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Transkript:

PROPÄDEUTISCHE ÜBUNG GRUNDKURS ZIVILRECHT II PROF. DR. STEPHAN LORENZ SOMMERSEMESTER 2014 Lösung: Fall 4 * I. Anspruch der K gegen V auf anteilige Rückzahlung des Kaufpreises aus 437 Nr. 2, 441 I, IV, 346 I BGB Fraglich ist zunächst, ob K den Minderwert von 100 gegenüber V geltend machen kann. 1 K könnte gegen V einen Anspruch auf anteilige Rückzahlung des Kaufpreises infolge Minderung aus 437 Nr. 2, 441 I, IV, 346 I BGB haben. 1. Ein Kaufvertrag wurde wirksam abgeschlossen. 2. Weiterhin ist erforderlich, dass die Sache mangelhaft ist. Nur dann stehen dem Käufer die Rechte aus 437 BGB zu. Gemäß 434 I 1 BGB liegt ein Sachmangel vor, wenn die Sache bei Gefahrübergang die vereinbarte Beschaffenheit nicht hat. Ob hier eine konkludente Parteivereinbarung über den Grafikchip FX vorliegt, kann offen bleiben. Denn jedenfalls fehlt es an einer erwartbaren Beschaffenheit i.s.d. 434 I 2 Nr. 2 BGB. Denn zu diesen gehören gem. 434 I 2 Nr. 2 S. 3 BBGB auch solche Eigenschaften, die der Käufer wegen öffentlicher Äußerungen des Verkäufers oder Herstellers erwarten kann. Hier war nach dem Prospekt ein Grafikchip FX zu erwarten, während tatsächlich der (schlechtere) Grafikchip MX eingebaut war. Diese Abweichung lag auch bei der Übergabe des Computers und damit bei Gefahrübergang ( 446 S. 1 BGB) vor. 3. K hat konkludent die Minderung erklärt, 441 I BGB. 4. Minderungsrecht 441 I 1 BGB koppelt die Möglichkeit der Minderung an den Rücktritt, lässt diese aber in Abweichung von 323 V 2 BGB auch im Falle eines unerheblichen Sachmangels zu, 441 I 2 BGB. Ein Rücktrittsrecht könnte sich hier aus der Unmöglichkeit einer Nacherfüllung ergeben, 326 V, 323 BGB a) Da der Grafikchip bereits ersetzt ist, kann der Verkäufer den Mangel nunmehr nicht mehr beheben (Unmöglichkeit durch Zweckerreichung); eine Nachlieferung scheidet ohnehin aus, da K das letzte Stück der Serie erworben hat. Von der Pflicht zur Nacherfüllung ist V gemäß 275 I BGB befreit. Somit ist gemäß 326 V BGB eine Fristsetzung i.s.d. 323 I BGB nicht erforderlich. b) Gemäß 323 VI, 326 V BGB könnte der Rücktritt jedoch ausgeschlossen sein. Dies ist dann der Fall, wenn der Käufer für den Umstand, der ihn zum Rücktritt berechtigt, allein oder weit überwiegend verantwortlich ist. Der zum Rücktritt berechtigende Umstand ist hier nicht der Mangel selbst, sondern im Fall der qualitativen Unmöglichkeit die Unbehebbarkeit des Mangels durch den Verkäufer. Bei verfrühter * Siehe dazu BGH NJW 2009, 2674 und Köhler/Lorenz PdW SchuldR II Fall 42. Siehe auch Medicus/Lorenz, Schuldrecht I, Rn. 351 ff und Rn. 560 ff.; S. Lorenz, NJW 2003, 1417; Dauner-Lieb/Dötsch ZGS 2003, 455; Canaris, ZIP 2003, 321. 1 Angesichts des Begehrens des K wäre es fehlerhaft auf Rücktritt einzugehen. K möchte offensichtlich den Computer behalten.

Selbstvornahme der Reparatur ist der Käufer für den Rücktrittsgrund allein verantwortlich. 2 Der Rücktritt ist daher gemäß 323 VI BGB ausgeschlossen. Auch ein Minderungsrecht steht K daher nicht zu. 3 Ergebnis: Der Anspruch besteht nicht. II. Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung K könnte einen Anspruch aus 437 Nr. 3, 280, 283 BGB auf Schadensersatz statt der Leistung haben. 1. Zu Kaufvertrag und Sachmangel s.o. I.1. und 2. 2. Pflichtverletzung, 280, 283 BGB Die Pflichtverletzung liegt in der Unmöglichkeit der Nacherfüllung. 4 3. Vertretenmüssen, 280 I 2, 276 BGB Zwar wird das Vertretenmüssen der Pflichtverletzung des Schuldners vermutet, diese Vermutung ist hier aber widerlegt. Die verfrühte Selbstvornahme der Reparatur durch den Käufer hat zur Unmöglichkeit der Nacherfüllung geführt. Diesen Umstand hat der Verkäufer nicht zu vertreten. 5 4. Ergebnis: Es besteht kein Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung. III. Anspruch auf anteilige Rückzahlung des Kaufpreises wegen ersparter Aufwendungen K könnte gegen V einen Anspruch aus 326 IV, 346 I BGB haben, wenn er eine nach 326 II 2 BGB nicht geschuldete Gegenleistung (Kaufpreis) bewirkt hat. 1. Allerdings fragt es sich, ob 326 IV, II 2 BGB im Kaufmängelgewährleistungsrecht überhaupt anwendbar ist. a) Gegen eine unmittelbare Anwendbarkeit spricht, dass die Vorschriften nicht in 437 BGB aufgeführt sind. Nach einer Ansicht ist 326 II 2 BGB dennoch als Vorschrift des allgemeinen Schuldrechts auch im Kaufgewährleistungsrecht direkt anwendbar. Das Kaufrecht dockt gerade am allgemeinen Leistungsstörungsrecht an und weicht nur ab, soweit es besondere Regelungen vorsieht (wie etwa 438 f. BGB). Misst man der Aufzählung in 437 BGB dagegen konstitutive Bedeutung bei, so ist diese Vorschrift nicht direkt anwendbar. Ein weiterer Grund gegen die 2 Beachte: Anders wäre der Fall zu beurteilen, wenn ein sofortiges Rücktrittsrecht (wegen Entbehrlichkeit der Nachfristsetzung nach 323 II BGB) besteht. In einer solchen Situation ist die Selbstvornahme natürlich zulässig und unter Umständen, wenn ein Deckungskauf nicht günstiger ist, im Hinblick auf die Schadensminderungsobliegenheit ( 254 II BGB) auch anzuraten. 3 Beachte: Dies Ergebnis unterstreicht die Bedeutung des Nacherfüllungsrechts aus Sicht des Verkäufers. Sein Recht zur zweiten Andienung darf der Käufer ihm nicht aus der Hand schlagen. 4 Beachte: Bei berechtigter Selbstvornahme etwa im Falle einer Erfüllungsverweigerung ergibt sich der Anspruch aus 281 nicht 283! 5 Beachte: Ob der Verkäufer den Mangel selbst zu vertreten hat, spielt für den Schadensersatz statt der Leistung keine Rolle. 2

Anwendbarkeit des 326 II 2 BGB ist, dass sich das Fortbestehen des Anspruchs auf die Gegenleistung vorliegend nicht aus 326 II 1 BGB ergibt, sondern schon aus 326 I 2 BGB. 6 326 II 1 BGB baut aber auf 326 I 1 BGB auf; Letzterer ist wegen 326 I 2 BGB ausgeschlossen. b) Immerhin könnte 326 IV, II 2 BGB aber analog anwendbar sein. Voraussetzung dafür ist eine planwidrige Gesetzeslücke. Die Lücke entsteht hier dadurch, dass das Rücktrittsrecht (und damit auch das Minderungsrecht) ausgeschlossen ist und das Gesetz in 323 VI BGB keine Regelung hinsichtlich ersparter Aufwendungen trifft. Nach Ansicht des BGH ist 437 BGB dennoch als abschließende Regelung der Käuferrechte zu sehen. 7 Anderenfalls würde dem Käufer ein Selbstvornahmerecht auf Kosten des Verkäufers zugebilligt. Im Kaufrecht ist eine Regelung der Selbstvornahme wie im Wertvertragsrecht nach 637 BGB gerade nicht vorgesehen. Um den Vorrang der Nacherfüllung nicht zu unterlaufen, ist dem Käufer der Anspruch auf die ersparten Aufwendungen zu versagen. Entgegen dieser Auffassung des BGH erscheint es aber nicht sachgerecht, dass sich der Verkäufer ersparte Aufwendungen auf den Kaufpreis anrechnen lassen muss: Der Verkäufer behält bei verfrühter Nachbesserung den Anspruch auf den Kaufpreis gemäß 326 I 2 BGB. Es gibt keinen Grund den Verkäufer besser zu stellen, als wenn die Nacherfüllung nicht vereitelt worden wäre. Das Recht, sich den Kaufpreis zu verdienen, bedeutet bei einer mangelhaften Sache, dass zusätzliche Aufwendungen getätigt werden müssen, die vom Verkäufer zu tragen sind (vgl. 439 II BGB). Diese ersparten Aufwendungen muss sich der Verkäufer anrechnen lassen. Diesen Fall hat der Gesetzgeber nicht bedacht, als er 326 I-IV BGB in 437 BGB nicht in Bezug genommen hat. 2. Ist 326 IV, II 2 BGB somit analog anwendbar, so liegen seine Voraussetzungen vor: Der Käufer ist für den Umstand, der zur Unmöglichkeit der Nacherfüllung führt, allein verantwortlich. V muss sich daher die Aufwendungen anrechnen lassen, die ihm die Durchführung der ursprünglich geschuldeten Nachbesserung verursacht hätte. Dies sind vorliegend 70. In dieser Höhe hat K den Kaufpreis zu viel gezahlt. Ergebnis: K hat gegen V einen Anspruch auf Rückzahlung von 70. IV. Anspruch auf Schadensersatz in Höhe von 300 8 K könnte hinsichtlich seines Haftungsschadens i.h.v. 300 einen Anspruch auf Schadensersatz gegen V aus 437 Nr. 3, 280 I BGB ggf. in Verbindung mit 280 III, 281 bzw. 283 BGB oder 280 II, 286 BGB haben. 1. Zu Kaufvertrag und Sachmangel s.o. I.1. und 2. 2. Einordnung des Anspruchsziels als Schadensersatz statt der Leistung, Verzögerungsschadensersatz oder (sonstiger) Schadensersatz neben der Leistung 6 S. dazu die Ausführungen in Fall 3. 7 BGH NJW 2005, 1348. 8 Vgl. zum Betriebsausfallschaden Medicus/Lorenz, Schuldrecht I, Rn. 469; Grigoleit/Riehm JuS 2004, 745. 3

a) K könnte gegen V Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung aus 437 Nr. 3, 280 I, III, 281 bzw. 283 geltend machen. In diesem Fall wären die zusätzlichen Voraussetzungen der 280 III, 281-283 zu beachten. Zu prüfen ist also, ob die K entstandenen Kosten von 300 wegen des nicht fristgemäß bearbeiteten Auftrags als Schadensersatz statt der Leistung geltend zu machen sind. Die Abgrenzung zwischen den verschiedenen Schadenskategorien soll nach einer Ansicht nach dem Zweck der jeweiligen zusätzlichen Erfordernisse erfolgen, hier also nach dem Zweck der Fristsetzung zur Nacherfüllung. Die Abgrenzung ist nach einem zeitlich-dynamischen Kriterium vorzunehmen. 9 Die entsprechende Testfrage lautet: Wäre der Schaden entfallen, wenn die Leistung im letztmöglichen Zeitpunkt noch erbracht worden wäre? Dann handelt es sich um Schadensersatz statt der Leistung. Vorliegend hätten sich die Kosten wegen der Fristversäumung durch Nacherfüllung nicht mehr vermeiden lassen. Mit Ablauf der Frist zur Bearbeitung des Auftrags ist K der Schaden endgültig entstanden. Zu dem Zeitpunkt, zu dem die Leistung unmöglich wurde (Selbstvornahme), war der Schaden bereits endgültig eingetreten. Es handelt sich daher nicht um Schadensersatz statt der Leistung. Nach anderer Ansicht erfasst 280 III BGB nur die schadensrechtliche Rekonstruktion des Naturalleistungs-interesses, 10 was hinsichtlich der Kosten für die Fristversäumung wohl zu verneinen wäre. Beide Ansichten kommen vorliegend zum gleichen Ergebnis: 280 III BGB (und damit 283 BGB) ist nicht einschlägig. Es bleibt dann nur noch zu klären, ob ein Verzögerungsschaden oder einfacher Schadensersatz begehrt wird. b) Ist der von K geltend gemachte Anspruch als Schadensersatz wegen Verzögerung der Nacherfüllung nach 437 Nr. 3, 280 II, 286 BGB einzuordnen, so sind die zusätzlichen Voraussetzungen des 280 II BGB, insbesondere das Erfordernis der Mahnung nach 286 I, zu beachten. Ein Verzögerungsschaden liegt vor, wenn der Schaden allein auf die Verzögerung der Leistung (hier der Nacherfüllung) zurückgeht. Der sogenannte Betriebsausfallschadens entsteht dadurch, dass die geschuldete Sache vom Käufer nicht genutzt werden kann. Die Kosten für die Fristversäumung sind dem üblicherweise unter diesem Schlagwort diskutierten Produktionsausfall vergleichbar, weil sie ebenfalls auf der fehlenden Nutzbarkeit der Kaufsache beruhen. Die Einordnung des Betriebsausfallschadens unter 280 I bzw. II ist umstritten: (1) Nach einer Auffassung (die auch der BGH vertritt) handelt es sich, wenn der Betriebsausfall auf einen Sachmangel zurückzuführen ist, um einfachen Schadensersatz. 11 Für diese Ansicht spricht: Das Mahnungserfordernis ist in einem solchen Fall wenig zweckmäßig: Im Unterschied zum Fall des Ausbleibens der gesamten Leistung kann der Schuldner die Pflichtverletzung 9 Medicus/Lorenz, Schuldrecht I, Rn. 353 a sowie grundlegend: Lorenz, Karlsruher Forum 2005, S. 42 m.w.n. 10 Grigoleit/Riehm AcP 203 (2003), 727, 735; ähnlich etwa Erman/Grunewald, 437 BGB, Rn. 14; Jauernig/Stadler, 280 BGB Rn. 3. 11 BGH NJW 2009, 2674; Medicus/Lorenz, Schuldrecht I, Rn. 469; Canaris, Karlsruher Forum 2002, S. 39; Lorenz, Karlsruher Forum 2005, S. 44. 4

oft erst bemerken, wenn der Schaden bereits eingetreten ist oder sich nicht mehr vermeiden lässt. Dogmatisch ist an die Pflichtverletzung anzuknüpfen, die in der Mangelhaftigkeit der Leistung besteht ( 433 I 2). (2) Die Gegenansicht ordnet den Betriebsausfallschaden als Verzögerungsschaden i.s.d. 280 II ein 12 und knüpft an die Verzögerung der Nacherfüllung ( 439 I) an. Der Schaden ist dieser Auffassung nach aus der nachholbaren und damit nur verzögerten Lieferung einer mangelfreien Sache entstanden. Folgt man dieser Auffassung, so ist der Schaden regelmäßig erst ab Vorliegen einer Mahnung ( 286 I 1 BGB) ersetzbar; diese fehlt vorliegend. Als Argument für die Anwendbarkeit der Verzugsregelung wird angeführt, dass der Verkäufer, der eine mangelhafte Sache liefert, nicht schlechter stehen soll, als der Verkäufer, der nicht rechtzeitig liefert. Dies würde jedoch bedeuten, dass der Schaden, der sofort eintritt, nicht ersetzbar wäre. Es gibt jedoch keine sachliche Rechtfertigung für eine solche Haftungsimmunität des Verkäufers. Die Pflichtverletzung, um die es hier geht, ist die Lieferung einer mangelhaften Sache, während bei dem Verkäufer, der zu spät liefert, die Pflichtverletzung in der zu späten Lieferung besteht. Nur in letzterem Fall ist es erforderlich, auf den Eintritt des Verzuges abzustellen. Auch wird der Verkäufer ohne ein haftungsbegründendes Mahnungserfordernis nicht unbillig schlechter gestellt. Zeigt der Käufer den Mangel nämlich nicht an und verlangt keine Nacherfüllung, verstößt er gegen seine Schadensminderungsobliegenheit nach 254 II 1 BGB und verliert so den Anspruch auf den Ersatz weiterer Betriebsausfallschäden. Eine Mahnung ist daher nicht erforderlich. Ein Unterschied im Ergebnis besteht aber dann nicht, wenn die Mahnung hinsichtlich der Nacherfüllung gemäß 286 II Nr. 4 entbehrlich ist, was von manchen für die Fallgruppe des Betriebsausfallschadens befürwortet wird. 13 (3) Im Ergebnis spricht mehr dafür, den Betriebsausfallschaden nicht als Verzögerungsschaden, sondern als einfachen Schadensersatz bzw. (sonstigen) Schadensersatz neben der Leistung nach 437 Nr. 3, 280 I BGB geltend zu machen sind. Die zusätzlichen Erfordernisse des 280 II bzw. III BGB sind nicht zu prüfen (a.a. hinsichtlich 280 II BGB vertretbar; dann wäre, wenn man eine Mahnung für erforderlich hält, der Schaden nicht ersetzbar). 3. Pflichtverletzung ( 280 I BGB) a) Verletzung der Pflicht zur sachmangelfreien Leistung ( 433 I 2) Die Pflichtverletzung liegt hier darin, dass der Computer mangelhaft war, 433 I 2 BGB. Der Haftungsschaden beruht darauf, dass V einen Computer mit einer zu schwachen Grafikleistung geliefert hat. 12 Etwa AnwK/Dauner-Lieb, 280 BGB Rn. 63; MüKo/Emmerich, Vor 281 BGB, Rn. 18. 13 So etwa Grigoleit/Riehm, AcP 203 (2003), 727, 756. 5

b) Verletzung der Nacherfüllungspflicht ( 439 I) 4. Vertretenmüssen Weiter kommt die Verletzung einer Nacherfüllungspflicht aus 439 I in Betracht. Danach konnte K Nacherfüllung in Form der Mängelbeseitigung verlangen. Da eine Aufforderung zur Mangelbeseitigung jedoch bis zu dem Zeitpunkt, in dem die Nachbesserung durch die Selbstvornahme unmöglich wurde, nicht erfolgt ist, fehlt es diesbezüglich bereits an der Fälligkeit der Pflicht. Gemäß 280 I 2 BGB trägt der Schuldner die Beweislast für das fehlende Vertretenmüssen der Pflichtverletzung. Die Pflichtverletzung besteht vorliegend in der Lieferung einer mangelhaften Sache. Das ist der Bezugspunkt des Vertretenmüssens. a) Vertreten muss V gemäß 276 I 1 BGB Vorsatz und Fahrlässigkeit. V wusste nichts von dem Mangel. Als Verkäufer obliegt es ihm auch regelmäßig nicht, die Sache vor Verkauf zu untersuchen. 14 Daher liegt keine Fahrlässigkeit vor, 276 II BGB. b) Schließlich könnte V eine Garantie hinsichtlich der Grafikleistung übernommen haben, 276 I 1 BGB. Daran sind strenge Anforderungen zu stellen: Eine Garantie ist nur anzunehmen, wenn der Schuldner zu erkennen gegeben hat, dass er für alle Schadensfolgen der Pflichtverletzung ohne Rücksicht auf ein Verschulden einstehen will. Dies ist durch Auslegung zu ermitteln. Die Beschreibung des Produkts allein lässt nicht auf eine Garantie schließen. Ansonsten würde man eine vom Gesetz nicht gewollte verschuldensunabhängige Haftung für Mängel einführen. Eine solche kommt nur in Betracht, wenn die Angabe eine zentrale Bedeutung für den Käufer hat. Zwar ist vorliegend die Grafikleistung für den Käufer K von größter Bedeutung, dies trifft aber bei einem sehr preisgünstigen Computer von der Stange nicht für den typischen Käufer zu. Auf diesen kommt es aber nach dem Empfängerhorizont an. Eine Garantie wird man daher nicht annehmen können. Ergebnis: Es besteht kein Anspruch auf Schadensersatz neben der Leistung. 14 Beachte: Hier kommt es wie bei der Frage der Garantie auf den Einzelfall an. Eine Untersuchungspflicht trifft den Verkäufer grundsätzlich nicht, siehe etwa MüKo/Westermann, 433 BGB, Rn. 70; Teske NJW 1983, 2428 zum früheren Recht. 6