Versuch 4 Messung der dynamischen Viskosität mit dem Rotationsviskosimeter (Grundlagen DIN 53018)

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Transkript:

Versuch 4 Messung der dynamischen Viskosität mit dem Rotationsviskosimeter (Grundlagen DIN 53018)

Versuch 4 Messung der dynamischen Viskosität mit dem Rotationsviskosimeter (Grundlagen DIN 53018) 4.1 Begriff der Zähigkeit Wirkt auf einen elastischen festen Körper eine Schubspannung τ, so verformt sich dieser in der skizzierten Weise (Bild 1). Die Verformung kann durch den Scherungswinkel ß angegeben werden. ß ist mit τ über das Hooksche Gesetz verknüpft, nach dem zu jeder Schubspannung ein ganz bestimmter Scherungswinkel gehört. So lange τ konstant ist, bleibt auch ß unverändert. Bild 1 : Fester Körper Bild 2: Versuch von Newton Eine Flüssigkeit verhält sich anders. Wirkt auf sie eine Schubspannung, so verformt sie sich ebenfalls, aber der Scherungswinkel ist nicht konstant, sondern er wächst, so lange die Schubspannung wirkt, d.h. die Verformung nimmt immer mehr zu. Man sagt, die Flüssigkeit fließt oder strömt. Wenn eine Flüssigkeit aus einem Behälter nach unten ausfließt, wird die Schubspannung 2

durch die Schwerkraft hervorgerufen, deren Wirkung auf alle Körper gleich ist. Vergleicht man aber das Ausfließen von Wasser und Öl, so kann man erkennen, dass Wasser schneller als Öl ausfließt. Man sagt, das Öl ist zähflüssiger als das Wasser und beschreibt damit die Stoffeigenschaft der Viskosität oder der Zähigkeit. Die unterschiedliche Fließgeschwindigkeit bei gleicher Schubspannung kann man auch als unterschiedlichen Widerstand der Flüssigkeiten gegen die Verformung bezeichnen, d.h. die Flüssigkeitsmoleküle, die gegeneinander verschoben werden, setzen dieser Verschiebung Widerstände entgegen. Diesen Widerstand bezeichnen wir als innere Reibung der Flüssigkeiten. Die Viskosität ist also ein Maß für die innere Reibung. Die Definition der Viskosität erhält man über den klassischen Newtonschen Versuch (Bild 2 ): Über eine Flüssigkeitsschicht der Dicke y wird eine Platte mit der Geschwindigkeit c gezogen. Dabei muss die Kraft F bzw. die Schubspannung τ aufgewandt werden. Die an den Platten anliegenden Flüssigkeitsmoleküle haften an diesen durch Adhäsion. Die Moleküle an der feststehenden unteren Platte haben die Geschwindigkeit 0, die an der oberen Platte die Geschwindigkeit c. In der Flüssigkeitsschicht herrscht damit ein Geschwindigkeits- oder Schergefälle D = dc dy Für den Zusammenhang zwischen Schubspannung und Schergefälle fand Newton folgenden Ansatz: dc! ~ bzw.! = " # dy dc dy d.h. die Schubspannung ist proportional dem Schergefälle. Den Proportionalitätsfaktor η bezeichnen wir als dynamische Viskosität ( oder dyn. Zähigkeit ). Die Gleichung sagt aus, dass die in der Flüssigkeit herrschende Schubspannung mit dem Schergefälle wächst oder bei großem Schergefälle, d.h. großer Geschwindigkeit der Platte wird der Widerstand der Flüssigkeit gegen die Verschiebung der Teilchen gegeneinander größer. Betrachten wir 2 Behälter mit einer Ausflussöffnung am Boden. In dem einen ist eine Flüssigkeit geringer Viskosität, im anderen eine mit großer Viskosität. Auf beide 3

Flüssigkeiten wirkt die leichte Schubspannung als Folge der Schwerkraft. Nach dem Newtonschen Ansatz folgt daraus, bei gleicher Schubspannung und unterschiedlicher Zähigkeit muss das Schergefälle der Flüssigkeit mit großer Viskosität geringer sein. Also fließt diese langsamer aus. Im Newtonschen Ansatz ist die dynamische Zähigkeit bei gleich bleibender Temperatur eine Konstante. Damit ist sie eine Stoffeigenschaft. Alle Flüssigkeiten und Gase, für die dieser Ansatz gilt, bezeichnen wir als Newtonsche Flüssigkeiten Dazu gehören Wasser, alle Mineral- und Pflanzenöle sowie auch alle Gase und Dämpfe. Nichtnewtonsche Flüssigkeiten sind Stoffe, die dem Newton-Ansatz nicht genügen, d.h. diese fließfähigen Stoffe haben bei gleich bleibender Temperatur keine konstante Zähigkeit, sondern sie ist abhängig vom Schergefälle bzw. von der Schubspannung. In den Diagrammen Bild 3 und 4 ist das Viskositäts- und Schergefälleverhalten eingezeichnet von strukturviskosen Flüssigkeiten, bei diesen nimmt die Viskosität mit steigender Schubspannung ab, d.h. sie werden dünnflüssiger. Beispiele: Lösungen von Kunststoffen (Farben), Glutolinkleister Bild 3 : Viskositätskurve Bild 4 : Fließkurve 4

dilatanten Flüssigkeiten: bei diesen wächst die Viskosität bei konstanter Temperatur mit der Schubspannung. Beispiel: Silicone plastischen Substanzen: sie verhalten sich bis zu einer bestimmten Schubspannung (Fließgrenze) wie feste Körper, darüber hinaus fließen sie. Beispiel: Schmierfett, Gallerte u. Zahnpasta. Wichtig ist, dass zur technischen Berechnung aller Fließvorgänge das Viskositätsverhalten der betreffenden Flüssigkeit bekannt sein muss. Die auftretenden Probleme sind kompliziert, wenn es sich um "Nichtnewtonsche Flüssigkeiten" ( Rheologie ) handelt. Relativ einfach ist die theoretische und praktische Behandlung der Strömung von "Newtonschen Flüssigkeiten" in der Strömungslehre. Dabei muss aber die dynamische Viskosität bekannt sein. Einheit der dyn. Viskosität:! " = D, N! s oder Pa! s 2 m früher cp ( centi Poise) 1 cp = 1 mpa s Die dyn. Viskosität sinkt bei den Flüssigkeiten mit steigender Temperatur, bei den Gasen nimmt sie geringfügig zu. Nur bei sehr hohen Drücken zeigt sich ein Druckeinfluss. Bei vielen technischen Ansätzen tritt das Verhältnis dyn. Viskosität zu Dichte auf. Das ist ebenfalls eine Stoffeigenschaft, die als kinematische Viskosität ν bezeichnet wird.! = ", # 2 m s 5

4.2 Messung des Viskositätsverhaltens mit dem Rotationsviskosimeter Bei dem Rotationsviskosimeter sind die beiden ebenen parallelen Platten des Newton- Versuches durch 2 konzentrische Zylinder ersetzt. Die Messsubstanz befindet sich im Ringspalt zwischen den Zylindern ( Bild 5 ) Bild 5: koaxiales Zylinder Meßsystem Der innere Zylinder rotiert mit einer konstanten einstellbaren Drehzahl. Damit haben die an diesem Zylinder haftenden Flüssigkeitsteilchen die gleiche Drehgeschwindigkeit wie der Zylinder, während die am äußerem Zylinder ( Messbecher) haftenden Teilchen mit diesem die Geschwindigkeit 0 besitzen. Der Antrieb des Zylinders erfolgt elektrisch mit variabler Drehzahl. Das für eine bestimmte Drehzahl erforderliche Drehmoment wird im Prinzip über ein elektrisches Torsionsdynamometer gemessen und kann an einer Anzeige abgelesen werden. 6

Für die Schubspannung τ i und τ a gilt folgender Ansatz: F M d # = ; F = ; A = 2!"! R! h A R Die Geometrien der Formeln für η, D und τ werden zu Konstanten A, M und G zusammen gefasst und im Eichschein des verwendeten Meßsystem angegeben. Die Gerätekonstanten A, M und G sind auf den entsprechenden Bedienungsanleitungen für die Geräte dargestellt. Damit erhalten wir folgende Berechnungsformeln:! = A # S ; D = M # n ; " = G # n S S in Skalenteilen SKT ist der Zahlenwert für das Drehmoment, der in Abhängigkeit von der eingestellten Drehzahl digital oder als Anzeigewert abgelesen wird. Aufgabe : 1. Das Viskositätsverhalten von Schmieröl und von Glutolinkleister ist zu messen. ( bei konstanter Temperatur! ) 2. Die Fließ- und Viskositätskurve beider Stoffe sind zu berechnen und in Diagrammen darzustellen. 3. Entscheiden Sie anhand Ihrer Auswertungen, welches Verhalten den Flüssigkeiten zuzuordnen ist. Beachten Sie dabei das zu erwartenden Verhalten beider Flüssigkeiten vor der Erstellung der Diagramme!! 7