Ein neues Umfeld für Logistikimmobilien. Der Einfluss des Multichannel-Einzelhandels auf die Logistik



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Transkript:

Ein neues Umfeld für Logistikimmobilien Der Einfluss des Multichannel-Einzelhandels auf die Logistik

2 Advance Ein neues Umfeld für Logistikimmobilien Kernaussagen Der wachsende Online-Handel wird die Nachfrage nach Logistikimmobilien erheblich steigern. Diese Nachfrage wird sich auf unterschiedliche Typen von Logistikimmobilien richten, darunter Fulfillment-Center, Sortierzentren, Cross-Dock-Lager und Bearbeitungszentren für Rücksendungen. Auch wird die Nachfrage nach Abholstellen, einschließlich Schließfächern, für Click-and-Collect -Angebote steigen. Während der traditionelle Einzelhandel mittelfristig der Hauptnachfrager nach Logistikimmobilien bleiben wird, ist der Online-Handel der dynamische Motor für Veränderungen. In reifen Einzelhandelsmärkten könnte die steigende Nachfrage nach E-Fulfillment Flächen durch einen leichten Nachfragerückgang nach Logistikflächen seitens des stationären Einzelhandels allerdings wieder aufgehoben werden. In weniger entwickelten Einzelhandelsmärkten wird die Nachfrage nach Logistikimmobilien dagegen sowohl durch den expandierenden stationären Einzelhandel sowie den wachsenden Online-Handel angetrieben. Multichannel wird sich zunehmend zu Omnichannel entwickeln, um dem Kunden ein vollintegriertes nahtloses Einkaufserlebnis zu bieten. Mit dem Omnichannel-Handel wird die Rolle von Läden und Lagern zunehmend verschwimmen. Einzelhändler, Paketdienstanbieter und Logistikunternehmen, sowie Entwickler und Investoren müssen in der Lage sein schnellstmöglich auf Veränderungen reagieren zu, um ihre Strategien zu optimieren und ihre Logistikimmobilien in betrieblicher bzw. finanzieller Hinsicht bestmöglich zu nutzen. Einzelhändler müssen den Multichannel-Handel umsetzen und daran arbeiten, den Kunden zukünftig ein voll integriertes Omnichannel-Einkaufserlebnis zu bieten. Entwickler müssen ihren Schwerpunkt auf den Erwerb geeigneter Standorte und den Aufbau enger Beziehungen zu wichtigen Einzelhändlern, Logistikunternehmen und Paketdienstanbietern legen. Investoren müssen verstehen, wie Online- und Multichannel- Lieferketten funktionieren, um die Funktion der Lager, die diese Lieferketten unterstützen, deren Anforderungen, den Standort und die Performance-Aussichten bewerten zu können.

Advance Ein neues Umfeld für Logistikimmobilien 3 Vorwort: Multichannel-Einzelhandel = Multichannel-Logistik Der wachsende Online-Handel verändert das Einkaufsverhalten von Kunden, nicht zuletzt durch das Entstehen verschiedener Kanäle, über die nach Produkten gesucht und Einkäufe getätigt werden können. Gleichzeitig macht diese Entwicklung die logistischen Abläufe von Einzelhändlern erheblich komplexer. Anstelle des relativ unkomplizierten Prozesses der Warenversorgung von Geschäften in Top-Lagen, verlangt der Multichannel-Einzelhandel unterschiedliche Vertriebswege, um eine große Bandbreite an Bestimmungsorten zu bedienen, da die Kunden die Güter wahlweise im Geschäft kaufen, nach Hause liefern lassen oder per Click-and-Collect bestellen und in einem Geschäft oder einer bestimmten Abholstelle abholen, sowie gekaufte, nicht gewünschte Artikel zurücksenden können. Die Tatsache, dass Online-Bestellungen im Gegensatz zu der Sammelbelieferung von Geschäften meist einzelne Artikel beinhalten, erhöht die Komplexität zusätzlich. Der wachsende Multichannel-Handel stellt somite eine erneute Änderung der Einzelhandelslieferketten dar. Hat sich das Kräfteverhältnis in den vergangenen 30 Jahren von den Herstellern hin zu den Einzelhändlern verschoben, so verschiebt es sich jetzt zu den Kunden. In diesem Prozess hat sich die Lieferkette von einer Push -Lieferkette, die weitestgehend vom Hersteller kontrolliert wurde, zu einer durch die Verbrauchernachfrage angetriebenen Pull -Lieferkette gewandelt. Durch die in hohem Maße einflussreichen und zunehmend anspruchsvollen Verbraucher kommt der Logistik als Garant eines optimalen Multichannel-Kundenservice eine entscheidende Bedeutung zu. Viele Einzelhändler sind sich zur Zeit unsicher, welchen Einfluss diese Veränderung auf ihr Geschäft, ihr Filialnetz, die logistischen Abläufe und die Anforderungen an ihre Logistikimmobilien haben wird. Für die Einzelhändler ist es von ausschlaggebender Bedeutung, diese neue Normalität zu verstehen und einen verbesserten Kundenservice bei gleichzeitig geringeren Kosten zu implementieren Inmitten dieser Unsicherheit scheint eines sicher: Der Multichannel- Einzelhandel ist nicht mehr wegzudenken und wird erhebliche Veränderungen in der Logistik und auf den Logistikimmobilienmärkten hervorrufen. Unsere Studie beleuchtet eine Reihe zentraler Fragen: Wie sehen die neuen Logistikmodelle aus, die das wachsende Volumen an Online-Bestellungen bedienen sollen? Welche Arten von Logistikimmobilien werden von Einzelhändlern und anderen Nutzern nachgefragt werden, um mit dem Wachstum Schritt zu halten? Was bedeutet Multichannel für Investoren in Logistikimmobilien? Was sind die Zukunftstrends, die den Markt am nachhaltigsten beeinflussen werden? Welche Auswirkungen hat all das für Einzelhändler, andere Immobiliennutzer, Entwickler und Investoren?.

4 Advance Ein neues Umfeld für Logistikimmobilien Wie sehen die neuen Logistikmodelle aus? Der heutige Anteil des Online-Handels am gesamten Einzelhandel ist europaweit sehr unterschiedlich. Der am weitesten entwickelte Markt ist Großbritannien - der Online-Handel macht hier etwa 12 % des gesamten Einzelhandels aus -, gefolgt von Deutschland und dem etwas weniger entwickelten Frankreich. Insgesamt entfallen auf diese drei Länder schätzungsweise 71 % des gesamten europäischen Online-Geschäfts, während der Online-Handel in südeuropäischen Ländern und in Mittel- und Osteuropa weitaus weniger entwickelt ist. 1 Alle Indikatoren und Prognosen deuten jedoch auf ein insgesamt rasches Wachstum des Online-Handels hin, wobei die höchsten Wachstumsraten in den heute weniger entwickelten Märkten zu erwarten sind. Online Verkäufe in % des gesamten Einzelhandelsumsatzes % 25 20 15 10 2010 2016 Bislang ging die Nachfrage nach Logistikimmobilien im Zusammenhang mit E-Fulfillment am deutlichsten von reinen Online-Händlern aus, wie z.b. Amazon, Zalando und ASOS, da viele traditionelle Einzelhändler ihre Online-Verkäufe zur Zeit noch aus ihren bestehenden Logistikimmobilien heraus abwickeln. Dies wird sich jedoch ändern, da der Online-Handel Fahrt aufnimmt und die Einzelhändler beginnen, ihren Vertrieb umzustellen und entsprechende Lagerflächen zu beziehen. Gegenwärtig gibt es verschiedene Logistikmodelle, die für die drei wichtigsten Produktkategorien entwickelt wurden: Non-Food-Artikel, die über ein Paketnetz an die Kunden geliefert werden, große Non- Food-Artikel, die für eine Abwicklung über ein Paketnetz zu groß sind, sowie Lebensmittel. Einzelhändler im Non-Food-Handel lagern und kommissionieren die Artikel in der Regel in einem dafür vorgesehenen Fulfillment-Center und liefern die Bestellungen über das Hub-and-Spoke-Netzwerk eines Paketdienstleisters aus. In diesem System kann ein Produkt auf seiner Reise vom E-Fulfillment-Center bis zum Kunden drei bis vier verschiedene Lager durchlaufen. Pakete durchlaufen vier Logistikimmobilien auf dem Weg zum Kunden 5 0 Lokale Verteilzentren E-fulfilllment- Center Lokales Sammeldepot Hub Käufer Quelle: The Boston Consulting Group Im Hinblick auf Logistikimmobilien erzeugt das Wachstum des Online-Handels eine Nachfrage nach einer Reihe unterschiedlicher Logistikimmobilien, darunter Fulfillment-Center, Sortierzentren, Cross-Dock-Lager und Bearbeitungszentren für Rücksendungen. In manchen Fällen sind auch Abholstellen für den Click-and-Collect - Service in Lagerflächen untergebracht, auch wenn dies nicht der typische Fall ist. Diese Nachfrage eröffnet neue Möglichkeiten für Entwickler und Investoren. 1 Centre for Retail Research, Online Retailing: Britain and Europe 2012 Non-Food-Artikel, die zu groß für den Versand über ein Paketnetz sind, werden in der Regel noch mithilfe des bestehenden Vertriebsnetzes abgewickelt. In Einzelfällen werden aber bereits eigens dafür vorgesehene Logistikimmobilien entwickelt. Ein Beispiel hierfür sind die Lagerflächen des Einzelhandelsunternehmens John Lewis in Enfield im Norden Londons und in Avonmouth bei Bristol (mit jeweils ca. 8.000 m²). Logistikmodelle für den Online-Handel mit Lebensmitteln können sich stark voneinander unterscheiden. Manche Einzelhändler kommissionieren Bestellungen in Ladengeschäften, andere ausschließlich in dafür vorgesehenen E-Fulfillment-Standorten. Andere wiederum verwenden eine Mischform, bei denen E- Fulfillment-Center im Umkreis der größten Ballungszentren zum Einsatz kommen sowie andernorts Waren aus Ladengeschäften heraus versendet werden.

Advance Ein neues Umfeld für Logistikimmobilien 5 Unterschiedliche Modelle für Online Lebensmittelhandel Lager für fertige Produkte Einzelhändler NDC / RDC Einzelhandels E-fulfillment-Center Laden Käufer Ein stark wachsender Bereich ist das sogenannte Click-and-Collect. In Großbritannien beispielsweise werden 70 % des allgemeinen Online-Angebotes der Supermarktkette Tesco auf diese Weise abgewickelt, während das Unternehmen sein entsprechendes Online-Angebot an Lebensmitteln zur Zeit ebenfalls erweitert. 2 Click-and-Collect kann sowohl reine Online-Händler als auch traditionelle Einzelhändler vor logistische Herausforderungen stellen. Da Erstere nicht über ein Filialnetz verfügen, gehen viele dieser Händler Kooperationen mit kleinen Convenience-Shops oder Postfilialen ein, um Abholstellen einzurichten oder Schließfächer an Standorten, wie Einkaufszentren, Gewerbegebieten oder Bahnhöfen aufstellen zu lassen. So hat z.b. Land Securities in Großbritannien in seinem Einkaufszentrum One New Change in der Londoner City 2011 die erste Abholstelle für Amazon eingerichtet. Eine weitere, besonders wichtige Größe bei Online-Einkäufen ist die hohe Rücksendungsquote bestimmter Produkttypen. Beim Modeeinzelhandel beispielsweise wird diese Quote häufig auf über 30 % der Einkäufe geschätzt. Alle Rücksendungen müssen vom Einzelhändler oder seinen beauftragten Logistikdienstleistern bewältigt werden. Rücksendungen können den Cashflow und die Händlermarge erheblich beeinflussen, da alle Artikel geprüft werden müssen. Idealerweise können sie nach der Prüfung der Wiederverkaufsfähigkeit schnell wieder in den Verkaufsprozess zurückgeführt werden. Zur Erreichung dieser Zielsetzung spricht vieles für eine Integration des Rücksendungsprozesses in die E-Fulfillment-Centern, da hierdurch eine effizientere und kostengünstigere Art der Wiedereinlagerung für den Wiederverkauf begünstigt wird. Folglich besitzen viele E-Fulfillment-Center einen separaten Bereich für die Rücksendebearbeitung, der sich häufig in einem Zwischengeschoss befindet. Alternativ dazu kann ein Händler ein separates Lager für Rücksendungen betreiben, das firmenintern oder ausgelagert und entweder nur von einem bestimmten Einzelhändler oder gemeinsam mit anderen genutzt werden kann. Traditionelle Einzelhändler besitzen zwar den Vorteil Abholstellen in ihrem bestehenden Filialnetz einrichten zu können. Die Lieferung einzelner kommissionierter Artikel an ein Ladengeschäft kann jedoch komplizierter sein als die Hauszustellung. So werden z.b. in manchen Fällen in einem E-Fulfillment-Center einzeln kommissionierte Artikel zunächst zu dem für die Belieferung des entsprechenden Geschäfts zuständigen Vertriebszentrum transportiert, anstatt direkt an das Geschäft ausgeliefert zu werden. Abholstellen sind in der Regel keine Logistikimmobilien, obwohl es einige Ausnahmen gibt. So hat beispielsweise John Lewis ein spezielles Lager eröffnet, das diese Funktion in Exeter im Südwesten Englands erfüllt. 2 Tesco, Annual Review and Summary Financial Statement 2012

6 Advance Ein neues Umfeld für Logistikimmobilien Welche Arten von Logistikimmobilien werden nachgefragt? Es liegt auf der Hand, dass durch die Zunahme des Multichannel- Einzelhandels die Nachfrage nach einer Reihe von Logistikobjekten steigt. In vielen Fällen sind dabei andere Anforderungen und Standorteigenschaften gefragt als bei traditionellen Logistikimmobilien, deren Gestaltung und Standort auf die Warenversorgung von Geschäften ausgelegt ist. Dies trifft besonders auf sehr große E-Fulfillment-Center, Sortierzentren von Paketdienstanbietern und Fulfillment-Centern des Lebensmitteleinzelhandels zu. Dadurch entsteht ein neuer Logistikimmobilienmarkt, der Veränderungen sowohl für Nutzer-, Entwickler- und Investoren gleichermaßen mit sich bringen wird. In vielen Fällen sind die entsprechenden Immobilien in bzw. im Umfeld von Ballungsgebieten angesiedelt. Insofern besteht ein deutlicher Zusammenhang zwischen der Zunahme des Multichannel-Einzelhandels und der städtischen oder innerstädtischen Logistik - ein Thema, das wir in einer unserer folgenden Studien aufgreifen werden. E-Fulfillment-Center Die E-Fulfillment-Center, in denen Waren gelagert und vor dem Vertrieb über das Paketnetz auf Artikelebene kommissioniert werden, sind oft riesige Gebäude, die weitaus größer sind als durchschnittliche Logistikimmobilien. Obwohl diese Flächen in Einzelfällen auch schon spekulativ entwickelt wurden, wie z.b. einige der Flächen von Amazon in Großbritannien, werden diese Aufgrund ihrer Größenordnung meist nutzerspezifisch gebaut. Beispiele dieser sogenannten build-to-suit Entwicklungen sind die über Europa verteilten Standorte von Amazon mit 100.000 m² oder mehr, und der Erfurter Standort von Zalando mit 128.000 m². Aufgrund ihrer Größe sowie der für die Kommissionierung einzelner Artikel erforderlichen Arbeitskräfte beschäftigen diese Zentren in der Regel hunderte Arbeiter eine Zahl, die sich zu Spitzenzeiten schnell verdoppeln kann. Der Amazon-Standort im schottischen Dunfermline, mit 92.300 m² der größte in Großbritannien, beschäftigt etwa 750 feste Mitarbeiter und bis zu 1.500 Saisonarbeiter während des Weihnachtsgeschäfts. Die Kommissionierung ist der arbeits- und kostenintensivste Prozess und stellt hohe Anforderungen an die Automatisierung. Dies kann, wie in einem kürzlich erschienenen Zeitungsartikel über Net-A-Porter, einem Online-Händler für Luxusmode, die Geschwindigkeit und Genauigkeit der Kommissionierung drastisch erhöhen. Die Einführung von Kommissionier-Robotern im Süd- Londoner Fulfillment-Center des Händlers hat die benötigte Arbeitszeit um etwa 500 % beschleunigt. Auch der Kauf des Roboterherstellers Kiva Systems für rund 775 Mio. US-Dollar durch Amazon im vergangenen Jahr unterstreicht die zufünftige Bedeutung der Automatisierung. Kiva Systems und Roboter in Warenlagern In der zunehmend wettbewerbsorientierten Welt des Multichannel-Einzelhandels kann die Automatisierung von Fulfillment-Abläufen Kosten senken, die Produktivität erhöhen und den Kundenservice erheblich steigern. Ein Beispiel hierfür ist die Materialtransportlösung von Kiva Systems, die auf eine Flotte mobiler Roboter zurückgreift, um verschiebbare Regale zu den Arbeitern zu bewegen, sodass jeder Arbeiter vollen Zugriff auf alle Bestandseinheiten erhält. Dieses System kann die Liefer- und Auftragsgenauigkeit und die Kundenzufriedenheit insgesamt erhöhen. Dadurch können das Lager und seine Abläufe zu einem Wettbewerbsvorteil für Händler werden was einmal mehr die entscheidende Bedeutung der Logistik unterstreicht. Bei der Standortentscheidung für E-Fulfillment-Center sind die wichtigsten Standortkriterien häufig andere als die der üblichen Schwerpunkt -Erwägungen, die für Logistikstandorte zur Belieferung von Geschäften maßgeblich sind. Zum einen führt der Größen- und Arbeitskräftebedarf dieser Fulfillment-Center häufig dazu, dass diese an peripheren Vertriebsstandorten angesiedelt werden, wo entsprechend große Entwicklungsflächen und eine hohe Anzahl an wettbewerbsfähigen Arbeitskräften zur Verfügung stehen und gegebenenfalls Fördermittel fließen.

Advance Ein neues Umfeld für Logistikimmobilien 7 Zum anderen ist die Nähe zu einem Paketzentrum ein zentraler Aspekt bei der Standortwahl dieser Zentren, da der Händler dadurch in der Lage ist, den Kunden späte Annahmeschlusszeiten für Bestellungen anzubieten. Die meisten Händler haben bevorzugte Paketdienstleister und zukünftig wird sich eine noch stärkere Zusammenarbeit zwischen Händlern und Paketdienstleistern entwickeln -, wobei letztere auch eine größere Bandbreite an Serviceleistungen anbieten werden, darunter Abholstellen sowie die Rücksendeabwicklung. Hermes beispielsweise bietet dies bereits an. Für Händler, die große Mengen an Produkten importieren, kann es sich zudem als sinnvoll erweisen, ein E-Fulfillment-Center an seinem wichtigsten Hafenstandort anzusiedeln. Die enorme Größe dieser Zentren könnte hierbei allerdings zu einem Hindernis werden, da die meisten der großen europäischen Containerhafen-Standorte nicht mehr über entsprechende Entwicklungsflächen verfügen. Da die Lieferzeit unter Einzelhändlern als wichtigstes Unterscheidungsmerkmal gilt, wird auch der Bedarf an kleineren E- Fulfillment-Centern in Reichweite der großen Ballungszentren, die eine Lieferung am gleichen Tag ermöglichen, steigen. Diese kleineren Zentren wären zwar nicht in der Lage, ein vollständiges Sortiment vorrätig zu halten, könnten jedoch von einem größeren Fulfillment-Center versendete Bestellungen per Cross-Docking abwickeln. In Großbritannien hat Amazon kürzlich seinen Bedarf an etwa 20 Lagern mit einer Größe zwischen 5.000 m² und 10.000 m² in der Nähe der größten städtischen Ballungsgebiete angekündigt, um der Nachfrage nach Lieferungen am gleichen Tag gerecht zu werden. Die lokalen Spokes, die als Knotenpunkte für die lokale Sammlung und Verteilung fungieren, besitzen eine ähnliche Spezifikation wie die Hub-Sortierzentren, sind aber mit etwa 5.000 m² kleiner. Das Hauptstandortkriterium lokaler Paketzentren für den Online- Handel ist die Nähe zum Kunden und somit den großen Ballungszentren. Sie sind daher in der Regel in bzw. am Rand von großen Städten angesiedelt. Die Nachfrage nach Paketzentren, sowie nach großen Sortierzentren, steigt entsprechend dem Wachstum der Paketvolumina stark an und eröffnet somit neue Perspektiven im Bereich der Projektentwicklungen. Logistikimmobilien für den Lebensmitteleinzelhandel Die E-Fulfillment-Center für Lebensmittel sind in der Regel spezifisch für den jeweiligen Einzelhändler errichtete Gebäude. Oft als dark stores bezeichnet, sind sie meist in der Nähe der großen Ballungszentren angesiedelt, um die Hauszustellung oder Auslieferung an spezielle Abholstellen abzudecken. Wie bereits erwähnt, gibt es kein einheitliches Modell für die Kommissionierung von Online-Bestellungen von Lebensmitteln. Mit steigenden Volumina ist allerdings eine Verlegung der Kommissionierung aus den Ladengeschäften wo sie heute noch zum größten Teil stattfindet - in eigens dafür vorgesehene Fulfillment-Center wahrscheinlich. Paketzentren - Sortierzentren Paketzentren sind in der Regel spezialisierte Immobilien, die nicht für die Lagerung, sondern für den schnellen Warenumschlag konzipiert sind. Diese Netzwerke sind als sogenannte Hub-and- Spoke- (Nabe-Speiche-) Systeme organisiert, deren Hauptfunktionen das Sortieren der Ware darstellt. Dabei nehmen diese Zentren Bestellungen von lokalen Spokes entgegen, sortieren diese nach Endempfängern und lieferen die Ware an geeignete Spokes für den Weitertransport. Diese Sortierzentren sind in der Regel lange, schmale, niedrige Lagerhäuser mit Rampen entlang zweier Ebenen und großen externen Rangierflächen, und liegen meist in einer Größenordung von 10.000 m² bis 20.000 m². Der Sortierprozess ist in der Regel hochautomatisiert.

8 Advance Ein neues Umfeld für Logistikimmobilien In Großbritannien beispielsweise, wo Tesco.com seinen Online- Service anfangs aus seinen Ladengeschäften heraus kommissionierte, entwickelt das Unternehmen, nach der Eröffnung seines ersten Zentrums in Croydon (London) in 2006, bereits sein sechstes dot.com Verteilzentrum für den Online-Handel im Großraum London. Die Art und Weise, wie sich diese Einrichtungen entwickeln, veranschaulicht die rasante Geschwindikeit mit der sich die Konzepte und die entsprechenden Anforderungen an die entsprechenden Logistikimmobilien verändern. Während Tesco.com seine erste speziell auf den Online-Handel zugeschnittene Logistikfläche in Croydon noch in einem Bestandsgebäude ansiedelte und diese wie ein Ladengeschäft organisierte, inklusive manueller Kommissionierung der Ware, wurden die folgenden fünf Zentren für den Internethandel, die jeweils etwa 12.000 m² groß sind, gemäß den neuen Anforderungen an derartige Einrichtungen gebaut und sind hochautomatisierte und mechanisierte Fulfillment-Center So wird Tescos Angaben zufolge die neueste, im Bau befindliche Immobilie in Erith, im Südosten Londons, das bisher am stärksten automatisierte Lager werden, sodass die Mitarbeiter eine größere Zahl an Bestellungen schneller und effizienter als je zuvor bearbeiten können. 3 Tesco beabsichtigt, weitere dark stores zu eröffnen, um auch Städte wie Birmingham und Manchester bedienen zu können. In den Niederlanden verfolgt Albert.nl, der Internet-Arm von Albert Heijn, - die größte Lebensmittelkette des Landes - einen ähnlichen Ansatz wie Tesco. Das Unternehmen begann mit der Kommissionierung von Online-Bestellungen direkt aus seinen Ladenflächen heraus, betreibt aber mittlerweile drei Fulfillment- Center - in Rotterdam, De Meern (nahe Utrecht) und Almere (nahe Amsterdam), die es als Home Shopping Center bezeichnet. Jedes dieser Zentren wurde speziell für das Unternehmen entwickelt, das von dort aus etwa 60 % der niederländischen Haushalte bedient sowie Waren an Transhipment-Zentren weiterverschickt, wo diese von großen LKWs auf kleinere Lieferwagen umgeladen werden. Trotz der häufig hohen Mechanisierung dieser Einrichtungen sind sie in der Regel noch immer sehr arbeitsintensiv, da die einzelnen Artikel weiterhin manuell kommissioniert werden. 3 Tesco builds sixth dot-com warehouse www.logisticsmanager.com Dezember 2012

Advance Ein neues Umfeld für Logistikimmobilien 9 Was bedeutet das für Investoren? Investoren benötigen zur richtigen Einschätzung der Performance- Aussichten einzelner Assets einen Einblick in die Funktionalität der Multichannel-Distribution, um die spezielle Funktion der Logistikimmobilien nachzuvollziehen, und damit die Anforderungen an die Immobilie und den Standort nachhaltig beurteilen zu können. Mit dem Wachstum des Multichannel-Einzelhandels ist auch das Verständnis und Interesse der Investoren an die hierfür entwickelten Logistikimmobilien gestiegen. So stehen viele Investoren diesen Gebäuden im Allgemeinen positiv gegenüber, da die Trends, die das Wachstum des Online-Geschäfts weiter antreiben, als nachhaltig angesehen werden. Trotzdem: es gelten die üblichen Anlagekriterien, wobei Bonität, Mietlaufzeit, Mietvertragsstruktur, Gebäudestandards, Grundstücksgröße und Standort die Kaufentscheidung der Investoren weiterhin maßgeblich steuern. Die Haupt-Sortierzentren und lokalen Paketdienst-Spokes werden ebenfalls zunehmend attraktiv für Investoren vorausgesetzt, sie sind in der Nähe von Stadtzentren, Häfen, Flughäfen oder wichtigen Autobahnkreuzen angesiedelt. Mit dem steigenden Verständnis bezüglich der Funktion und Rolle dieser Immobilien, haben sich die Investoren bereits mit den speziellen Anforderungen, wie höhere Mieten gegenüber herkömmlichen Logistikflächen (v.a. aufgrund höherer Baukosten, hoher Grundstückskosten, wenn sich der Standort in einem Ballungszentrum befindet, sowie der geringeren Bebauungsdichte) vertraut gemacht. Befinden sich diese Immobilien in oder am Rand großer Ballungsräume, profitieren sie sogar von zwei aktuellen Trends: dem wachsenden Online-Handel und das zunehmende Interesse an der City-Logistik, die zwar ebenfalls eng mit dem Online-Handel verknüpft ist, darüber hinaus aber noch weiterreichende Konsequenzen mit sich bringt. Spezielle Fulfillment-Center für Lebensmittel sind vergleichsweise selten, allerdings haben sich in Großbritannien die Tesco- Einrichtungen aufgrund ihrer Bonität und Mietlaufzeit als extrem attraktiv erwiesen. Dabei bringen Investoren einigen der neuen Standards großer E- Fulfillment-Center zunehmend Vertrauen entgegen, auch wenn diese in der Regel nutzerspezifisch errichtet werden. Grundstücksgröße und Standort bleiben allerdings Faktoren, die bei Investoren noch immer zu Bedenken bezüglich der Liquidität führen können. Dies ist besonders bei Mega-Centern relevant, deren Transaktionsvolumina bei mehr als 60 Mio. Euro liegen kann und aufgrund der benötigten Grundstücksfläche, der laufenden Kosten und des Arbeitskräftebedarfs häufig an relativ dezentralen (peripheren) Standorten angesiedelt sind. Im Gegensatz dazu ist die Investorennachfrage bei Flächen im mittleren Preissegment in der Regel deutlich höher.

10 Advance Ein neues Umfeld für Logistikimmobilien Was sind die wichtigsten möglichen Zukunftstrends? Obwohl sich der Online-Handel noch in einer frühen Phase der Entwicklung befindet, deuten alle unabhängigen Prognosen auf ein anhaltend robustes Wachstum. In Anbetracht dieser Situation und der bisherigen Entwicklung der Logistikmodelle und Abläufe sind unsere Erwartungen für die nächsten zehn Jahre: Online-Handel zuzuschlagen sind, gleichbedeutend mit 5 % aller insgesamt bezogenen Immobilien. 4 Das anhaltende Wachstum des Online-Handels sowie der zunehmende Druck, die Lieferzeiten zu senken, wird zu einem deutlichen Anstieg der Nachfrage nach entsprechenden Logistikimmobilien, einschließlich großer und kleinerer E-Fulfillment- Center, Sortierzentren und Paketdienst-Hubs/Spokes sowie dark stores für den Online-Handel mit Lebensmitteln, führen. Das Wachstum im Online-Einzelhandel wird die Nachfrage nach Logistikimmobilien erheblich steigern. Der traditionelle Einzelhandel wird mittelfristig die Gesamtnachfrage nach Logistikimmobilien zwar weiterhin dominieren, der Online-Handel wird allerdings der wichtigere Motor für Veränderungen sein. In reifen Einzelhandelsmärkten könnte die durch E-Fulfillment generierte Nachfrage nach Logistikimmobilien durch einen leichten Nachfragerückgang seitens des stationären Einzelhandels wieder aufgehoben werden. Multichannel wird sich zunehmend zu Omnichannel entwickeln, um dem Kunden ein vollintegriertes, nahtloses Einkaufserlebnis zu bieten. Mit dem Omnichannel-Handel wird die Rolle von Ladengeschäften und Lagern zunehmend verschwimmen. Der Automatisierungsgrad wird in E-Fulfillment-Centern weiter steigen, dennoch wird der Arbeitskräftebedarf weiterhin hoch bleiben. Darüber hinaus könnte in Zukunft eine stärkere Nachfrage nach gemeinsam genutzten Konsolidierungszentren in bzw. im Umfeld von großen Ballungsgebieten zur Zusammenführung von Hauszustellungen entstehen. Wenngleich noch dünn gesät wurden bereits einige städtische Konsolidierungszentren an verschiedenen Standorten in Europa errichtet, deren Aufgabe darin besteht Warenlieferungen an Geschäfte, insbesondere in größeren Einkaufszentren, Top-Lagen oder Flughäfen zusammenzuführen. Die Herausforderung, die mit einem hervorragenden Kundenservice für Online-Bestellungen bei gleichzeitiger Kostenkontrolle verbunden ist, könnte Händler dazu ermutigen, gemeinsam genutzte Konsolidierungszentren für die Hauszustellung in Erwägung zu ziehen. Es ist ebenfalls zu erwarten, dass die Nachfrage nach Rücksende- Zentren leicht steigen wird, obwohl diese Funktion, wie bereits erwähnt, häufig direkt in E-Fulfillment-Center integriert ist. Angesichts der zunehmenden Verbreitung neuer Technologien wie z. B. von Körperscannern beim Online-Einkauf von Modeartikeln ist es allerdings denkbar, dass die zurzeit besonders hohen Rücksendequoten sinken werden. Nachfrage nach neuen Logistikimmobilien Der Einzelhandel ist einer der wichtigsten Nachfrager nach großflächigen Logistikimmobilien. Dabei fällt die Nachfrage, die mit dem Online-Handel im direkten Zusammenhang steht, bisher noch relativ bescheiden aus. Zwischen Q1 2009 und einschließlich Q3 2012 entfielen etwa 35 % aller in Europa bezogenen Logistikimmobilien auf Einzelhändler, wobei hiervon etwa 15 % dem 4 Die Daten von Jones Lang LaSalle beinhalten Grade-A-Immobilien in Belgien, Frankreich, Deutschland, Ungarn, Italien, Polen, Russland, Spanien, Großbritannien, den Niederlanden und der Tschechischen Republik mit mindestens 5.000 m² (mind. 10.000 m² in Großbritannien). Diese Zahlen unterschätzen jedoch wahrscheinlich die Bedeutung von Einzelhändlern und Online-Händlern, da im ersten Fall die auf Logistikunternehmen entfallenden bezogenen Immobilien nicht inbegriffen sind, während wir im zweiten Fall nicht die Funktion jedes einzelnen aufgenommenen Lagerhauses identifizierten können.

Advance Ein neues Umfeld für Logistikimmobilien 11 Einzelhandel und e-commerce Logistikflächen-Umsatz.000 m 2 5,500 5,000 4,500 4,000 3,500 3,000 2,500 2,000 1,500 1,000 500 0 5% Quelle: Jones Lang LaSalle 15% Einzelhandel e-commerce % Anteil am gesamten Einzelhandelsumsatz 21% 17% 2009 2010 2011 Q1-Q3 2012 Auf der Grundlage historischer Absorptionsraten von Grade-A- Logistikimmobilien durch Einzelhändler in den größten europäischen Logistikimmobilienmärkten sowie der Prognose für den Einzelhandel und das allgemeine Wirtschaftswachstum gehen wir davon aus, dass das Gesamtniveau der von Einzelhändlern nachgefragten Logistikimmobilien in den fünf Jahren 2013-2017 bei jährlich etwa 5 Mio. m² liegen wird. Unter Berücksichtigung der Wachstumsprognosen des Online-Handels rechnen wir damit, dass die Nachfrage nach Logistikimmobilien für den reinen Online-Handel in den größten Logistikimmobilienmärkten Europas bis 2017 etwa 12 % der erwarteten Gesamtnachfrage seitens der Einzelhändler betragen wird. Demzufolge läge in diesem Fünf-Jahres-Zeitraum die durch E-Fulfillment generierte Nachfrage insgesamt bei ca. 3 Mio. m² und die des stationären Einzelhandels bei ca. 22 Mio. m². Das Ausmaß der nachgefragten Logistikimmobilien zu E-Fulfillment Zwecken wird davon abhängen wie schnell der Online-Handel wachsen wird und welche Logistikstrategien die Einzelhändler zur Bearbeitung der Bestellungen ergreifen werden. Trotz unterschiedlicher Prognosen ist mittelfristig ein starkes Wachstum des Online-Handels zu erwarten. Die Boston Consulting Group (BCG) beispielsweise sagt für die EU-27-Länder in den sechs Jahren 2011-2016 ein Wachstum von jährlich 14,5 % voraus, wobei der Anteil des Online-Geschäfts am gesamten Einzelhandel voraussichtlich von 5,7 % auf 10,8 % steigen wird. Forrester Research sagt für die Jahre 2012-2016 ein Wachstum von jährlich 12,2 % in 17 EU-Ländern voraus. 5 Diese Wachstumsraten liegen weit über denen, die für den Offline-Handel erwartet werden. E-commerce Logistikflächenumsatz nach Ländern 2009 Q3 2012 5% 6% 6% 1% Deutschland Großbritannien Frankreich Der traditioneller Einzelhandel wird weiterhin die Gesamtnachfrage nach Logistikimmobilien dominieren, doch der Online-Handel ist der Motor für Veränderung Während Prognosen zufolge in Gesamteuropa ein starkes Wachstum beim Online-Handel zu erwarten ist, wird der Online- Umsatz mittelfristig weiterhin einen relativ geringen Anteil am Gesamtumsatz des Einzelhandels ausmachen. Den größten Anteil am jeweiligen gesamten Einzelhandelsumsatz wird 2016 mit etwa 23 % in Großbritannien erwartet. Der stationäre Einzelhandel wird also trotz einer weitaus schwächeren Wachstumsprognose gegenüber dem Online-Handel über dem10-jahres Zeithorizont weiterhin deutlich über dem Online-Umsatz liegen. Die Warenversorgung von Filialnetzen wird also weiterhin die Gesamtnachfrage nach Logistikimmobilien dominieren, während der wachsende Online-Handel die Anforderungen an Logistikimmobilien im großen Ausmaß verändern wird. Die anhaltende Vormachtstellung des traditionellen Einzelhandels als Nachfragegenerator wird in unserer einfachen disaggregierten Prognose der Absorption durch den Einzelhandel in den nächsten fünf Jahren hervorgehoben. 23% 59% Westeuropa - Rest Russland Zentraleuropa Quele: Jones Lang LaSalle 5 The Boston Consulting Group, The $4.2 Trillion Opportunity, März 2012. Forrester Research, European Online Retail Forecasts: 2011 to 2016, Februar 2012.

12 Advance Ein neues Umfeld für Logistikimmobilien Handel Logistikflächenumsatz gesamt nach Ländern.000 m² 6,000 5,000 4,000 3,000 2,000 1,000 0 Quelle: Jones Lang LaSalle 2009 2010 2011 Q1-Q3 2012 Änderung der Anforderungen an Logistikimmobilien zur Versorgung von Filialnetzen Das Wachstum des Online-Umsatzes wird teilweise zulasten des Offline-Umsatzes erfolgen. In Märkten wie Großbritannien, wo der Online-Handel relativ fortgeschritten ist und die Einzelhandelsmärkte in der Regel etabliert sind, wird mit einer Stabilisierung bzw. einem Rückgang der bestehenden Ladenflächen gerechnet. Somit könnte die steigende Nachfrage nach Logistikimmobilien aufgrund des wachsenden Online-Umsatzes teilweise durch eine sinkende Nachfrage nach Lagerflächen seitens des stationären Einzelhandels aufgehoben werden. In den weniger entwickelten Einzelhandelsmärkten, wie Mittel- und Osteuropa, in denen der Bestand an Ladenflächen weiterhin zunimmt, wird dagegen auch die Nachfrage nach Logistikflächen seitens des stationären Einzelhandels weiter steigen. In manchen Fällen werden Multichannel-Einzelhändler Bestandsflächen ihres Einzelhandelsportfolios für die Bearbeitung von Online-Bestellungen umfunktionieren. So baut die Kaufhauskette Macy's in den USA derzeit fast 300 Läden ihres mehr als 800 Läden umfassenden Filialnetzes um, sodass zusätzliche Lagerräume für die Abwicklung lokaler Bestellungen zur Verfügung stehen. Der Omnichannel-Ansatz macht ein vollintegriertes Wareninventarsystem notwendig, welches eine vollständige Transparenz des Warenbestands bietet, sodass von überall auf die entsprechende Ware zugegriffen werden kann. Bei Implementierung eines solchen Systems könnte sich daher die Nachfrage nach speziellen Logistikflächen seitens der Multichannel-Einzelhändler verringern, da diese möglicherweise durch bestehende Ladenflächen abgedeckt werden kann. Steigender Automatisierungsgrad Die große Bedeutung der schnellen und genauen Kommissionierung beim Multichannel-Einzelhandel wird unseres Erachtens einen weiter steigenden Automatisierungsgrad in E-Fulfillment-Centern vorantreiben. Auch Roboter werden wesentlich stärker eingesetzt werden als heute. Da allerdings die Automatisierung darauf ausgerichtet ist, die Waren zu den Kommissionierern zu bringen, wird weiterhin eine signifikante Anzahl an Arbeitskräften notwendig sein, um einzelne Artikel zu kommissionieren. Darüber hinaus ist von höheren Anforderungen an Facharbeiter bzw.ingenieure auszugehen, die gewährleisten müssen, dass die Automatisierung ohne Störung arbeitet, wenngleich sich die Notwendigkeit bestimmter weniger qualifizierter Tätigkeiten innerhalb der Logistikflächen verringern könnte. Von Multichannel zu Omnichannel die Funktion von Ladenund Lagerfläche verschmilzt Zukünftig wird sich der Einzelhandel von Multichannel- hin zum Omnichannel wandeln. Einzelhändler werden ihr Online- und traditionelles Einzelhandelsgeschäft zusammenführen, um den Kunden ein vollintegriertes, nahtloses Einkaufserlebnis zu bieten. Beim Omnichannel-Einzelhandel verschmilzt in gewisser Weise die Funktion der Logistik- und Ladenflächen, da Kundenbestellungen dann vom jeweils am besten geeigneten Standort, sei es die Logistikimmobilie oder das Ladengeschäft, ausgeführt werden wird.

Advance Ein neues Umfeld für Logistikimmobilien 13 Auswirkungen für Einzelhändler, andere Immobiliennutzer, Entwickler und Investoren Das Wachstum des Online-Handels wird im kommenden Jahrzehnt und darüber hinaus einer der zentralen Motoren für Veränderung in den europäischen Logistikimmobilienmärkten sein. Einzelhändler, Paketdienstanbieter und Logistikunternehmen sowie Entwickler und Investoren müssen schnellsmöglich auf diese Veränderung reagieren, um ihre jeweiligen Strategien zu optimieren und ihre Logistikimmobilien in betrieblicher bzw. finanzieller Hinsicht bestmöglich zu nutzen. Einzelhändler müssen den Multichannel-Handel umsetzen und daran arbeiten, den Kunden ein vollintegriertes Omnichannel- Einkaufserlebnis zu bieten. Entwickler müssen ihren Schwerpunkt auf den Erwerb geeigneter Standorte und den Aufbau enger Beziehungen zu wichtigen Einzelhändlern, Logistikunternehmen und Paketdienstanbietern legen. Investoren müssen verstehen, wie Online- und Multichannel- Lieferketten funktionieren, um die Funktion der Lager, die diese Lieferketten unterstützen, und somit die Anforderungen, den Standort und die Performance-Aussichten der Investition bewerten zu können. Um William Gibson, den Science-Fiction-Autor, der den Begriff Cyberspace prägte, zu zitieren: Die Zukunft ist schon da - sie ist nur noch nicht gleichmäßig verteilt. Einzelhändler, Entwickler und Investoren müssen jetzt für die Zukunft planen. Weitere Literatur von Jones Lang LaSalle zum Thema Multi- Channel Retail ist auf unserer Website unter joneslanglasalle.com abrufbar. The Rise and Rise of Multi-Channel Retailing, 2012 Clicks or Bricks. E-commerce trends in Central & Eastern Europe, 2012

Business Kontakt Paul Betts Head of EMEA Logistics Paris +331 4055 8582 paul.betts@eu.jll.com Rainer Koepke Head of Industrial Agency Deutschland Frankfurt +49 (0)69 2003 1116 rainer.koepke@eu.jll.com Report Kontakt Alexandra Tornow Associate Director EMEA Research Hamburg +49 (0)40 350011 339 alexandra.tornow@eu.jll.com Jon Sleeman Director EMEA Research London +44 (0)20 7087 5515 jon.sleeman@eu.jll.com Februar 2013 www.joneslanglasalle.com COPYRIGHT JONES LANG LASALLE IP, INC. 2013. All rights reserved. No part of this publication may be reproduced or transmitted in any form or by any means without prior written consent of Jones Lang LaSalle. It is based on material that we believe to be reliable. Whilst every effort has been made to ensure its accuracy, we cannot offer any warranty that it contains no factual errors. We would like to be told of any such errors in order to correct them.