Begriff und Bildung von Humankapital (nach A. Smith 1776)

Ähnliche Dokumente
Begriff und Bildung von Humankapital (nach A. Smith 1776)

Abb.: Postschulische Weiterbildung

Jugend-Arbeitslosenquoten, Jahre, EU-15-Länder, 2002 (Quelle: OECD, Employment Outlook 2003) 15,7 12,8 11,5

Finanzierung betriebsspezifischer vs. allgemeiner Qualifizierung

Beschäftigungspolitik in Europa Wintersemester 2005/06

relativ fixierte Entgeltstrukturen

Informationen, Präferenzen, Humankapital und Diskriminierung

Die Rentabilität von Bildung in Österreich Aktuelle Befunde zu individuellen Erträgen von Bildungsinvestitionen

Handout für Tag 1: Stefan C. Wolter Universität Bern, SKBF, CESifo&IZA

Arbeitsmarktökonomie

Beschäftigungspolitik in Europa Wintersemester 2007/08. Unemployment-Rates, Youth, J., EU-Countries, ,1 18,9 18,8 17,9 17,5 16,2 16,1

Humankaptialtheorie. Lehrveranstaltung zur Bildungsökonomik im Modul Arbeit, Personal, Bildung Universität Erlangen-Nürnberg im Sommersemester 2012

Optimale Schulbildung

Befristet Beschäftigte (in % aller Beschäftigten), EU-Länder,

Wie hängen Löhne von Bildung ab? - Eine Einführung in die statistische Analyse von Zusammenhängen. Axel Werwatz Technische Universität Berlin

Beschäftigungspolitik

Projektbericht. Bildungserträge in Österreich Ergebnisse eines Forschungsprojektes im Auftrag des BMUKK. Überblick. Forschungsinteresse

Volkswirtschaftliche Kosten und Nutzen der handwerklichen Bildung: Der Beitrag des Handwerkskammersystems

Arbeitsökonomie. Humankapital. Michael Gerfin. Universität Fribourg FS 2018

Arbeitsmarktökonomie Sommersemester 2006

Bildung - ein ökonomisches Gut?

Prof. Dr. Ludger Wößmann ifo Zentrum für Bildungsökonomik Ludwig-Maximilians-Universität München

Michael Beckmann. Betriebliche Personalpolitik im technologischen und organisatorischen Innovationsprozess

Bildungsrenditen Konzepte und neuere Ergebnisse

Betriebliche Berufsausbildung

Warum ist die Erwerbsneigung ostdeutscher Frauen höher als die westdeutscher Frauen?

Institutionelle Effekte der betrieblichen Ausbildung auf den Arbeitsmarkterfolg in Deutschland

Konsequenzen der demographischen Entwicklung für die Bildungsfinanzierung

Arbeitsmarktsoziologie

Grundlagen zur Begründung (betriebs)interner Teilarbeitsmärkte (ITAMe)

1) Vorteile und Nutzen betrieblicher Ausbildung darstellen und begründen

Welche Ausbildung schützt besser vor Erwerbslosigkeit? Der erste Blick kann täuschen!

2.2.2 (1) Betriebsinterne Teilarbeitsmärkte: Entstehungsfaktoren und Konsequenzen. Doeringer/Piore 1971: (1) betriebsspezifische Qualifikationen

Arbeitsmarktökonomie

Theoretische Ansätze zur Bildung von Personalvermögen in administrativen Bildungsbetrieben

Die Produktion. 16 Wie eine Volkswirtschaft funktioniert. Beispiele: Güter und Dienstleistungen

Die Bedeutung von betrieblichen Beschäftigungssystemen für Erwerbsteilhabe

Wirtschaftsnobelpreis 2010: Elfenbeinturm nein danke! 8. Forum Arbeitsmarkt Lübeck, 23. März 2011 Gesine Stephan

Arbeitsmarktökonomie (Theorie und Politik des Arbeitsmarktes) - Gliederung und gezielte Literaturhinweise -

USA, Advanced Placement Program (APP), allgemeine Universitätsreife (AP-Empfehlung)

Zukunft der Bildung in Zeiten des demografischen, technischen und wirtschaftlichen Wandels: eine ökonomische Betrachtung

Arbeitsmarktökonomie

Soziale Herkunft und Bildungsungleichheit

Prof. Dr. H.-D. Hardes FB IV - VWL/APO WS 1998/99. "Theorie und Politik des Arbeitsmarktes" Gliederung und gezielte Literaturliste

Determinanten der Einstellung älterer Arbeitnehmer: Die Studie von Daniel und Heywood für Großbritannien

Qualifizierung in Betrieben Perspektiven und Probleme

Institutionen und Interaktionen auf dem Ausbildungsmarkt - eine institutionenökonomische Analyse und theoretische Neubestimmung der Berufsorientierung

Berufswechsel per Umschulung, per Studium oder?

3) Strukturen des Berufsbildungssystems Schnittstellen

Zur Situation am Übergang an der zweiten Schwelle. Wie erfolgreich sind Ausbildungsabsolventen beim Erwerbseinstieg?

Freiwilligenarbeit. Bestraft der Arbeitsmarkt Freiwilligenarbeit? Dr. Philippe Mahler. Lehrstuhl Human Resource Management Universität Zürich

Finanzierung betrieblicher Weiterbildung

Kapitelübersicht. Kapitel. Regeln zur Beurteilung von Investitionen. Die Kapitalwertregel. Gute Eigenschaften der NPV-Regel

Arbeitsmarktökonomie

Schwerpunkt C Durchlässigkeit von beruflicher und akademischer Bildung Hamburg, 18. September Franz Gramlinger

Auszug: Integrierte beschäftigungspolitische Leitlinien des ER,

Motorik und Vorstellung

Formen des Mismatches von Arbeitslosen und Arbeitskräftebedarf (Offenen Stellen)

Finanzierungsmodelle für Universitäten. Hans Pechar Alpen Adria Universität (Standort Wien)

Erwerbstätigkeit und Ausbildung bei ungünstigen sozialen Umfeldbedingungen. Bildungschancen über modulare Qualifikationen für junge Mütter und Väter

Moral ist lehrbar. Georg Lind. Handbuch zur Theorie und Praxis moralischer und demokratischer Bildung. 2., überarbeitete und aktualisierte Auflage

Strukturwandel im Saarland

Qualifikation und arbeitsmarktferne Schichten

LERN, WAS DU WILLST. Berufliche Bildung in der. stiftung st. franziskus heiligenbronn

Ansatzpunkte zur Erhöhung des Klebeeffekts in der Zeitarbeit. Zeitarbeit eine Brücke in den Arbeitsmarkt?

Hysteresis und Arbeitslosigkeit

Familienkontext, Erwerbsübergänge und Maßnahmeteilnahmen von Frauen mit ALG II

Berufliche Weiterbildung für Personen in prekären Arbeitsmarktkonstellationen

Stocks and Flows - Zur Rolle von Bestands- und Bewegungsanalysen in der Arbeitsmarkt- und Berufsforschung

Praktikum und Qualifizierung im Überblick


Berufseinstieg mit Bachelorabschluss

Soziologisches Institut, Lehrstuhl Prof. Dr. Jörg Rössel FS Proseminar zur soziologischen Forschung:

Der bundesdeutsche Arbeitsmarkt in Zahlen:

Die Schätzung einer Produktionsfunktion

Gliederung zur Vorlesung Arbeitsmarktökonomie

Thema: Macht, Institutionen, soziale Netzwerke und Arbeitsorganisationen. Referent Jan Matiz

7.3 Erklärung der hohen Einkommen von Superstars. 7.4 "Vererbung" von Einkommensunterschieden

Einkommen und Diskriminierung

Übung Makroökonomie zur Vorlesung Makroökonomische Theorie (Montag Uhr und Mittwoch 8-10 Uhr HS Loh 3/4)

Hervorragende Ausbildungsperspektiven. Ausbildung

Bildung als Signal. 1.5 Humankapital und Arbeitsangebot 174

Bachelor of Arts in Business Administration (B.A.) Technische Systemplanung/Anlagenmechaniker (SHK)

Job in Sicht Station: Weiterbildung

Dr. Philipp Grollmann Bundesinstitut für Berufsbildung

An- und Ungelernte Potenzial zur Fachkräfteentwicklung

1 von :59

Der Studienschwerpunkt. stellt sich vor! Technische Hochschule Köln. Prof. Dr. Christian Ernst. Fakultät für Wirtschafts- und Rechtswissenschaften

Industrie 4.0 und die Folgen für den Arbeitsmarkt

Weiterbildung und berufliche Entwicklung - Ergebnisse der Beschäftigtenbefragung -

Herzliche Willkommen zum Fallstudienseminar Value Controlling! FS 6: Marktzinsmodell der Investitionsrechnung

Arbeitsmarktintegration von Zuwanderern aus der ehemaligen Sowjetunion Aussiedler und jüdische Kontingentflüchtlinge im Vergleich

Hysteresis und Arbeitslosigkeit

Regionale Mobilität bayerischer Hochschulabsolvent/inn/en

Erwerbsminderung: Gesundheitliche und soziale Risiken für Beschäftigte in Bremen Carola Bury, Referentin für Gesundheitspolitik

Wie schließen wir die Lohnlücke?

Forschungsauftrag. 1) Wählen Sie ein Beispiel, in dem Sie die Beziehung zwischen dem Input Arbeit und dem Output darstellen.

INTEGRATION VON GEFLÜCHTETEN IN AUSBILDUNG UND BESCHÄFTIGUNG: Hürden abbauen, Perspektiven gestalten

Transkript:

Begriff und Bildung von Humankapital (nach A. Smith 1776) Der volkswirtschaftliche Kapitalbestand besteht teils aus den erwerbsrelevanten Fähigkeiten und Qualifikationen der Menschen (Erwerbspersonen) einer Volkswirtschaft. Der Erwerb von Qualifikationen durch Erziehung, Ausbildung, betriebl. Training erfordert reale Ausgaben (plus indirekte Opportunitätskosten, Erg.), die einen Kapitalwert, gebunden an die betreffenden Personen, darstellen. Die verbesserten Fähigkeiten der Erwerbspersonen mögen ähnlich wie produktivitätserhöhende Maschinen betrachtet (analysiert) werden; die verbesserten Fähigkeiten oder Qualifikationen erfordern reale Ausgaben oder Kosten, sie zahlen sich gleichwohl vielfach in Ertragsüberschüssen aus. Erläutern Sie die relevanten Teilaspekte des vorstehenden Zitats! 6.1(1)

Grundlegende Differenzierungen von Ausbildungsinvestitionen Mincer: schulische und postschulische Ausbildungsinvestitionen Persönliche Faktoren (Begabung,...) soziale Faktoren Hardcorefaktoren der Humankapitaltheorie Schulausbildung Postschulische Ausbildung Erwerbseinkommen Becker: allgemeine und betriebsspezifische Ausbildungsinvestitionen 6.1(2)

Humankapital-Investitionen (-aufwendungen) personenbezogene betriebsbezogene Betrachtungsweise Betrachtungsweise vor allem bei schulischen vor allem bei betrieblichen Aus- Ausbildungsinvestitionen und Weiterbildungsmaßnahmen 6.1 (3)

Alternative Earnings Streams 4.2(1) Addison Wesley Longman, Inc. 2000 6.2.(1)

Barwert der monetären Netto-Vorteile eines College-Absolventen bzw. interner Zinsfuß (Rendite) einer College-Ausbildung BW 18 (Co) = 60 t = 18 w Co t = 22 60 w HS t (1 + r) t 18 = 18 60 C t = 18 22 (1 + r) t 18 = 0 t = Lebensjahr Co = Collegeausbildung w = jährl. Entgelt HS = High School C = Ausbildungskosten 6.2 (2)

Modell einer vollzeit-schulischen Hochschulausbildung( College-Modell) Einflussfaktoren der individuellen Neigung zu HS-Ausbildungen Barwert der Kosten bzw. psychischen Aufwendungen der HS-Ausbildung - Direkte Kosten - indirekte Kosten - psychische Kosten Barwert der Erträge der HS-Ausbildung - Entgeltdifferenzen - Alter - (erwartete) Erwerbskontinuität - subjektive Zeitpräferenzen - nicht-monetäre Erträge 6.2(2a)

Vereinfachtes Modell vollzeit-schulischer Ausbildungen Annahme: direkte Ausbildungskosten gering bzw. zu vernachlässigen 6.2(3)

Mincer s Verfahren zur Ermittlung der Ausbildungsrendite der vollzeit-schulischen Ausbildung Arbeitsmarktökonomie (1) W = W 1+ r )...(1 + r s 0( 1 s (2) wenn = r1 = r2... = rn, r s Ws = W 0 e ) Legende: W 0 = jährl. Basisentgelt (ohne College-Ausbildung) Ws = Entgelthöhe nach S-Jahre schulischer Ausbildung (College-Ausbildung) S= Jahre der schulischen Ausbildung (3) log. Transformation von (2): ln W s = ln W 0 + r S (4) Regression: lnw s i = a0 + a1 Si + u, i 6.2(4)

self selection -Effekte im Zugang zu Ausbildungssystemen 6.2(5)

Einflußfaktoren privater Ausbildungsrenditen eines Hochschulstudiums Quelle: K. Spraul, 2005 (Universität Mannheim) 6.2 (6a)

OECD: Relevante monetäre Vorteile / Nachteile einer tertiären Ausbildung höhere Netto-Entgelte von HSA relevante erwerbsbezogene monetäre Vorteile tertiärer Ausbildung - beim Berufseinstieg - im Verlauf des Erwerbslebens höhere Erwerbsbeteiligung von HSA geringere Risiken der Arbeitslosigkeit usw. monetäre Nachteile der tertiären Vollzeitausbildung Opportunitätskosten entgangener Erwerbseinkommen im Verlauf eines HS-Studiums direkte Kosten, hier insbesondere Studiengebühren usw. 6.2 (6b)

Private Ausbildungsrenditen der Hochschulausbildung im Vergleich, Ende 90er Jahre (OECD-Schätzungen) 6.2 (6c)

Abb.: Alters-Entgelt-Profil bei betrieblicher Aus- und postschulischer Weiterbildung 6.3(1)

Abb.: Alters-Entgelt-Profile, männl. Vollzeit-Beschäftigte, USA, 2003 Quelle: Ehrenberg, Smith, 9.ed., S. 289 6.3(2a)

Money Earnings (Mean) for Full-Time, Year-Round Female Workers, 2003 Arbeitsmarktökonomie Quelle: Ehrenberg / Smith 2006, S. 290 6.3 (2b)

Altersgruppen-Entgelt-Profile von Vollzeit-AN nach Ausbildungsanforderungen der Tätigkeiten, D, 2006 70 0 0 6 0 0 0 monatl. Bruttogehalt 50 0 0 4 0 0 0 3 0 0 0 2 0 0 0 o hne A usbildung mit B erufsausbildung F H -A bschluss Uni-A bschluss 10 0 0 0 15 bis 19 20 bis 24 25 bis 29 30 bis 34 35 bis 39 40 bis 44 45 bis 49 50 bis 54 55 bis 59 60 bis 64 Quelle: SOEP, 2006 6.3 (2c)

w i = w i (S i ; ToJ i ) Mincer s Modell schulischer Ausbildung und postschulischen Trainings ln w i = a 0 + a 1 S i +... Variable für Berufserfahrung (und Betriebserfahrung) ln w i = a 0 + a 1 S i + a 2 J i ± a 3 J i 2 J i = Alter i - (S i + 5 oder 6) (NE i + U i ) Legende: w = Entgelt S = Dauer schulischer Ausbildung in Jahren J = Berufserfahrung in Jahren T = Betriebserfahrung in Jahren Ergänzung: Betriebserfahrung... a 4 T i ± a 5 T i 2 6.3(3)

Abb.: Finanzierung betriebsspezifischer vs. allgemeiner Qualifizierung Quelle: Elliot, Labour Economics, S. 168 6.4 (1)

Finanzierung allgemeiner / spezifischer Qualifizierung (nach Becker) Fall1: Annahme allgemeinen Trainings mit transferierbaren Qualifikationen Finanzierung der Ausbildungskosten durch den Ausbildungsbetrieb? Ausbildungsphase W Ausb = W Markt = DG nach der Ausbildung W > 25 Jahre < BC Folgerung: Nicht-Ausbildungsbetriebe hätten Vorteile im Lohnwettbewerb gegenüber Ausbildungsbetrieben 6.4(2a)

Finanzierung allgemeiner / spezifischer Qualifizierung (nach Becker) Fall 2: Annahme einer betrieblichen Berufsausbildung als betriebsspezifisches Training (2a) Finanzierung der Ausbildungskosten durch den AN Ausbildungsphase W Ausb = FG ( <AP Ausb ) nach der Ausbildung W > 25 Jahre > W Nicht-Ausb ( = GE ) (2b) Finanzierung der Ausbildungskosten durch den Betrieb Ausbildungsphase W Ausb > W Nicht-Ausb ( = DG ) nach der Ausbildung W > 25 Jahre < AP ( = BC ) > 25 Jahre 6.4(2b)

Warum investieren AG in BWB, die eher zu transferierbaren Qualifikationen führen im Gegensatz zu G. Becker's Theorie? (vgl. OECD 2003, S. 248) Gründe, die im Prinzip auf imperfekten Bedingungen der Arbeitsmärkte beruhen! Marktmacht der AG als Akteure der Arbeitsnachfrage an relevanten Teilarbeitsmärkten, so dass AN beschränktes Potential zum Betriebswechsel haben, z. B. weil wenig Betriebe als alternative AG vorhanden sind asymmetrische Informationen der AN über potentielle alternative AG asymmetrische Informationen der alternativen AG über Qualifikationen der einzelnen externen Bewerber fehlende Zertifikate, mangelnder Aussagegehalt der Zertifikate adverse Selektion und Kündigungen Suchkosten, Kosten/Unsicherheiten des Arbeitsplatzwechsels Komplementaritäten von allgemeiner BWB und betriebsspezifischen Qualifikationen! 6.4 (3)