Réf.: (Prière de rappeler cette référence dans la réponse) Meine sehr verehrten Damen, Meine sehr verehrten Herren, Als wir gefragt wurden, an der Arbeitgruppe Integration in Rahmen von Quattropole teilzunehmen, haben wir uns überlegt, wie denn Integration in der Stadt Luxemburg aussieht oder aussehen könnte. Dabei haben wir sechs Dimensionen überprüft, von denen wir denken, dass sie in diesem Kontext relevant sind. Es sind: o die demografische Situation, o die Sprachensituation, o die Arbeitsmarktsituation, o die Freizeitsituation, o die Bildungssituation und o das Konzept Integration selbst. Ich möchte daher diese Dimensionen für die Stadt Luxemburg kurz erläutern. SERVICE DE LA JEUNESSE 28, place Guillaume II Tél:4796-2320 L-2090 Luxembourg Fax: 26203260 mkayser@vdl.lu
1. die Wohnbevölkerung in der Stadt Luxemburg Die Stadt Luxemburg zählte im August 2007 etwa 86'000 Einwohner davon etwa 63% (= 54'000) Ausländer eine sehr ungewöhnliche Konstellation! Zusätzlich muss hier angemerkt werden, dass die Ausländer keine homogene Gruppe bilden, sondern sich aus mehr als 100 verschiedenen Nationalitäten zusammensetzen. Folgende Tafel gibt uns einen Überblick über die zahlenmäßig stärksten Ausländergruppen in der Stadt. Einwohnergruppe N Luxemburger 32 000 Portugiesen 14 500 Franzosen 9 900 Italiener 5 700 Deutsche 3 000 Andere EU 14 000 Andere Nationalitäten 6 900 Sehen wir uns außerdem die Alterspyramiden der Luxemburger und der Ausländer an, können wir feststellen dass... Tafel : Alterpyramide Luxemburger Ausländer
Fazit:... die Bevölkerung der Stadt Luxemburg setzt sich zusammen aus o einer starken, sich zum oberen Ende der Alterspyramide verschiebenden Minderheit, den Lëtzebuergern, o drei zahlenmässig starken, sich im aktiven Alter befindenden Einwanderergruppen, den Portugiesen, den Franzosen und den Italienern, und o einer grossen Anzahl kleinerer Einwanderergruppen, die auch weitgehend im Arbeitsleben stehen.
2. die Sprachensituation in der Stadt Luxemburg Welche Sprache(n) werden denn nun in der Stadt Luxemburg gesprochen werden? Die Einheimischen haben als Muttersprache sozusagen alle das Lëtzeburgische. Wegen des hohen Anteils der Ausländer an der Wohn- und Arbeitsbevölkerung muss die Sprechergemeinschaft in der Stadt Luxemburg zumindest als heterogen bezeichnet werden. Neben dem Lëtzeburgischen müssen daher auch die Sprachen der größten Einwanderer- und Pendlergruppen, das Französische, das Deutsche, das Italienische und das Portugiesische in der Analyse der Kommunikationsstruktur berücksichtigt werden, so dass wir für Alltagsituationen von einer komplexen Multiglossiesituation ausgehen müssen, die vereinfacht dargestellt folgendermaßen aussieht: Tafel 1: Wer spricht welche Sprache(n) mit wem? Sprecher/ Hörer L F D I P A L L F D F F F/E F F F F/E/D F F F/E D D F/E/D D E/F/D E/F/D E/D I F F E/F/D I F/I/P E/F/I P F F E/F/D F/I/P P E/F/P A F/E F/E E/D E/F/I E/F/P A/? Zusätzlich müssen wir von einer medialen Di- bzw. Triglossiesituation ausgehen: die Schrift- und Lesesprache ist, von einigen Ausnahmen abgesehen, nicht das Lëtzeburgische, sondern in der Regel das Französische, das Deutsche, oder eine andere Sprache. Obwohl wir es hier mit einer komplexen Sprachensituation zu tun haben, sagt sie nichts aus über die Sprachkompetenzen der einzelnen Sprecher und Hörer. Daher müssen wir uns zusätzlich ansehen welche Sprachen am Arbeitsort gesprochen werden, somit wir etwas über die Gewichtung der einzelnen gesprochenen Sprachen erfahren können.
Tafel: Erste Sprache am Arbeitsort Fazit: Die französische Sprache hat sich als Lingua franca in der Stadt Luxemburg etabliert, das Lëtzeburgische spielt in Alltagsituationen und am Arbeitsort die zweite Rolle, dritte Sprachen spielen nicht minder wichtige Rollen.
3. der Arbeitsmarkt In der Stadt Luxemburg gibt es etwa 120'000 Arbeitsplätze. Diese werden in etwa zur Hälfte von einreisenden (Grenz)-pendlern belegt. Nur ein Drittel davon wird von den Bewohnern der Stadt Luxemburg besetzt. Tafel: der Arbeitsmarkt in der Stadt Luxemburg Arbeitsplätze total 120 000 - von Grenzpendler besetzt 60 000 - von internen Pendlern besetzt 20 000 - von den Stadtbewohnern besetzt 40 000 Im Sinne einer Integration am Arbeitsplatz wäre eine gute Durchmischung der Arbeitsplätze wünschenswert. Die nächste Tafel zeigt uns dass dies allerdings nicht der Fall ist. Tafel: Beschäftigte nach Nationalität und Wohnort Fazit: Auch der Arbeitsmarkt in der Stadt Luxemburg ist hochgradig segmentiert.
4. die Freizeitsituation Wer wie seine Freizeit verbringt ist ausreichend dokumentiert nicht zuletzt in unserm Jugendkommunalplan, wobei der allerdings nur das Freizeitverhalten der Jugendlichen in der Stadt Luxemburg beleuchtet. Ich möchte daher hier nicht weiter auf die Details eingehen, sondern nur kurz das Fazit wiederholen Fazit: Freizeitverhalten ist auch stark segmentiert und verläuft hochgradig entlang des sozioökonomischen Status und der Sprachen- und Sozialkompetenzen der Bevölkerungsgruppen.
5. die Bildunsgsituation Wer wo in die Schule geht und welche Art von besucht ist auch ausreichend dokumentiert nicht zuletzt in unserm Jugendkommunalplan. Ich möchte daher auch hier nicht weiter auf die Details eingehen, sondern nur kurz das Ergebnis wiederholen. Fazit: Auch der Schulbesuch der Kinder ist auch stark segmentiert und verläuft hochgradig entlang des sozioökonomischen Status und der Sprachen- und Sozialkompetenzen der Eltern.
6. der Begriff Integration Der Begriff Integration hat eine ganze Menge Konnotationen (vgl. Wikipedia) und ist für viele Bereiche klar umrissen, z.b. o in den Betriebs- und Wirtschaftswissenschaften, o in der Sprachwissenschaft und Sprachphilosophie, o in der Medizin, o in der Mathematik, o in Bereichen der Technik, o in der Informatik, In der Soziologie und den Sozialwissenschaften besteht allerdings keine klare Definition von Integration; folgende Beschreibung umreisst am besten was Integration bedeuten könnte: die Wiederherstellung eines Ganzen durch Prozesse, die das Verhalten und Bewusstsein nachhaltig verändern. Integration kann einerseits zwischen einzelnen Individuen gegenüber Gruppen, andererseits zwischen Gruppen, Schichten, Kulturen und Klassen innerhalb einer Gesellschaft untereinander und weiter noch zwischen verschiedenen Gesellschaften stattfinden. Ziel jeglicher Integration ist die Herausbildung neuer sozialer Strukturen und sozialer Ordnungen. Es handelt sich hierbei nicht nur um reine Assimilation an ein bestehendes Ganzes, sondern um die kombinatorische Schaffung eines neuen Ganzen unter Einbringung der Werte und Kultur der außen stehenden Gruppe in die neue Gesellschaft, bei Erhalt der eigenen Identität (Speck 1991). Diese Beschreibung des Begriffes Integration zeigt, dass er starke Züge einer politischen Zielsetzung beinhaltet, die versucht die widersprüchlichen Züge von gleichzeitig angestrebter Einpassung und Nichteinpassung zu verbinden. Dieser Widerspruch hat eine streng soziologische Begriffsbildung bis heute erschwert.
Schlussfolgerungen: o Integration im Sinne von Assimilation in der Stadt Luxemburg gibt es nicht, die Bevölkerungs-, Sprachen-, Arbeitsmarkt-, Freizeit- und Bildungssituation widersprechen dem, o auch ist Integration nach Speck (1991) nicht gegeben; sie setzt eine gewisse zeitliche stabile Präsenz der unterschiedlichen Gruppen voraus bei einer jährlichen 10%gen Umschichtung der städtischen Bevölkerung ist diese nicht gegeben, o neuere soziologische Konzepte, wie Urbane Indifferenz oder Mosaik der kleinen Welten sollten daher helfen, eine akuratere Beschreibung der Lebenslagen zu erlauben, o um den städtischen Realitäten der Quattropole-Region näher zu kommen wurde daher die Arbeitsgruppe umbenannt in Migration, Partizipation und Citoyenneté, o Politisches Handeln in der Stadt Luxemburg und im Quattropole-Raum o sollte daher sowohl den heterogenen Wohnbevölkerungen als auch den starken Tagesmigrationen Rechnung tragen, o sollte partizipative Strukturen fördern, die die Bedürfnisse und Anliegen der einzelnen Gruppen erfassen, o sollte eine Passung zwischen eingeforderten Leistungen und bereitgestellten strukturellen Bedingungen anstreben, o könnte langfristig das Modell einer Regionenbürgerschaft entwerfen, die mit entsprechenden Rechten und Pflichten gekoppelt wäre. Zum Schluss möchte ich noch auf den Vortrag verweisen, den Prof. Dr. M. Bommes am 17. April 2007 in Saarbrücken im Rahmen einer Veranstaltung zur Kommunalen Integrationspolitik hielt und der beschrieb, welche Bedingungen Voraussetzung sind um ein weitgehend konfliktfreies Miteinander unterschiedlicher sozialer Gruppen zu gewährleisten. Abschliessend möchte ich C. Mann das Wort geben, der uns beschreibt wie diese Überlegungen in die Arbeit der AG Migration, Partizipation und Citoyenneté eingeflossen sind. Merci