Akuter Schlaganfall - was kann man tun?

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Transkript:

Akuter Schlaganfall - was kann man tun? Priv.-Doz. Dr. Jan Sobesky, Klinik und Poliklinik für Neurologie Uniklinik Köln Kerpenerstr. 62, 50924 Köln Tel.: ++49-221-478-6696 Fax.: ++49-221-478-6695 jan.sobesky@uk-koeln.de Jan Sobesky Klinik und Poliklinik für Neurologie Direktor: Univ.-Prof. Dr. G. R. Fink

Schlaganfall: Eckdaten Kölner Notfalltag Dritthäufigste Todesursache häufigste neurologische Erkrankung zerebrale Funktionseinbuße gefährdet soziale u. berufliche Stellung Inzidenz: Letalität: Invalidität: im Mittel 200 pro 100.000 Einwohner/Jahr 10-30 % im 1. Monat 30 % auf Dauer Arten: - 70% Ischämie - 20% Blutung - 10% Sonstige

Ätiologie der zerebralen Ischämie Vakulitits Ätiologie (TOAST) Kardioembolisch Unbekannt Makroangiopathie Mikroangiopathie % 26 23 21 21 Dissektion Andere Mehrere 4 7 Grau et al 2001 Lokaler Blutmangel =Sauerstoffmangel Albers 2000

Time is brain - warum? Blutmangel = Sauerstoffmangel Größe des Zellschadens Zusammenbruch des Energiestoffwechsels Sekundäre Schädigung durch toxische Substanzen Entzündungsprozesse Minuten Stunden Tage Wochen

Bildgebung = Basis der Schlaganfalltherapie Hypoperfusion? (größtmöglicher Infarkt) Penumbra mismatch Infarziertes Gewebe? (kleinstmöglicher Infarkt) CCT PET Stroke MRT - Was ist bereits infarziert? - Was ist minderdurchblutet, aber noch lebensfähig?

Native Computertomographie (CCT) Kölner Notfalltag Technische Daten: - Schichtuntersuchung mittels Röntgenstrahlen - Dauer ca. 5 Minuten - gute Verfügbarkeit - gute Überwachungsmöglichkeit Fragen: - intrazerebrale Blutung? - andere Hirnerkrankung? - demarkierter Infarkt? CCT wenige Stunden nach Beginn einer linksseitigen Lähmung

Kernspintomographie (MRT) Technische Daten: - Schichtuntersuchung anhand eines Magnetfeldes (Schrittmacher! Implantate!) - Schlaganfall-Sequenzen notwendig - Dauer ca. 15 Minuten - geringere Verfügbarkeit als CCT - Überwachung schwierig Aussagen: 1. welches Gebiet ist bereits infarziert? 2. welches Gewebe ist minderdurchblutet? 3. Angiographie (TOF)

MRT-Diagnostik der Akutphase 15 min DWI = diffusionsgewichtet PWI = perfusionsgewichtet KM-unabhängige Angiographie mismatch kein mismatch

Lysetherapie Ziel: Rekanalisation durch Aktivierung der Fibrinolyse (rt-pa) Wichtigste Kontraindikationen : Methode: 1. Marcumartherapie intravenös (<3 h) oder 2. GM-Anfall/Sturz intraarteriell (<6 h) oder 3. Tumorleiden kombiniert 4. Z.n/Z.v. Operation Wichtigste NW: Symptomatische Blutung (4-6%) - 0.9 mg/kg Körpergewicht -10 % als Bolus, 90% über 1 Stunde - engmaschiges Monitoring (RR Kontrolle!!)

Lysetherapie: individuelle Wirkung Kölner Notfalltag zerebraler Blutfluss (Wasser-PET) MRT nach 2 Tagen Hemiparese links LYSE 2 h 4 h 20 h Zeit

Lysetherapie: Statistischer Benefit Kölner Notfalltag CCT + Klinik+ Zeit = Lyse (-erfolg)! The ATLANTIS, ECASS, and NINDS rt-pa Study Group Investigators. Lancet 2004

Lyse in der klinischen Realität Kölner Daten n=550 (Sobesky et al 2007) n=6000 n=460 Symptomatische Blutungen Mortalität 3 Monate Funktionelle Unabhängigkeit 3 Monate

Weiblich, 60 J., Hemiparese links 2 Stunden nach Symptombeginn MRT-basierte Lyse Kölner Notfalltag LYSE Diffusion Perfusion Angiographie 24 h nach Symptombeginn

MRT Basierte Lyse jenseits des 3 h Zeitfensters Stroke 2007 Barcelona Frankfurt Hamburg Heidelberg Köln

Moderne Lyse und Reperfusionsstrategien - was ist zu erwarten? Kombination der intravenösen Lyse mit: Tirofiban =GPIIb/IIIa Antagonist (SATIS) rt-pa intraarteriell (bridging) sonographischer Thrombuslösung (CLOTBUST) Sonothrombolyse mit Microbubbles mechanischer Thrombuslösung (MERCI) Weitere Substanzen: Desmoteplase: 3-9 h Zeitfenster (DIAS/DEDAS) Ancrod: 0-6 h Zeitfenster (SAP)

Logistik 1. Schritt: Aufklärung der Bevölkerung ( Schlaganfall tut nicht weh ) 2. Schritt: Prähospitalphase ( load and go ; ; keine Umwege; Kooperation) 3. Schritt: Intrahospitalphase (Optimierung der internen Abläufe; Stroke Unit) Emergency Room!?

Prähospitalphase 70 60 50 40 30 20 10 0 zu Hause anderes KH Ärztl. Notdienst. MEK Zuweisungsmodus? Heli Selbstvorstellung Wann kommen die Patienten? = Zeit bis Ankunft: 85 min (+ 45) 45 40 35 30 25 20 15 10 5 0 <1h 1-2 h 2-3 h < 3h Sy_Ankunft

Intrahospitalphase 45 40 35 30 25 20 15 10 5 0 0-30 30-60 60-90 >90 Door to needle time [min] 60 50 Was ist der Benefit für den Patienten? = Zeit bis Lyse: 136 min (+45) Wie gut arbeitet die Klinik? = Door to needle time: 53 min (+26) 40 30 20 10 0 < 1 h 1-2 h 2-3 h > 3 h Sy_Lyse

Stroke Unit: Warum eigentlich? Die Therapie des Schlaganfalls auf einer Stroke Unit reduziert die Mortalität kurz- und langfristig (1 Monat und 10 Jahre, Reduktion ca. 10%; NNT =10) verbessert das Outcome und verkürzt die stationäre Verweildauer reduziert die Stroke-spezifischen Komplikationen (Aspirationspneumonie, neurologische Verschlechterung, Stürze, Dehydratation, Infekte, Blutungen) ist wirksamer als die eines mobilen Stroke-Teams Candelise 2007 Lancet; Kalra 2000 Lancet; SU Trialist 1997 BMJ

Überregionale STROKE UNIT: = interdisziplinäres Team Schnittstelle zur Rehabilitationstherapie Monitoring Basistherapie Lyse: IV, IA, kombiniert Spezifische Therapie Frührehabilitation (Physiotherapie) Sprach- und Dysphagietherapie (Logopädie, HNO) Stroke Unit (10 Betten) Neuropsychologische Diagnostik (Neuropsychologie, Psychiatrie) Kardiologische Therapie (Kardiologie) TFH, Heparin, OAK Frühe Sekundärprophylaxe Hemikraniektomie (Neurochirurgie) Carotis-OP: früh/spät (Gefäßchirurgie) Stent (Neuroradiologie)

Akuter Schlaganfall - was kann man tun? Priv.-Doz. Dr. Jan Sobesky, Klinik und Poliklinik für Neurologie Uniklinik Köln Kerpenerstr. 62, 50924 Köln Tel.: ++49-221-478-6696 Fax.: ++49-221-478-6695 jan.sobesky@uk-koeln.de Jan Sobesky Klinik und Poliklinik für Neurologie Direktor: Univ.-Prof. Dr. G. R. Fink