ANTIBIOTIKAPROPHYLAXE UND -THERAPIE ANTIBIOTIKAPROPHYLAXE UND -THERAPIE. A. Antibiotikaprophylaxe in der Neurochirurgie

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Transkript:

ANTIBIOTIKAPROPHYLAXE UND -THERAPIE A. Antibiotikaprophylaxe in der Neurochirurgie Die Infektrate bei sauberen Eingriffen in der Neurochirurgie beträgt unter 3%. Das Risiko hängt von einer Reihe von Faktoren ab, wobei die bedeutendsten prädisponierenden Faktoren außer den in der Tabelle angegeben Patienteneigenen Risikofaktoren die Dauer der Operation, Gewebetraumatisierung, Blutverlust, und die allfällige Verwendung von Fremdmaterial sind. Eine Serie von kontrollierten Untersuchungen hat gezeigt, dass mittels intraoperativer Antibiotikaprophylaxe das Risiko deutlich vermindert werden kann. Bei sauberen neurochirurgischen Eingriffen unter intraoperativer Einmalprophylaxe liegt das Risiko noch in der Größenordnung von 1 %. Eine postoperative Ausweitung der Antibiotikatherapie bringt keinen zusätzlichen Schutz. Auswahl an patienteneigenen Risikofaktoren. Alter > 70 Jahre Dialysepatient Diabetes mellitus Immuninkompetenz Reduzierter AZ Übergewicht Mangelernährung MRSA Träger Fieber/Schüttelfrost innert einer Woche vor OP Arterielle Mangeldurchblutung Periphere Ödeme Intraoperative Risikofaktoren Unerfahrenes OP Team OP Dauer > 2 Std. Infizierter OP Bereich Kontaminierter OP Bereich Ausgedehnte Blutungen Transfusionen Lange Anästhesiedauer Ausgedehnte Diathermie Unterkühlung Sauerstoffabfall Unvorhersehbare Komplikationen Eine explizite Indikation für eine perioperative Antibiotikaprophylaxe ist bei 2 oder mehr Risikofaktoren gegeben. Aufgrund der Datenlage scheint es aber sinnvoll, grundsätzlich allen neurochirurgischen Operationen eine peri- bzw. intraoperative Prophylaxe durchzuführen. Dabei ist zu beachten, dass das Antibiotikum mit der Narkoseeinleitung ( 30 min. bis 60 min. vor Beginn der OP) gegeben wird, damit bei der Inzision wirksame Gewebespiegel erreicht sind. Jede Antibiotikagabe nach Wundverschluss hat keinen Einfluss auf die Wundinfektionsrate und erhöht lediglich die Rate der Nebenwirkungen, z.b. den Selektionsdruck und damit das Ausmaß der Resistenzbildungen. Dauert die Operation lange im Verhältnis zu den wirksamen Plasmaspiegeln (> 3 Std.), so muss die Applikation gegebenenfalls intraoperativ 1

wiederholt werden. Das Antibiotikum soll gegen die häufigsten Keime effektiv sein, wenig toxisch und kostengünstig sein. Es ist nicht von Bedeutung. dass bei einer Prophylaxe alle potentiell möglichen Keime abgedeckt werden. Grundlage für die Auswahl eines untoxischen und möglichst kostengünstigen Antibiotikums zur perioperativen Prophylaxe ist das Spektrum der zu erwartenden Erreger. Substanzen mit breitem Spektrum wie beispielsweise die Cephalosporine der 3.Generation oder Carbapeneme sollten nur bei speziellen individuellen Risiken eingesetzt werden. Ebenso restriktiv ist die Verwendung von Vancomycin zu halten. In der Neurochirurgie ist der häufigste Keim Staphylokokkus aureus. Aus diesen Gründen hat sich die Verwendung eines Cephalosporins der 1. und 2. Generation (z.b. Cefazolin = Gramaxin ) durchgesetzt. Bei Allergie gegen Cephalosporine und/oder Penizilline wird Clindamycin evtl. kombiniert mit einem Aminoglykosid verwendet. Das potentielle Erregerspektrum bei Operationen mit Beteiligung der Nasennebenhöhlen oder des Bauchraumes (V.P.-Shunt) ist etwas anders (Staphylokokken, Streptokokken, Propionibakterien). Dies rechtfertigt aber nicht die Einführung eines komplexen Schemas. Bei Shuntoperationen hat zusätzlich eine lokale Instillation von Vancomycin 10 mg in 1 ml H2O zu erfolgen und der Katheter antimikrobiell beschichtet zu sein oder vor Implantation in Vancomycin eingelegt zu werden. Bei allen weiteren Operation soll folgendes einheitliches Schema für alle sauberen elektiven Eingriffe verwendet werden: Allgemeines prophylaktisches Antibiotikaschema 1.Wahl 2.Wahl(**) 3.Wahl(**) Substanz Cefazolin Clindamycin Fluorchinilon Gruppe 4 Dosis 2g 600 mg 400 mg Päd. Dosis 30 mg/kg 10 mg/kg 5 mg/kg 2. Appl.(*) 3 Std. 3 Std. 3 Std. (*) Gabe nur bei Operation länger als 3 Stunden (**) Bei Schwangerschaft als Prophylaxe nicht gerechtfertigt B. Metaprophylaxe bei kontaminierten Wunden 1. Intraoperative Kontamination bei primär sauberen Verhältnissen Eine intraoperative Kontamination einer sauberen Operation führt zu einer deutlichen Erhöhung der Infektrate. Die Kontamination kommt durch Eröffnung nicht desinfizierter Haut- oder Schleimhautareale, durch Hautkontakt von Seiten des Operationsteams oder durch Kontamination des Knochenlappens zustande. Das potentielle Keimspektrum dieser Kontaminationsformen deckt sich im wesentlichen mit dem 2

Zielspektrum der Primärprophylaxe, so dass auch dort die perioperative Prophylaxe ggf. erweitert um ein Aminoglykosid ausreicht. Wichtig ist aber auf jeden Fall die 2. Gabe falls die Operation bis zum Wundverschluss länger als 3 Std. dauert. 2. Verschmutzte Wunden nach Trauma Rissquetschwunden und Ablederungsverletzungen sind durch die Gefahr einer Superinfektion vor allem mit Staphylokokken und Streptokokken belastet. Bei diesen Wunden sollte die Therapiedauer 3 Tage nicht unterschreiten. 3. Potentielle postoperative Infektionspforte (Schädelbasisrekonstruktionen) Wenn bei ausgedehnten Rekonstruktionen der Schädelbasis eine absolute Abdichtung initial nicht mit Sicherheit vorliegt und bei Verdacht auf eine Liquorfistel, ist nach dem heutigen Stand der Literatur eine prophylaktische Antibiotikagabe nicht indiziert. Es kann mit keinem Antibiotikum die Kolonisierung des Oropharynx verhindert werden. Metaprophylaxe bei kontaminierten Eingriffen 1.Wahl 2.Wahl Medikament/ Einzeldosis Cefazolin/2,0g Clindamycin/600 mg Tagesdosen 3 2-3 Dauer bei sauberer Kontamination 1 Tag 1 Tag Verschmutzte Wunde 3 Tage 3 Tage Postop. potentielle Infektpforte keine AB keine AB (Schädelbasisrekonstruktion) C. Endokarditisprophylaxe bei Begleiteingriffen Bei Patienten mit einem Endokarditisrisiko ist außer bei den spezifisch neurochirurgischen Operationen auch bei andern Manipulationen und Eingriffen eine Antibiotikaprophylaxe indiziert. Wichtigster Erreger der 3

Endokarditis sind im Oropharynx Streptokokken der Viridans-Gruppe, im Intestinal- und Urogenitaltrakt Enterokokken, an der Haut Staphylokokken. 1. Risikogruppen: hohes Endokarditisrisiko: - Herzklappenprothesen - Z. n. bakterieller Endokarditis - Kongenital-zyanotische Vitien - pulmonale Shunts mäßiges Risiko: -KongenitaleHerzvitien (außer Vorhofseptumdefekt vom Sekundumtyp) - Erworbene Klappenvitien - Operierte Herzfehler mit Restbefund; ohne Restbefund nur für 1 Jahr - Mitralklappenprolaps mit Mitralinsuffizienz - Hypertrophe Kardiomyopathie kein Risiko: - Mitralklappenprolaps ohne Mitralinsuffizienz - Zustand nach ACVB Zustand nach Verschluß eines Ductis Botalli Operierte Herzfehler ohne Restbefund nach einem Jahr 2. Indikation zur Prophylaxe: - Eingriffe am Oropharynx, oberen Respirationstrakt und oberen Verdauungstrakt, z. B. Zahnbehandlungen, Bronchoskopie, Tonsillektomie, Chirurgische Eingriffe an den oberen Luftwegen. - Eingriffe am Urogenitaltrakt, z. B. Zystoskopie, Lithotripsie - Eingriffe am Gastrointestinaltrakt, z. B. Proktoskopie, Lithotripsie Endokarditisprophylaxe bei Oropharynx, Respirations-, Gastrointestinal-, Urogenitaltrakt 1.Wahl 2.Wahl ohne Allgemeinnarkose Amoxycillin 3g p. o.>70kg Clindamycin 600 mg 1 Stunde vor OP 1 Stunde vor OP (nur bei Oropharynxeingriffen) 2g oral < 70kg Vancomycin 1 g inf. über 1h mindestens 1 h vor OP mit Allgemeinnarkose Amoxycillin 2 g i. v. Vancomycin 1 g i. v. 30 Min. vor OP, nach Beginn 1 Stunde 6 Stunden 1 g i. v./p. o. vor OP 4

Endokarditisprophylaxe bei infizierten Herden der Haut und langdauernder Katheteruntersuchung Clindamycin 600 mg oral Vancomycin 1 g als KI über 1h 1h vor OP mindestens 1 h vor OP Endokarditisprophylaxe bei Erwachsenen mit besonders hohem Endokarditis Risiko und hospitalisierten Patienten 1.Wahl 2.Wahl Amoxycillin 2 g i. v. + Gentamycin 1,5 mg/kg Vancomycin 1 g i. v. 1h vor 30 Min. vor OP,Beginn 1 Stunde vor OP + OP und 12h nach OP plus nach 6 Stunden Amoxycillin 1 g i. v./p. o. Gentamycin plus ebenfalls Gentamycin 1,5 mg/kg jeweils D. Initialtherapie bei nosokomial erworbenen lebensbedrohlichen Zuständen (Sepsis, schwerer Pneumonie, Harntrakt, Darm, Haut/Weichteile, Katheter assoziiert) Liegt ein Hinweis auf eine Infektion vor und werden zwei oder mehr der folgenden Kriterien erfüllt, muss in der Differentialdiagnose von einer Sepsis ausgegangen werden: 1. Temperatur: > 38 C oder < 36 C 2. Herzfrequenz: > 90/min 3. Atemfrequenz: >20/min oder pco 2 < 32 mmhg spontan 4. Leukocytenzahl: > 12.000/mm 3 oder < 4.000/mm 3 oder > 10% Stabkernige Bei intrakraniellen Infekten, Sepsis, schwerer Pneumonie, Peritonitis oder anderen ernsten Infektionen muss mit einer Breitbandtherapie begonnen werden, welche dann sekundär angepasst werden muss. Sie richtet sich nach dem zu erwartenden Erreger und seiner Empfindlichkeit. Kalkulierte Initialtherapie bei Sepsis ohne bekannten Erreger Erwachsene Päd. Dosierung 1. Acylaminopenicillin/BLI z. B. Pip-Com 3x4,5 g i. v. 3x 60 mg/kg i. v. 2. Aminoglykosid 3-5mg/kg i.v. 1x/Tag 5

Bei Hirnabszessen sollen wegen der häufigen Beteiligung von Bacteroides fragil Metronidazol in einer Dosierung von 2x 0.5g i. v. bzw. 2x 10 mg/kg i. v. hinzugefügt werden. Weitere Empfehlungen zur Primärtherapie bei unbekanntem Erreger sortiert nach Infektionsherd finden sich in der Tabelle am Ende des Kapitels. E. Empirische Antibiotikatherapie Unter empirischer Antibiotikatherapie versteht man das Behandlungsschema, das erfahrungsgemäß bei einer typischen Infektion am besten wirkt. Dabei spielt das jeweilige typische Keimspektrum und die Gewebepenetranz die wesentliche Rolle. Weitere Faktoren sind Verträglichkeit und Kostengünstigkeit. Die angegebenen Schemata gelten im Einzelfall immer nur unter Vorbehalt einer eventuellen Keimresistenz. Bei nicht lebensbedrohlichen Infekten, die die obige Kombination initial rechtfertigen, wird mit dem empirischem Schema begonnen und bei Erhalten der Resistenz eventuell später korrigiert. Empirisches Therapieschema bei kranialen und spinalen Infekten Isolierte Keime 1.Wahl Alternativen S. aureus Penicillin-sensitiv Penicillin G 30 M/ d Cefuroxim 3x 1,5 g Cefazolin 3x 2g Clindamycin 4x 600 mg Penicillin-resistent Flucloxacillin 3x 2-4 g Cefuroxim 3x 1,5 g Cefazolin 3x 2g Clindamycin 4x 600 mg Methicillin-resistent Vancomycin 2x 1 g Teicoplanin 400 mg/d (2x 400 mg an Tag 1) Streptokokken Penicillin G 24 M/d Clindamycin 4x 600 mg Bei Allergie: Cefazolin 3x 2g Erythromycin 4x 500 mg Pneumokokken Penicillin G 3x 10 Mega Cefotaxim 3 x 2-4g 6

Viridans Streptokokken Penicillin G 3x 10 Mega + Imipenem 3x 0,5-1g + Gentamycin 2-5mg/kg KG Gentamycin 2-5mg/kgKG Enterococcus faecalis Aminopenicillin/BLI (Unacid 3x 3g) + Acylaminopenicillin ( Pipril 3x 4g) + Gentamycin 2-5 mg/kgkg Gentamycin2-5mg/kgKG E. coli Cephalosporin Gr. 3 (Claforan 3x 4g, Fluorchinolon Gr. 2/3 (Ciprobay 2x 400mg, Klebsiella pneumoniae Rocephin2x 2g) Tavanic 2x 0,5g) Proteus mirabilis Acylaminopenicillin / BLI (Tazobac 3x 4,5g) Carbapenem (Imipenem 3x 0,5g oder Meropenem 3x 1g) Hämophilus influenzae Cephalosporin Gruppe 3 ( Rocephin, Claforan) Fluorchinolon Gr. 2/3 (Ciprobay, Tavanic) Citrobacter freundii Carbapenem (Imipenem 3x 0,5-1g Cephalosporin Gr. 3b (Ceftazidim 3x 2g) Enterobacter species oder Meropenem 3x 1g) Fluorchinolon Gr. 2/3 (Ciprobay 2x 400mg) Serratia marescens Acylaminopenicillin/BLI (Tazobac 3x 4,5g) Pseudomonas aeruginosa Ceftazidime (Fortum 3x 2 g) + Acylaminopenicillin/BLI (Tazobac) + Fluorchinolon Gr.2/3 (Cipro/Tavanic) Fluorchinolin Gr.2/3 (Ciprobay, Tavanic) oder Aminoglykosid (Genta-, Tobramycin) Carbapenem (Imipenem, Meropenem) + Fluorchinolon (Ciprobay, Tavanic) Acinetobacter species Carbapenem (Imipenem, Meropenem) Fluorchinolon Gr. 2/3 (Ciprobay, Tavanic) Anaerobier allgemein Moxifloxacin (Avalox1x 400mg) Clindamycin 3 x 600 mg Bacteroides fragilis Carbapenem (Imipenem, Meropenem) Metronidazol (Clont 2x 500mg) + oder Acylaminopenicilllin/BLI (Tazobac) Acylaminopenicillin/BLI (Tazobac) Mycobacterium Tuberc. Isoniazid, Rifampizin + Ethambutol Borrelia Burgdorferi Ceftriaxon 1-2x 2 g (ab Stadium 2) Penicillin G 24 M/d Doxycyclin p.o. /bei Stadium 1) Pilzinfektionen Aspergillus fumigatus V Fend 1.Tagl 6mg/kgKG/12Std.,ab 2.Tag 4mg/kgKG/12 Std. Oral 1.Tag 400mg/12Std., ab 2.Tag 200mg/12Std. Kinder:i.v. gleiche Dosierung, oral 1.Tag 6mg/kgKG/12Std., dann 4mg/kgKG/12Std. Cryptococcus neoformans Fluconazol (Difucan 2x 400 mg) Ambisone Candida albicans Fluconazol (Diflucan1x 400mg) Candida glabrata, krusei V Fend (Dosierung siehe oben) Parasiten Toxoplasma gondii Sufadiazine+Pyrimethamine+Folinsäure Clindamycin+Pyrimethamin+Folinsäure Alle Therapien außer spezifisch bezeichnet müssen intravenös erfolgen. Die Therapiedauer beträgt bei Knochenbeteiligung oder Abszessen 4-8 Wochen. 7

F. Therapie bei Aspirationspneumonie Bei bewusstseinsgetrübten neurochirurgischen Patienten oder bei Schluckproblemen durch Schädigung der kaudalen Hirnnerven ist Aspiration der häufigste Grund für Pneumonien. Eine Antibiotikatherapie ist nur bei Vorliegen einer Pneumonie gerechtfertigt, nicht alleine prophylaktisch bei Aspiration ohne Infektzeichen. Die Gramfärbung von Sputum und Trachealsekret ist für die Auswahl des Antibiotikums kritisch. Die Kulturen sind normalerweise negativ für die häufig beteiligten Anaerobier. Die häufigsten Keime sind Klebsiella pneumoniae, Enterobacteriaceen, Anaerobier, Bacteroides fragilis, Streptokokken, Pneumokokken und Pseudomonas Bei unbekannter Bakteriologie wird als erste Therapie Tazobac(Pip+Com) 3x 4,5g +Metronidazol 2x 500mg oder Ciprofloxacin 2x 400mg + Clindamycin 3x 600mg i. v. in Frage. Als Alternative Carbapenem (Imipenem 3x 0,5-1g, Meropenem 3x 1g) i. v. G. Therapie von Harnwegsinfekten Harnwegsinfekte kommen relativ häufig in Kombination mit Blasenkathetern vor. Behandlungsbedürftig sind Pyelonephritiden und Zystitiden mit systemischen Infektzeichen. Die Harnwegsinfekte sind im allgemeinen durch E. coli, Klebsiella, Enterobakterien, Enterokokken, S. aureus, Streptokokken und Pseudomonas bedingt. Als Therapie 1. Wahl wird ein Fluorochinolon (Ciprofloxacin oder Levofloxacin) p. o. verwendet. Bei einer schweren Form kommt auch ein Acylaminopenicillin/BLI (Tazobac 3x 4,5g i.v.) oder ein Cephalosporin Gr. 3A/B ( Rocephin 1-2x 2g, Claforan 3x 2g, Fortum 3x 2g) i. v. in Frage. 8

Therapie bei schwerer Sepsis und unbekanntem Erreger Infektionsherd Nosokomial (+ =schwere Sepsis Ambulant erworben (+ = schwere Sepsis häufigster Erreger und/oder Spektrumserweiterung) und/oder Spektrumserweiterung) Infektionsherd unbekannt Staph. aureus Pip+Com + Ciprobay oder + Aminoglykosid Claforan oder Rocephin + Ciprobay Streptococcus spp. Fortum + Ciprobay oder + Aminoglykosid oder + Aminoglykosid E. coli Unacid + Ciprobay oder + Aminoglykosid Koagul.neg.Staphylokokken Ciprobay + Fortum oder Maxipime Enterokokken Tazobac + Ciprobay oder + Aminoglykosid Klebsiellen Zienam oder Meronem + Ciprobay Pseudomonaden oder + Aminoglykosid Atemwege Streptococcus pneumoniae Maxipime +/- Metronidazol Avalox Haemophilus influenza Imipenem Staphylococcus aureus Ciprobay / Tavanic +/- Clindamycin Unacid + Klacid oder Erythromycin Enterobacteriaceae Tazobac Anaerobier Cefotaxim plus Aminoglykosid Avalox Pseudomonaden Ceftazidim plus Ainoglykosid Zienam + Klacid oder Erythromycin Harntrakt E. coli Ciprofloxacin/Levofloxacin Cotrimoxazol forte Proteus mirabilis Ciprofloxacin/Levofloxacin Oralcephalosporin Pseudomonaden Ciprofloxacin/Levofloxacin Enterobacteriaceae Rocephin/Tazobac (Reserve) Zienam (als Reserve) Haut/Weichteile Streptococcus pyogenes Imipenem/ Clindamycin+Gyrasehemmer Gramaxin + Clindamycin Staphylococcus aureus Clindamycin / Cefuroxim Anaerobier Clindamycin+Gyrasehemmer Enterobacteriaceae Ciprobay + Zinacef oder Clindamycoin Pseudomonaden Zienam oder Meronem Katheter-assoziiert Koag. neg. Staphylokokken Vancomycin oder Zyvoxid + Pip+Com Staph. Aureus oder Claforan / Rocephin + Zienam Wob/Stg, Juli 03 Wille, Jan 10 9