Warum Ernährungs- und Verbraucherbildung?

Ähnliche Dokumente
Inhalt. Außerdem: Kommentierte Zusammenstellung. Unterrichtsmaterialien. geeigneter

Mittagessen mit pädagogischem Konzept

Die Bildungsziele des Sächsischen Curriculums der Ernährungs- und Verbraucherbildung

Thomas Ködelpeter ANU FG Schule + Nachhaltigkeit

REVIS Reform der Ernährungs- und Verbraucherbildung an Schulen

Organisation des Mittagessens an Grundschulen als Teil gelebter Ernährungs- und Verbraucherbildung

...sichten. Absichten, Einsichten, Übersichten und Aussichten einer Reform der Ernährungs- und Verbraucherbildung in Schulen

Ästhetisch Kulinarisch Jugendgerecht

Schulverpflegung in Europa Anforderungen an die Praxis

Kompetenzen für Lebensführung und -gestaltung Verbraucherbildung heute und morgen

ZfsL Bocholt Seminar Grundschule Ausbildungsprogramm Kernseminar VD 17 Mai - November 2017

ERNÄHRUNGSBILDUNG AN SCHULEN. Konzept und Arbeit von

CHECKLISTE FÜR ANGEBOTE ZUR GESUNDHEITSFÖRDERUNG AN SÄCHSISCHEN SCHULEN HANDLUNGSFELD ERNÄHRUNGS- UND VERBRAUCHERBILDUNG

Lehrplan 21 Kompetenzorientiert unterrichten

Unterricht kompetenzorientiert und sprachbildend für alle Schüler*innen planen, gestalten sowie reflektierend auswerten

Kompetenzen Workshop Fairer Handel

Lehrplan 21 Kompetenzorientiert unterrichten

Lehrplan 21 Kompetenzorientiert unterrichten

Lehrplan 21 Kompetenzorientiert unterrichten

Tagung Lehrplan 21. Kompetenzorientierung in WAH 3. Zyklus

Ernährung und Verbraucherbildung Dr. Ulrike Johannsen. Nachhaltiger Fleischkonsum - Möglichkeiten und Grenzen von Ernährungs- und Verbraucherbildung

1 Persönlicher Bezug zum Thema Nachhaltigkeit im Beruflichen Handeln

Konzept zur Verbraucherbildung am Christa-und-Peter-Scherpf-Gymnasium Prenzlau ab dem Schuljahr 2017 / 2018

Berufsfachschule Winterthur. 1. Schulordnung 2. Leitbild 3. Unsere Werte 4. Umsetzung

Stellungnahme zur Anhörungsfassung des Rahmenlehrplans (Fokus: W-A-T)

Leitbild. der Gemeindeschule Lachen. lachen bewegt

KERNKOMPETENZEN UND ARGUMENTARIUM FÜR DAS FACH HAUSWIRTSCHAF T. LCH - Fachkommission Hauswirtschaft

Umsetzung der APVO-Lehr Workshop: Kompetenzbereich Personale Kompetenzen

Der neue ORS im Überblick. Hintergründe zum neuen ORS

Curriculum (Universität) - Musik

Das Fach Arbeitslehre Hauswirtschaft - nur Kochen und Backen?

Kompetenzorientiert unterrichten

Leistungsfeststellung und Leistungsbewertung in den Fächern der Gesellschaftslehre (Geschichte, Erdkunde, Politik) an der RS Hohenhameln

Handlungsfeld L. Lernen und Leisten herausfordern, dokumentieren, rückmelden und beurteilen L 2

Lehrplan 21 Kompetenzorientiert unterrichten

Übersicht: Schulinterner Lehrplan ARBEITSLEHRE / WIRTSCHAFT Stand

ZfsL Düsseldorf Seminar für das Lehramt an Berufskollegs

Der geheime Lehrplan WERTSCHÄTZUNG. Beziehung Partizipation - Verantwortung

Modulbeschreibung Bachelor-Master-Studiengang Sek I

Albert-Schweitzer-Schule Sonderpädagogisches Förderzentrum Sonthofen. Leitbild

EvangelischeSchuleBerlinMitte

Zum Konzept des Lehrplanes für die Grundschule Präsentation zu Fortbildungszwecken

Regenwald Fleischkonsum Sojaanbau Biosiegel. Birthe Hesebeck, Elisa Rödl. Vera Pfister. OroVerde. "Weil wir es wert sind!" 12.00

Für den gewerkschaftlichen Kontext adaptiert von der AG Gender Mainstreaming des VÖGB.

Evaluation der Ausbildung im Hinblick auf die vermittelten Kompetenzen und Standards des Kerncurriculums

Umsetzung des Kerncurriculums im Fach Erziehungswissenschaft

ERKENNEN. Kernkompetenzen Orientierungsrahmen. Operatoren

Schulinterner LEHRPLAN PÄDAGOGIK für die Jahrgangsstufe Q2

Brandenburg auf dem Weg zu einer Landesstrategie Nachhaltiger Entwicklung

Inklusives Lernen am Beispiel des Lernbereichs Naturwissenschaften

Digitalisierung- Herausforderungen für die Schule

Lernen lernen. Bestandteil der neuen sächsischen Lehrpläne

ENTWURFSVERSION. Kompetenzbilanz. Marie Musterfrau

Dietrich-Bonhoeffer-Schule Offene Ganztagsgrundschule

Mobile-Learning Nur ein Trend oder ist da mehr dran?

LehrplanPLUS Gymnasium Geschichte Klasse 6. Die wichtigsten Änderungen auf einen Blick. 1. Kompetenzorientierung

SOZIALES LERNEN - Betrachtung aus dem Blickwinkel einer institutionen- und altersunabhängigen Kompetenzentwicklung. LSJ Sachsen e.v.

Grüne Pädagogik. ist geprägt von. Mensch-Natur-Beziehung

Paderborner Schriften zur Ernährungs- und Verbraucherbildung ISSN:

Individuen Interessen Interaktion

Kanton St.Gallen Amt für Volksschule

Rahmenlehrplan Naturwissenschaft 5/6. Einführung in die Konzeption des Rahmenlehrplans Naturwissenschaften

Ernährung und Haushalt in der NMS

Die Arbeit in Mutter-Kind-Einrichtungen: Eine fachliche und persönliche Herausforderung

Schulprogramm. Berufliches Schulzentrum Löbau. Einrichtung des Landkreises Görlitz. BSZ Löbau

Zukunftsfähige Ernährungsbildung in einer globalisierten Esswelt

2.9 Haushalt/Textil Inhalte. Modul 1 Haushalt/Textil als Hauptfach, als Leitfach, als affines Fach

Neue und flexible Formen der Kompetenzentwicklung

FAKULTÄT FÜR GEISTESWISSENSCHAFTEN Institut für Evangelische Theologie

BNE-KOMPETENZEN IN SCHULEN AUFBAUEN. Mehr BNE an Schulen durch kreative und mediale Zugänge

Merkmale guten Unterrichts (nach Peter POSCH)

Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE)

Handlungsfeld U: Unterricht für heterogene Lerngruppen gestalten und Lernprozesse nachhaltig anlegen

Schulinterner Stoffverteilungsplan. Fach: Technik (Wahlpflicht) Jahrgang: 7. Grundsätzliche Vorbemerkungen Ziele Methoden

4: Werkstatt Ernährung

Differenzierung im Sportunterricht

Teil A: Zentrale Ziele des Pragmatischen Pädagogikunterrichts

Umwelt versus Energie und Tourismus. Kompetenz 2 des Moduls Verantwortlichkeit/Nachhaltigkeit. Nachhaltiger Konsum & Globalisierung

Zukunftsfähige Ernährungsbildung in einer globalisierten Esswelt

Berufs- und Studienorientierung im Bildungsplan 2016

Niveau 1 Kompetenz zur Erfüllung grundlegender Anforderungen in überschaubar strukturierten und gleichbleibenden Arbeits- und/oder Lernbereichen

Tabellen für integrierte DQR-Matrix. Vortexte

Zentrum für schulpraktische Lehrerausbildung Detmold - Seminar für das Lehramt an Grundschulen Dokumentationsbogen zum EPG

Pädagogisches Konzept. KiBiZ Tagesfamilien

Das Fach Praktische Philosophie wird im Umfang von zwei Unterrichtsstunden in der 8./9. Klasse unterrichtet. 1

Salon 4: Touch und Doppelklick reichen nicht! - Welche Kompetenzen brauchen Schüler*innen in der digitalen Welt?

Handlungsfeld L. Lernen und Leisten herausfordern, dokumentieren rückmelden, und beurteilen

Praxisbausteine Ernährung und Nachhaltigkeit Handlungsorientierte Unterrichts- und Projektreihen für Schulen im Rahmen strategischer Partnerschaften

- lernen mit Freude und Neugier.

Referenzrahmen Schulqualität. Leitfaden für den Einsatz der Reflexionsbögen

Praxisbausteine Ernährung und Nachhaltigkeit Handlungsorientierte Unterrichts- und Projektreihen für Schulen im Rahmen strategischer Partnerschaften

RCAE Research Center for Applied Education. Lernfortschrittsblatt SCHREIBEN. Begleitdokument

Department 5 Wirtschaftspädagogik stellt sich vor... Einführung in die Profilierungsphase

1. Oberstufen Praktikum

Es gilt das gesprochene Wort.

Lern- und Erfahrungsfeld BEWEGEN IM WASSER - Betrachtung aus dem Blickwinkel einer Bildungsphase/Altersgruppe

Kinder stärken, gemeinsam für mehr Gesundheit. Herzlich Willkommen. Gemeinsam für mehr Gesundheit

Konzept zu Planung einer Lernaufgabe für den Sachunterricht in der Grundschule

Transkript:

Warum Ernährungs- und Verbraucherbildung? Jeder Mensch ob jung oder alt steht täglich vor der Herausforderung, seinen privaten, schulischen und beruflichen Alltag, die Freizeit, den Urlaub, den Wochenendausflug, die Zeit und den Umgang mit Menschen und Medien (TV, Kommunikationsmedien, Internet, ) zu gestalten. Viele einzelne Entscheidungen werden täglich getroffen. Dabei handeln Menschen in erprobten Alltagsroutinen und zwar vielfältig automatisiert und intuitiv vor dem Hintergrund der eigenen Biografie und der Erfahrungen aus Elternhaus und Kulturkreis. Innerhalb der letzten 60 bis 70 Jahre ist ein rapider Anstieg der Konsummöglichkeiten festzustellen gleichzeitig verändern sich vertraute Haushaltsstrukturen. Während der Trend zu Kleinfamilien und Singlehaushalten ungebrochen anhält, werden die Einzelnen vor immer komplexere Aufgaben und Entscheidungen gestellt: Ständig neue (fremdländische) Lebensmittel und Waren erschweren die Wahl. Wegwerfartikel statt Reparaturlösungen, nachhaltig konsumieren können und sollen, Außer-Haus- und Fast-Food-Gastronomie, interaktive Sprachcomputer und Automatenlösungen statt persönlichem Service, Internetshopping, Kinder als Zielgruppe von Werbung sind nur einige weitere Facetten der Konsumgesellschaft. Vielen Menschen fällt es dabei nicht leicht, mit der Komplexität und Geschwindigkeit sich entwickelnder Konsummöglichkeiten und -zwänge souverän umzugehen sie fühlen sich überfordert. Dies gilt für alle Menschen, besonders aber für Kinder und Jugendliche. Ernährungsund Verbraucherbildung (EVB) ist damit ein Bereich der Allgemeinbildung, der gesellschaftlich immer wichtiger wird. Mit dem REVIS-Orientierungsrahmen sind vier Elemente aufgeführt, die diese Bildung umreißen (siehe Kasten) und die Umsetzung in der Schule erleichtern. In den Trägerfächern und Lernbereichen wie Arbeitslehre, Verbraucherbildung, Ernährungslehre, Hauswirtschaft, Sozialwissenschaften sowie Ergänzungen im natur- und gesellschaftswissenschaftlichen Unterricht (z. B. Biologie, Erdkunde, Politik, Wirtschaft) ist es möglich, aktuellen und zukünftigen gesellschaftlichen Herausforderungen zu begegnen und zwar mit einem in sich schlüssigen Bildungskonzept. Das Ziel ist es, dass die Kinder und Jugendlichen, die heute die Schule besuchen, jetzt das lernen, was sie brauchen, um heute, morgen und übermorgen auf sich ständig verändernde Alltagsbedingungen situationsgerecht und selbstbestimmt reagieren zu können. Sie sollen in der Lage sein, am gesellschaftlichen Leben bewusst und selbstbestimmt teilzunehmen und Gesellschaft verantwortlich (mit) zu gestalten. Das ist ein hoher Anspruch. Die Elemente des REVIS-Orientierungsrahmens Ernährungs- und Verbraucherbildung Das REVIS-Curriculum Ernährungs- und Ver braucher bildung: Zahlreiche Themenvorschläge, die sich über Lehrinhalte und Kompetenzbeschreibungen auf neun Bildungsziele fokussieren (S. 7 bis 15). Das Haus der Bildungsziele: Die neun Bildungsziele als schützendes Dach über einem Haus mit Fenstern, das Platz lässt für Leitfragen zur Unterrichtsplanung und im Rahmen der Schulentwicklung (S. 4). Der didaktische Würfel: Drei sichtbare Würfelseiten, welche die zentralen Dimensionen der Gestaltung von Unterricht in der Ernährungs- und Verbraucherbildung abbilden (S. 5). Das REVIS-Portfolio EVB (Download unter www.evb-online.de > Lehrerbildung > Portfolio) beschreibt die Kompetenzentwicklung der Lehrkräfte. Es ist eine Hilfe für Lehrende, ihre Lernfortschritte in der Ernährungs- und Verbraucherbildung festzuhalten und sich damit auseinanderzusetzen. 3

Das Haus der Bildungsziele und Schlüsselfragen Das Haus der Bildungsziele gibt exemplarische Impulse und wirft Leitfragen auf, die Ernährung und Konsum berücksichtigen. Die im Dach zitierten Bildungsziele dienen dabei als Orientierung. Jede Schule, die Ernährungs- und Verbraucher bildung ernst nimmt, sollte die Fenster des Hauses der Bildungsziele regelmäßig im Rahmen der Schulentwicklung mit eigenen Fragen füllen oder von den Schülerinnen und Schülern füllen lassen, um gebildetes Wissen aus dem Unterricht mit dem Alltagshandeln des Schulalltags in Einklang zu bringen oder Widersprüche aufzudecken. Ernährungs- (Gesundheits-) und Verbraucherbildung Das Leben kompetent gestalten Bildungsziele: Die Schülerinnen und Schüler BZ 1: gestalten die eigene Essbiografie reflektiert und selbstbestimmt. BZ 2: gestalten Ernährung gesundheitsförderlich. BZ 3: handeln sicher bei der Kultur und Technik der Nahrungszubereitung und Mahlzeitengestaltung. BZ 4: entwickeln ein positives Selbstkonzept durch Essen und Ernährung. BZ 6: treffen Konsumentscheidungen reflektiert und selbstbestimmt. BZ 7: gestalten die eigene Konsumentenrolle reflektiert in rechtlichen Zusammenhängen. BZ 8: treffen Konsumentscheidungen qualitätsorientiert. BZ 9: entwickeln einen nachhaltigen Lebensstil. BZ 5: entwickeln ein persönliches Ressourcen management und sind in der Lage Verantwortung für sich und andere zu übernehmen. Wie kann ich eine Tischgemeinschaft gestalten? Wie kann ich mit dem Essen für mich und andere sorgen? Was bedeutet Essen für meinen Körper, meine Gefühle und mein Wohlbefinden? Wie gehe ich mit meinem Körper um? Was muss ich über Versicherungen wissen? Wie nutze ich sie? Was brauche ich als soziale Sicherung heute und morgen? Wozu brauche ich sie? Was muss bei der Entsorgung beachtet werden? Was muss ich darüber wissen und warum? Welchen Nutzen hat das für mich und andere? Wie kann ich mich umweltschonend verhalten? Welche Nahrungsmittel kenne ich? Wie kann ich ihre Qualität beurteilen? Wie gehe ich mit der Angebotsvielfalt um? Welche Grundtechniken des Umgangs mit Nahrungsmitteln sollte ich kennen und können? Wie gestalte ich Mahlzeiten? Wie kann ich sie geschmackvoll zubereiten, anrichten und genießen? Wie wirkt sich das, was ich verbrauche, was ich kaufe, wie ich mit Geld umgehe auf mich, andere und die Umwelt aus? Wie ist das Angebot an Waren und Dienstleistungen? Wie beurteile ich ihre Qualität? Welche und wie viel Arbeit steckt in einem Produkt? Was muss man wissen über Herstellung, Verarbeitung, Verteilung? Was muss ich über Essen, Ernährung und Gesundheit wissen? Was muss ich können, um mein Wissen über Essen, Ernährung und Gesundheit im Alltag zu nutzen? Welche Bedeutung haben Gesundheit, Bildung, Arbeit, Familie, Freunde, Nachbarn für mich? Wie beeinflussen sie sich gegenseitig? Wie setze ich sie ein? Wie gehe ich mit Geld um? Wie bekomme ich Geld? Wofür bekomme ich Geld? Was muss ich über den Umgang mit Geld heute und morgen wissen? Welche Sinne nutze ich beim Essen und Trinken? Welche Sinne sind dafür wichtig? BILDUNG Wie gehe ich mit Angebotsvielfalt und Informationsflut um? Wie und wo bekomme ich hilfreiche Informationen? Wie verbindet mich mein Essen mit anderen? Wodurch trennt mich Essen von anderen? Wie funktioniert Werbung? Was macht Werbung mit mir? Was esse ich? Wie esse ich? Wozu esse ich? Was schmeckt mir? Warum esse ich so? Wie sollte ich essen? Was sollte ich essen? Warum und mit welchem Ziel? ERNÄHRUNG VERBRAUCHER Was brauche ich? Was wünsche ich mir? Warum kaufe ich? Wie kaufe ich? Was kaufe ich? GESUNDHEIT REVIS 4

Der Mensch im Mittelpunkt Lehren und Lernen mit REVIS Jede Fachwissenschaft hat im Unterricht ihre eigene Blickrichtung auf die Menschen, die Mit- und Umwelt, die Historie und Genese. Im Unterricht der Ernährungs- und Verbraucherbildung stehen die Schülerinnen und Schüler im Mittelpunkt. Sie werden zum Zentrum der Bemühungen. Ziel und Schwerpunkt des Unterrichts ist es, die Kompetenzen aller Lernenden für die Bewältigung und Gestaltung des Alltags rund um Ernährung und Konsum zu erweitern. Grundsätzlich erzeugt diese Fokussierung auf Schülerseite ein großes Maß an Lernmotivation: Die Anknüpfung an Alltags- und Lebenszusammenhänge der Zielgruppe schafft auch kognitionswissenschaftlich belegte Lernvorteile. Der didaktische Würfel eine Orientierung zur Planung und Überprüfung des Unterrichts Unterricht ist immer mehrdimensional. Diese banale Erkenntnis berücksichtigt der didaktische Würfel und bildet die entscheidenden Prinzipien der Ernährungs- und Verbraucherbildung sowie die zu berücksichtigenden Dimensionen kompakt ab. Auch wenn bei der Betrachtung von Lehr-/Lernarrangements die drei Dimensionen des Würfels nicht zwingend gleichzeitig sichtbar sind, so sind sie doch immer vorhanden und auch notwendig in die Planung und Überprüfung einzubeziehen: Dimension des Themenfeldes: Liegt der Schwerpunkt des geplanten Unterrichts in der Ernährungsbildung? Erfolgt der Zugang über das Thema Gesundheit oder liegt der Kern in der Verbraucherbildung? Häufig gibt es auch Schnittmengen. Ernährungsbildung Salutogenetisch orientiertes Lernen Kompetenzorientiertes Lernen Lebensbegleitendes Lernen Gesundheitsbildung Verbraucherbildung Individuum Sozialverband Gesellschaft Der didaktische Würfel Unterricht ist immer mehrdimensional Soziale Dimension: Welche Reichweite hat der gewählte Unterrichtsinhalt? Betreffen die Lehrziele vorrangig die individuelle Sphäre? Hat der Themenzuschnitt eine besondere Bedeutsamkeit für das soziale Gefüge, zum Beispiel die Familie oder Peergroup? Führt das Thema bis hin zu gesamtgesellschaftlichen Zusammenhängen? Oder lassen sich gar alle drei Ebenen in unterschiedlicher Reichweite im Unterrichtsinhalt wiederfinden? Werden diese Fragen für alle Unterrichtsvorhaben beantwortet, dann wird die Verteilung und Reichweite der Themen ersichtlich. Deutlich wird auch die Wertorientierung in Bezug auf Verantwortungsbereiche sowie die zugrunde liegenden individuellen und gesellschaftlichen Normen. Sie können so für die weitere Unterrichtsplanung reflektiert werden, z. B. hinsichtlich der Beachtung des Beutelsbacher Konsenses. Dimension der Ausrichtung des Lehrens und Lernens: Grundsätzlich ist die Ausrichtung des Lernprozesses nicht auf die Ernährungs- und Verbraucherbildung beschränkt, sondern auf andere Domänen und Fächer übertragbar. Dabei stehen die drei Prinzipien nicht wahlweise als mögliche didaktische Zugänge zur Verfügung. Vielmehr müssen alle drei Dimensionen gleichzeitig berücksichtigt werden. Die getrennte Darstellung der drei Prinzipien des Lehrens und Lernens erfolgt im Würfel lediglich zur besseren Verstehbarkeit. Guter Unterricht lässt immer alle drei Prinzipien erkennen, die sich teilweise gegenseitig bedingen und/oder Schnittmengen aufweisen. Das Ziel der Kompetenzorientierung in der Verbraucherbildung ist das verantwortliche, selbstbestimmte Handeln der Menschen und die eigenverantwortliche Gestaltung der alltäglichen Lebensführung. Alltagshandeln steht oft im Zusammenhang mit Konsum. Wenn Kinder und Jugendliche nicht über entsprechende Konsumkompetenzen verfügen, werden sie jetzt und in Zukunft von den Angeboten des Marktes abhängig sein. Damit das nicht so ist, braucht die moderne Ernährungs bildung die Verbraucherbildung und umgekehrt: Essen und Trinken decken mit anderen benachbarten Konsumfeldern (körperund gesundheitsbezogener Konsum, Haus- und Haushaltstechnik, Haushalt und Wohnen) einen breiten Bereich der Konsumfelder in der Verbraucherbildung ab. Jede Entscheidung für oder gegen ein Lebensmittel ist gleichzeitig immer auch eine Konsumentscheidung. Sie erfordert beispielsweise die Auseinandersetzung mit Produktionsbedingungen, Qualitätsbegriffen, Angeboten des Marktes usw. Wer die Herkunft eines Lebensmittels nicht nachvollziehen kann, kann seine Konsumentscheidung nicht an Kriterien der Nachhaltigkeit ausrichten. 5

Schülerinnen und Schüler stehen im Mittelpunkt. Das Konsumfeld Ernährung ist Teil der Verbraucherbildung. Wer nicht gelernt hat, aus unverarbeiteten Produkten Mahlzeiten zuzubereiten, ist abhängig vom Angebot des Marktes und in seinen Konsum- und Handlungsalternativen stark eingeschränkt. In der Verbraucherbildung hat deshalb das Konsumfeld Essen und Ernährung einen zentralen Stellenwert. Die Bearbeitung der Ziele der Verbraucherbildung ermöglicht es erst, die Ziele der Ernährungsbildung in ihrer Tiefe zu durchdringen. Vielfältige Konsumkompetenz ist damit unabdingbare Voraussetzung für die Umsetzung von Ernährungswissen und -einstellungen in alltägliches Handeln. Vielfältige Kompetenz im Feld der Ernährung hat andererseits nicht nur den Rang einer Kulturtechnik und ist unverzichtbares Bildungsgut einer Gesellschaft. Sie ist auch unabdingbare Voraussetzung für Verbraucher entscheidungen. Die Ernährungsbildung greift die Ziele der Verbraucher bildung auf, fokussiert und vertieft sie in den Bezügen des essenden Menschen. Die vielen Phänomene im Zusammenhang mit Mensch(en) und Nahrung, die umfassend als Ernährung bezeichnet werden, werden dabei auf das Alltagsphänomen Essen und Trinken zurückgeführt. Da junge Menschen durchschnittlich zehn Jahre lang in der Schule essen und trinken, sollten auch die Potenziale an diesem Ort des Lebens und Lernens angemessen genutzt werden. Denn in der Schule muss gelebt werden, was die Schülerinnen und Schüler im Unterricht lernen. Bei der Planung und Reflexion von Unterricht sollten u. a. folgende Fragen beantwortet werden: Salutogenetisch orientiertes Lernen Kompetenzorientiertes Lernen Lebensbegleitendes Lernen Wie wird das Lernen verantwortlich beobachtet und begleitet? In welcher Form wird gefördert, motiviert, korrigiert? Welches Verhältnis besteht zwischen den Lernenden und den Lehrenden? Welches Menschenbild, welches Rollenverständnis liegt der Gestaltung des Lehrens und Lernens zugrunde? Wie viel Partizipation ist in dem Lehr-/Lernarrangement vorgesehen? Wie werden Ressourcen für das Lernen gestärkt? Wie können die Lernenden Selbstwirksamkeitserfahrungen machen? Welcher Kompetenzerwerb wird angestrebt? Welche konkreten Problemlösekompetenzen sollen angebahnt werden? Welcher Alltags-, Erfahrungsund Handlungsbezug lässt sich ausmachen? Wie flexibel wird der Kompetenzerwerb aus Wissen, Können, Verstehen, aus Offenheit, Bereitschaft, aus Reflexion und Transfer gefördert? Wie wird Lern- und Leistungshetero genität angemessen berücksichtigt? Welche Lernerfahrungen bringen die Schülerinnen und Schüler mit? Auf welche Zeitperspektive ist das Lernen angelegt? Wie wird das Lernen gelernt? Findet die Motivation für das lebensbegleitende Lernen grundsätzlich ausreichend Berücksichtigung? Welche lebensbegleitenden Entwicklungen lassen sich ausmachen und in den Lernprozess einbeziehen? Ist das Lernen grundsätzlich so angelegt, dass es Sicherheit und Flexibilität in der Lebensgestaltung zulässt? 6

Ernährungs- und Verbraucherbildung Die Elemente des REVIS-Orientierungsrahmens 7

Ernährungs- und Verbraucherbildung Die Elemente des REVIS-Orientierungsrahmens 8