Gesellschaftsverträge und Unternehmensbewertung 28. September 2016 RA Dr. Alric A. Ofenheimer Austin BFP, Schubertstraße 62, 8010 Graz
Inhalt Vorstellung Anlassfälle für Unternehmensbewertungen Ausgewählte gesetzliche Regelungen Vertragliche Gestaltung von Bewertungsregelungen 1
Dr. Alric A. Ofenheimer Rechtsanwalt, Partner Leiter der Praxisgruppen Unternehmensrecht und M&A Immobilienwirtschaftsrecht T: +43 316 3647 214 a.ofenheimer@ehlaw.at Schwerpunkte private und immobilienbezogene M&A-Transaktionen Privatisierungen Kapitalmarktrecht
Über uns 60 Juristinnen & Juristen in Wien, Graz und Klagenfurt eine der führenden Wirtschaftsrechtskanzleien Österreichs 2015 2 x Österreichische Kanzlei des Jahres (Chambers Europe & JUVE)
Anlassfälle Unternehmensbewertung (I) Gesellschaftsrecht Vorkaufs- / Aufgriffsrecht Call- / Put-Option Mitverkaufsrecht / -pflicht Ausscheiden / Ausschluss eines Gesellschafters (freiwillig oder erzwungen) Einbringung von Unternehmen(steilen) (bei z.b. Kapitalerhöhung, Joint Venture) Barkapitalerhöhungen (Bezugsrechtsausschluss, IPO, ÜbG) 4
Anlassfälle Unternehmensbewertung (II) Exekutionsrecht exekutive Verwertung durch Zwangsversteigerung oder freihändigem Verkauf Erbrecht Bewertung in Hinblick auf Pflichtteilsverkürzung Insolvenzrecht Verwertung von Unternehmen(steilen) 5
Ausgewählte gesetzliche Regelungen Ausscheiden aus Personengesellschaften Fiktive Auflösung der Gesellschaft ( 137ff UGB) Gesellschafterausschluss aus Kapitalgesellschaft Angemessene Barabfindung (GesAusG, SpaltG, UmwG) Bewertung im Exekutions- und Insolvenzrecht Verkehrswert (insb 277 EO bzw 119 IO, 76 Abs 4 GmbHG) Im Zweifel Verkehrswert - jedoch keine gesetzliche Vorgaben zur Bewertungsmethode 6
Vertragliche Gestaltung (I) Dispositives Recht mit Ausnahmen (zb UmwG, GesAusG, SpaltG) Inhaltliche Grenzen Gänzlicher Ausschluss teilweise möglich Geltung von Buchwertklauseln Beachtenswerte Grundsätze Zweck der Abfindungsregelung (zb Pönalcharakter) Klarheit Vollständigkeit 7
Vertragliche Gestaltung (II) Regelungsinhalte Bewertungsmethode (KFS/BW 1 Substanzwert DCF-M) Bewertungsgrundlagen (JA, Planung) Bewertungsverfahren (Person, Dauer, Ergebnis) Einspruchsverfahren (Person, Dauer, Ergebnis) Streitbeilegungsmechanismus (Inhalt, Schiedsgutachter / Gericht, Bindungswirkung, Dauer, Kosten, rechtliches Gehör, Ergebnisbandbreite) Zahlungsmodalitäten Zugang zu Unterlagen und Informationen 8
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Gesellschaftsverträge und Unternehmensbewertung Mittwoch, 28. September 2016
Agenda Ein Überblick Ausgangsbasis Ergebnisse der Erhebung Theoretische Darstellung der Bewertungsverfahren Praxisbeispiel Erkenntnisse 11
Ausgangsbasis Ergebnisse der Erhebung 12
Unsere Erhebung Ziel und Vorgangsweise Ziel Vorgangsweise Welche Bewertungsklauseln sind in aktuellen Gesellschaftsverträgen enthalten und wie verteilen sich die Bewertungsverfahren? Erhebung von 100 Gesellschaftsverträgen mit Bewertungsklauseln Analyse der Bewertungsklauseln und Erhebung der verwendeten Bewertungsverfahren Statistische Aufbereitung der Daten 13
Verteilung der Bewertungsverfahren Prozentuelle Verteilung 60% Aktuelle Fassung Fassung vom 27.02.2006 Substanzwertverfahren Substanzwertverfahren + Stille Reserven 58% 15% 7% 11% 10% 2% 2% 4% 2% 4% Übergewinnverfahren Sachverständigengutachten Substanzwertverfahren KFS/BW 1 Umsatzmultiple Wiener Verfahren Nicht definiert 14
Die Entwicklung des Fachgutachtens für Unternehmensbewertung KFS BW 1 Die unterschiedlichen Fachgutachten und Bewertungsverfahren im Laufe der Zeit KFS BW 1 in der Fassung 1989 (Beschlussfassung mit 20. Dez. 1989) Ertragswertverfahren Übergewinnverfahren Substanzwertbetrachtung KFS BW 1 in der Fassung 2006 (Beschlussfassung mit 27. Feb. 2006) Ertragswertverfahren (Diskontierungsverfahren) KFS BW 1 in der Fassung 2014 (Beschlussfassung mit 26. März 2014) Diskontierungsverfahren Multiplikatorverfahren bei kleinen Unternehmen (falls Buchführungsgröße des 189 Abs 1 Z 2 UGB nicht überschritten wird) 15
Theoretische Darstellung der Bewertungsverfahren 16
Der Substanzwert Einzelbewertungsverfahren Einzelbewertungsverfahren Substanzwert mit Reproduktionswerten Substanzwert mit Liquidationswerten Cost Approach 17
Das Wiener Verfahren 1996 Schätzung des gemeinen Wertes Das Wiener Verfahren dient der Schätzung des gemeinen Wertes und besteht aus zwei Teilen, dem Substanzwert und dem Ertragswert Substanzwert Ertragswert Der Substanzwert bildet das bestehende Gesellschaftsvermögen abzüglich etwaiger Passivposten ab und ist nochmals um 10% zu kürzen 50% 50% Um auch das erwirtschaftete Ergebnis einfließen zu lassen, werden im Ertragswert die EGT der letzten drei Wirtschaftsjahre herangezogen, diese wiederum um 10% gekürzt und mit 9% kapitalisiert Gemeiner Wert 18
Das Diskontierungsverfahren Kapitalwertorientiertes Verfahren Bei Diskontierungsverfahren ergibt sich der Unternehmenswert aus dem Barwert finanzieller Überschüsse, die aus der Fortführung des Unternehmens und aus der Veräußerung etwaigen nicht betriebsnotwendigen Vermögens erzielt werden. Die Berechnung des Barwertes erfolgt mit jenem Diskontierungszinssatz, der der Renditeforderung der Kapitalgeber entspricht. Zu den Diskontierungsverfahren zählen das Ertragswertverfahren sowie die Discounted Cash-Flow-Verfahren. 1 zukünftig erwarteter Ertrag (=Zahlungsstrom: Entnahme, Ausschüttung ) in der Periode. Kalkulationszinsfuß (= Renditeforderung der Eigenkapitalgeber) Liquidationserlös des nicht betriebsnotwendigen Vermögens 19
Bruttomethode (WACC-Verfahren) Die dahinterstehende Formel Berechnung des Unternehmenswertes EV T = t=1 ( FCF) t t (1+ WACC) + TV T (1+ WACC) Nettoverschuldung Phase I/II Phase III = Equity Value = Free Cash-Flow = Terminal Value 20
Multiplikatorverfahren Das grundlegende Konzept Multiplikatorverfahren ermitteln den Unternehmenswert als potentiellen Marktpreis durch Multiplikation des Multiplikators mit einer Bezugsgröße (Überschussgröße) als Referenzgröße. Konzeption Unternehmenswert = Multiplikator x Bezugsgröße Ergebnis der Bewertung stellt einen potentiellen Marktpreis dar: Potentieller Marktpreis des Eigenkapitals (Equity Value) Potentieller Marktpreis des Gesamtkapitals (Entity Value) 21
Vergleich von Bewertungsverfahren Übersicht Wiener Verfahren Substanzwertverfahren Diskontierungsverfahren Vergleichsverfahren DCF-Verfahren (Brutto-Methode) Umsatz- und Ergebnis- Multiples Vergangenheitsbezug Zukunftsbezug Stichtag 31.12.2015 22
Praxisbeispiel 23
Die Ausgangssituation IST-Situation anhand der letzten Jahresabschlüsse Gewinn- und Verlustrechnung Ist Ist Ist in TEUR 2013 2014 2015 Umsatzerlöse 980 1.000 1.020 Veränderung in % 2,0% 2,0% Aufwand für Material und sonstige bezogene Herstellungsleistungen -390-400 -410 Personalaufwand -350-370 -400 sonstige betriebliche Aufwendungen -50-60 -60 EBITDA 189 169 149 Abschreibung -10-8 -12 EBIT 179 161 137 in % der Umsatzerlöse 18,3% 16,1% 13,5% Zinsaufwand -10-9 -11 Gewinn- und Verlustrechnung Etabliertes Handelsunternehmen mit stetigem Umsatzwachstum In der Zukunft ist die Einführung einer neuen Produktgruppe geplant In den Jahren 2014 bis 2015 sind bereits Vorlaufkosten (zusätzliche Mitarbeiter, etc.) berücksichtigt, wodurch ein Ergebnisrückgang trotz steigendem Umsatz ersichtlich ist EGT 169 152 126 in % der Umsatzerlöse 17,3% 15,2% 12,4% Steuern vom Einkommen u. Ertrag -42-38 -32 Jahresüberschuss/-fehlbetrag 127 114 95 in % der Umsatzerlöse 13,0% 11,4% 9,3% 24
Die Ausgangssituation IST-Situation anhand der letzten Jahresabschlüsse Bilanz in TEUR 2015 Ist Anlagevermögen 250 Umlaufvermögen 666 Bilanz Bilanzsumme 916 Eigenkapital 536 davon Stammkapital 35 Finanzverbindlichkeiten 270 Hohes Umlaufvermögen, da es sich um ein Handelsunternehmen handelt Bisherige Gewinne wurden im Unternehmen thesauriert Geringe Fremdfinanzierung Sonstige Verbindlichkeiten 110 Bilanzsumme 916 25
Der Substanzwert Ableitung anhand der Bilanz zum Stichtag Bilanz Ist Ist Alternative in TEUR 2015 2015 Anlagevermögen 250 250 + Stille Reserven des Anlagevermögens - 200 Anlagevermögen inkl Stiller Reserven 250 450 Substanzwert Umlaufvermögen 666 666 Bilanzsumme 916 1.116 Eigenkapital 536 736 davon Stammkapital 35 35 Finanzverbindlichkeiten 270 270 Sonstige Verbindlichkeiten 110 110 Bilanzsumme 916 1.116 Ausgehend von der Bilanzsumme werden Verbindlichkeiten abgezogen Es wird vereinfachend angenommen, dass das gesamte Anlagevermögen werthaltig ist, alle Forderungen einbringlich sowie keine stillen Reserven vorhanden sind Das Resultat ist der Substanzwert ihv TEUR 536 Bei der Alternative liegt der Substanzwert aufgrund der stillen Reserven bei TEUR 736 26
Das Wiener Verfahren 1996 Unternehmensbewertung anhand zweier Komponenten Vermögenswert Ertragswert Bilanzsumme 916 - Passivposten -380 Ausgangswert 536 ±Zu- und Abrechnungen 0 = Zwischensumme 536 IST IST IST 2013 2014 2015 EGT 169 152 126 - KöST 25% -42-38 -32 = Zwischensumme 127 114 95 Kürzung um 10% -53,6 = Vermögensbetrag 482 Durchschnitt der letzten 3 Jahre 112 Kürzung um 10 % -11 Durchschnittsertrag 101 9% 101 100 9 1.119 27
Das Wiener Verfahren 1996 Unternehmensbewertung anhand zweier Komponenten Substanzwert Ertragswert ö 2 482 1119 2 801 Durchschnittswert beider Komponenten 28
Die Planrechnung Abbildung der zukünftigen Ertragsaussichten Phase 1 Phase 2 Gewinn- und Verlustrechnung Ist Plan Plan Plan Terminal in TEUR Index 2015 2016 2017 2018 Value Umsatzerlöse 5,0% 1.020 1.071 1.125 1.181 1.181 Veränderung in % 2,0% 5,0% 5,0% 5,0% 0,0% Aufwand für Material und sonstige bezogene Herstellungsleistungen -410-430 -450-470 -470 Personalaufwand 2,5% -400-410 -420-431 -431 sonstige betriebliche Aufwendungen -60-65 -65-70 -70 EBITDA 149 165 189 209 209 Abschreibung -12-12 -10-8 -8 EBIT 137 153 179 201 201 in % der Umsatzerlöse 13,5% 14,3% 15,9% 17,0% 17,0% Zinsaufwand -11-8 -8-7 -7 EGT 126 145 171 194 194 in % der Umsatzerlöse 12,4% 13,6% 15,2% 16,5% 16,5% G & V der folgenden 3 Jahre Rendite des Unternehmens (ROIC) liegt über dem Kapitalisierungszinssatz (WACC) Basierend auf den vergangenen Jahren und unter Berücksichtigung der Einführung einer neuen Produktgruppe werden die nächsten Jahre geplant Überleitung der Planung in einen Gleichgewichtszustand (=Terminal Value) Steuern vom Einkommen u. Ertrag 25% -32-36 -43-49 -49 Jahresüberschuss/-fehlbetrag 95 109 128 146 146 in % der Umsatzerlöse 9,3% 10,2% 11,4% 12,3% 12,3% 29
Bewertungsindikation Brutto-Methode Bewertung anhand Free Cash-Flows Bewertungsindikation Plan Plan Plan Terminal in TEUR 2016 2017 2018 Value Operatives Ergebnis vor Steuern und Zinsen (EBIT) 153 179 201 201 - adaptierte Steuerzahlungen 25,0% -38-45 -50-50 NOPLAT 115 134 151 151 +/- Working Capital -5-5 -5-5 + Abschreibung 12 10 8 8 - Investition -5 0-15 -8 Free Cash Flow 117 139 139 146 Free Cash Flow und Terminal Value diskontiert 106 115 104 1.096 WACC 10% 10% 10% 10% Berechnung und Abzinsung des Free Cash-Flows Berechnung des zukünftigen Free Cash-Flows des Unternehmens basierend auf der zuvor erstellten Planrechnung Abzinsung der Free Cash-Flows mit einem risikoadäquaten Zinssatz Diskontierungszinssatz = WACC (Weighted Average Cost of Capital) Terminal Value als Ewige Rente Entity Value zum 31. Dezember 2015 1.422 - Nettoverschuldung zum 31. Dezember 2015-270 Equity Value zum 31. Dezember 2015 1.152 30
Bewertungsindikation Multiplikatormethode Unterschiede durch die Wahl verschiedener Multiplikatoren EBIT Umsatz EBIT-Multiplikator Ist Plan in TEUR 2015 2016 Umsatz-Multiplikator Ist Plan in TEUR 2015 2016 EBIT 137 153 Umsatzerlöse 1.020 1.071 EBIT-Multiplikator (Quelle: Finance Magazin Deutschland) 8,0 8,0 Umsatz-Multiplikator (Quelle: Finance Magazin Deutschland) 0,9 0,9 Entity Value zum 31. Dezember 2015 1.098 1.226 Entity Value zum 31. Dezember 2015 918 964 Nettoverschuldung zum 31. Dezember 2015-270 -270 Equity Value zum 31. Dezember 2015 828 956 +/- +/- Nettoverschuldung zum 31. Dezember 2015-270 -270 Equity Value zum 31. Dezember 2015 648 694 31
Ergebnisse und Erkenntnisse 32
Die Bewertungsmethoden im Vergleich Deutliche Unterschiede im Ergebnis Wiener Verfahren Substanzwertverfahren Diskontierungsverfahren Vergleichsverfahren Ist 2015 Plan 2016 1.152 546 801 828 956 648 694 Vergangenheitsbezug Stichtag 31.12.2015 Zukunftsbezug IT B E tz a s m U 33
Abweichungen vom Ergebnis nach den Grundsätzen des Fachgutachten für Unternehmensbewertung KFS BW 1 Prozentuelle Unterschiede zu KFS BW 1 Überrendite (ROIC > WACC) -17% -28% -30% -40% -44% -53% 1.152 83% 72% 70% 60% 56% 47% Plan 2016 Ist 2015 Plan 2016 Ist 2015 Substanzwertverfahren Diskontierungsverfahren EBIT- Multiplikator Wiener Verfahren Umsatz- Multiplikator 34
Hohe Wertunterschiede im Ergebnis zwischen den Verfahren bei deutlicher Überrendite (ROIC >> WACC) Großer Einfluss der Rendite auf zukunftsbezogene Verfahren -46% -53% -55% -61% -64% -69% 1.776 54% 47% 45% 39% 36% 31% Plan 2016 Ist 2015 Plan 2016 Ist 2015 Substanzwertverfahren Diskontierungsverfahren EBIT- Multiplikator Wiener Verfahren Umsatz- Multiplikator 35
Bei einer Unterrendite (ROIC < WACC) liegt das Diskontierungsverfahren unter dem Substanzwert Großer Einfluss der Rendite auf zukunftsbezogene Verfahren +33% +113% +106% +57% +67% +40% 213% 206% 133% 157% 167% 140% 389 Plan 2016 Ist 2015 Plan 2016 Ist 2015 Substanzwertverfahren Diskontierungsverfahren EBIT- Multiplikator Wiener Verfahren Umsatz- Multiplikator 36
Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit Ihre Ansprechpartner für Fragen: Prof. Romuald Bertl Dr. Martin Schereda Mag. Günter Holl romuald.bertl@austin-bfp.at +43 316 / 3637-110 martin.schereda@austin-bfp.at +43 01/ 3112626-990 guenter.holl@austin-bfp.at +43 316 / 3637-821 37
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