Mangelernährung bei chronischer Inflamation Gibt es Krankheitsspezifika? Tumorerkrankungen http://www.duden.de/_media_/full/b/blume-201100280001.jpg
Dr. rer. nat. Melanie Ferschke 1992 1997 Studium der Oecotrophologie an der Justus Liebig-Universität in Giessen 1998 2001 Promotion an der technischen Universität in Darmstadt Seit 2003 Selbstständig im Bereich Ernährungstherapie mit klinischer Ernährung Seit 2011 Aufbau und ernährungswissenschaftliche Leitung des Ernährungsteams im Klinikum Hoechst (Maximalversorger mit 956 Betten)
Das Tumorkachexiesyndrom ist das häufigste paraneoplastische Syndrom und betrifft etwa die Hälfte der Patienten mit einer malignen Tumorerkrankung. Bei 31 87 % (je nach Tumorentität) vorhandener Gewichtsverlust bei Diagnosestellung Es handelt sich um komplexe Zusammenhänge, die nur zum Teil geklärt sind
Symptome Tumorkachexie - Anorexie - Verlust von Muskelmasse - Verlust von Fettgewebe - Fatigue - Verlust von Lebensqualität
Folgen der Tumorkachexie - Verlust von Lebensqualität - Eingeschränkte Leistungsfähigkeit - Verstärkung der Therapienebenwirkungen - Reduziertes Ansprechen auf die Tumortherapie - Therapieabbrüche
Formen der Tumorkachexie - Präkachexie: Assymptomatische entzündliche Veränderungen mit geringem Gewichts- und Muskelmasseverlust - Refraktäre Kachexie: schwerster Muskelschwund und geringem Leistungsstatus
Auslöser Tumorkachexie -Auslöser endogene und exogene Faktoren Exogene Faktoren - Chemotherapie (Veränderung von Geschmacksund Geruchssinn, Mukositis) - Strahlentherapie (Durchfälle, Übelkeit) - Operationen - Lange Krankenhausverweildauer - Verlust von Selbstständigkeit
Folgen exogener Auslöser - Veränderung von Geschmacks- und Geruchssinn, - Mukositis - Durchfälle - Übelkeit und Erbrechen - Verstärkung der Appetitlosigkeit - Entwicklung von Aversionen
MSD Patientenbroschüre zu Übelkeit und Erbrechen
Folgen exogene Faktoren - Abneigung gegenüber Essen - Einseitiges Essen - weiterer Kraftverlust - weiterer Verlust von Lebensqualität - Reduzierte Erkrankungsprognose
Endogene Faktoren - Es werden Stoffe sowohl von den Tumorzellen als auch von den immunologisch aktiven Zellen abgegeben - Proinflammatorische Zytokine wie Tumornekrosefaktor TNF alpha, Interleukin 1 beta und Interleukin 6 chronische systemische Inflamation - CRP und Fibrinogen erhöht - Erniedrigte Gesamteiweissspiegel, Albumin und Cholinesterase
Anorexie Krebserkrankungen POMC: Proopiomelanocortin, CART: cocaine und amphetamine regulated transkript NPY: Neuropeptid Y, AgRP: agouti related Protein Y. Zopf, H.J. Hermann Onkologe 2016, 22:233-240
Muskel- und Fettmasseverlust - Ungleichgewicht zwischen anabolen und katabolen Vorgängen - Katabole Vorgänge : systemische Inflamation und tumorspezifische Mediatoren
Katabole Stoffwechsellage LMF: Lipid mobilisierender Faktor, PIF: proteolyse induzierender Faktor, TNF Tumornekrose- Faktor, INF: Interferon, IL Interleukin Y. Zopf, H.J. Hermann Onkologe 2016, 22:233-240
Problem: Adipositas - Bei Adipösen wird der Verlust der Muskelmasse spät erkannt BIA-Messung - Oft sind Pat. erstmal froh über den Gewichtsverlust - Gewichtszunahme unter der Therapie häufig nur Wassereinlagerungen, aber die Möglichkeit zum Muskelaufbau weiter vorhanden, Bedarf an Eiweiss
Praktische Umsetzung - Jeder Pat. sollte Zugang zur einer adäquaten Ernährungstherapie erhalten - Sorgfältige Anamnese - BIA-Messungen sollten durchgeführt werden - orale Optimierung, da Bedarfe anders sind - Bewegung mit Einbauen - Ggfls. ein frühzeitiges Beginnen der enteralen oder parenteralen Ernährungstherapie
Fazit ernährungsmedizinische Schlussfolgerung Aufgrund der systemischen Inflammation hat der Pat. einen anderen Bedarf. Die Ernährungsmedizin muss frühzeitig als supportive Therapie mit in die Therapieplanung aufgenommen werden. Es sollte ein flächendeckendes Screening auf Mangelernährung bei allen onkologischen Patienten erfolgen.