Für sanierungsorientiertes Handeln und starke Gläubiger Das Deutsche Insolvenzrecht hat im internationalen Vergleich bereits einen hervorragenden Standard erreicht. Gleichwohl weisen die Insolvenzordnung und die Insolvenzpraxis gravierende Mängel auf, gerade im Hinblick auf die effektive Gläubigerbeteiligung und Gläubigermitwirkung. zur Stärkung des Wirtschaftsstandortes Deutschland Notwendig ist die Schaffung einer starken, aktiven Gläubigerbeteiligung in Deutschland, um volks- und betriebswirtschaftliche Schäden zu reduzieren und so auch eine Stärkung des Wirtschaftsstandortes Deutschland herbeizuführen. basierend auf einem breiten gesellschaftlichen Bündnis. Der GSV sieht die Weiterentwicklung des Insolvenzrechts und der Insolvenzpraxis in Deutschland als die Kernaufgabe des Vereins an. Dazu werden Bündnisse mit Interessenvertretungen der deutschen Wirtschaft sowie mit allen Verfahrensbeteiligten angestrebt. Ein Ergebnis dieses Bemühens ist das 10-Punkte-Programm des GSV, das gemeinsam mit Verbänden, Politik und Institutionen erarbeitet worden ist. Das 10 Punkte Programm zur Weiterentwicklung des Insolvenzrechtes in Deutschland: 1. Mitbestimmung der Gläubiger gerecht regeln 2. Eröffnung strukturierter Vorschlags- oder Mitwirkungsrechte der Gläubiger bei der Verwalterauswahl schon im Eröffnungsverfahren 3. Einführung des Leistungsprinzip bei Verwalterauswahl und -vergütung; Erhalt der unabhängigen Stellung des Insolvenzverwalters 4. Förderung des rechtzeitig eingeleiteten Insolvenzverfahrens 5. Neuordnung des Vergütungsrechts 6. Stärkere Konzentration und Kompetenzförderung bei den Insolvenzgerichten 7. Weitere Maßnahmen zur Verschlankung/ Beschleunigung des Insolvenzplanverfahrens 8. Gerechte, verfahrensfördernde Regelungen zur Eigenverwaltung und zwingende Koppelung an Sanierungs- oder Plankonzept 9. Schaffung eines eigenständigen Sanierungsverfahrens und Verankerung des Sanierungszieles in 1 InsO 10. Keine Änderung der Gläubigergleichbehandlung bei der Masseverteilung 1
1. Mitbestimmung der Gläubiger gerecht regeln Maßgebliche Ziele sind eine gesteigerte Einbeziehung und Mitwirkung der Gläubiger als demokratisches Mittel und die Verhinderung von Missbräuchen. Gesetzliche Regelung eines (optionalen, auf Antrag einzusetzenden) vorläufigen Gläubigerausschusses im Insolvenzeröffnungsverfahren mit Mitbestimmungsrechten bei allen verfahrensleitenden Entscheidungen im Eröffnungsverfahren, einschließlich der Bestellung des Insolvenzverwalters/Sachwalters. Die Besetzung des vorläufigen Gläubigerausschusses sollte alle Gruppen repräsentativ einbeziehen und sich dabei an den Regelungen der 67 Abs. 2 und 222 InsO orientieren. Das Vorschlagsrecht für die Besetzung steht den Gläubigern, nicht dem vorläufigen Verwalter oder dem Gericht zu. 2. Eröffnung strukturierter Vorschlags- oder Mitwirkungsrechte der Gläubiger bei der Verwalterauswahl schon im Eröffnungsverfahren Die Gläubiger sollten ein gemeinsames Vorschlagsrecht für einen zu bestellenden (vorläufigen) Insolvenzverwalter bekommen, von dem das Gericht, wie im Bereich der Bankenrestrukturierung, nur abweichen darf, wenn es begründet dessen offensichtliche Ungeeignetheit oder fehlende Unabhängigkeit feststellt. 3. Einführung des Leistungsprinzip bei Verwalterauswahl und -vergütung; Erhalt der unabhängigen Stellung des Insolvenzverwalters Neuregelung des 56 InsO dahingehend, dass die Leistung eines Insolvenzverwalters und die nachgeprüfte Qualität seiner Verfahrensabwicklung wichtigste Zugangsvoraussetzung wird. Keine Einschränkung der gesetzlich vorausgesetzten Unabhängigkeit des Insolvenzverwalters, aber eine verstärkte Offenlegungspflicht maßgeblicher Leistungs- und Unabhängigkeitskriterien. Ein unabhängiger Insolvenzverwalter darf nicht an Unternehmen unmittelbar oder mittelbar beteiligt sein, die er im Rahmen eines Insolvenzverfahrens beauftragt. Keine erlaubte Abhängigkeit des Insolvenzverwalters von Schuldner oder Großgläubigern, aber auch kein genereller Ausschluss bei jedweder Vorbefasstheit. 2
4. Förderung des rechtzeitig eingeleiteten Insolvenzverfahrens Verhinderung der Einstellung des Insolvenzverfahrens auf Gläubigerantrag allein durch Zahlung des Schuldners, sondern amtswegige sachverständige Prüfung im gerichtlichen Verfahren, ob der Schuldner insgesamt wieder zahlungsfähig ist. Prüfung einer Abschaffung der Kostendeckung als Eröffnungsvoraussetzung bei Insolvenzverfahren über juristischen Personen und Personengesellschaften zur Beschleunigung der Sanierungs- und/oder Eröffnungsentscheidung und zur Verhinderung von Insolvenzverschleppungen. Prüfung der Umgestaltung der gegenwärtig strafrechtlich sanktionierten Antragspflicht in eine Vorverlagerung nach dem Muster des wrongful-trading mit Anreizmechanismen für eine frühzeitige Antragstellung. 5. Neuordnung des Vergütungsrechts Das Vergütungsrecht ist in der Praxis gescheitert. Die Nähebeziehung zwischen dem bestellenden und gleichzeitig die Vergütung festsetzenden Insolvenzgericht und dem Insolvenzverwalter fördert vielmals intransparente Prozesse und muss zugunsten einer starken Gläubigermitwirkung umgestaltet werden. Restrukturierung des Verwaltervergütungsrechtes (InsVV) zugunsten einer Deckelung der Vergütung bei sehr großen Massen und gesetzlich verankerter Vergütungsanreize bei Betriebsfortführungen und Arbeitsplatzerhalt sowie eine Änderung der großzügigen Auslagenpauschalierungen. Die Vergütung sollte insgesamt ein Drittel der Verteilungsmasse nicht überschreiten dürfen, eine Differenzierung kann masseabhängig erfolgen. Die Auslagenpauschalierung sollte auf ein Jahr zu begrenzt werden, da sie in der derzeitigen Fassung zu unangemessenen Zusatzerträgen durch Zeitablauf führt. Dies gilt ebenso für die gesonderte Vergütung für die vorläufige Verwaltung, diese sollte daher gestrichen werden, auch um Anreize für eine Verlängerung der notwendigen Eröffnungsphase abzubauen, die auf der Basis einer vorgefundenen Masse auch zu einer überhöhten, nicht leistungsabhängigen Vergütung führt. Die vorläufige Verwaltung sollte stattdessen als gesonderter Zuschlag auf einer einheitlichen Berechnungsgrundlage mit der Vergütung des endgültigen Verwalters berücksichtigt werden. Einführung eines Prüfungs- und Beschwerderecht des Gläubigerausschusses bzw. der Gläubigerversammlung bzgl. der Verwaltervergütung. 3
6. Stärkere Konzentration und personelle Kompetenzförderung bei den Insolvenzgerichten Konzentration der Insolvenzgerichte für alle Arten des Insolvenzverfahrens auf ein Insolvenzgericht pro Landgerichtsbezirk; Ermöglichung länderübergreifender Zusammenschlüsse von Insolvenzgerichten; keine isolierten Außenstellen von Insolvenzgerichten. Prüfung der Einrichtung von Insolvenzgerichten bei den Kammern für Handelssachen mit der Möglichkeit der Einrichtung von Beförderungsstellen für Insolvenzrichter/ Rechtspfleger. Einführung einer Kompetenzprüfung für Richter/Rechtspfleger in Insolvenzverfahren. Reduktion der insolvenzgerichtlichen Personalfluktuation zur Kompetenzsteigerung: Änderung des GVG zur Stärkung der Verweildauer von Insolvenzrichtern im Insolvenzdezernat. Änderung der Verwaltungsanordnungen zur Aufwertung der Stellenanalytik bei der Position des Insolvenzrechtspflegers. Einführung einer verpflichtenden Aus- und Weiterbildung des Justizpersonals im gleichen Umfang wie Insolvenzverwalter. 7. Weitere Maßnahmen zur Verschlankung/ Beschleunigung des Insolvenzplanverfahrens Kein Abwarten der Begleichung sämtlicher Masseverbindlichkeiten vor Umsetzung des Planes: 258 Abs.2 InsO sollte mindestens so klargestellt werden, dass die Reglung nur Masseverbindlichkeiten nach 54 InsO meint. Einbeziehung der Anteilseigner in die Planabstimmung nur bei Betroffenheit derselben und nur in Form einer Gruppe. Kein Gutachten zur Wertbestimmung der Rechte, sondern ausschließlich Verweis auf den Zivilrechtsweg bei Streitigkeiten zur Frage der Anteilswerte mit gesetzlicher Vermutung, dass der Wert des Anteils an einer überschuldeten Gesellschafter Null beträgt. Abschaffung des Suspensiveffektes von Beschwerden gegen den Plan (Änderung 254 Abs.1 InsO). Für Beschwerden einzelner Gläubiger sollte eine Fortsetzungsmöglichkeit des Beschwerdeverfahrens mit der Möglichkeit des planbedingten Vermögenschadenersatzes analog 246a Abs.4 AktG geschaffen werden, auch wenn eine Aussetzung des Vollzuges nicht stattfindet. 4
Gerichtliche Bindung im Planverfahren durch klare Zeitvorgaben zur Beschlussfassung über den Plan und die Vergütung, Frist maximal 2 Wochen. 8. Gerechte, verfahrensfördernde Regelungen zur Eigenverwaltung mit zwingender Koppelung an Sanierungs- oder Plankonzept Das Eigenverwaltungsverfahren sollte zwingend an nachzuweisende drohende Zahlungsunfähigkeit sowie die Vorlage eines Sanierungskonzeptes oder eines Insolvenzplan gekoppelt werden. Mitspracherecht mit Vetowirkung aller Gläubigergruppen vor Eröffnung eines Verfahrens in Eigenverwaltung. Überprüfung der Antragsvoraussetzungen durch gerichtlichen Sachverständigen, auch bei einem Sanierungsverfahren wegen behaupteter drohender Zahlungsunfähigkeit. Über Beschränkungen des Eigenverwalters oder des Sachwalters sollte ein zwingend einzusetzender vorläufiger Gläubigerausschuss entscheiden, nicht der Gesetzgeber. 9. Schaffung eines eigenständigen Sanierungsverfahrens und Verankerung des Sanierungszieles in 1 InsO Der GSV befürwortet die Einführung eines gesonderten Sanierungsverfahrens mit garantierten Mindestquoten für die ungesicherten Gläubiger und die Schaffung von Anreizen für eine frühzeitige Antragstellung. 1 Satz 1 InsO sollte wie folgt zu ergänzt werden: Das Insolvenzverfahren dient dazu, die Gläubiger eines Schuldners gemeinschaftlich zu befriedigen und ein fortführungswürdiges Unternehmen zu sanieren. In diesem Rahmen ist das Vermögen des Schuldners zu verwerten und der Erlös zu verteilen. 10. Keine Änderung der Gläubigergleichbehandlung bei der Masseverteilung Jedes weitere Vorrecht für eine einzelne Gruppe oder einzelne Gläubiger ist notwendig ein Rechtsnachteil für die anderen Gläubiger und verstößt gegen den Grundsatz der Gläubigergleichbehandlung. Erwogen werden sollte stattdessen eine Rückführung bestehender Vorrechte, soweit dadurch der Insolvenzzweck nicht gefährdet wird. 5