die Tatsache, dass ein Satz a wahr ist, auf die Tatsache, dass gewisse andere Sätze b und c wahr sind, zurückzuführen. Dabei sind a die Konklusion und b und c die Prämissen des Arguments. 2 Ortrun Daniel und Christopher Erhard. 2

Oft geht es aber auch darum zu zeigen, dass eine unstrittige Konklusion wirklich aus bestimmten Prämissen folgt (von denen man gar nicht gedacht hätte, dass sie zu dieser Konklusion führen); es soll ein inferentieller Zusammenhang hergestellt werden. (siehe auch: Gültigkeit, Schlüssigkeit eines Arguments) Aussage (auch: Urteil) Deskriptive Aussagen stellen einen Sachverhalt fest. Sie können wahr oder falsch sein. Normative Aussagen (oder: Werturteile) im weiteren Sinne bewerten einen Sachverhalt (z.b. Es ist gut, dass p.); normative Aussagen im engeren Sinne formulieren ein Gebot. Sie formulieren ein Sollen. Hier ist es schwierig, von Wahrheit oder Falschheit zu sprechen. Deshalb spricht man oft von der Richtigkeit normativer Aussagen. Beweis Die Wahrheit einer These a wird durch einen Beweis aufgezeigt, z. B. durch einen indirekten Beweis: durch die Annahme der Falschheit von a ergibt sich ein Widerspruch. Deshalb muss a wahr sein. (siehe auch Argument) Form eines Arguments (siehe auch Schlussregel) Unabhängig von seinem Inhalt kann ein Argument verschiedene Formen haben, von denen seine Schlüssigkeit abhängt. Die Form stellt dann eine logisch gültige Schlussregel dar. Oft ergeben sich diese Regeln analytisch aus der Bedeutung eines für die Schlüssigkeit von Argumenten relevanten Ausdrucks (z.b. wenn-dann ). Form einer Aussage Bei der bloßen Form einer Aussage (z.b. Es ist der Fall, dass p. ) lässt sich nicht sinnvoll nach Wahrheit oder Falschheit fragen, da vom Inhalt abstrahiert wird und nur Ausdrücke, die für die Schlüssigkeit eines Arguments relevant sind, als solche stehen bleiben. Gültigkeit eines Arguments (siehe Schlüssigkeit) 3

(logische) Gültigkeit einer Schlussregel Bestimmte Formen von Argumenten stellen sicher, dass die Konklusion wirklich aus den Prämissen folgt. Argumente mit dieser Form sind schlüssig. Konklusion Eine Aussage, deren Wahrheit auf der Wahrheit von bestimmten Prämissen beruht, nennt man die Konklusion eines Arguments. Petitio principii Ein Argument, dass seine Konklusion auch als eine Prämisse gebraucht, macht sich einer petitio principii (auch: Zirkelschluss oder hysteron proteron) schuldig. Prämissen Prämissen nennt man Aussagen, deren Wahrheit in einem Argument vorausgesetzt wird. Aus ihnen folgt eine Konklusion. Die Frage, ob die Prämissen wahr sind, ist von der Frage zu unterscheiden, ob es wahr ist, dass die Konklusion wirklich aus den Prämissen folgt (falls diese wahr sind). Letzteres fragt nach der Schlüssigkeit, ersteres nach der Gültigkeit eines Arguments. Schlüssigkeit eines Arguments (vs. Gültigkeit) Ein Argument ist schlüssig, wenn die Konklusion wirklich aus den Prämissen folgt, d.h. wenn es formal korrekt ist. Die Schlüssigkeit gilt unabhängig von der Wahrheit der Prämissen. Wenn letztere auch gegeben ist, kann man von Gültigkeit sprechen. 3 Für die Schlüssigkeit ist der Inhalt eines Arguments unerheblich; es kommt lediglich auf die Form an. Regress In einem Regress wird in einer Reihe (vor Schritt 1 muss Schritt 2 erfolgen, vor Schritt 2 Schritt 3 usw.) nie ein Anfangspunkt erreicht, er ist also nicht abschließbar oder auch 3 Diesen Sprachgebrauch schlägt Holm Tetens vor. Es gibt auch den genau umgekehrten, wonach die Gültigkeit eines Argumentes unabhängig von der Wahrheit der Prämissen ist. 4

infinit. Schlussregeln Einige der wichtigsten Schlussregeln für Argumente sind: Modus ponens: (p (p q)) q (Wenn p und wenn p, dann q, dann q.) Modus tollens: (((p q) q) p (Wenn gilt: wenn p, dann q, und nicht q, dann gilt: nicht p.) Transitivität der Subjunktion: ((p q) (q r)) (p r) (Wenn gilt: wenn p, dann q, und wenn q, dann r, dann gilt: wenn p, dann r.) Adjunktiver Syllogismus: ((p q) p) q (Wenn gilt: p oder q und nicht p, dann gilt q.) Widerlegung durch Widerspruch: (p (q q)) p (Wenn gilt, dass wenn p, dann zugleich q und nicht q der Fall sind, dann gilt p nicht.) Synthetische Aussagen Nach Kants Terminologie der 'synthetischen Urteile' verbinden derartige Aussagen immer zwei Ausdrücke miteinander. Es hängt also nicht nur von der Bedeutung eines einzigen Ausdrucks ab, ob eine solche Aussage wahr ist. So ist z.b. im Begriff Schwan das Element weiß sein nicht enthalten. Deshalb ist die Wahrheit der Aussage Alle Schwäne sind weiß nicht allein von der Bedeutung Schwan abhängig (vgl. analytische Aussagen). Widerlegung Widerlegung ist das Aufzeigen der Falschheit einer Aussage oder der Nachweis der Ungültigkeit oder der Unschlüssigkeit eines Arguments. Zirkel (siehe: Petitio principii) 5

Literaturhinweise: Rosenberg, Jay F. (1984/1997 4 ): Philosophieren. Ein Handbuch für Anfänger. Frankfurt am Main. Tetens, Holm (2004/2006 2 ): Philosophisches Argumentieren. Eine Einführung. München. 6