Buchführung und Jahresabschluss nach Handels- und Steuerrecht für Steuerfachwirte/-innen



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Transkript:

Augsburger Fachschule für Rechnungswesen und Steuern Bernhard Schlienz & Christian Wörle GbR Buchführung und Jahresabschluss nach Handels- und Steuerrecht für Steuerfachwirte/-innen Rechtsstand 2013 Verfasser: Bernhard Schlienz, Dipl.-Betriebswirt (FH) Reinhartshauser Straße 7 86399 Bobingen Telefon: 08234/2433 E-Mail: BernhardSchlienz@t-online.de und Christian Wörle, Dipl.-Finanzwirt (FH) Talstraße 30 86424 Dinkelscherben Telefon: 08236/9589317 E-Mail: Dozent@Christian-Woerle.de

1 Anschaffungskosten 255 Abs. 1 HGB, R 6.2 EStR, H 6.2 EStH 1.1 Begriffsbestimmung Nach 255 Abs. 1 HGB und H 6.2 [Anschaffungskosten] EStH gehören zu den Anschaffungskosten alle Aufwendungen, die geleistet werden, um einen Vermögensgegenstand zu erwerben und ihn in einen betriebsbereiten Zustand zu versetzen, soweit sie dem Vermögensgegenstand einzeln zugeordnet werden können. Zu den Anschaffungskosten gehören auch die Nebenkosten der Anschaffung, sowie nachträgliche Erhöhungen; Anschaffungspreisminderungen sind abzusetzen. Die Aufwendungen müssen mit einem Erwerbsvorgang zusammenhängen, d. h. der Vermögensgegenstand muss von einer fremden in die eigene Verfügungsmacht überführt werden. Ein Anschaffungsvorgang liegt nicht vor, wenn der Kaufmann den Vermögensgegenstand auf eigene Rechnung und Gefahr herstellt oder herstellen lässt und das Herstellungsgeschehen beherrscht. Der Gegenstand darf also nicht selbst oder aufgrund eines Auftrags von einem anderen hergestellt worden sein. Abgrenzungsprobleme zwischen Anschaffung und Herstellung können sich ergeben, wenn der erworbene Gegenstand vor der erstmaligen Nutzung umgestaltet wird. Wegen der wirtschaftlichen Betrachtungsweise des Handels- und Steuerrechts kommt es in diesen Fällen darauf an, ob durch die Veränderung ein anderer (neuer) Gegenstand als der Erworbene entsteht. Für die Qualifizierung von Aufwendungen als Anschaffungskosten genügt es, wenn mit der Anschaffung durch vorbereitende Maßnahmen begonnen wurde. Nicht erforderlich ist, dass der Erwerber den Vermögensgegenstand bereits in dem Sinne angeschafft hat, dass er als rechtlicher oder wirtschaftlicher Eigentümer gilt. Maklergebühren sind z. B. auch dann als Anschaffungskosten eines Grundstückes zu bilanzieren, wenn am Bilanzstichtag der Kaufvertrag von beiden Seiten noch nicht erfüllt ist. 1.2 Anschaffungszeitpunkt Nach 9a EStDV ist das Jahr der Anschaffung das Jahr der Lieferung. Ein Gegenstand ist geliefert, wenn der Erwerber nach dem Willen der Vertragspartner darüber wirtschaftlich verfügen kann. Das ist in der Regel der Fall, wenn Eigenbesitz, Gefahr, Nutzen und Lasten auf den Erwerber übergehen (Übergang des zivilrechtlichen oder wirtschaftlichen Eigentums). Bei Montagelieferungen ist das Jahr der Fertigstellung das Jahr der Lieferung ( 9a EStDV), wenn Gegenstand des Vertrags über einen Vermögensgegenstand auch dessen Montage durch den Lieferer ist. Mit einer Anschaffung zusammenhängende Aufwendungen sind nur solange zu den Anschaffungskosten zu rechnen, bis der Erwerbsvorgang abgeschlossen ist. Der Erwerbsvorgang endet allerdings nicht bereits mit der Lieferung des Gegenstandes, d. h. mit dem Übergang des bürgerlich-rechtlichen oder wirtschaftlichen Eigentums, sondern erst, wenn der Gegenstand bzw. das Wirtschaftsgut betriebsbereit ist. Nach dem Erwerbsvorgang anfallende Aufwendungen zählen dagegen grundsätzlich nicht mehr zu den Anschaffungskosten, z. B. Abstandszahlungen an einen weichenden Mieter nach dem Kauf eines Gebäudes. Beispiel: Ein Unternehmer erwirbt ein Grundstück mit aufstehendem Gebäude, das vom Verkäufer langfristig vermietet ist. Der Erwerber möchte das bebaute Grundstück selber nutzen. Um den Mieter zu veranlassen, vorzeitig aus dem Mietverhältnis auszuscheiden, zahlt der Erwerber dem Mieter eine Entschädigung (= Abfindung = Abstandszahlung). (c) Bernhard Schlienz & Christian Wörle 03/2013 2

Die Abfindung zählt beim Erwerber des Grundstücks nicht zu dessen Anschaffungskosten, weil diese Zahlung nichts mit dem Erwerbsvorgang zu tun hat. Es entsteht beim erwerbenden Unternehmer vielmehr ein zweites Wirtschaftsgut vorzeitige Nutzungsmöglichkeit des Grundstücks als immaterielles Wirtschaftsgut. Die Aufwendungen hierfür sind nach 5 Abs. 2 EStG zu aktivieren und auf die Restnutzungsdauer des ursprünglichen Mietvertrags abzuschreiben (BFH vom 02.03.1970 BStBl 1970 II S. 382 und vom 29.07.1970 BStBl 1970 II S. 810). 1.3 Umfang der Anschaffungskosten 1.3.1 Kaufpreis Grundlage für die Anschaffungskosten ist der Einkaufspreis für den Vermögensgegenstand. Dafür ist zunächst der tatsächlich gezahlte Betrag maßgebend. Bei Geschäften unter Fremden ist die Angemessenheit der Höhe des Kaufpreises grundsätzlich nicht zu prüfen. Bei Geschäften unter Angehörigen und zwischen Gesellschaften und ihren Gesellschaftern spielt die Angemessenheit dagegen u. U. eine nicht unbedeutende Rolle. Für die Höhe des Kaufpreises ist der Tag des Erwerbs entscheidend, nicht der Bilanzstichtag oder der Tag der tatsächlichen Bezahlung. Wertänderungen nach diesem Zeitpunkt, z. B. Wechselkursänderungen bei Fremdwährungsgeschäften, sind unbeachtlich. Beispiel: Der Unternehmer erwirbt am 20. November 2013 einen Posten Edelhölzer für 10.000 US-$. Der Kurs zum Zeitpunkt des Erwerbs beträgt für einen Euro 1,25 US-$. Bis zum Bilanzstichtag ist der Kurs auf 1,28 US-$ und bis zur Bezahlung des Kaufpreises am 20. Januar 2014 auf 1,32 US-$ je Euro gestiegen. Die Anschaffungskosten betragen zum 20. November 2013 insgesamt 10.000 US-$ : 1,25 US-$ = 8.000. Die Kursschwankungen haben auf die Anschaffungskosten keine Auswirkung, da sie nichts mit dem Erwerbsvorgang zu tun haben, sondern nur die Finanzierung des Kaufpreises berühren. Der Kaufpreis kann auch in der Übernahme von Schulden des Veräußerers durch den Erwerber bestehen, z. B. Hypothekenschulden oder rückständige Zinsen beim Erwerb eines Grundstücks (vgl. H 6.2 [Schuldübernahmen] EStH). 1.3.2 Aufteilung eines Gesamtkaufpreises Wird für mehrere Vermögensgegenstände bzw. Wirtschaftsgüter ein einheitlicher Preis (Gesamtkaufpreis) gezahlt (z. B. für einen ganzen Betrieb oder für ein bebautes Grundstück), so müssen die Anschaffungskosten aufgeteilt werden. Maßgebend ist soweit vorhanden und angemessen der vertraglich festgelegte Maßstab, ansonsten das Teilwertbzw. das Verkehrswertverhältnis. Das Aufteilungsgebot gilt auch für Anschaffungsnebenkosten und Anschaffungspreisminderungen. Beispiel: Die Anschaffungskosten eines Geschäftsgrundstücks betragen 300.000. Die Teilwerte sind: Bürogebäude 300.000, Grund und Boden 100.000. Wie hoch sind die Anschaffungskosten der jeweiligen Wirtschaftsgüter? Für die Aufteilung des Gesamtkaufpreises ergibt sich Folgendes: Grund und Boden = Teilwert Grund und Boden Summeder Teilwerte x Gesamtkaufpreis 100.000 = x 300.000 100.000 300.000 = 75.000 Teilwert Gebäude Gebäude = x Gesamtkaufpreis Summeder Teilwerte 300.000 = x 300.000 = 225.000 100.000 300.000 (c) Bernhard Schlienz & Christian Wörle 03/2013 3

1.3.3 Anschaffungsnebenkosten Zu den Anschaffungskosten rechnen die gesamten Kosten des Erwerbs einschließlich der Nebenkosten, soweit es sich um Einzelkosten handelt. Die praktische Bedeutung dieses Grundsatzes liegt darin, dass sie zusammen mit dem Kaufpreis aktiviert werden müssen und dessen Schicksal teilen, d. h. den Gewinn nicht sofort in voller Höhe mindern, sondern lediglich über die Abschreibungen als Aufwendungen bzw. als Betriebsausgaben abzugsfähig sind. Anschaffungsnebenkosten sind bei der Ermittlung der Anschaffungskosten zu berücksichtigen, wenn sie entstanden sind, d. h. in dem Zeitpunkt, in dem die Leistung ausgeführt wurde. Auf den Tag der Rechnungsstellung bzw. den Tag der Bezahlung kommt es regelmäßig nicht an. Eine Zusammenstellung üblicher Anschaffungsnebenkosten in der Praxis zeigt die folgende Abbildung: beim Erwerb von Immobilien Grunderwerbsteuer Notariats- und Grundbuchkosten (soweit auf den Erwerb entfallend) Vermittlungs- und Maklergebühren Vermessungskosten Kosten der Begutachtung (z. B. Schätzgutachten) beim Erwerb sonstiger Vermögensgegenstände Demontierungskosten Verpackungs- und Transportkosten Versicherungen (soweit sie auf den Erwerb entfallen) Überführungs- und Frachtkosten Rollgelder, Zölle und Hafengebühren Aufstellungs- und Fundamentierungskosten beim Erwerb von Wertpapieren / Geschäftsanteilen Bankprovisionen Vermittlungs- und Maklergebühren Bearbeitungsgebühren Kosten der Beurkundung 1.3.4 Nicht zu den Anschaffungskosten gehörende Aufwendungen Nicht zu den Anschaffungskosten gehören folgende Aufwendungen, auch wenn sie - scheinbar - zu der Anschaffung in gewisser Beziehung stehen: Gemeinkosten, die dem jeweiligen Anschaffungsvorgang nicht direkt, sondern nur indirekt zugeordnet werden können, z. B. Personalkosten der Einkaufsabteilung, anteilige Sachkosten, Löhne für den Transport und das Entladen oder Reisekosten. Reisekosten können jedoch ausnahmsweise dann zu den Anschaffungskosten gerechnet werden, wenn es sich um eine Geschäftsreise für den Erwerb eines einzigen, bestimmten und wertvollen Vermögensgegenstands handelt und die dafür entstandenen Aufwendungen ohne Schwierigkeiten dem betreffenden Anschaffungsvorgang zugeordnet werden können, z. B. Bahn- und Flugkosten, Übernachtungs- und Verpflegungskosten. (c) Bernhard Schlienz & Christian Wörle 03/2013 4

Geldbeschaffungs- und Finanzierungskosten des Kaufpreises: Solche Aufwendungen gehören nicht zu den Anschaffungskosten des Vermögensgegenstands, da sie nicht mit dem Erwerbsvorgang wirtschaftlich zusammenhängen, sondern mit der Finanzierung des Kaufpreises oder der Erlangung eines Kredits. Diese Aufwendungen hängen mit dem Wirtschaftsgut Verbindlichkeiten zusammen, z. B. Damnum, Spesen, Zinsen, Wechseldiskont und Wechselspesen, Notar- und Grundbuchkosten im Zusammenhang mit Grundschuldbestellungen. Stundungs- und Verzugszinsen, die aufgrund einer verspäteten Zahlung oder einer verspätet erbrachten Leistung anfallen. Eigene Arbeitsleistung des Unternehmers im Zusammenhang mit der Anschaffung eines Vermögensgegenstandes. 1.3.5 Anschaffungspreisminderungen In 255 Abs. 1 Satz 3 HGB ist ausdrücklich bestimmt, dass Anschaffungspreisminderungen abzusetzen sind. Hierbei handelt es sich vor allem um folgende Minderungen des Kaufpreises: Skonti: Diese mindern die Anschaffungskosten jedoch erst zum Zeitpunkt der Zahlung des Kaufpreises, da erst zu diesem Zeitpunkt der Anspruch auf diese Kaufpreisminderung entsteht, H 6.2 [Skonto] EStH. Boni werden in der Regel für die Abnahme einer bestimmten Warenmenge innerhalb eines Geschäfts- bzw. Wirtschaftsjahres vom Lieferanten zugesagt. Auch in diesem Falle sind die zum Bilanzstichtag noch vorhandenen Vorräte zu mindern, ggf. im Wege der Schätzung. Preisnachlass oder Rabatt: Eine Minderung ist auch bei einem sog. verdeckten Preisnachlass gegeben. Dieser entsteht, wenn bei dem Erwerb eines neuen Gegenstandes ein gebrauchter Gegenstand über dem gemeinen Wert bzw. dem Teilwert in Zahlung genommen wird. 1.3.6 Nachträgliche Änderung der Anschaffungskosten 1.3.6.1 Nachträgliche Erhöhung der Anschaffungskosten In 255 Abs. 1 Satz 2 HGB ist bestimmt, dass nachträgliche Anschaffungskosten ebenfalls zu den Anschaffungskosten eines erworbenen Vermögensgegenstands bzw. Wirtschaftsguts gehören und aktiviert werden müssen. Als nachträgliche Anschaffungskosten kommen insbesondere in Betracht: Nachträgliche Erhöhung der vertraglichen Leistung, z. B. Einbau eines Zusatzgeräts Nachträglich erhobene Zölle und Verbrauchsteuern Nachträglich festgesetzte Grunderwerbsteuer Grundbuchgebühren (diese fallen regelmäßig erst nach dem Anschaffungszeitpunkt an) Vermessungskosten eines Grundstücks Straßenanliegerbeiträge und Erschließungsbeiträge nach dem Baugesetzbuch. Abstandszahlungen durch den Erwerber eines Grundstücks an einen vorzeitig weichenden Mieter oder Pächter sind keine nachträglichen Anschaffungskosten. (c) Bernhard Schlienz & Christian Wörle 03/2013 5

1.3.6.2 Nachträgliche Minderung der Anschaffungskosten Von einer nachträglichen Minderung der Anschaffungskosten spricht man dann, wenn die Minderung im Jahr der Anschaffung oder noch später eintritt. Hierfür kommen insbesondere in Betracht: Skontoabzüge, wenn der Erwerb und die Bezahlung des Kaufpreises in verschiedenen Jahren stattfinden Nachträgliche Rabatte, z. B. wenn die Rabattgewährung erst nach dem Bilanzstichtag zugesagt wurde Preisherabsetzungen wegen eines Mangels, der sich erst später herausstellt 1.3.7 Retrograde Ermittlung der Anschaffungskosten Die Anschaffungskosten werden im Allgemeinen progressiv, d. h. durch Addition der im Anschaffungskostenprozess angefallenen Kosten, ermittelt. Die retrograde Ermittlung der Anschaffungskosten ist insbesondere bei der Bewertung des Vorratsvermögens von Bedeutung. Grundsätzlich ist das Vorratsvermögen aufgrund einer körperlichen Bestandsaufnahme (= Inventur) am Bilanzstichtag zu bewerten. Dabei können in der betrieblichen Praxis folgende Probleme auftauchen: die Waren werden bereits im Zeitpunkt des Zugangs mit den Verkaufspreisen ausgezeichnet (insbesondere im Einzelhandel) das Unternehmen macht aus betrieblichen Gründen von der Möglichkeit einer zeitlich verschobenen Inventur Gebrauch ( 241 Abs. 3 HGB i. V. m. R 5.3 Abs. 2 EStR). In beiden Fällen bereitet es einen immensen Arbeitsaufwand, den Inventurbestand auf der Basis der tatsächlichen Einkaufspreise zu ermitteln. Es ist deshalb handels- und steuerrechtlich zulässig, den Bestand nach dem sog. Verkaufswertverfahren (= retrograde Wertermittlung) zu bewerten, wenn die progressive Einzelfeststellung unmöglich bzw. nur mit einem unverhältnismäßig hohen wirtschaftlichen Aufwand erreichbar ist. Obwohl dieses Verfahren gesetzlich nicht ausdrücklich verankert ist, hat die Rechtsprechung und die Finanzverwaltung es bisher gebilligt (vgl. H 6.2 [Waren] EStH). Die Berechnung erfolgt dabei in der Praxis mit den aus der Betriebsprüfungsordnung (BpO) bekannten Größen Rohaufschlagsatz und Rohgewinnsatz. Beispiel: Der Inventurbestand einer Warengruppe auf der Basis von Verkaufspreisen beträgt 100.000 (ohne Umsatzsteuer). Die Warengruppe wird durchweg kalkuliert mit einem a) Rohaufschlagsatz von 150 % b) Rohgewinnsatz von 60 %. a) Anschaffungskosten (= wirtschaftlicher Wareneinsatz) 100 % 40.000 + Rohaufschlagsatz 150 % + 60.000 = Verkaufspreis netto (= wirtschaftlicher Umsatz) 250 % 100.000 b) Verkaufspreis netto (= wirtschaftlicher Umsatz) 100 % 100.000 Rohgewinnsatz 60 % 60.000 = Anschaffungskosten (= wirtschaftlicher Wareneinsatz) 40 % 40.000 Beachte: Ein angegebener Rohgewinnsatz bezieht sich immer auf den Verkaufspreis (= wirtschaftlicher Umsatz), während ein angegebener Rohaufschlagsatz immer die Anschaffungskosten (= wirtschaftlicher Wareneinsatz) als Bezugsgröße hat. (c) Bernhard Schlienz & Christian Wörle 03/2013 6

1.3.8 Behandlung der Vorsteuer Die Einbeziehung der in den Bruttoeinkaufspreisen enthaltenen Umsatzsteuer in die Anschaffungskosten hängt davon ab, ob diese für den Unternehmer Kostencharakter hat. Der Kostencharakter fehlt, wenn die Umsatzsteuer nur eine Art durchlaufender Posten darstellt, also als Vorsteuer abzugsfähig ist. In diesen Fällen entstehen dem Unternehmer keine Aufwendungen. Hinsichtlich der Behandlung der Umsatzsteuer sind folgende Fälle zu unterscheiden: in vollem Umfang abzugsfähige Vorsteuer Führt ein Unternehmer nur Umsätze aus, die keinen Ausschluss vom Vorsteuerabzug nach sich ziehen, oder verwendet er den für sein Unternehmen gelieferten oder eingeführten Vermögensgegenstand nur für Ausgangsumsätze, die keinen Ausschluss vom Vorsteuerabzug begründen (vorsteuerunschädliche Ausgangsumsätze, 15 Abs. 2 und Abs. 3 UStG), dann gehört die nach 15 UStG abzugsfähige Vorsteuer nicht zu den Anschaffungskosten ( 9b Abs. 1 EStG). Das gilt auch für die Vorsteuer, die auf den Erwerbsnebenkosten lastet. in vollem Umfang nicht abzugsfähige Vorsteuer Führt ein Unternehmer nur Umsätze aus, die in vollem Umfang einen Ausschluss vom Vorsteuerabzug nach sich ziehen, oder verwendet er den für sein Unternehmen gelieferten oder eingeführten Vermögensgegenstand nur für Ausschlussumsätze im Sinne des 15 Abs. 2 und Abs. 3 UStG, dann gehört die nach 15 UStG nicht abzugsfähig Vorsteuer zu den Anschaffungskosten des betreffenden Wirtschaftsguts. Die nicht abzugsfähige Vorsteuer darf also nicht sofort als Aufwand behandelt werden, sondern ist zusammen mit den übrigen Anschaffungskosten zu aktivieren. Diese Regelung gilt sowohl für Wirtschaftsgüter des Anlage- als auch des Umlaufvermögens ( 9b Abs. 1 EStG im Umkehrschluss und R 9b Abs. 1 EStR). Der Fall, dass die Vorsteuer in vollem Umfang nicht abzugsfähig ist, kommt insbesondere bei folgenden Unternehmern in Betracht: bei Unternehmern, die unter 19 Abs. 1 UStG fallen (Kleinunternehmer) bei Unternehmern, die ausschließlich oder teilweise steuerfreie Ausgangsumsätze nach 4 Nr. 7 28 UStG tätigen. 15 Abs. 3 UStG sieht jedoch in bestimmten Fällen eine Ausnahme vom Vorsteuerabzugsverbot vor. teilweise abzugsfähige Vorsteuer Tätigt ein Unternehmer sowohl Umsätze, die zum Ausschluss des Vorsteuerabzugs führen (vorsteuerschädliche Ausgangsumsätze), als auch Umsätze, die nicht zum Ausschluss des Vorsteuerabzugs führen (vorsteuerunschädliche Ausgangsumsätze), so ist die Vorsteuer der für sein Unternehmen gelieferten, eingeführten oder innergemeinschaftlich erworbenen Vermögensgegenstände im Wege einer sachgerechten Schätzung in einen nichtabzugsfähigen und einen abzugsfähigen Teil aufzuteilen ( 15 Abs. 4 UStG). Der nicht abzugsfähige Teil des Vorsteuerbetrages rechnet zu den aktivierungspflichtigen Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten. Beispiel: Ein Unternehmer erwirbt eine Maschine für 150.000 zuzüglich 28.500 Umsatzsteuer. Diese Maschine wird zu 30 % für Umsätze verwendet, die zum Ausschluss des Vorsteuerabzugs führen. Wie hoch sind die Anschaffungskosten für die Maschine und wie ist zu buchen? Da die Maschine auch für Ausschlussumsätze verwendet wird, ist eine Vorsteueraufteilung nach 15 Abs. 4 UStG vorzunehmen. Der nichtabziehbare Vorsteuerbetrag beläuft sich auf 30 % von 28.500 = 8.550. Es ist wie folgt zu buchen: technische Anlagen und Maschinen 158.550 sonstige Vermögensgegenstände (Vorsteuer) 19.950 Bankgirokonto 178.500 (c) Bernhard Schlienz & Christian Wörle 03/2013 7

Zusammengefasst lässt sich die Behandlung der Vorsteuer wie folgt darstellen: Vorsteuer in voller Höhe abzugsfähig Die abzugsfähige Vorsteuer zählt nicht zu den Anschaffungskosten. Vorsteuer in voller Höhe nicht abzugsfähig Die nicht abzugsfähige Vorsteuer zählt zu den Anschaffungskosten. Vorsteuer teilweise abzugsfähig Der nicht abzugsfähige Teil der Vorsteuer zählt zu den Anschaffungskosten. 1.3.9 Einzelfragen - ABC Anschaffungsnaher Aufwand Es muss zwischen Herstellungs- und Erhaltungsaufwand unterschieden werden (vgl. Fehler! Verweisquelle konnte nicht gefunden werden. Fehler! Verweisquelle konnte nicht gefunden werden., S. Fehler! Textmarke nicht definiert.) Darlehensforderung Bei einer Darlehensforderung bestehen die Anschaffungskosten im Nennbetrag der Forderung. Das gilt auch bei unverzinslichen Darlehensforderungen, denn die Unverzinslichkeit bzw. niedrige Verzinsung betrifft den Teilwert. Insofern kommt eine Abzinsung auf den Barwert in Betracht. Ergänzungsbeschaffungen Ergänzungsbeschaffungen gehören zu den Anschaffungskosten, soweit ein zeitlicher und sachlicher Zusammenhang mit dem Anschaffungsvorgang vorliegt (z. B. bei nachträglichem Einbau eines Autoradios). Fremdwährungsgeschäfte Bei Anschaffungsgeschäften in ausländischer Währung ist der Umrechnungskurs im Anschaffungszeitpunkt maßgebend. Dies ist bei Forderungen (Verkauf an Debitoren) grundsätzlich der Geldkurs, weil davon auszugehen ist, dass die ausländischen Devisen erst zum niedrigeren Kurs in Euro umgetauscht werden müssen (Geldkurs = Ankauf ausländischer Währung durch die Bank). 1 Investitionszulagen Investitionszulagen berühren in der Regel die Anschaffungskosten nicht (vgl. Tz. Fehler! Verweisquelle konnte nicht gefunden werden. Fehler! Verweisquelle konnte nicht gefunden werden., S. Fehler! Textmarke nicht definiert.) Rentenzahlungen Bei Anschaffung auf Rentenbasis gilt als Anschaffungspreis der Rentenbarwert, der nach finanz- bzw. versicherungsmathematischen Grundsätzen im Zeitpunkt des Erwerbs zu ermitteln ist. Später wirksam werdende Wertsicherungs- oder Spannungsklauseln führen ebenso wenig zu einer Änderung der ursprünglichen Anschaffungskosten wie der Wegfall der Rentenverpflichtung durch den Tod des Rentenberechtigten (vgl. Tz. Fehler! Verweisquelle konnte nicht gefunden werden. Fehler! Verweisquelle konnte nicht gefunden werden., S. Fehler! Textmarke nicht definiert.). Schenkungssteuer Die Schenkungsteuer stellt anders als die Grunderwerbsteuer keine Anschaffungsnebenkosten dar. Sie ist vielmehr eine Folge der durch den unentgeltlichen Erwerb erlangten Verfügungsmacht. Tausch Bei einem Tausch von Vermögensgegenständen muss der gemeine Wert (Einzelveräußerungspreis) des hingegebenen Vermögensgegenstandes zuzüglich etwaiger Zuzahlungen abzüglich darin enthaltener Umsatzsteuer als Anschaffungs- 1 vgl. hierzu auch Haufe HGB Bilanz Kommentar 2. Auflage 2010, Rz 7ff zu 256a HGB (c) Bernhard Schlienz & Christian Wörle 03/2013 8

kosten angesetzt werden (vgl. Tz. Fehler! Verweisquelle konnte nicht gefunden werden. Fehler! Verweisquelle konnte nicht gefunden werden., S. Fehler! Textmarke nicht definiert.). (c) Bernhard Schlienz & Christian Wörle 03/2013 9

Unentgeltlicher Erwerb Bei einem unentgeltlichen Erwerb eines Betriebes oder Teilbetriebes gelten nach 6 Abs. 3 EStG die bisherigen Buchwerte als Anschaffungskosten. Bei einem unentgeltlichen Erwerb einzelner Wirtschaftsgüter aus betrieblichem Anlass sind nach 6 Abs. 4 EStG die fiktiven Beschaffungskosten des Erwerbszeitpunktes anzusetzen. Wertpapiere Stückzinsen und Paketzuschläge Stückzinsen sind keine Anschaffungsnebenkosten der festverzinslichen Wertpapiere, sondern Anschaffungskosten des Zinsanspruchs. Die bis zum Bilanzstichtag aufgelaufenen Stückzinsen sind als sonstiger Vermögensgegenstand auszuweisen. Im Folgejahr sind sie bei der Einlösung des Zinsscheines von den Zinseinnahmen abzusetzen. Paketzuschläge zählen dagegen zu den Anschaffungskosten (vgl. Tz. Fehler! Verweisquelle konnte nicht gefunden werden. Fehler! Verweisquelle konnte nicht gefunden werden., S. Fehler! Textmarke nicht definiert.). Zuschüsse Zur Behandlung von Zuschüssen vgl. Tz. Fehler! Verweisquelle konnte nicht gefunden werden. Fehler! Verweisquelle konnte nicht gefunden werden., S. Fehler! Textmarke nicht definiert.. (c) Bernhard Schlienz & Christian Wörle 03/2013 10