Kurz-Skript zum Brückenkurs Mathematik

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Transkript:

Kurz-Skript zum Brückenkurs Mathematik Sigrid Weil Inhaltsverzeichnis 1 Mengenlehre 2 1.1 Mengen und Elemente........................................ 2 1.2 Teilmengen, Schnitt und Vereinigung................................. 3 1.3 Kreuzprodukt und Relationen..................................... 4 2 Wortmengen, Formale Sprachen 6 3 Funktionen 8 3.1 Funktionen als spezielle Relationen................................. 8 3.2 Rekursive, mehrstellige und nicht-arithmetische Funktionen.................... 10 4 Folgen 12 4.1 Folgen als spezielle Funktionen.................................... 12 4.2 Summen und Produkte........................................ 13 1

2 1 Mengenlehre 1.1 Mengen und Elemente Eine Menge ist eine Zusammenfassung verschiedener Objekte unserer Anschauung oder unseres Denkens 1. Die Objekte der Menge nennen wir Elemente. Gehört ein Element x zu einer Menge M, so schreiben wir x M, andernfalls x M. Mengen, die nur wenige (endliche viele) Elemente enthalten, lassen sich einfach durch explizite Angabe dieser Elemente, eingefasst in geschweifte (Mengen-)Klammern, beschreiben: A = {c, a, k} enthält die drei Zeichen c, a und k. Die Reihenfolge der Aufzählung spielt dabei keine Rolle; Elemente können auch mehrfach aufgezählt werden, ohne dass sich die Menge ändert. Man könnte also ebenso gut schreiben A = {a, c, k} oder A = {k, a, c, a, k, c}. Es gibt auch eine Menge ohne Elemente, die leere Menge. Sie wird mit { } oder mit bezeichnet. Häufig verwendet, wenn auch streng genommen nicht exakt, ist die sog. Pünktchen-Schreibweise: B = {1, 2, 3,..., 9} Diese Schreibweise wird auch für Mengen mit unendlich vielen Elementen benutzt: Z = {10, 20, 30, 40,...} Exakter ist aber die Beschreibung von Mengen durch eine charakteristische Eigenschaft: So läßt sich Menge B auch durch B = {x x ist natürliche Zahl zwischen 1 und 9 (einschließlich) } (sprich: die Menge aller x, für die gilt: x ist...) beschreiben. Manchmal bietet sich auch eine graphische Darstellung an. Zum Beispiel kann man die Elemente der Menge als Punkte in der euklidischen Ebene oder am Zahlenstrahl markieren. Abbildung 1: Menge B am Zahlenstrahl Oder man stellt eine Menge symbolhaft in einem sog. Venn-Diagramm dar: Abbildung 2: Menge A als Venn-Diagramm 1 Nach Georg Cantor, dt. Mathematiker 1845-1918

Mengenlehre 3 1.2 Teilmengen, Schnitt und Vereinigung Wir nennen N eine Teilmenge von M, wenn jedes Element von N auch Element von M ist. Dabei sind die beiden Grenzfälle N enthält überhaupt kein Element bzw. N enthält alle Elemente von M nicht ausgeschlossen. In Zeichen: N M für alle x N gilt: x M. Die Menge aller Teilmengen einer Menge M (Achtung, das ist eine Menge von Mengen!) nennt man die Potenzmenge von M und schreibt P(M) oder 2 M. Die Bezeichnung rührt daher, dass für endliche Mengen gilt: Wenn n die Anzahl der Elemente von M ist, dann hat P(M) 2 n -viele Elemente. Hat man zwei Mengen A und B, so nennt man die Menge derjenigen Elemente, die sowohl in A als auch in B enthalten sind, den Durchschnitt oder Schnitt der Mengen A und B. In Zeichen: A B = {x x A und x B}. Die Vereinigung besteht aus allen Elementen, die in A oder in B (oder in beiden Mengen) enthalten sind. In Zeichen: A B = {x x A oder x B}. Die Differenz der Mengen A und B besteht aus allen Elementen, die zwar in A, aber nicht in B enthalten sind. In Zeichen: A \ B = {x x A und x B}. Wenn eine Grundmenge G und eine Teilmenge M G gegeben ist, so bezeichnet man G \ M auch als Komplement von M (bezüglich G) und schreibt M oder C(M). Zwei Mengen M und N sind gleich, wenn sie dieselben Elemente enthalten, dh. wenn jedes Element der Menge M auch Element der Menge N ist und umgekehrt. In Zeichen: M = N M N und N M. Für einige häufig gebrauchte Mengen gibt es Standardbezeichnungen: N = {1, 2, 3, 4,...} natürliche Zahlen N 0 = {0, 1, 2, 3, 4,...} natürliche Zahlen einschließlich 0 N n 1 = {1, 2, 3, 4,..., n} natürliche Zahlen n. Z = {... 4, 3, 2, 1, 0, 1, 2, 3, 4,...} ganze Zahlen Q = { p q p Z, q Z \ {0}} rationale Zahlen (Brüche) R reelle Zahlen B = {true, f alse} boolesche Wahrheitswerte Wenn A = {1, 3, 5, 7}, B = {2, 3, 4, 5, 6} und C = {3, 4, 5}, dann ist A B = {3, 5}, A B = {1, 2, 3, 4, 5, 6, 7} A \ B = {1, 7} und B \ A = {2, 4, 6}. Die Potenzmenge von C ist P(C) = {, {3}, {4}, {5}, {3, 4}, {3, 5}, {4, 5}, {3, 4, 5}} Wenn wir {1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9} als Grundmenge betrachten, dann ist A = {2, 4, 6, 8, 9} und B = {1, 7, 8, 9}. Außerdem erkennt man u.a. folgende Beziehungen: A B, B A, C B A B A, A B B, A B C A A B, B A B, C A B

Kreuzprodukt und Relationen 4 (A \ B) (B \ A) = (A B) \ (A B) (A \ B) (B \ A) = B \ A B, A \ B A B \ A A, A \ B B Im Venn-Diagramm könnte man die drei Mengen so darstellen: Abbildung 3: Mengen A, B und C als Venn-Diagramm 1.3 Kreuzprodukt und Relationen Um Beziehungen zwischen den Elementen zweier (verschiedener oder gleicher) Mengen auszudrücken, bildet man Paare von Elementen. Die Menge aller möglichen geordneten Paare nennt man Kreuzprodukt oder beteiligten Mengen. kartesisches Produkt der beiden In Zeichen: A B = {(a, b) a A, b B}. Ein Paar (a, b) eines Kreuzproduktes wird auch Tupel genannt. Der Begriff geordnetes Paar soll ausdrücken, dass es auf die Reihenfolge ankommt: Das Paar (1, 2) ist ein anderes als das Paar (2, 1)! Für die Mengen A = {1, 2, 3} und B = {3, 4} ist A B = {(1, 3), (1, 4), (2, 3), (2, 4), (3, 3), (3, 4)}. Es ist i.a. nicht A B = B A. Es lassen sich auch Kreuzprodukte aus mehr als zwei Mengen bilden: A B C = {(a, b, c) a A, b B, c C}, in diesem Fall spricht man nicht mehr von Paaren, sondern von 3-Tupeln, 4-Tupeln usw. bzw. von Tripeln, Quadrupeln,... Falls das Keuzprodukt einer Menge mit sich selbst (also zweier oder mehrerer gleicher Mengen) betrachtet wird, schreibt man auch M 2 = M M, M 3 = M M M...

Mengenlehre 5 Eine Relation ist eine beliebige Teilmenge eines Kreuzproduktes. Für eine Relation R A B und ein Paar (x, y) R schreibt man auch xry. Da Relationen spezielle Mengen sind, haben wir hierfür grundsätzlich dieselben Darstellungsmöglichkeiten wie für Mengen: Aufzählung: Für die Mengen A und B aus dem obigen Beispiel ist R = {(1, 3), (1, 4), (2, 3)} eine Relation. Beschreibung: R = {(a, b) A B a + b 5}. Aber es sind auch andere Darstellungen gebräuchlich, zum Beispiel als Tabelle A 1 2 3 B 3, 4 3 - oder mit Zuordnungsgraph oder (wenn es sich um Zahlmengen handelt) als Punkte im kartesischen Koordinatensystem. Abbildung 4: Relation R als Zuordnungsgraph bzw im Koordinatensystem Auch wenn in den meisten Beispielen die beteiligten Mengen Zahlmengen sind, muss dies natürlich nicht immer so sein. Betrachten wir S = Menge aller Studierenden im FB Informatik und L = Menge der Lehrveranstaltungen des FB, dann ist eine Tabelle, in der für jeden Studierenden aufgelistet ist, welche Lehrveranstaltung er/sie belegt hat, eine Relation auf dem Kreuzprodukt S L.

6 2 Wortmengen, Formale Sprachen Wir interessieren uns (z.b. in der theoretischen Informatik) insbesondere auch für Mengen von Zeichen oder Zeichenketten. Als Alphabet bezeichnen wir eine Menge von beliebigen Zeichen (auch Symbole oder Buchstaben genannt). In aller Regel sind die Alphabete, die wir betrachten, endlich, bestehen also aus einer endlichen Anzahl von Zeichen. Als Bezeichner für Alphabete wird meist der griechische Buchstabe Σ (Sigma) verwendet. Unter einem Wort versteht man eine beliebige, endlich lange Aneinander-Reihung von Zeichen eines Alphabets. Die Menge aller Worte über dem Alphabet Σ wird mit Σ bezeichnet. Das spezielle Wort, das aus keinem Zeichen besteht, ist das leere Wort ε. ε Σ für jedes Alphabet Σ. Durch Hintereinanderschreiben zweier Worte entsteht ein neues Wort. Diese Operation wird Verkettung oder Konkatenation genannt. Manchmal wird der Deutlichkeit halber das Operationssymbol für die Verkettung benutzt. Das leere Wort hat die Eigenschaft eines neutralen Elements bezüglich der Konkatenation, dh. Verkettung eines beliebigen Wortes mit dem leeren Wort läßt das Wort unverändert: Für jedes Wort α Σ gilt α ε = ε α = α. Die n-fache Verkettung eines Zeichens a mit sich selbst schreibt man auch kurz als a n, also a a = aa = a 2, a a a = aaa = a 3,.... In dieser Notation ist a 0 = ε und a 1 = a für alle a Σ. Entsprechendes gilt für Wörter α Σ : α 0 = ε, α 1 = α, α 2 = αα = α α,.... Sei Σ = {a, e, i, o, u}. Dann sind α = ei und β = aua zwei Worte aus Σ und die Verkettung α β = eiaua ist ebenfalls ein Wort über Σ. Die Verkettung β α = auaei ist ein anderes (!) Wort über Σ und β 3 = auaauaaua. (Für Experten: Die Konkatenation ist eine assoziative, aber nicht kommutative Verknüpfung auf Σ.) Eine Teilmenge L Σ heißt formale Sprache über Σ. Auch formale Sprachen lassen sich konkatenieren. Das Ergebnis ist eine neue Sprache. L 1 L 2 = {u v u L 1, v L 2 } Für L 1 = {ε, a, ab, ba} und L 2 = {b, bb} ist L 1 L 2 = {b, bb, ab, abb, abbb, bab, babb}. Hinweis: An diesem Beispiel erkennen wir auch einen wichtigen Unterschied zwischen dem Kreuzprodukt und der Konkatenation zweier Mengen. Zwar ist das Bildungsgesetz dasselbe (man muss jedes Element der ersten Menge mit jedem Element der zweiten Menge kombinieren), aber beim Kreuzprodukt bleiben die beiden Bestandteile als eigenständige Komponenten erhalten. Bei der Konkatenation dagegen werden die beiden Teile zu einem Wort verschmolzen, dem nicht mehr anzusehen ist, wie die Einzelbestandteile aussahen. So kann das Wort abb aus der Verkettung von a mit bb entstanden sein oder aus der Verkettung von ab mit b. In der Menge L 1 L 2 sind die beiden Paare (a, bb) und (ab, b) aber unterschiedliche Elemente. Durch Verkettung einer Sprache L mit sich selbst entsteht L 2 = L L. Diesen Vorgang kann man iterieren: L 3 = L 2 L, L 4 = L 3 L,...

Wortmengen, Formale Sprachen 7 Man definiert L 0 = {ε} L 1 = L L + = L 1 L 2... und L = L 0 L 1 L 2... Achtung! Die Schreibweise L n bzw. M n haben wir auch bereits für das mehrfache kartesiche Produkt einer Menge mit sich benutzt. Es muss jeweils aus dem Zusammenhang heraus klar werden, ob das Kreuzprodukt oder die Verkettung als Operation gemeint ist! Insbesondere ist für das 0-fache Kreuzprodukt M 0 = definiert, während für die 0-fache Konkatenation L 0 = {ε} gilt. Für ein Alphabet Σ kann man sich folgendes merken: Σ 0 = {ε} (die Menge mit dem leeren Wort, dem Wort der Länge 0) Σ 1 = Σ (die Menge aller einzelnen Zeichen, also alle Wörter der Länge 1) Σ 2 (die Menge aller Wörter, die aus zwei Zeichen bestehen, also alle Wörter der Länge 2) Σ 3 (die Menge aller Wörter, die aus drei Zeichen bestehen, also alle Wörter der Länge 3) usw. Σ + (die Menge aller Wörter, die aus mindestens einem Zeichen bestehen, also alle nichtleeren Wörter) Σ (die Menge aller Wörter mit beliebiger Länge, auch Länge 0) Bemerkung: Die Menge Σ enthält zwar in der Regel (wenn Σ nicht leer ist) unendlich viele Elemente (Wörter), aber jedes einzelne Wort hat eine eindeutige endliche Länge. Es gibt kein Wort mit unendlicher Länge, obwohl man keine Zahl als Obergrenze für die Längen von Wörtern angeben kann. Falls mehrere der Operationen, +,,,,, \ in einem Ausdruck vorkommen, so gelten folgende Prioritäten: und + binden am stärksten, dann, dann die Mengendifferenz \, dann, und das Kreuzprodukt bindet am schwächsten. Wir betrachten die Sprache L aller Wörter über Σ = {a, b, c}, die mit a oder mit b beginnen, gefolgt von einer geraden Anzahl von c s. L läßt sich so beschreiben: L = {α Σ α = xc 2n, x {a, b}, n N 0 } = {xc 2n x {a, b}, n N 0 } und so aufzählen: L = {a, b, acc, bcc, acccc, bcccc, acccccc, bcccccc,...} und L läßt sich allein durch Vereinigung, Konkatenation und Sternbildung aus elementaren Sprachen zusammensetzen, denn es gilt L = ({a} {b}) ({c} {c}) = {a, b} {cc} Noch ein Sei Σ ein Alphabet und zusätzlich N ein weiteres Alphabet mit Σ N =. Dann ist (N Σ) + \ Σ Σ N Σ {ε} die Menge aller Paare (α, β) für die gilt: α enthält eine beliebige Kombination aus Zeichen aus N oder Σ, wobei mindestens ein Zeichen aus N enthalten sein muss; β besteht entweder aus einem Zeichen aus Σ gefolgt von einem Zeichen aus N oder nur aus einem Zeichen aus Σ oder β ist leer. (So oder ähnlich werden in der theoretischen Informatik die Regeln einer Grammatik beschrieben.)

8 3 Funktionen 3.1 Funktionen als spezielle Relationen Wir haben bereits Relationen als Teilmenge eines Kreuzproduktes kennengelernt. Dabei ist über die Teilmengenbeziehung nichts Einschränkendes gesagt worden. Eine Relation kann leer sein, sie kann gleich dem vollen Kreuzprodukt sein oder einige Paare des Kreuzproduktes enthalten, andere nicht. Wenn jedoch eine Relation R M N rechtseindeutig ist, das heißt, dass jedes Element aus M in höchstens einem Paar der Relation vorkommt, dann sprechen wir von einer Funktion. Der Begriff rechtseindeutig erklärt sich aus der formalen Beschreibung: R M N ist rechtseindeutig, genau dann wenn aus (x, y 1 ) R und (x, y 2 ) R folgt, dass y 1 = y 2 ist. (Es kann in der Relation R zu einem linken Element x nicht zwei verschiedene rechte Elemente y geben.) Im Zuordnungsgraphen erkennt man rechtseindeutige Relationen (also Funktionen) daran, dass von jedem Element der ersten Menge höchstens eine Verbindung zu einem Element der zweiten Menge besteht. Im Koordinatensystem erkennt man Funktionen daran, dass es keine senkrechte Linie gibt, auf der mehr als ein Punkt der Funktion liegt. Falls jedes Element aus M einen Partner in N hat, so heißt die Funktion total, ansonsten heißt sie partiell. Bei totalen Funktionen führt also im Zuordnungsgraphen von jedem Element aus M genau ein Pfeil zu einem Element aus N, während es bei partiellen Funktionen Elemente aus M gibt, von denen kein Pfeil ausgeht. Funktionen werden häufig mit f, g, h,... bezeichnet. Statt f M N schreibt man f : M N (bei einer totalen Funktion ) bzw. f : M N (bei einer partiellen Funktion) und sagt f ist Funktion von M nach N und statt (x, y) f schreibt man f(x) = y. M nennt man Ausgangsmenge und N nennt man Zielmenge der Funktion. Wenn es zu einem x M kein y M mit f(x) = y gibt, dann heißt f an der Stelle x undefiniert und man schreibt dafür auch f(x) =. Bemerkung für alle, die aus der Schule die Begriffe Definitonsbereich und Wertebereich kennen: Der Definitonsbereich ist die Teilmenge von M, für die f definiert ist, der Wertebereich enthält alle diejenigen Elemente von N, die als Wert vorkommen. Für totale Funktionen ist also die Ausgangsmenge gleich dem Defintionsbereich; bei partiellen Funktionen ist der Defintionsbereich eine echte Teilmenge der Ausgangsmenge. a) Sei M = {7, 8, 9, 10, 11, 12} und N = {1, 2,... 9}, dann ist {(7, 9), (8, 4), (9, 1), (11, 1), (12, 4)} eine Funktion von M nach N. f ist nicht total, sondern partiell, weil es zum Element 10 M kein Element y = f(10) N gibt. b) Sei M die Menge aller männlichen Gäste einer Party, N die Menge der weiblichen Gäste. Die Relation v M N sei definiert durch v = {(m, n) m ist mit n verheiratet}. Ist v eine Funktion? Wenn ja, ist sie partiell oder total? Wie kann das Kreuzprodukt M N interpretiert werden? Dies hängt natürlich von den Gästen der Party ab: Wenn jeder männliche Gast verheiratet ist und seine Frau mitgebracht hat, ist v eine totale Funktion, auch wenn zusätzlich noch Frauen ohne Ehemänner anwesend sind. Wenn aber auch Männer ohne Ehefrauen da sind, ist v partielle Funktion. Falls ein Sultan mit seinem Harem oder ein Mormome mit allen seinen Frauen die Party besucht, ist v gar keine Funktion. Das volle Kreuzprodukt M N kann als Menge aller Paare, die miteinander tanzen können, interpretiert werden - wenn wir annehmen, dass nur Menschen unterschiedlichen Geschlechts miteinander tanzen ;). Eine Darstellungen als Aufzählung von Paaren (wie oben in Beispiel a)), als Tabelle oder durch einen Zuordnungsgraphen ist nur dann sinnvoll, wenn die Ausgangsmenge aufzählbar oder sogar endlich (und klein) ist.

Funktionen 9 Für Funktionen mit (unendlich) großer oder nicht aufzählbarer Ausgangsmenge (zum Beispiel R) muss man nach anderen Darstellungsarten suchen. Häufig kann man eine Zuordnungsvorschrift angeben - nämlich immer dann, wenn sich durch eine einheitliche Formel berechnen läßt, welcher y-wert zu einem x-wert gehört. f = {(x, y) R R y = x 2 } auch geschrieben als f : R R f(x) = x 2 Die Funktion enthält zum Beispiel die Wertepaare {..., ( 2, 4), ( 1, 1), (0, 0), (1, 1), (2, 4), (3, 9), (4, 16), (5, 25),...}, aber noch (überabzählbar) viele weitere wie z.b. ( 2, 2) und ( 2 3, 4 9 ). Die graphische Darstellung im Koordinatensystem zeigt die bekannte Normalparabel. Bemerkungen: a) Die Zuordnungsvorschrift alleine definiert noch keine Funktion! Wenn unterschiedliche Mengen M und N als Ausgangs- und Zielmengen betrachtet werden, ergeben sich unterschiedliche Mengen von Paaren, also unterschiedliche Funktionen. (Zum Beispiel ist das Paar ( 1 2, 1 4 ) in der oben definierten Funktion f enthalten, wäre es aber nicht, wenn wir die Ausgangs- und Zielmenge auf die Menge der natürlichen Zahlen N eingeschränkt hätten.) Wenn trotzdem manchmal etwas lässig von der Funktion f(x) = x 2 oder anderen gesprochen wird, so sind immer implizit die maximal möglichen Ausgangs- und Zielmengen (meistens R) gemeint. b) In der (Schul-)Mathematik werden i.a. nur totale Funktionen betrachtet und schlicht als Funktion bezeichnet. Stellen, an denen die Funktion nicht definert ist, müssen dann explizit aus dem Definitionsbereich ausgeschlossen werden. Der Begriff der partiellen Funktion erleichtert aber in manchem Fällen die Schreibweise. Nicht immer findet sich eine einheitliche Funktionsvorschrift für alle Werte der Ausgangsmenge, sondern es müssen Sonderfälle oder bestimmte Bereiche der Ausgangsmenge unterschiedlich beschrieben werden. f : R R 1 x für x < 0 f(x) = für x = 0 1 x für x > 0 Wenn man zwei Funktionen f : A B und g : B C hat, dann kann man diese Funktionen verketten (hintereinander ausführen), indem man zu einem Wert x A den Funktionswert f(x) bestimmt und diesen als neuen Ausgangswert für die Funktion g benutzt. Man setzt also den Wert f(x) in die Zuordnungsvorschrift der Funktion g ein und berechnet g(f(x)). Das Ergebnis der Verkettung ist eine neue Funktion h : A C. Man schreibt (Achtung Reihenfolge!) h = g f (Das Zeichen hat hier also eine andere Bedeutung als im Zusammenhang mit formalen Sprachen.) f : N N sei definiert durch f(x) = x + 3 g : N N sei definiert durch g(x) = 2x Dann ist h = g f : N N definiert durch h(x) = g(f(x)) = g(x + 3) = 2 (x + 3) = 2x + 6 Achtung, Klammern können notwendig werden! Für Relationen geht das auch: Wenn f A B und g B C zwei Relationen sind, dann läßt sich die verkettete Relation h A C

Rekursive, mehrstellige und nicht-arithmetische Funktionen 10 definieren, indem man vereinbart: Wenn (x, y) f und (y, z) g, dann ist (x, z) h. 3.2 Rekursive, mehrstellige und nicht-arithmetische Funktionen Man nennt eine Funktion rekursiv, wenn zur Bestimmung eines Funktionswertes auf andere, vorher zu bestimmende Werte derselben Funktion zurückgegriffen werden muss. Die Fakultätsfunktion fak : N N ordnet jeder natürlichen Zahl n das Produkt der Zahlen 1 bis n zu. Es ist also fak(1) = 1, fak(2) = 1 2 = 2, fak(3) = 1 2 3 = 6 usw. Allgemein ist fak(n) = 1 2 3 n. Eleganter (ohne Pünktchen) läßt sich das rekursiv formulieren: { 1 für n = 1 fak(n) = n fak(n 1) sonst Übrigens: man schreibt auch n! statt fak(n). Wenn der Ausgangsbereich einer Funktion selber bereits das Kreuzprodukt zweier oder mehrerer Mengen ist, nennt man die Funktion zwei- bzw. mehrstellig. Die bekannten Rechen-Opertoren sind Beispiele hierfür. Die Summe zweier (reeller) Zahlen kann als Funktion sum : R R R sum(x, y) = x + y aufgefasst werden, entsprechend Differenz und Produkt. Der Quotient ist dagegen nur eine partielle Funktion auf R R, da die Division durch 0 nicht definiert ist. Wie bei Relationen müssen natürlich auch bei Funktionen Ausgangs- und Zielbereich nicht unbedingt Zahlmengen sein. a) Die Zuordnung, die jedem Verkaufsartikel eines Einzelhändlers den Lieferanten zuordnet, ist eine Funktion von der Menge der Artikel in die Menge der Lieferanten. b) In der Statistik werden einer Menge von Ereignissen (z.b. Kopf oder Zahl beim Münzwurf) Wahrscheinlichkeiten zugeordnet. c) Die logische Negations-Funktion NOT : B B definiert durch NOT (true) = false und NOT (false) = true. Man schreibt auch a statt NOT (a). d) Die Funktion, die ein Wort über einem Alphabet Σ umdreht, also die Buchstaben in umgekehrter Reihenfolge aneinanderhängt, ist eine Funktion spiegel : Σ Σ mit spiegel(a 1 a 2... a n ) = a n a n 1... a 1. Diese Funktion{ läßt sich übrigens auch rekursiv definieren: ε für w = ε spiegel(w) = spiegel(v) a für w = av Σ + = Σ Σ Zweistellige Funktionen f (mit kleiner abzählbaren Ausgangsmenge A B, A = {a 1, a 2,... a n } und B = {b 1, b 2... b m }) werden gerne durch eine Tabelle angeben:

Funktionen 11 f a 1 a 2... a n b 1 f(a 1, b 1 ) f(a 2, b 1 )... f(a n, b 1 ) b 2 f(a 1, b 2 ) f(a 2, b 2 )... f(a n, b 2 ). b m f(a 1, b m ) f(a 2, b m )... f(a n, b m ) Die Funktionen AND : B B B und OR : B B B, die einem Paar (a, b) von Wahrheitswerten die Wahrheitswerte AN D(a, b) = a b bzw. OR(a, b) = a b zuordnen, sind durch diese Tabellen definiert: AN D false true false false false true false true OR false true false false true true true true Aber es sind auch kompliziertere Ausgangs- und Zielmengen denkbar. Als Beispiel wären deterministische Turing-Automaten zu nennen, zu deren Definition man u.a. eine Menge von Zuständen S, eine Menge von Band-Symbolen Γ (Gamma) und eine Menge von Steuerzeichen M braucht. Für eine Turingmaschine wird dann eine Zustandsüberführungsfunktion δ (delta) definiert, die jeder Kombination aus Zustand und Bandsymbol eine Folgekombination von Zustand, Bandsymbol und Steuerzeichen zuordnet. δ ist also eine Funktion mit Ausgangsmenge S Γ und Zielmenge S Γ M: δ : S Γ S Γ M. Bei nichtdeterministischen Turingautomaten ist diese Zuordnung nicht rechtseindeutig, also keine Funktion, sondern nur eine Relation: δ (S Γ) (S Γ M).

12 4 Folgen 4.1 Folgen als spezielle Funktionen Wir haben schon einige Funktionen betrachtet, deren Ausgangsmenge die natürlichen Zahlen N (oder N 0 ) oder ein endlicher Abschnitt N n 1 = {1, 2,... n} davon sind. Solche speziellen Funktionen nennt man auch Folgen. Folgen, deren Defintionsbereich = N (oder N 0 ) ist, werden unendlich genannt, andernfalls spricht man von einer endlichen Folge. Im Zusammenhang mit Folgen sind spezielle Schreibweisen gebräuchlich: Als Bezeichner für Folgen werden häufig a, b,... verwendet. Statt (n, m) a (wie bei Relationen) oder a(n) = m (wie bei Funktionen) schreibt man a n = m und nennt a n das n-te Folgenglied. In der Aufzählung aller Elemente einer Folge schreibt man nur die Werte der Zielmenge auf: (a n ) n N = (a 1, a 2, a 3,...), wobei die Klammern gelegentlich auch weggelassen werden. Die Folge der Quadratzahlen (q n ) n N = (1, 4, 9, 16, 25, 36,...) schreibt sich als Relation so: q = {(1, 1), (2, 4), (3, 9), (4, 16),...} N N, was man mit Hilfe einer Funktionsvorschrift so definieren kann: q : N N q(n) = n 2 Weitere Beispiele: a) (a) n N mit a n = 1 ist gleich (1, 1, 1,...) die konstante Folge mit dem Wert 1 b) (b) n N0 mit b n = ( 1) n ist gleich (1, 1, 1, 1, 1, 1, 1...) die alterniernde Folge allgemein heißen alle Folgen, deren Folgeglieder jeweils wechselndes Vorzeichen haben, alternierend c) (c) n N0 mit c n = 1 2 ist gleich (1, 1 n 2, 1 4, 1 8, 1 16...) d) (d) n N = (1, 4, 1, 5, 9, 2, 6, 5,...) eine Folge ohne erkennbares Bildungsgesetz Kleine Übung zwischendurch: Schreiben Sie die Folge a als Relation (in aufzählender Weise). Definieren Sie Folge b als Funktion. Stellen Sie die Folge c graphisch im Koordinatensystem dar. Bestimmen Sie das fünfte Folgenglied der Folge d. Der Ausgangsbereich einer Folge ist definitionsgemäß immer eine Teilmenge der natürlichen Zahlen; der Zielbereich muß keine Zahlmenge sein. Ist er es, (wie in allen Beispielen bisher,) so spricht man von Zahlfolgen. Es gibt aber genau so Punktfolgen (wenn der Zielbereich eine Menge von Punkten ist), Zeichenfolgen (wenn der Zielbereich eine Menge von Zeichen ist) usw. So betrachtet können wir die Wörter einer formalen Sprache auch als (endliche) Folgen ansehen: das Wort w = abba aus der Sprache Σ mit Σ = {a, b} ist nichts anderes als die Relation w = {(1, a), (2, b), (3, b), (4, a)} N Σ bzw. als die Funktion mit Ausgangsbereich = {1, 2, 3, 4}, Zielbereich Σ und der Zuordnung w(1) = a, w(2) = b, w(3) = b, w(4) = a.

Folgen 13 Dies entspricht auch der intuitiven Sprechweise, wenn wir die Wörter einer Sprache als Zeichenfolgen bezeichnen. Wie Funktionen können auch Folgen rekursiv definiert werden. Beispielsweise ist die Fibonacci-Folge (f) n N0 durch die folgende Rekursion definiert (eine sogenannte 2-Term-Rekursion): 0 n = 0, f n = 1 n = 1, f n 2 + f n 1 sonst 4.2 Summen und Produkte In vielen Anwendungen ist es erforderlich, die Elemente einer (endlichen) Folge zu addieren, also die Summe a 1 + a 2 + a 3 +... a n zu bilden. Dafür schreibt man auch kurz a i i heißt dabei Laufindex oder Summationsvariable. Der Laufindex kann durch jedes andere Symbol ersetzt werden: n a i = n j=1 a j = n k=1 a k Achtung! Hier haben wir wieder eine Doppelbezeichnung: der griechische Buchstabe Sigma wird sowohl als Summenzeichen verwendet als auch als Bezeichner für Alphabete. Wir müssen wieder aus dem Zusammenhang erkennen, was gemeint ist - was aber nicht schwer fallen sollte ;). Entsprechend der Summation wird auch gelegentlich das Produkt von Folgenelementen benötigt; hier wird der griechische Buchstabe Π (Pi) für die Kurzschreibweise benutzt: n a i = a 1 a 2 a n Die weiter oben schon betrachtete Fakultätsfunktion fak : N N läßt sich also kurz auch so schreiben: fak(n) = n! = n i Ein Ausdruck, der Ihnen auch noch häufiger (zum Beispiel in der Statistik) begegnen wird, ist der sogenannte Binomialkoeffizient (sprich: n über k ): Für n, k N 0 mit k n ist ( ) n n! = k k!(n k)! was sich mit dem Produktzeichen so scheiben läßt: ( ) n = k k n (i 1) i Eine Summe oder ein Produkt muss nicht zwingend beim Index 1 beginnen, häufig summiert bzw. multipliziert man auch vom Index 0 an a i = a 0 + a 1 +... + a n i=0 oder auch erst von größeren unteren Grenzen an: n a i = a 5 a 6... a n i=5

Summen und Produkte 14 Es kann passieren, dass obere und untere Grenze gleich sind, dann besteht die Summe nur aus dem einen Summanden bzw das Produkt nur aus dem einen Faktor: 5 a i = a 5 oder allgemein a i = a n und i=5 5 a i = a 5 oder allgemein i=5 i=n n a i = a n Falls die untere Grenze sogar größer als die obere Grenze ist, dann enthält die Summe überhaupt keinen Summanden, bzw. das Produkt keinen Faktor. Man spricht dann von der leeren Summe bzw. dem leeren Produkt. Der Wert der leeren Summe wird als 0 definiert, währende das leere Produkt den Wert 1 hat: n a i = 0 wenn m > n und a i = 1 wenn m > n i=m i=m i=n a) 5 i = 1 + 2 + 3 + 4 + 5 = 15 b) n j=1 j2 = 1 + 4 + 9 + 16 +... n 2 c) 6 k=3 d) n 1 i=n x i = 0 2k + 1 = (2 3 + 1) + (2 4 + 1) + (2 5 + 1) + (2 6 + 1) = 7 + 9 + 11 + 13 = 40 e) 4 k=0 1 k! = 1 0! + 1 1 + 1 1 2 + 1 1 2 3 + 1 1 2 3 4 = 1 + 1 + 1 2 + 1 6 + 1 24 = 65 24 2, 7083 f) Zwei Summen, die in der Statistik eine große Rolle spielen: das arithmetische Mittel x der Werte x 1, x 2,... x n ist definiert durch x = 1 n n x i und die Varianz s 2 ist definiert als s 2 = 1 n n (x i x) 2 Zwei Summen, die in der Informatik eine große Rolle spielen, sind i und 2 i (n N) Für beide Summen gibt es Formeln, die den Wert der Summe direkt angeben, und zwar ist n(n + 1) i = und 2 i = 2 n+1 1 2 i=0 In Verallgemeinerung der Kommutativ-, Assoziativ- und Distributivgesetze gelten für Summen folgende Rechenregeln: i=0 ca i = c a i und (a i + b i ) = a i + b i Hilfreich im Umgang mit Summen ist auch folgende Überlegung zur Indexverschiebung: Für jede Zahl k Z und für alle natürlichen Zahlen m < n gilt n+k a i = i=k a i k und a i = i=m Mit Hilfe dieser Formeln läßt sich zum Beispiel berechnen: 10 i=3 (2i 3) = 2 10 i=3 i 10 i=3 3 = 2 8 (i + 2) 8 2( 8 i + 8 2) 8 3 = 2( 8 9 2 m 1 a i 3 = + 8 2) 8 3 = 8 9 + 4 8 8 3 = 10 8 = 80 a i