Werkzeuge und Kriterien zur Straßenraumgestaltung



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Transkript:

Kompendium II: Werkzeuge und Kriterien zur Straßenraumgestaltung Beim ersten Arbeitsteil im Workshop Kirchhatten 2.0 wurde die Ortsdurchfahrt in 5 Abschnitte geteilt und alle Mitmachenden (16) konnten je 7 Punkte pro Person und Abschnitt verteilen: Folgende Punkte wurden vergeben: Abschnitt 1: 115 Punkte Abschnitt 2: 110 Punkte Abschnitt 3: 111 Punkte Abschnitt 4: 111 Punkte Abschnitt 5: 113 Punkte Das entspricht genau 16 x 7 x 5 = 560 Punkten In den einzelnen Abschnitten wurden jeweils Klassen der Wichtigkeit einzelner Kriterien gebildet; über 10% der in diesem Abschnitt vergebenen Punkte, unter 10% der im Abschnitt vergeben Punkte und unter 5%. In den Tabellen ist nur die wichtigste Klasse hervorgehoben; das Kriterium Barrierefreiheit wurde nicht klassiert, da es grundsätzlich immer mit berücksichtigt werden soll. Den Kriterien wurden sogenannte Werkzeuge gegenüber gestellt. Die Werkzeuge sind dem Regelwerk Richtlinie zur Anlage von Stadtstraßen RASt 06 entnommen. Die Kriterien (im Folgenden auch Ansprüche oder Nutzungsansprüche genannt und die Werkzeuge wurden anschließend in einer Kreuztabelle gegenübergestellt und beurteilt. Jedes Werkzeug hat Vor- und Nachteile, die sich je nach Ausführung und Anwendung unterschiedlich auswirken können. Der Zusammenhang Werkzeug - Anspruch wurde in 4 Kategorien eingeteilt: unterstützt den Anspruch Vorund Nachteile ohne direkte Wirkung konterkariert den Anspruch Das blaue Feld zeigt, dass das Werkzeug, richtig eingesetzt, den Anspruch unterstützen kann, es arbeitet ihm zu. Das graue Feld zeigt, dass es sowohl Vor- als auch Nachteile gibt, die sich die Waage halten; das Werkzeug ist ambivalent. Das weisse Feld zeigt, dass es keine direkte Auswirkung auf den Anspruch hat, es nicht behindert, aber auch nicht nach vorne bringt. 1 Dipl.-Ing. Jens Wiesemann

Das rote Feld schließlich zeigt, dass dieses Werkzeug dem Anspruch nicht förderlich ist, es verschlechtert die Chancen, dass der Anspruch tatsächlich erfüllt werden kann. Die Einschätzung der Wirkungen der Werkzeuge beruhen auf Erfahrung und Beobachtungen im Laufe der Jahre. Darüber hinaus werden diese Kriterien durch die Randbedingungen der gültigen Regelwerke (z.b. der engen Bandbreite von zulässigen Fußgänger- und Kfz-Strömen zu Genehmigungsfähigkeit von Fußgängerüberwegen (FGÜ, auch Zebrastreifen genannt) nach der Richtlinie zur Anlage und Ausstattung von Fußgängerüberwegen R-FGÜ 2001 oder den Grenzwerten nach Richtlinie für die Anlage von Stadtstraßen RASt 2006 ergänzt und bewertet. Die Ansprüche wurden in der Arbeitskreissitzung Kirchhatten Shared Space 2.0 am 11.6.2014 von den anwesenden Arbeitskreismitgliedern durch Punktevergabe für die einzelnen Straßenabschnitte (5) nach persönlich eingeschätzter Wichtigkeit bewertet und so eine Rangfolge der Wichtigkeit verschiedener Ansprüche erstellt. Die Werkzeuge aus der RASt 06 lauten wie folgt: Hoher, halbhoher, niedriger Bord, Längs-, Schräg-,, gemeinsamer Geh-/,,, separat geführter, Zebrastreifen mit Die (insgesamt 24) Werkzeuge werden nachfolgend im Kontext zum jeweiligen Anspruch einzeln bewertet und erklärt. Dabei wird versucht, Bezug auf die Situation vor Ort zu nehmen. 2 Dipl.-Ing. Jens Wiesemann

Gemeinsamer Geh- / Separat geführter Zebrastreifen mit Geschwindigkeitsdämpfung Geschwindigkeitsdämpfung: Sie wird vor allem durch geringe Straßenbreiten und punktuelle en unterstützt. n, und n sind bei erfolgreicher Geschwindigkeitsdämpfung passende, unterstützende Bausteine. Durch optische der Fahrbahn () sowie tatsächlicher Verschmälerung () wird eine Verkehrsberuhigung wirkungsvoll unterstützt. n verschwenken die Fahrwegachse und helfen, die Linearität aus der Straßenführung zu nehmen und damit das Geschwindigkeitsniveau zu drosseln. e bewirken durch ihre besondere Bauart in sich schon eine Geschwindigkeitsdrossel, weil sie keine Vorfahrtsberechtigung für angeschlossene Straßen haben. Die Art der Parkstände (das Parken auf der Straßen generell) hat eine positivbremsende Wirkung (Parksuchverkehr), birgt aber auch Risiken (beim Ausparken, Platzbedarf, Sichtbarkeit kleinerer Verkehrsteilnehmer zwischen parkenden Autos) in sich. Fußgängerüberwege ohne werden in Bezug auf ihre Sicherheit meist zu stark eingeschätzt. Bedarfsampeln sind zwar generell relativ sicher, aber sie wirken nur punktuell. Insbesondere zur Geschwindigkeitsdämpfung können sie nur dann etwas beitragen, wenn ein regelmäßiges Überquerungsbedürfnis herrscht. 3 Dipl.-Ing. Jens Wiesemann

Gemeinsamer Geh- / Separat geführter Zebrastreifen mit Sozialer Aufenthalt Sozialer Aufenthalt: Unter sozialem Aufenthalt wird hier die Möglichkeit, den Straßenraum nicht nur für verkehrliche Zwecke, sondern für Aufenthalt, Kommunikation, Kinderspiel im Seitenraum usw. zu benutzen. Das wird besonders durch die auch mit der Geschwindigkeitsdämpfung wichtigen Mittel der maßvollen Fahrbahnbreiten und der n unterstützt. Die Höhe der Borde ist ambivalent: Einerseits helfen sie, unerwünschten Autoverkehr aus den Seitenräumen fernzuhalten, andererseits verleiten sie aber auch dazu,, den Straßenraum als Eigentum mit den dazugehörenden eigenen Regeln zu verstehen. Ähnlich wirken Parkierungsanlagen, die einerseits die Fahrzeuge im Straßenraum integrieren, aber auch für eine optische Dominanz sorgen, die Kommunikation nicht unbedingt fördert. Auch ein ist kein den Aufenthalt förderndes Element, weil er vor allem verkehrliche Aufgaben hat und mit mehr Verkehr als die Zulaufstrecken fertig werden muss. anlagen und Überquerungshilfen wirken sich nur wenig auf die Qualität des Aufenthalts aus. 4 Dipl.-Ing. Jens Wiesemann

Gemeinsamer Geh- / Separat geführter Zebrastreifen mit Verkehrssicherer Aufenthalt Verkehrssicherer Aufenthalt: Sicherer Aufenthalt entspricht dem Bedürfnis der nichtmotorisierten Verkehrsteilnehmenden, insbesondere vor Kfz-Verkehr gesichert zu sein. Aber auch die motorisierten Verkehrsteilnehmenden sollen sicher auf der Straße fahren können. Dementsprechend sind besonders die separierenden Werkzeuge wie ausreichende Fahrbahnbreiten mit Geh- und en, hohen Borden und n (auch mit Fußgängerüberweg möglich) sowie ( Druckknopfampeln ) für diesen Aspekt wichtig. Die Betrachtung entspringt der konservativen Sichtweise, dass alles, was seine eigene Fläche hat, auch sicher sein muss. Problematisch wird dementsprechend, wenn keine klaren Grenzen gezogen sind, wie das bei der sogenannten weichen Trennung durch n der Fall sein kann. Park-, Geh- und Radfahrflächenzuweisungen werden in diesem Zusammenhang als dem Anspruch zuträglich, aber nicht ohne Nachteile gesehen: Durch die Verstellung des Straßenraums wird die Übersichtlichkeit eingeschränkt, insbesondere kleinere Menschen werden wegen parkender Autos oft nicht gesehen. und sind zwar sicher, werden oft aber nicht sofort so empfunden ( subjektive Sicherheit ). Umgekehrt bei en: Sie werden als sicher empfunden, obwohl sie es (wegen z.b. kreuzendem Fußverkehr oder anderen kreuzenden Verkehren) nicht unbedingt sind. Gleiches gilt für Fußgängerüberwege, insbesondere die ohne n. e können wegen der Vielzahl der in sehr kurzer Zeit zu treffenden Entscheidungen bei hoher Verkehrsstärke auch eine Gefährdung besonders für den nichtmotorisierten Verkehr darstellen. 5 Dipl.-Ing. Jens Wiesemann

Gemeinsamer Geh- / Separat geführter Zebrastreifen mit Querungsmöglichkeit Radverkehr Querungsmöglichkeit des Radverkehrs: Für gute Überquerung von Straßen ist für den Radverkehr jeder höhere Bord hinderlich. Hohe Borde sind nicht mit dem Ziel guter Überquerbarkeit vereinbar, dazu müssen sie abgesenkt werden. Gleiches gilt für längs der Straße verlaufende Parkstände, die eine leichte Überquerung des Straßenraums für Radfahrende durch ihre Baulichkeit unmöglich machen. e müssen u.u. gekreuzt werden, was eine weitere Gefährdung (Unachtsamkeit beider Verkehrsteilmenden) darstellen kann. Auf Fußgängerüberwegen müssen Radfahrende absteigen, weswegen auch diese Werkzeuge als kontraproduktiv angesehen werden können. Von en, und, schmalen Fahrbahnen und en (soweit sie als Überquerungshilfen eingerichtet sind) sowie n kommen der Überquerbarkeit des Radverkehrs zu Gute. Gemeinsame Geh- und e stellen insbesondere bei hohen Verkehrsstärken der nichtmotorisierten Verkehre eher ein Gefahrenpotential als eine gute Lösung dar. Sie sind aber auf Mischflächen de facto nicht zu umgehen, obwohl dort nicht von gemeinsamen Geh- und en gesprochen wird, weil die Flächen allen Nutzungen offen stehen sollen. 6 Dipl.-Ing. Jens Wiesemann

Gemeinsamer Geh- / Separat geführter Zebrastreifen mit Querungsmöglichkeit Fußverkehr Querungsmöglichkeit des Fußverkehrs: Diese Querungsmöglichkeiten werden durch Parkflächen eher behindert und gefährdet (kleinere Menschen werden zwischen den parkenden Autos nicht rechtzeitig erkannt). Gleiches gilt für vorgelagerte e, die ein Gefährdungspotential in sich bergen, wenn der Fußverkehr e mit hohen Verkehrsstärken überqueren muss. Auch ein eigener ist nicht ohne Gefährdungspotential, weil dieser nach dem Überqueren ja auch wieder gefahrlos erreicht werden muss, was durch Radverkehr oft erschwert und gefährdet wird. Positiv sind kurze Wege über schmale Fahrbahnen und Engstellen (soweit sie dafür hergerichtet worden sind), zum leichteren Überqueren mehrerer Fahrspuren sowie, weil sie ein Nacheinander mehrerer Überquerungsvorgänge zulassen. Fußgängerüberwege werden wegen ihrer immer wieder festgestellten Sicherheitsmängel in Bezug auf die Wirksamkeit des Vortritts des Fußverkehrs als eher nicht so sicher und der Querung des Fußverkehrs nicht im vollen Maße zuträglich angesehen. Gleiches gilt für e, deren Sicherheit auch deutlich höher für die Querungssicherheit angesehen wird, deren Separierung aber Probleme z.b. mit dem Radverkehr oder Parken/Liefern/Laden hervorrufen kann. Insbesondere die ist dann für Fußverkehrsquerungen als positiv zu betrachten, wenn Menschen mit Mobilitätsbeeinträchtigungen die Straße überqueren wollen. 7 Dipl.-Ing. Jens Wiesemann

Gemeinsamer Geh- / Separat geführter Zebrastreifen mit Ruhender Verkehr Ruhender Verkehr: Für den Ruhenden Verkehr (= parkende Autos) ist eine minimale Fahrbahnbreite ein negatives Kriterium, zumindest, wenn die Fahrzeuge im Straßenraum auf der Fahrbahn abgestellt werden sollen. An en kann kein Parken gestattet werden, wenn die Straße durchgängig befahrbar sein soll. Bordbegrenzungen haben sowohl positive als auch negative Auswirkungen auf das Parken; einerseits schaffen Borde Ordnung, jeder Mensch weiß, wo die Fahrbahn zu Ende ist und wo der Seitenraum beginnt. Hohe Borde verhindern wildes, d.h. unerwünschtes Parken in den Seitenräumen. Soll das Parken im Seitenraum gestattet werden, sind niedrige Borde oder n das geeignete Mittel, dies zu unterstützen. So wirksam die einzelnen Werkzeuge in Ihrer fachgerechten Nutzung sind, so wenig unterstützen sie das jeweilige Gegenteil; ein leicht überfahrbarer Bord kann das Parken erleichtern aber nicht verhindern und umgekehrt. Verschiedene Anordnungen zum Parken unterstützen das gewollte Abstellen von Fahrzeugen, ebenso e, weil sich die Ordnung im Seitenraum fortsetzt. e unterstützen diese Ordnung zwar auch, aber durch die höhere Geschwindigkeit auf den en kann das Unfallpotential durch den Konflikt durch unsauberes Ein-/Ausparken und schnelles Befahren des s gesteigert werden, weswegen das Element im Seitenraum ambivalent zu sehen ist. Separat geführte e haben keine Berührungsflächen mit dem Autoverkehr und sind deswegen positiv zu sehen. n werden durch Parkverkehr dominiert, Autos beeinträchtigen die Aufenthaltsqualität (z.b. wird das Spielen von kleinen Kindern im Seitenraum auch unter Aufsicht keine wirkliche Aufenthaltsqualität, wenn die Eltern jederzeit mit Parkverkehr rechnen müssen). tragen den Konflikt des an den Fahrzeugen vorbeigeführten Radverkehrs und dem unbedachten Ausparken bereits in sich und vertragen sich nicht sofort. dürfen nicht von Kfz überfahren werden und eigenen sich nicht, um Parkstände außerhalb der Fahrbahn einzusetzen. n, Fußgängerüberwege, und e sind nicht dem Parken zuträglich, weil sie die Zugänglichkeit zu Parkflächen erschweren oder das Parken sich dort ganz verbietet. 8 Dipl.-Ing. Jens Wiesemann

Gemeinsamer Geh- / Separat geführter Zebrastreifen mit Grün Grün: Begrünung ist im Planungsraum kein globales, sondern eher ein lokales Thema. Kirchhatten ist sehr schön durchgrünt. An einigen Stellen könnte es im Straßenraum noch sinnvoll ergänzt werden. Manche en der Fahrbahn erhalten durch Grün erst ihre Berechtigung, wenn die z.b. als Pflanzbeet oder sogenanntes Baumtor ausgebildet ist. Hohe oder halbhohe Borde schützen die Pflanzen besser als überfahrbare Elemente, wenn das gewünscht wird. Besonders, aber auch reine e profitieren sehr vom Grün, da das Verweilen und die langsamste Fortbewegungsart durch Begrünung als besonders angenehm empfunden wird, besonders im Sommer. Alle anderen Nutzungen können von Begrünung auch profitieren, aber es gibt auch Gegenargumente, dass z.b. Straßenbäume einerseits Laubfall und andererseits Verschattung ansonsten heller Zimmer mit sich bringen. 9 Dipl.-Ing. Jens Wiesemann

Gemeinsamer Geh- / Separat geführter Zebrastreifen mit Radverkehr auf der Fahrbahn Radverkehr auf der Fahrbahn: Das Radfahren auf der Fahrbahn wird subjektiv als unsicherer als auf separaten en oder einfach im Seitenraum empfunden. Da der Radverkehr in Bezug auf die Geschwindigkeit aber deutlich näher am Kfz-Verkehr liegt, ist diese Empfindung oft trügerisch. Radverkehr auf der Fahrbahn bringt die Radfahrenden ins Blickfeld des motorisierten Verkehrs, was die Sicherheit erhöht. Es sollten aber flankierende Maßnahmen ergriffen werden, um die Sicherheit zu erhöhen: So sind en ohne weitere Maßnahmen für Radverkehr auf der Fahrbahn einer stärker befahrenen Straße eher nicht zu empfehlen, weil der motorisierte Verkehr mit zu geringem Abstand in der am Radverkehr vorbeifahren und die Radfahrenden gefährden könnte. Die Verbindung von Rad- oder (mit farbig kontrastierender Oberfläche) hilft dagegen deutlich, eine vorgesehene Geschwindigkeitsdämpfung umzusetzen. Die Aufenthaltsqualität insbesondere hochwertig gestalteter Plätze steigt durch dem fließenden Verkehr zugeordnete Radverkehrsflächen, der Seitenraum wird ruhiger. Parkstreifen in Längsanordnung sind noch am besten mit Radverkehren auf der Fahrbahn kombinierbar, da über Vorblick und Rückblickspiegel der Autofahrenden gute Sichtverhältnisse herrschen. Schräg- oder Senkrechtaufstellungen sollten dagegen wegen der großen toten Winkel nicht mit Radverkehr auf der Fahrbahn kombiniert werden, wenn der Kfz-Verkehr nicht mit sehr geringem tatsächlichem Geschwindigkeitsniveau unterwegs ist. Radverkehr auf der Fahrbahn gibt den Radfahrenden einen besseren Schutz als im Seitenraum, besonders dort, wo Radfahrende Autoverkehr kreuzen: Sie sind immer im Blickfeld des Autoverkehrs. Dafür eignen sich besonders Schutz- und. sind breiter als und müssen vom Radverkehr benutzt werden. Bushaltestellen auf der Fahrbahn unterbrechen zwangsläufig den Radverkehr, Theoretisch geht davon ein Sicherheitsplus aus, wenn die Radfahrenden hinter einem Bus warten würden. Praktisch begibt sich der Radverkehr aber in eine Gegenverkehrssituation, weil selten gewartet wird. Fährt der Bus während dieses Vorgangs an, kann es kritisch werden. Die Kombination von Radverkehr und Bushaltestellen auf der Fahrbahn können bei nicht deutlich gedämpftem Geschwindigkeitsniveau problematisch sein. 10 Dipl.-Ing. Jens Wiesemann

Gemeinsamer Geh- / Separat geführter Zebrastreifen mit Radfahren auf der Nebenanlage Radfahren auf der Nebenanlage/im Seitenraum: e, die von der Fahrbahn getrennt geführt werden, unterliegen bestimmten Voraussetzungen nach StVO bzw. VwV-StVO. Die Benutzungspflicht leitet sich u.a. daraus her (ERA 2010), dass es aus Gründen der Verkehrssicherheit erforderlich ist und dass genügend Fläche für den Fußverkehr bei Anordnung von en übrig bleibt. Das ist beim Konzipieren von getrennten Radverkehrsanlagen im Seitenraum zu berücksichtigen: Es muss genügend Platz für Fußverkehr übrig bleiben. n sind leicht vom Kfz-Verkehr überfahrbar, weswegen in diesen Bereich kaum Schutz wie gewünscht (durch Trennung mittels Borden) zur Verfügung steht. Radfahr- und sind dementsprechend das Gegenteil des besonderen Schutzwunsches, weswegen sie als kontraproduktiv zu diesem Anspruch eingestuft werden (ohne deutlich weniger Schutz als der im Seitenraum zu bieten). Schutz- und schließen von sich aus e in den Seitenräumen aus. Im Bereich von Fußgängerüberwegen ist das Konfliktpotential wegen der gesicherten Überquerung der Fußgänger und den meist direkt daran angrenzenden en nicht unproblematisch. Den Vortritt genießt der Fußverkehr nur dann, wenn die Markierung (Zebrastreifen) auch über den gezogen wurde, sonst nicht (vgl. 26 (4) StVO)! Allein dieses Detailwissen von verkehrsteilnehmendem Fuß- und Radverkehr zu erwarten, der keiner echten Tauglichkeitsprüfung unterworfen ist, zeigt die Schwierigkeit der Kombination beider Elemente. Deswegen wird dieses hier als problematisch eingestuft, obwohl es eine auf unseren Straßen häufiger vorkommende Variante ist. 11 Dipl.-Ing. Jens Wiesemann

Gemeinsamer Geh- / Separat geführter Zebrastreifen mit Sicherer Fußverkehr Sicherer Fußverkehr: Sicherer Fußverkehr profitiert vor allem von mäßigen, gedämpften Geschwindigkeiten aller anderen Verkehrsarten (hier relevant) oder überhaupt keinem anderen Verkehr (hier nicht relevant). Im Seitenraum wird Fußverkehr besonders durch Borde gesichert. n sind nur dann für Fußverkehr sicher, wenn das Geschwindigkeitsniveau des übrigen Verkehrs eher dem Fußverkehr als dem normalen Kfz-Verkehr angeglichen ist. Das ist nicht immer über eine längere Wegstrecke zu gewährleisten, weswegen n hier als problematisch angesehen werden. Situationsbezogen können sie aber in bestimmten Situationen (z.b. Platzbereiche mit vorgeschalteter Geschwindigkeitsdämpfung und hoher Aufenthaltsfunktion) eingesetzt werden. Gemeinsame Geh- und e haben enge Grenzen und sollten, wenn möglich, vermieden werden. Dazu folgendes Diagramm aus der ERA 2010: Es wird deutlich, dass eine erhebliche Mindestbreite von 2,50 m vorhanden sein muss, damit überhaupt gemeinsamer Fuß- und Radverkehr abgewickelt werden kann. Auch die Obergrenzen sind sehr schnell erreicht, weswegen dieses Werkzeug hier eher als Notbehelf für nutzungsarme Räume zu sehen ist. Bushaltestellen im Seitenraum führen zu verengten Nebenalgen und können bei Platzmangel zu Konflikten zwischen Fuß- und Radverkehr beitragen. e sowie Fußgängerüberwege genießen zwar hohes Ansehen in Bezug auf subjektive Sicherheit, sind es aber erwiesenermaßen nicht oder nur in engen Grenzen. In Bezug auf die Fußverkehrssicherheit werden sie nicht nur positiv beurteilt. 12 Dipl.-Ing. Jens Wiesemann

Gemeinsamer Geh- / Separat geführter Zebrastreifen mit Barrierefreiheit Barrierefreiheit: Barrierefreiheit sollte schon längst Allgemeingut sein. Im Ranking der einzelnen Abschnitte wird deswegen auch keine Wertung vorgenommen. Es gibt grundsätzlich nur wenige Werkzeuge, die der Barrierefreiheit (und dabei jeweils auch nicht für alle gruppen des Handicaps) abträglich sind. Es sind dies (besonders für Blinde) der gemeinsame Geh- und sowie der einfache. Beim einfachen ist entscheidend, dass er bei bloßer optischer Markierung von Blinden nicht ertastet bzw. wahrgenommen werden kann. Darin unterscheidet er sich von Schutzoder, die in den meisten Fällen mit Bord oder Rinne vom Seitenraum abgetrennt und klar erkennbar für Blinde sind. -Gemeinsame Geh- und e habe hier für Blinde die gleichen Nachteile wie schon im Anspruch sicherer Fußverkehr benannt. Hier kommt hinzu, dass Radfahrende in der dieser Verkehrsart eigenen Geschwindigkeit das Handicap übersehen können und es zu kritischen Situationen kommen kann. Aufgrund der unterschiedlichen Ansprüche von mobilitäts-, sinnes- und kognitätsbeeinträchtigten Personen sind viele der Werkzeuge ambivalent zu beurteilen, was für Blinde gut ist, kann für Rollstuhlfahrende eine unüberwindliche Hürde darstellen (z.b. hohe Borde). n stellen für Blinde dann eine Gefährdung dar, wenn ihr Anfang oder Ende in der Breite nicht taktil erfassbar sind. Radverkehr vom Bereich des Fußverkehrs zu trennen kommt Personen mit Handicap egal welcher Art zu Gute, weil die Orientierung und Fortbewegung im Straßenraum störungsfreier erfolgen kann. Geschwindigkeitsdämpfung unterstützt neben der besseren Überquerbarkeit auch die Blinden, sich per Gehör zu orientieren, weil der Straßenraum im Allgemeinen leiser wird. 13 Dipl.-Ing. Jens Wiesemann

Gemeinsamer Geh- / Separat geführter Zebrastreifen mit Flächennutzung durch Gewerbe Flächennutzung durch Gewerbe: Neben der Straßenmöblierung hat besonders bei Straßen und Plätzen mit hohem Aufenthaltsanspruch die Nutzung durch Betriebe des Gaststättengewerbes einen hohen Stellenwert, um die Aufenthaltsqualität zu steigern. Diese Nutzung verträgt sich allerdings nicht mit allen Werkzeugen. Geh- und e sind immer dann auch ein Problem, wenn der Platz zum Aufstellen von Tischen und Stühlen knapp bemessen ist. Insbesondere, wenn e entlang geführt werden sollen, ergeben sich oft Konflikte wegen zu kleinen Restflächen für den Fußverkehr. e in direkter Nachbarschaft zu solchen Nutzungen sind wegen des oft relativ hohen Geschwindigkeitsniveaus im Radverkehr ebenfalls als nicht konfliktfrei zu beurteilen. Besonders bei gemeinsamen Geh- und en besteht die Gefahr, dass Unachtsamkeit auf Seiten der Angebotsnutzer und der Verkehrsteilnehmer zu kritischen Situationen führen können. An en ist in direkter Nähe dazu eine Flächeneinschränkung durch gewerbliche Flächennutzung wegen der nötigen Sichtbeziehungen und auch wegen der Emissionen durch den Kfz-Verkehr als eher kritisch zu sehen. Bushaltestellen im Seitenraum sind Flächenintensiv; dort muss schon überdurchschnittlich viel Fläche zur Verfügung stehen, um ein für alle Beteiligte gutes Angebot erstellen. Insbesondere die Elemente/Werkzeuge, die rollenden Verkehr in einem bestimmten Abstand zu dieser Nutzungsart halten, können positive Auswirkungen haben. Dazu gehören neben den Borden auch die Radfahr- und. 14 Dipl.-Ing. Jens Wiesemann